Wie findet ihr YOLT?

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Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

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You Only Live Twice (1967, Lewis Gilbert)

"You only live twice, or so it seems. One life for yourself, and one for your dreams"
- Nancy Sinatra

Nachdem der vierte James-Bond-Beitrag TB in Sachen zügelloses Spektakel bereits eine Schippe draufgelegt hatte durfte der 1967 entstandene YOLT endgültig in die Vollen greifen und eine Weltzerstörungsgeschichte noch bombastischerer Ausmasse präsentieren, in der SPECTRE systematisch Raumkapseln der USA und der UdSSR entert um einen Krieg zwischen den beiden Supermächten zu provozieren. Sean Connerys - fürs Nächste - letzter Auftritt steht damit stellvertretend für all die absurden Bedrohungsszenarien die gemeinhin mit der Reihe assoziiert werden. In Wahrheit leistet YOLT im filmhistorischen Kontext der Bondreihe auf diesem Gebiet Pionierarbeit - zumindest in diesen Ausmassen. Leider wirkt das Endergebnis trotzdem nicht wie etwas Neues und Aufregendes, sondern mehr wie ein müder Nachhall der Vorgänger.

Zuallererst fällt auf, dass beim Drehbuch offenbar gar keinen Wert mehr auf schlüssige Struktur und Dramaturgie gelegt wurde. Zwar glänzten schon die Vorläufer nicht unbedingt mit ausgefeilten Plots, aber zumindest den ersten beiden Serienbeiträgen gelang es dennoch, die verschiedenen Szenen in einer stimmigen Abfolge zu verknüpfen. In YOLT fehlen sinnige Verknüpfungen gleich zuhauf oder sind bemerkenswert uninspiriert umgesetzt, das Meiste wirkt sprunghaft und lieblos aneinandergereiht. Die Geschichte entwickelt sich über unzählige konstruierte Zufälle und Formelhaftigkeiten und ist gespickt mit schauerlich banalen und stumpfen Erklärdialogen, die teils geradezu abenteuerlich einfallslos sind und bei der legendären Textpassage "Do you live here alone?" -- "Yes. My parents are dead. Have a seat." in ihren Höhepunkt gipfeln. Es mutet wie ein Scherz an, dass das alles auf dem Mist von Roald Dahl gewachsen sein soll, der neben seiner Arbeit als zweitklassiger Bond-Drehbuchautor vor allem mit seinen scharfsinnigen, makabren, intelligenten und schwarzhumorigen Kurzgeschichten Bekanntheit erlangte. Dahls Buch und Gilberts Regie bringen es auch nicht fertig, den Schauplatz Japan richtig auszunutzen. Immerhin spielt der Film fast ausnahmslos im Land der aufgehenden Sonne, welches im Kontext der Entstehungszeit ein dem Westen noch ziemlich fremdartiger Kosmos war. Das Erkunden der japanischen Kultur und Facetten durch den in dieser Welt noch fremden Bond wird zwar immer wieder angedeutet und kleinere Einblicke in die Volkstümlichkeit gewährt, richtig vertieft wird das Ganze allerdings kaum.

Lewis Gilbert gibt mit YOLT sein Bond-Debüt, noch ohne nennenswerte Akzente zu setzen. Seine Inszenierung schafft den paradoxen Spagat zwischen dröge-gemächlich und ruhelos-gehetzt und klappert die unterschiedlichen Stationen des Drehbuchs bieder ab, ohne Gespür für Timing und Rhythmus. Vor allem im Mittelteil bleiben Film und Handlung fast durchgehend in Bewegung, was aber keinem konkreten Konzept geschuldet ist sondern vielmehr der Tatsache, dass Gilbert die Szenen ohne Pausen oder Variationen im Tempo raushaut. Auch die Actionszenen bewegen sich durchgehend auf diesem Level. In der ersten Hälfte bekommt man lediglich eine Handvoll steifer Prügeleien und eine unfassbar lahm inszenierte Flugzeug-Bruchlandung geboten, erst später folgen mit der Little-Nellie-Szene und dem Krater-Showdown zwei gross angelegte Actionextravaganzen. Die Szene mit Little Nellie hat dabei für den Fortlauf des Films keinerlei Nutzen und präsentiert sich als belangloses Schaulaufen der just zuvor von Q erklärten Gadgets. Die grosse Schlussballerei setzt innerhalb der Reihe zwar neue Massstäbe in Sachen Aufwand, Spektakel und Pyrotechnik, überzeugt in ihrer Dramaturgie aber nicht so richtig. Es fehlt an Variationen und Spannungsbögen, abgesehen von Bonds finalem Vordringen in den Kommandoraum schaut man überwiegend zwei Privatarmeen dabei zu, wie sie sich mit allen verfügbaren Mitteln und Explosionseffekten gegenseitig ins Jenseits befördern möchten.

Recht unsinnig für die Geschichte und YOLT als Ganzes ist auch Bonds Tarnung in Form einer traditionellen japanischen Hochzeit. In einem Film, der ansonsten kaum eine Sekunde spart um auf irgendeine Weise voranzukommen wirkt diese sehr ausführliche Passage merkwürdig deplatziert. Aber es ist auch der einzige Moment, in dem der Film zur Ruhe kommen und atmen kann und Gilbert sich Zeit und Musse nimmt für die japanische Folklore. Auf einmal schwelgt seine Kamera in pittoresken Inselpanoramen und John Barry akzentuiert sie mit geheimnisvollen Saitenklängen. Mehr solcher Momente hätten YOLT als Kontrast zur eigentlichen Actiongeschichte gutgetan.

Sean Connery ist einer der charismatischsten Köpfe die je den Sprung auf die grosse Leinwand geschafft haben, aber YOLT bietet dem schottischen Urtier nur wenig um zu glänzen, gewiefte und scharfsinnige Dialogpassagen wie in GF oder Momente roher und zynischer Coolness wie in DN sucht man weitgehend vergebens. Ob Connery, wie oft behauptet, 1967 längst Lust und Freude an seiner Paraderolle verloren hatte sei also mal dahingestellt, da der Mangel an wirklichen Höhepunkten und Möglichkeiten in dieser Hinsicht sowieso schwerer wiegt. Es ist zumindest immer gut, den Schotten vor der Kamera beobachten zu dürfen, aber im Grossen und Ganzen ist sein Bond in YOLT leider doch nur "Connery-light". Am Ende wird dann auch seine Nemesis, SPECTRE-Mastermind Ernst Stavro Blofeld, in Gestalt von Charakterdarsteller Donald Pleasance enthüllt. Auch dieser Kniff geht leider nach hinten los, denn die Figur wirkt zu keiner Sekunde furchteinflössend sondern vielmehr wie ein generischer Bösewicht bzw. böser Wicht, der sich nicht entscheiden kann ob er Bond jetzt töten will oder nicht. Pleasance so verschenkt zu sehen ist schade, sein Blofeld so strikt auf böse getrimmt wie es nur geht, inklusive hin geschminkter Gesichtsnarbe und selbst Pleasances berühmter hypnotischer Blick ist kaum mehr als ein manisches Glotzen.

