Happy End (R: Michael Haneke; FR, Ö, D 2017)
Dieses Mal in Cannes leer ausgegangen - zwei goldene Palmen sollten eigentlich auch reichen
, vermag es der neue Haneke nicht zuletzt aufgrund seines beißenden Zynismus' zu faszinieren. Im Grunde genommen handelt der Film vom allmählichen Untergang einer bourgeoisen Familie im Norden Frankreichs. Die Protagonisten kämpfen allesamt mit ihren trivialen Alltagsproblemen und sind unfähig miteinander zu kommunizieren. An diversen Stellen des Filmes thematisiert Haneke ihren Umgang mit sozialen Netzwerken, die hier einer Art Ventil für die Bedürfnisse und Fantasien der Figuren gleichkommen. Im Kontrast zu den "Besitzenden" steht das einfache Leben der Hausbediensteten mit Migrations-Hintergrund. Diese werden von der Obrigkeit nach außen hin toleriert aber auch herablassend behandelt.
Der Filme zeigt eine völlig weltfremde und nach außen hin verschlossene Wohlstandsgesellschaft am Rande des Abgrunds, weil sie verlernt hat, sich auf die wesentlichen Dinge des Lebens zu fokussieren. Gleichzeitig erlaubt sich Haneke ein erfrischend dezent nüchternes Understatement zum Postkolonialismus und zur Flüchtlings-Debatte, indem er weniger auf die Schicksäle der Betroffenen eingeht, sondern eher "unseren" Umgang mit ihnen beobachtet.
Haneke verweigert sich jeglicher Sentimentalität, was aber keineswegs heißt, dass der Film nicht berührt. Viel mehr entstehen Dialoge und Diskurse, aus denen widerum Neues wachsen kann.
Zu loben ist neben den herausragenden spielerischen Leistungen aller Beteiligten die präzise Kameraarbeit - der Film ist größtenteils in Plansequenzen gedreht - und Hanekes feinfühliger Umgang mit hochkomplexen Fragestellungen.
Natürlich sollten man auf selbstreflexives Kino stehen, berieseln lassen ist nicht. Nichtsdestotrotz besticht "Happy End" an vielen Stellen durch seinen schwarzen Humor. Manchmal ist es auch die Humorlosigkeit oder die entwaffnende Grobheit der Protagonisten, die für Gelächter sorgt.
Es lohnt sich!