Casino Hille hat geschrieben: 13. Dezember 2018 14:03Da sind wir Brüder im Geiste. Zwar konnte ich mit TFA durchaus was anfangen, und dem Film sind zwei essentielle Dinge gelungen.
Abrams hat Star Wars Plastizität zurückgegeben und die Reihe damit nach den unsäglichen Videospiel-artigen Gurken-Prequels wieder erträglich gemacht.
so beeindruckte mich das erstaunlich sympathische neue Heldentrio. Poe ist mit Oscar Isaac ein kantiger Sprücheklopfer aus dem Lehrbuch und die Chemie zwischen Daisy Ridley und John Boyega funktionierte ausgezeichnet. Gerade der entwaffnende Charme von Ridley ließ ihre auf den ersten Blick einfallslose Rolle stark wirken und mich auch um sie bangen. Das Drama der Finn-Figur wäre sicher ausbaufähig gewesen, aber er hat genug starke Momente und Potenzial für zukünftige Abenteuer geboten, inklusive entsprechenden Comic Relief Momenten.
Dennoch konnte ich in die Euphorie um den Film 2015 nicht miteinstimmen und meine damalige Benotung nach der Erstsichtung von 6/10 Punkten würde ich heute genauso noch unterschreiben. Und das liegt daran, dass der Film mir viel zu sehr auf Nummer sicher geht. Das ist einerseits nach dem extremen Verruf der Prequels (den im Post Last Jedi Anti-Hype viele Fans jetzt ins Gegenteil verkehren) absolut verständlich und nachvollziehbar, führt aber auch zu einem letztlich zahmen und eben nur durchschnittlich unterhaltsamen Popcorn-Abenteuer, welches leider wirklich fast schon wie ein genaues Remake des 77er Original anmutet. Dazu kommt, dass der in meinen Augen als Regisseur nur höchst mittelprächtige J.J. Abrams auch in TFA immer wieder mit den für ihn üblichen Längen zu kämpfen hat. Ein ganzes Action Set-Piece etwa um riesige kugelrunde Glubschaliens und eine Schmuggler-Bande ist einerseits reichlich unkreativ, und hält andererseits den Plot auch noch Minuten lang auf, ohne seine tatsächliche Funktion (nämlich das Formieren der Zweckgemeinschaft zwischen Solo und den neuen Figuren) vollständig zu erfüllen.
Sorry, dass ich deinen (in meinen Augen total nachvollziehbaren und wertvollen) Beitrag zerstückelt habe, um mir einzelne Punkte herauszupicken. Wir scheinen hier tatsächlich Brüder im Geiste zu sein. Wenn ich mich richtig erinnere gehörst du auch zu denjenigen die von TLJ beeidruckt waren und den Film verteidigen, gerade weil dieser eben nicht auf Nummer sicher geht - sowohl im narrativen, wie auch im ästhetischen Sinne.
Auch ich würde Abrams bezüglich seines gelungenen Unterfangens, SW wieder "organischer" und "greifbarer" zu gestalten, loben. Imo hat er das geschafft ohne zu sehr in die Pastiche-Falle zu dappen, schließlich macht er ja auch reichlich von heutiger CGI-Technik gebrauch. Diesbezüglich missfallen mir lediglich ein paar Charaktere, die meines Erachtens nach sehr künstlich wirken (der grausame Schrottsammler auf Jakku und Maz Katana (?)). Trotzdem sind wir meilenweit von einem CGI-Panoptikum der übelsten Sorte, wie in "Fantastic Beasts and Where to Find Them" (der erste Ableger aus dem Harry Potter Expended Universe) entfernt.
Was die Chemie des Helden-Trios angeht, habe ich ebenfalls nichts auszusetzen. Etwas weniger juvenile Euphorie hätte ich mir von Poes Charakter gewünscht, schätze das gehört bei SW aber einfach dazu, und stört mich im großen und ganzen nicht weiter. Auch BB8 ist als R2D2-Pendant rührend und glaubwürdig in die Handlung eingeflochten. Der Stormtrooper-Background verleiht Finns Charakter die nötige Tiefe, gerade in den ersten 30 Min passieren Dinge, die wir in dieser Form bei SW noch nicht sehen konnten. Ich denke da an den angeschossenen Stormtrooper, dem Finn zur Hilfe eilt, oder an Finns Ohnmacht der Grausamkeit des Massakers gegenüber. Auch stark, dass seine Inaktivität bemerkt wird. Soweit passt für mich da alles.
Ich hatte mich sehr auf Han Solos Rückkehr gefreut, schließlich handelt es sich mit Vader zusammen um meinen Lieblingscharakter aus der Original-Trilogie. Als ich dann feststellen musste, dass seine Entwicklung aus ESB und ROTJ so gut wie vollständig fallengelassen wurde, hielt sich meine Freude dann doch sehr in Grenzen. Auch gefiel mir die Ratar-Szene nicht wirklich, viel zu lang, zu chaotisch und nichtsaussagend. Finde die Szenen zwischen ihm und Leia ebenfalls unterkühlt und befremdlich, überhaupt bekommen wir sehr wenig Informationen über die Lage. Nicht, dass ich immer Erklärungen brauche, aber im letzten Drittel wirkt das Narrativ auf mich dann doch sehr gehetzt. Glücklicherweise durfte Carrie Fisher in TLJ dann zu Höchstform aufblühen, ihr wurde sogar einer der schönsten SW-Momente (die Szene im All) zu Teil. Was Han Solo angeht, so empfinde ich seinen Abgang wiederum als durchaus gelungen, kommen hier dann doch seine Sturheit und Tollpatschigkeit, die wir so mögen, zum Vorschein (Einfach mit dem Kopf durch die Wand, raus auf die Brücke und mit Sohnemann ein Gespräch anfangen).
Die 2015er Euphorie ist natürlich auf die Tatsache zurückzuführen, dass überhaupt ein SW-Film (hielten wir die Saga ja nicht ganz unberechtigt für beendet) kam. Der Hype hat sich im Laufe der Jahre dann zunehmend in Frustration umgewandelt, nach dem ersten Eiphorie-Schock konnte ja nur ersichtlich werden, wie sehr sich Abrams an bereits auserzählten Mustern und Motiven orientiert hat - größtenteils jedenfalls, ich kann und möchte nicht alles schlechtreden. Weshalb ich bis heute nicht verstehe, weshalb TLJ so einen Shitstorm abgekriegt hat, war doch einerseits alles da, was das Fanherz höher schlagen lässt, samt äußerst ungewöhnlichen Innovationen, die ich in dieser Form bei SW nie für möglich gehalten hätte. Ganz zu schweigen von der fantastischen Leichtigkeit, die den an sich eher melancholischen Film umgibt. Das soll erstmal einer schaffen.
Es wirft die verlockende Frage auf, was das Publikum eigentlich erwartet. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass viele bei SW einfach den immergleichen Fraß, mit jeweils unterschiedlicher Würzung serviert bekommen wollen. Und da dies ja für die nächsten Filme und Serien offenkundig berücksichtigt wurde, sinkt mein Interesse an dieser einzigartigen und wunderbaren Welt stätig. Die Menschen scheinen in den letzten Jahren eben vermehrt Sicherheit über Freiheit zu stellen, um Snowden zu zitieren. Diese Entwicklung äußert sich eben auch im mittlerweile leider viel zu formelhaften Mainstream-Kino.