Die beiden japanischen Bondgirls, Akiko Wakabayashi als Aki und Mie Hama als Kissy Suzuki, sind nett anzusehen und bilden eine gelungene Abwechslung zu den kaukasischen Schönheiten in den vorherigen vier Filmen, jedoch bleiben beide Rollen völlig profil- und konturlos. Den dankbarsten Part hat noch Tetsurō Tamba als japanischer Geheimdienstler Tiger Tanaka, in dem Bond ohne Umschweife einen Seelenverwandten findet. Diese freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden wird jedoch vom Film oft nur behauptet, aber im Gegensatz zu den früheren Bond-Kumpeln Quarrel und Kerim nie richtig entwickelt. Einen guten Ansatz bildet die Szene mit Bond und Tiger im Badehaus aber hier wäre mehr Aufwand seitens des Drehbuchs und der Inszenierung von Nöten gewesen, um wirklich eine Dynamik zwischen den beiden aufzubauen. Die Bondfilme haben in der Regel immer davon profitiert, wenn Bond glaubwürdig auf einen Gleichgesinnten trifft, daher ist es schade dass es mit dem Tiger nicht so ganz klappen will.

Gibt es an YOLT denn gar nichts, was man ohne Gemecker und Gemäkel so stehen lassen kann? Karin Dor ist wie immer eine Augenweide und ihre Szene mit Bond an Bord der Ning-Po sofern man alles andere ausblenden kann, der keck-erotische Höhepunkt des Films. Die Weltraumszenen haben dem Zahn der Zeit getrotzt und sehen abgesehen vom Wiedereintritt in den Orbit immer noch sehr gut aus, zumindest in Sachen Spezialeffekte. Natürlich ist Ken Adams berühmtes Krater-Set, das am Ende pulverisiert werden darf, absolut spektakulär und setzt Massstäbe im Szenenbild. Auch das von Frankie-Töchterchen Nancy Sinatra gesungene wehmütige Titellied ist betörend schön und wird von John Barry sparsam und nur an den passenden Stellen gekonnt zitiert. YOLT ist auch ein Film, der nie langweilig wird, da er zumindest immer irgendetwas zu bieten hat und mit wenigen Ausnahmen kaum stehen bleibt. Aber es ist ein Film, bei dem man einiges hätte besser machen können und der in vielen Belangen zumindest etwas enttäuscht.

Wertung: 5 / 10
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Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

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GoldenProjectile hat geschrieben: You Only Live Twice (1967, Lewis Gilbert)
"You only live twice, or so it seems. One life for yourself, and one for your dreams"
- Nancy Sinatra
Juchhu, endlich geht’s weiter! :)

GoldenProjectile hat geschrieben: In Wahrheit leistet YOLT im filmhistorischen Kontext der Bondreihe auf diesem Gebiet Pionierarbeit - zumindest in diesen Ausmassen.
Ja, ich denke das kann und sollte man fett unterstreichen. War das fantastische Element bereits in allen vier vorangegangenen Filmen vorhanden (selbst in FRWL, wenngleich dort doch sehr reduziert), so ist YOLT der erste Bondfilm, der dies wirklich vollständig auslebt. Interessant ist dies vor allem auch im Zusammenhang mit Japan als Hauptlocation. Das damals im Westen noch nicht allerbestens bekannte und daher eine Aura des Geheimnisvollen verströmende Land am anderen Ende der Welt beflügelte ganz offensichtlich die Ideen der EON-Köpfe hinsichtlich fantastischer Elemente wie eigenen Spionage-U-Bahnen, Kfz-abschleppenden Flugmobilen oder ausgehöhlten Vulkanen – frei nach dem Motto: wenn wir Land und Leute nicht so recht kennen, dann könnte es doch genauso gut auch so sein, wie wir es uns ausdenken. Erstaunlich auch, dass es weitere 10 Jahre dauern sollte, bis ein Bondfilm erneut sich solch fantastischen Ideen auf voller Breite hingab.

GoldenProjectile hat geschrieben: Zuallererst fällt auf, dass beim Drehbuch offenbar gar keinen Wert mehr auf schlüssige Struktur und Dramaturgie gelegt wurde. Zwar glänzten schon die Vorläufer nicht unbedingt mit ausgefeilten Plots, aber zumindest den ersten beiden Serienbeiträgen gelang es dennoch, die verschiedenen Szenen in einer stimmigen Abfolge zu verknüpfen. In YOLT fehlen sinnige Verknüpfungen gleich zuhauf oder sind bemerkenswert uninspiriert umgesetzt, das Meiste wirkt sprunghaft und lieblos aneinandergereiht. Die Geschichte entwickelt sich über unzählige konstruierte Zufälle und Formelhaftigkeiten und ist gespickt mit schauerlich banalen und stumpfen Erklärdialogen, die teils geradezu abenteuerlich einfallslos sind und bei der legendären Textpassage "Do you live here alone?" -- "Yes. My parents are dead. Have a seat." in ihren Höhepunkt gipfeln. Es mutet wie ein Scherz an, dass das alles auf dem Mist von Roald Dahl gewachsen sein soll, der neben seiner Arbeit als zweitklassiger Bond-Drehbuchautor vor allem mit seinen scharfsinnigen, makabren, intelligenten und schwarzhumorigen Kurzgeschichten Bekanntheit erlangte.
Da ich das – bislang – nicht so sehe, fällt es mir schwer deine Kritik mit konkreten Beispielen in Verbindung zu bringen. Kannst du mir da ein paar Dinge nennen hinsichtlich der von dir kritisierten Dramaturgie und Dialogen, die dir besonders unangenehm aufgefallen sind? Das von dir genannte Kissy-Zitat finde ich jetzt eigentlich gar nicht schlimm, ist doch eine plausible Erklärung, warum da sonst niemand im Haus rumrennt. Ich sehe es so, dass Dahls YOLT-Drehbuch sicher diverse konstruierte Elemente aufweist (vor allem Bonds unnötig-komplizierte Kontaktaufnahme in Tokio), aber als wirklich problematisch habe ich das nie empfunden.

GoldenProjectile hat geschrieben: Dahls Buch und Gilberts Regie bringen es auch nicht fertig, den Schauplatz Japan richtig auszunutzen. Immerhin spielt der Film fast ausnahmslos im Land der aufgehenden Sonne, welches im Kontext der Entstehungszeit ein dem Westen noch ziemlich fremdartiger Kosmos war. Das Erkunden der japanischen Kultur und Facetten durch den in dieser Welt noch fremden Bond wird zwar immer wieder angedeutet und kleinere Einblicke in die Volkstümlichkeit gewährt, richtig vertieft wird das Ganze allerdings kaum.
Auch das sehe ich deutlich anders und finde, dass kaum eine andere Location in den Bondfilmen so effektiv und ausgewogen zur Geltung kommt. Gerade das Wechselspiel zwischen Moderne und Tradition finde ich sehr gut integriert. Andersrum gefragt: bei welchem Land/Location gewähren die Bondfilme denn größere Einblicke als in YOLT?



GoldenProjectile hat geschrieben: Lewis Gilbert gibt mit YOLT sein Bond-Debüt, noch ohne nennenswerte Akzente zu setzen. Seine Inszenierung schafft den paradoxen Spagat zwischen dröge-gemächlich und ruhelos-gehetzt und klappert die unterschiedlichen Stationen des Drehbuchs bieder ab, ohne Gespür für Timing und Rhythmus. Vor allem im Mittelteil bleiben Film und Handlung fast durchgehend in Bewegung, was aber keinem konkreten Konzept geschuldet ist sondern vielmehr der Tatsache, dass Gilbert die Szenen ohne Pausen oder Variationen im Tempo raushaut.
YOLT gewinnt sicher nicht den Preis für den temporeichsten Bondfilm, allerdings sehe ich hinsichtlich des Pacings dann schon eine gewisse Dynamik, wobei eine gewisse Langsamkeit den Film fraglos dominiert. Allerdings ist das zumindest insofern kein Nachteil, da es dem Film ermöglicht gerade den Schauplatz Japan sehr stimmungsvoll einzufangen. YOLT mag oft einem Schaulaufen gleichen, allerdings…
GoldenProjectile hat geschrieben: Auch die Actionszenen bewegen sich durchgehend auf diesem Level. In der ersten Hälfte bekommt man lediglich eine Handvoll steifer Prügeleien und eine unfassbar lahm inszenierte Flugzeug-Bruchlandung geboten, erst später folgen mit der Little-Nellie-Szene und dem Krater-Showdown zwei gross angelegte Actionextravaganzen. Die Szene mit Little Nellie hat dabei für den Fortlauf des Films keinerlei Nutzen und präsentiert sich als belangloses Schaulaufen der just zuvor von Q erklärten Gadgets.
…wird zumindest in den Actionszenen das Tempo durchaus etwas angezogen (wenn zugegebenermaßen auch nicht in allzu großem Maße. Die handfeste Konfrontation von Bond mit dem beanzugten Sumoringer in Osatos Büro finde ich beispielsweise wesentlich gelungener als deine Kritik es zwischen den Zeilen durchblicken lässt. Die Szene sehe ich ganz klar in der Tradition der klassischen „mano-a-mano“-Kämpfe in den 60er Jahre Bondfilmen. Ja, ganz so stark wie die Orientexpress-Schlägerei oder diverse von Lazenbys Keilereien ist die Szene nicht, aber das ist dann nur relative Kritik, denn für sich allein funktioniert die Szene wie ich finde sehr gut. Auch die Kritik am Flugzeugabsturz teile ich nicht (bzw. nur bedingt und dann eigentlich auch nur an die eher schwach getrickste Rückprojektion hinter der befallschirmten Frau Dor). Bei der Little Nellie-Szene bin ich dann eher bei dir, finde diese aber denoch ok aufgrund des recht effektiven Gadget-Einsatzes. Dramaturgisch ist es aber fraglos ein Schaulaufen, da bin ich ganz bei dir.

GoldenProjectile hat geschrieben: Die grosse Schlussballerei setzt innerhalb der Reihe zwar neue Massstäbe in Sachen Aufwand, Spektakel und Pyrotechnik, überzeugt in ihrer Dramaturgie aber nicht so richtig. Es fehlt an Variationen und Spannungsbögen, abgesehen von Bonds finalem Vordringen in den Kommandoraum schaut man überwiegend zwei Privatarmeen dabei zu, wie sie sich mit allen verfügbaren Mitteln und Explosionseffekten gegenseitig ins Jenseits befördern möchten.
Ja, das stimmt schon. Aber das Ausmaß der finalen Schlacht ist ein solch einmaliges Spektakel, dass ich auch hier bereit bin die Augen zuzudrücken (bzw. eben dann doch nicht, weil ich ansonsten die Schauwerte ja verpassen würde).

GoldenProjectile hat geschrieben: Recht unsinnig für die Geschichte und YOLT als Ganzes ist auch Bonds Tarnung in Form einer traditionellen japanischen Hochzeit. In einem Film, der ansonsten kaum eine Sekunde spart um auf irgendeine Weise voranzukommen wirkt diese sehr ausführliche Passage merkwürdig deplatziert. Aber es ist auch der einzige Moment, in dem der Film zur Ruhe kommen und atmen kann und Gilbert sich Zeit und Musse nimmt für die japanische Folklore. Auf einmal schwelgt seine Kamera in pittoresken Inselpanoramen und John Barry akzentuiert sie mit geheimnisvollen Saitenklängen. Mehr solcher Momente hätten YOLT als Kontrast zur eigentlichen Actiongeschichte gutgetan.
Genau deswegen finde ich die ansonsten freilich recht alberne „ein-1,90-Meter-Ur-Schotte-goes-Japaner-mittels-schlechtem-Haarteil“-Posse auch gut und unentbehrlich. Und gerade in eigentlich allen Szenen mit dem japanischen Bond finde ich kommt Japan sehr sehr gut zur Geltung dank entsprechender Inszenierung, Kamerarbeit und musikalischer Untermalung. Gerade auch deswegen fällt es mir schwer deine anfängliche Kritik nachzuvollziehen.

GoldenProjectile hat geschrieben: Sean Connery ist einer der charismatischsten Köpfe die je den Sprung auf die grosse Leinwand geschafft haben, aber YOLT bietet dem schottischen Urtier nur wenig um zu glänzen, gewiefte und scharfsinnige Dialogpassagen wie in GF oder Momente roher und zynischer Coolness wie in DN sucht man weitgehend vergebens.
Noch nicht mal die ultracoole Szene mit Karin Dor auf der Ning Po? Oder sein überheblich-amüsiertes Auftreten als Pharma-Einkäufer in Osatos Büro? Oder wenn er Mie Hama nur mit seinem verkniffenen Lächeln beim Aufstieg zum Vulkan rumkriegt? YOLT mag nicht Connerys Glanzstunde sein, aber es gibt finde ich immer noch diverse Szenen, in denen er Bond spielt wie nur er es konnte.

GoldenProjectile hat geschrieben: Am Ende wird dann auch seine Nemesis, SPECTRE-Mastermind Ernst Stavro Blofeld, in Gestalt von Charakterdarsteller Donald Pleasance enthüllt. Auch dieser Kniff geht leider nach hinten los, denn die Figur wirkt zu keiner Sekunde furchteinflössend sondern vielmehr wie ein generischer Bösewicht bzw. böser Wicht, der sich nicht entscheiden kann ob er Bond jetzt töten will oder nicht. Pleasance so verschenkt zu sehen ist schade, sein Blofeld so strikt auf böse getrimmt wie es nur geht, inklusive hin geschminkter Gesichtsnarbe und selbst Pleasances berühmter hypnotischer Blick ist kaum mehr als ein manisches Glotzen.
Ja, das ist leider so und angesichts Pleasence übrigem Werk – gerade auch als Schurkendarsteller – mehr als bedauerlich. Aber glücklicherweise erstreckt sich die Geburtsstunde von Dr. Evil lediglich auf das letzte Filmviertel und über den Großteil des Films bleibt auch sein Blofeld gesichtslos, wodurch er kaum weniger gut funktioniert als in den vorangegangenen Filmen (wenngleich YOLT hier etwas darunter leidet, dass die Masche mit dem „abstrafenden“ Blofeld sich da schon leicht abgenutzt hatte).
GoldenProjectile hat geschrieben: Die beiden japanischen Bondgirls, Akiko Wakabayashi als Aki und Mie Hama als Kissy Suzuki, sind nett anzusehen und bilden eine gelungene Abwechslung zu den kaukasischen Schönheiten in den vorherigen vier Filmen, jedoch bleiben beide Rollen völlig profil- und konturlos.
Ja, auch das ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen, allerdings mag ich Mie Hama in ihrer Rolle eigentlich sehr gern aufgrund ihrer sanften Freundlichkeit, etwas was man so in den Bondfilmen sonst eigentlich nie zu sehen bekam (selbst die unscheinbaren Bondgirls wie Kara oder Natalja wurden ja dennoch auch als schlagfertig dargestellt, während Kissy einfach nur brav ist) und von daher schon ein gewisses Alleinstellungsmerkmal darstellt (ob man es nun mag oder nicht).
GoldenProjectile hat geschrieben: Den dankbarsten Part hat noch Tetsurō Tamba als japanischer Geheimdienstler Tiger Tanaka, in dem Bond ohne Umschweife einen Seelenverwandten findet. Diese freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden wird jedoch vom Film oft nur behauptet, aber im Gegensatz zu den früheren Bond-Kumpeln Quarrel und Kerim nie richtig entwickelt. Einen guten Ansatz bildet die Szene mit Bond und Tiger im Badehaus aber hier wäre mehr Aufwand seitens des Drehbuchs und der Inszenierung von Nöten gewesen, um wirklich eine Dynamik zwischen den beiden aufzubauen. Die Bondfilme haben in der Regel immer davon profitiert, wenn Bond glaubwürdig auf einen Gleichgesinnten trifft, daher ist es schade dass es mit dem Tiger nicht so ganz klappen will.
Mmhh, sehe ich auch etwas anders. Ja, der Tiger ist nicht ganz so stark wie Kerim Bey, Draco oder Colombo, aber dicht dahinter sehe ich ihn schon. Gegenfrage: wo konkret siehst du denn gerade Quarrel als Bond-Kumpel besser entwickelt? Man sollte dabei auch nicht vergessen, dass Tanaka aufgrund seiner japanischen Herkunft natürlich als Figur auch gemäß dem Klischee distanzierter gezeigt werden muss – was der Film gerade in der Badehausszene (die übrigens sehr gelungen finde) gut rausarbeitet.


GoldenProjectile hat geschrieben: Gibt es an YOLT denn gar nichts, was man ohne Gemecker und Gemäkel so stehen lassen kann? Karin Dor ist wie immer eine Augenweide und ihre Szene mit Bond an Bord der Ning-Po sofern man alles andere ausblenden kann, der keck-erotische Höhepunkt des Films.
Na also! Aber dann sollte gerade diese Szene doch eigentlich auch bei Connery zu einer lobenden Erwähnung führen, oder? Ansonsten gehe ich hinsichtlich Dor d’accord, jedoch mit der Einschränkung, dass ihre Figur leider etwas zu kurz kommt und sie mir natürlich-brünett lieber gewesen wäre als hennageschwängert.
GoldenProjectile hat geschrieben: Die Weltraumszenen haben dem Zahn der Zeit getrotzt und sehen abgesehen vom Wiedereintritt in den Orbit immer noch sehr gut aus, zumindest in Sachen Spezialeffekte.
Hätte ich jetzt nicht unbedingt als Pluspunkt erwartet und ist bei mir auch eher ein Kritikpunkt, da die Weltraumszenen doch recht altbacken und ob ihrer modellhaftigkeit recht putzig wirken. 2001 entstand fast zeitgleich – das sind Galaxien die da tricktechnisch dazwischenliegen.
GoldenProjectile hat geschrieben: Natürlich ist Ken Adams berühmtes Krater-Set, das am Ende pulverisiert werden darf, absolut spektakulär und setzt Massstäbe im Szenenbild. Auch das von Frankie-Töchterchen Nancy Sinatra gesungene wehmütige Titellied ist betörend schön und wird von John Barry sparsam und nur an den passenden Stellen gekonnt zitiert.
Das sind auch für mich die Pfunde, mit dem der Film am eindrucksvollen zu wuchern weiss.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

680
AnatolGogol hat geschrieben:Juchhu, endlich geht’s weiter! :)
Ja, ich bin in dieser Hinsicht echt schlimm. Kurz- bis mittelfristig habe ich jetzt mal TSWLM angepeilt. Ein kühnes Unterfangen, gerade angesichts all meiner übrigen Sichtungs- und Rezensionspläne, aber mal schauen was sich ergibt.
AnatolGogol hat geschrieben:Da ich das – bislang – nicht so sehe, fällt es mir schwer deine Kritik mit konkreten Beispielen in Verbindung zu bringen. Kannst du mir da ein paar Dinge nennen hinsichtlich der von dir kritisierten Dramaturgie und Dialogen, die dir besonders unangenehm aufgefallen sind? Das von dir genannte Kissy-Zitat finde ich jetzt eigentlich gar nicht schlimm, ist doch eine plausible Erklärung, warum da sonst niemand im Haus rumrennt. Ich sehe es so, dass Dahls YOLT-Drehbuch sicher diverse konstruierte Elemente aufweist (vor allem Bonds unnötig-komplizierte Kontaktaufnahme in Tokio), aber als wirklich problematisch habe ich das nie empfunden.
Wirklich konkrete Beispiele sind mir jetzt keine hängengeblieben, das liegt aber auch daran dass sich diese Empfindung wirklich fast ausnahmslos durch den gesamten Film zieht. Viel von dem was Bond raushaut, und Tiger und Blofeld und eigentlich fast jeder. Haufenweise Zeug was die Sachverhalte der Handlung erklärt und meist so schlicht und plump formuliert ist, dass es mir auf Dauer negativ aufgefallen ist. Das Drehbuch hat kaum Feinheiten in Bezug auf Sprache und Dialoggestaltung. Das Kissy-Zitat fand ich deswegen so unfreiwillig komisch, weil so beiläufig und lapidar rausgehauen wird und Bond gar nicht darauf eingeht. Klingt jetzt böse, aber das hat fast schon was von dem berühmten Brustkrebs-Dialog in Wiseaus The Room. Lass dir das mal auf der Zunge zergehen: My parents are dead. Have a seat. Da gibt es wirklich zig Möglichkeiten, das besser und authentischer zu formulieren, aber Dahl geht auch hier den Weg der primitivsten Formulierung.

Zur Dramaturgie: Findest du nicht, dass Gilbert da monoton durchrattert, was immer wieder für kuriose Orts- und Handlungssprünge sorgt? Oft erklärt Tiger irgendetwas, was Bond untersuchen sollte, und kaum hat er ausgeredet blendet die Szene um und Bond ist an besagtem Ort und bereit, loszulegen. Mir fehlten die Variationen, die Zwischenszenen. Momente, in denen nicht nur die nächste Drehbuchseite abgeklappert wird. Und das passt auch zu...
AnatolGogol hat geschrieben:Genau deswegen finde ich die ansonsten freilich recht alberne „ein-1,90-Meter-Ur-Schotte-goes-Japaner-mittels-schlechtem-Haarteil“-Posse auch gut und unentbehrlich. Und gerade in eigentlich allen Szenen mit dem japanischen Bond finde ich kommt Japan sehr sehr gut zur Geltung dank entsprechender Inszenierung, Kamerarbeit und musikalischer Untermalung. Gerade auch deswegen fällt es mir schwer deine anfängliche Kritik nachzuvollziehen.
Da habe ich mich wohl unglücklich ausgedrückt. Die Kritik bezieht sich darauf dass der Film mehr solcher Momente nötig hätte, es aber praktisch der einzige ist (vielleicht noch die Badehausszene) und es deshalb eigentlich zunächst unpassend wirkt. Ich finde die Passage aber eben super (Folklore, pittoreske Panoramen, der Barry-John), so war das eigentlich gemeint.
AnatolGogol hat geschrieben:Die handfeste Konfrontation von Bond mit dem beanzugten Sumoringer in Osatos Büro finde ich beispielsweise wesentlich gelungener als deine Kritik es zwischen den Zeilen durchblicken lässt. Die Szene sehe ich ganz klar in der Tradition der klassischen „mano-a-mano“-Kämpfe in den 60er Jahre Bondfilmen. Ja, ganz so stark wie die Orientexpress-Schlägerei oder diverse von Lazenbys Keilereien ist die Szene nicht, aber das ist dann nur relative Kritik, denn für sich allein funktioniert die Szene wie ich finde sehr gut.
Gerade diese Szene ist ja auch nicht völlig missraten, aber gerade im Vergleich mit deinen FRWL- und OHMSS-Beispielen (ich würde noch die Eröffnungsszene von TB dazu nehmen, die mindestens genauso toll ist und oft übersehen wird) auch nicht besonders spektakulär. Die mit Hans ist auch solide, aber die Beispiele zeigen ja dass sich die Bondreihe in dieser Hinsicht hat selber hohe Massstäbe setzen.
AnatolGogol hat geschrieben:Ja, auch das ist nicht gänzlich von der Hand zu weisen, allerdings mag ich Mie Hama in ihrer Rolle eigentlich sehr gern aufgrund ihrer sanften Freundlichkeit, etwas was man so in den Bondfilmen sonst eigentlich nie zu sehen bekam (selbst die unscheinbaren Bondgirls wie Kara oder Natalja wurden ja dennoch auch als schlagfertig dargestellt, während Kissy einfach nur brav ist) und von daher schon ein gewisses Alleinstellungsmerkmal darstellt (ob man es nun mag oder nicht).
À propos: welchen logischen Grund hat Tiger, die arme Kissy zum Gemetzel in den Vulkan mitzunehmen? Das konnte ich nun wirklich nicht nachvollziehen, weshalb die Gute da die ganze Zeit mitgeschleift und in Lebensgefahr gebracht wird. Soll sie ihm das SPECTRE-Geheimversteck zeigen? Das kaufe ich Dahl/Gilbert nicht ab, Tiger wird wohl nun wirklich noch selber wissen, wo der Vulkan steht. Und selbst wenn hätte sie nicht mit hinein kommen müssen. Wie kommt die da überhaupt runter? Hat sie sich zusammen mit den Ninjas im Kugelhagel abgeseilt? Ja ne, ist klar.
AnatolGogol hat geschrieben:Auch das sehe ich deutlich anders und finde, dass kaum eine andere Location in den Bondfilmen so effektiv und ausgewogen zur Geltung kommt. Gerade das Wechselspiel zwischen Moderne und Tradition finde ich sehr gut integriert. Andersrum gefragt: bei welchem Land/Location gewähren die Bondfilme denn größere Einblicke als in YOLT?
Wenn du so fragst: Bei keinem, was auch damit verbunden ist dass Japan in dieser Hinsicht wie du auch feststellst noch am meisten "unentdecktes Territorium" darstellt und damit als einer der wenigen überhaupt solche Möglichkeiten bietet, daher finde ich es umso mehr schade, dass diese Möglichkeiten nur teilweise genutzt werden. Klar gibt es viele Ansätze aber ich finde es auch visuell wenig überzeugend umgesetzt. Das wilde Karibikflair in DN und die dichte "In den Seitengassen Istanbuls spionieren"-Atmosphäre in FRWL sind da zum Beispiel viel intensiver und werden stärker für Stimmung und Entwicklung des Films genutzt. Und das Forum wird mir Buhrufe zuwerfen, aber ich fand Bangkok im Mittelteil von TMWTGG eigentlich immer sehr stark eingebunden in Bezug auf Flair und Atmosphäre (muss den Film aber definitiv mal wieder sehen, vorausgesetzt ich schaffe es, an DAF vorbeizukommen, vor dem ich mich jetzt schon fürchte).
AnatolGogol hat geschrieben:Gegenfrage: wo konkret siehst du denn gerade Quarrel als Bond-Kumpel besser entwickelt?
Aaargh, DN ist jetzt auch schon fast wieder zweieinhalb Jahre her, andererseits hätte ich schon wieder Lust darauf und habe das Mangobaum-Liedl grade in der Endlosschleife laufe. Ich glaube dass ich die Paarung Bond-Quarrel glaubhafter finde als Bond-Tanaka bzw. sie mir besser gefällt liegt weniger an konkreten Einzelszenen sondern mehr daran dass DN als gesamter Film durchgehend besser entwickelt wird, der Kontext spielt hier eine grosse Rolle. Während bei Kerim, Draco und Colombo auch die Chemie und die Rollen an sich stärker mit reinspielen.
AnatolGogol hat geschrieben:Hätte ich jetzt nicht unbedingt als Pluspunkt erwartet und ist bei mir auch eher ein Kritikpunkt, da die Weltraumszenen doch recht altbacken und ob ihrer modellhaftigkeit recht putzig wirken. 2001 entstand fast zeitgleich – das sind Galaxien die da tricktechnisch dazwischenliegen.
Hmm, ich finde die Szenen eher inszenatorisch schwach, das wird immer wieder genau gleich von der Seite gefilmt wie der SPECTRE-Pacman die Raumschiffe futtert. Tricktechnisch fand ich es recht überzeugend bis auf wenige Ausnahmen (eben wenn das Ding wieder in die Atmosphäre eintaucht und zu glühen beginnt). 2001 finde ich zum Vergleich nicht ganz fair, der ist auf diesem Gebiet (aber nicht nur auf diesem) eigentlich bis heute allem und jedem überlegen.
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Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

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GoldenProjectile hat geschrieben:Ja, ich bin in dieser Hinsicht echt schlimm. Kurz- bis mittelfristig habe ich jetzt mal TSWLM angepeilt. Ein kühnes Unterfangen, gerade angesichts all meiner übrigen Sichtungs- und Rezensionspläne, aber mal schauen was sich ergibt.
ich nehm mir auch schon seit langem vor meine alten Reviews zu überarbeiten, damit man sie im entsprechenden Thread auch "vorzeigen" kann. Ein paar hab ich geschafft, einige alte sind aber immer noch offen. Mal schauen.

GoldenProjectile hat geschrieben:Wirklich konkrete Beispiele sind mir jetzt keine hängengeblieben, das liegt aber auch daran dass sich diese Empfindung wirklich fast ausnahmslos durch den gesamten Film zieht. Viel von dem was Bond raushaut, und Tiger und Blofeld und eigentlich fast jeder. Haufenweise Zeug was die Sachverhalte der Handlung erklärt und meist so schlicht und plump formuliert ist, dass es mir auf Dauer negativ aufgefallen ist. Das Drehbuch hat kaum Feinheiten in Bezug auf Sprache und Dialoggestaltung. Das Kissy-Zitat fand ich deswegen so unfreiwillig komisch, weil so beiläufig und lapidar rausgehauen wird und Bond gar nicht darauf eingeht. Klingt jetzt böse, aber das hat fast schon was von dem berühmten Brustkrebs-Dialog in Wiseaus The Room. Lass dir das mal auf der Zunge zergehen: My parents are dead. Have a seat. Da gibt es wirklich zig Möglichkeiten, das besser und authentischer zu formulieren, aber Dahl geht auch hier den Weg der primitivsten Formulierung.
Vielleicht habe ich da auch den Vorteil der Synchro (hab YOLT nur einmal im O-Ton gesehen, auch schon rund 10 Jahre her), die zeigt sich hier in sehr guter Form, möglicherweise wertet das tatsächlich die Dialoge auf, müsste man fast mal konkret vergleichen.
GoldenProjectile hat geschrieben:Zur Dramaturgie: Findest du nicht, dass Gilbert da monoton durchrattert, was immer wieder für kuriose Orts- und Handlungssprünge sorgt?
Kurios würde ich das nicht nennen, ich bin aber in sofern bei dir, dass es vom Drehbuch tatsächlich etwas faul ist, weil man immer dramaturgisch passend Bond in die richtige Richtung schickt. Interessant ist, das TB es ähnlich macht, da wird Bond aber diverse male in die falsche Richtung geschickt (etwa die Untersuchung der Disco unter Wasser oder das Absuchen der Meeresoberfläche mit dem Heli), was das ganze nicht so "scripted" erscheinen lässt.

GoldenProjectile hat geschrieben: Da habe ich mich wohl unglücklich ausgedrückt. Die Kritik bezieht sich darauf dass der Film mehr solcher Momente nötig hätte, es aber praktisch der einzige ist (vielleicht noch die Badehausszene) und es deshalb eigentlich zunächst unpassend wirkt. Ich finde die Passage aber eben super (Folklore, pittoreske Panoramen, der Barry-John), so war das eigentlich gemeint.
Hatte ich schon so verstanden, ich bezog mich auf deine Kritik an der Verwendung der Location Japan, die gerade in diesen Szenen wie ich finde vorbildlich ist.

GoldenProjectile hat geschrieben:Gerade diese Szene ist ja auch nicht völlig missraten, aber gerade im Vergleich mit deinen FRWL- und OHMSS-Beispielen (ich würde noch die Eröffnungsszene von TB dazu nehmen, die mindestens genauso toll ist und oft übersehen wird) auch nicht besonders spektakulär. Die mit Hans ist auch solide, aber die Beispiele zeigen ja dass sich die Bondreihe in dieser Hinsicht hat selber hohe Massstäbe setzen.
An TB hatte ich beim Schreiben auch gedacht sowie an die Prügelei im Aufzug in DAF. Dein letzter Satz setzt die YOLT-Schlägerei finde ich ins rechte Licht: gut gemacht, aber eben hinter dem (sehr hohen) Höchstniveau der Serie bleibend.

GoldenProjectile hat geschrieben:À propos: welchen logischen Grund hat Tiger, die arme Kissy zum Gemetzel in den Vulkan mitzunehmen? Das konnte ich nun wirklich nicht nachvollziehen, weshalb die Gute da die ganze Zeit mitgeschleift und in Lebensgefahr gebracht wird. Soll sie ihm das SPECTRE-Geheimversteck zeigen? Das kaufe ich Dahl/Gilbert nicht ab, Tiger wird wohl nun wirklich noch selber wissen, wo der Vulkan steht. Und selbst wenn hätte sie nicht mit hinein kommen müssen. Wie kommt die da überhaupt runter? Hat sie sich zusammen mit den Ninjas im Kugelhagel abgeseilt? Ja ne, ist klar.
Und ob es einen logischen Grund hat! Kissy ist schliesslich Tigers beste Agentin! Und ausserdem wertet ein hübsches Mädel im knappen Bikini eine Schlacht in einem ausgehöhlten Vulkan gleich nochmal auf. :lol:
GoldenProjectile hat geschrieben: Wenn du so fragst: Bei keinem, was auch damit verbunden ist dass Japan in dieser Hinsicht wie du auch feststellst noch am meisten "unentdecktes Territorium" darstellt und damit als einer der wenigen überhaupt solche Möglichkeiten bietet, daher finde ich es umso mehr schade, dass diese Möglichkeiten nur teilweise genutzt werden. Klar gibt es viele Ansätze aber ich finde es auch visuell wenig überzeugend umgesetzt. Das wilde Karibikflair in DN und die dichte "In den Seitengassen Istanbuls spionieren"-Atmosphäre in FRWL sind da zum Beispiel viel intensiver und werden stärker für Stimmung und Entwicklung des Films genutzt.
Ich finde YOLT macht gerade das wirklich sehr gut. Freddie Youngs tolle Fotografie in Kombination mit Barrys grossartigen Klängen erzeugt genau die richtige romantisierende fernöstliche Stimmung. Es gibt diesbezüglich diverse herausragende Momente in YOLT wie die einzigartigen Sonnenunter- und aufgänge (vor allem in den Sznen im Fischerdorf), dem in spektakulären Farben festgehaltenen Vulkanausbruch oder der futuristische Skyline von Tokio.

GoldenProjectile hat geschrieben: Und das Forum wird mir Buhrufe zuwerfen, aber ich fand Bangkok im Mittelteil von TMWTGG eigentlich immer sehr stark eingebunden in Bezug auf Flair und Atmosphäre
Nicht von mir, ich finde auch, dass dies in TMWTGG gut gelungen ist (vor allem die "James Bond-Inseln")- aber dann doch nicht ganz so gut wie in YOLT. Was teilweise auch am generell nüchterneren Stil von TMWTGG liegt und auch am kleineren Bildformat.
GoldenProjectile hat geschrieben: (muss den Film aber definitiv mal wieder sehen, vorausgesetzt ich schaffe es, an DAF vorbeizukommen, vor dem ich mich jetzt schon fürchte).
Vielleicht solltest du DAF tatsächlich mal eine Chance in der höchst vergnüglichen deutschen Synchro geben: es könnte sich (für dich ausnahmsweise mal) wirklich lohnen! :wink:
GoldenProjectile hat geschrieben: Während bei Kerim, Draco und Colombo auch die Chemie und die Rollen an sich stärker mit reinspielen.
Wie gesagt hängt das aber auch zu einem guten Teil mit dem kulturellen Hintergrund vom Tiger und der damit einhergehenden asiatischen Zurückhaltung zusammen. Da hat das südländische Temperament insofern einen Vorteil, dass die freundschaftlichen Bande zu Bond schneller und auch impulsiver geknüpft werden. Dennoch finde ich, dass die Sake-Szene und die Sequenz im Badehaus die gegenseitige Sympathie zwischen Bond und Tanaka ausreichend und glaubwürdig etablieren.

GoldenProjectile hat geschrieben: Hmm, ich finde die Szenen eher inszenatorisch schwach, das wird immer wieder genau gleich von der Seite gefilmt wie der SPECTRE-Pacman die Raumschiffe futtert. Tricktechnisch fand ich es recht überzeugend bis auf wenige Ausnahmen (eben wenn das Ding wieder in die Atmosphäre eintaucht und zu glühen beginnt). 2001 finde ich zum Vergleich nicht ganz fair, der ist auf diesem Gebiet (aber nicht nur auf diesem) eigentlich bis heute allem und jedem überlegen.
Ja, auch inszenatorisch, aber eben in erster Linie tricktechnisch schwach. Den Vergleich mit 2001 finde ich schon legitim, da die Bondfilme Prestigeproduktionen waren (und sind) und auf vielen Gebieten immer auch die höchsten Ansprüche an sich selbst stellten und idR auch erfüllten. Aber nicht hier, die Weltraumszenen fand ich schon in den 80ern als kleiner Bub unglaubwürdig. Ich finde auch nicht, dass die Tricktechnik von 2001 - so gut sie auch ist - bis heute unerreicht geblieben ist. Gerade in den 70ern und 80ern gab es einige Produktionen, die die Weltraumszenen mindestens ebenbürtig hinbekamen, z.B. Star Trek The Motion Picture, Alien oder 2010. Und eben auch "unser" MR, womit die EON-Jungs ja eindruckvoll bewiesen, dass sie es erheblich besser konnten als in YOLT. Sicher, erst ein Dutzend Jahre später, aber dennoch werden die eigenen Ansprüche auch für das Jahr 1967 zu deutlich unterschritten, als dass ich von einer Kritik absehen könnte.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

682
Ich schreie auch nicht "Buh", ich finde sogar, dass das asiatische Flair bei TMWTGG noch besser zur Geltung kommt. Überhaupt ist der Film bei meiner letzten Sichtung ordentlich gestiegen, aber das ist ein anderes Thema.

YOLT sehe ich auch schwächer als die vier Vorgänger, aber trotzdem recht unterhaltsam und kurzweilig inszeniert. Was der angebliche Tod in der PTS soll, habe ich bis heute nicht verstanden...
#Marburg2024

Früher war mehr Atombombe

Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

683
DonRedhorse hat geschrieben: YOLT sehe ich auch schwächer als die vier Vorgänger, aber trotzdem recht unterhaltsam und kurzweilig inszeniert. Was der angebliche Tod in der PTS soll, habe ich bis heute nicht verstanden...
Naja, der angebliche Tod ist der Aufhänger der Films, auch wenn er für die eigentliche Handluing keine wesentliche Rolle spielt.
Morgenstund' ist aller Laster Anfang

Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

684
Ich sehe jetzt auch kein Problem bei Bonds angeblichem Tod. Sicher, es ist jetzt nichts, was ich total großartig finde, aber es stört auch nicht. Und wie mein Vorredner schon schrieb, vor dem Hintergrund des Filmes ist eine solche Szene auch notwendig.
Wobei ich allerdings die späteren Anspielungen an Bonds Tod mehr als lächerlich finde ("Es gibt nur eine Mann, der eine Wahlter PPK trägt. James Bond" Aber Bond ist doch tot. Alle Zeitungen haben davon berichtet")
So etwas würde man sicherlich nicht so öffentlich herausposaunen. Und warum überhaupt soll 007 als einziger eine Walther PPK tragen??

Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

685
Henrik hat geschrieben:So etwas würde man sicherlich nicht so öffentlich herausposaunen. Und warum überhaupt soll 007 als einziger eine Walther PPK tragen??
James Bond ist für die Öffentlichkeit ja ein "einfacher" Marineoffizier und als solcher wird sein Tod auch bekanntgegeben. Abgesehen davon ist der Sinn hinter Bonds vermeintlichem Tod mit großer Wahrscheinlichkeit einfach der, dass er Fleming einen tollen Titel geliefert hat. Das mit der Walther PPK ist aber in der Tat ein ziemlich doofer Spruch angesichts der Verbreitung dieser Waffe. Wobei ich fast geneigt bin selbst das zu entschuldigen mit der Tatsache, dass die Bondfilme alle in ihrem eigenen Universum spielen, in welchem der Zuschauer tatsächlich nur einen Mann kennt, der eine PPK benutzt. Zugegeben, eine etwas dürftige Begründung, allerdings könnte ich mir gut vorstellen, dass die Macher genau diese Intention hatten.
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Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

686
AnatolGogol hat geschrieben:
James Bond ist für die Öffentlichkeit ja ein "einfacher" Marineoffizier und als solcher wird sein Tod auch bekanntgegeben. Abgesehen davon ist der Sinn hinter Bonds vermeintlichem Tod mit großer Wahrscheinlichkeit einfach der, dass er Fleming einen tollen Titel geliefert hat. Das mit der Walther PPK ist aber in der Tat ein ziemlich doofer Spruch angesichts der Verbreitung dieser Waffe. Wobei ich fast geneigt bin selbst das zu entschuldigen mit der Tatsache, dass die Bondfilme alle in ihrem eigenen Universum spielen, in welchem der Zuschauer tatsächlich nur einen Mann kennt, der eine PPK benutzt. Zugegeben, eine etwas dürftige Begründung, allerdings könnte ich mir gut vorstellen, dass die Macher genau diese Intention hatten.
So ist es . Ich bleibe auch dabei, dass man entsprechende Filme aus den 60ern oder auch 70ern nicht 1:1 mit heutige Prokuktione vergleichen kann. Ich kann mir persönlich nicht vorstellen, dass die Bond Streifen damals schon von Fans und Kritikern "zerlegt" worden sind, wie es heute geschieht. Insgesamt, das unterstelle ich, war das Publikum in dieser Zeit auch etwas naiver als heute.
Morgenstund' ist aller Laster Anfang

Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

687
Warum sollte man Filme aus den 60ern und 70ern nicht mit den heutigen vergleichen? Vielleicht spreche ich nur für mich, mir jedoch ist in beiden Fällen der Anspruch derselbe. Vielleicht versuche ich mich nicht genug in eine Zeit "hineinzuversetzen", um über Dinge, die mich stören, "hinwegzusehen", weil ich die putzige Vorstellung vertrete, das Publikum damals sei "naiver" als das heutige Publikum (das sich am liebsten ansieht, wie sich Comicfiguren auf der Leinwand kloppen, schön wenn man so viel Anspruch dazugewinnt...). ;)

Übrigens wurde Connery (!) anfangs als klebriges Kaubonbon bezeichnet (oder zumindest so ähnlich), daher frage ich mich auch, was du damit meinst, die Filme seien nicht "zerlegt worden".
It's the BIGGEST... It's the BEST
It's BOND

AND BEYOND

Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

689
Thunderball1965 hat geschrieben: Übrigens wurde Connery (!) anfangs als klebriges Kaubonbon bezeichnet (oder zumindest so ähnlich), daher frage ich mich auch, was du damit meinst, die Filme seien nicht "zerlegt worden".
Das kann ich Dir sagen. Er wurde vielleicht als Kaubonbon bezeichnet und fertig - und dies wahrscheinlich von einem Kritiker der Presse. Ich bin mir sicher, dass in den 60er "Dr. No" nicht "im Detail "ausdikutiert" worden ist, so wie es hier z.B. im Forum geschieht. Das meine ich mit "zerlegt" werden. Hinzu kommt, dass es bis in die späten 90er Jahren ja gar keine Foren im Internet gab, in denen etwaige Diskussioen haben stattfinden können.
Hinzu kommt, dass z.B. in den 60er noch nicht einmal "jeder" Haushalt einen Fernseher hatte usw.. Insofern ist es doch logisch, dass sich insgesamt weniger Gedanken von gemeinen Leuten über Filme gemacht wurde, wie es nunmal heutzutage der Fall ist.
Zuletzt geändert von Goahead am 4. Februar 2018 18:33, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Filmbesprechung: "You Only Live Twice (YOLT)"

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Henrik hat geschrieben:Ich sehe das wie Thunderball1965. Es gibt meiner Meinung nach auch keinen vernünftigen Grund, sich in die damalige Zeit hineinzuversetzen. Wenn ich heute einen Film aus den 60ern sehe und mich dieser überhaupt nicht unterhält, dann habe ich ja nichts davon, über manche Schwächen hinwegzusehen. Der Film wird dadurch für mich ja nicht besser.
Wenn Dich der Film nicht unterhält, dann gibt es auch tatsächlich keinen Grund diesen unbedingt anzuschauen. Aber dennoch entwickelt sich doch alles weiter und der Zeitgeist und Status Quo der Epoche aus der ein Film eben stammt, kann man meiner Meinung bei einer Bewertung oder gar Vergleich mit meinem "aktuellen" Film nicht ignoriert werden.
Mag ein Film , wann auch immer, der letzte Schrei gewesen sein , dann kann er heute absolut altmodisch erscheinen.
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