10
von danielcc
00-Agent
Auf besonderen Wunsch, hier meine damaligen Gedanken zu den X-Men Filmen. Leider habe ich wohl First Class nicht im Kino gesehen und daher keine Kritik in meinem Filmbuch...
VORSICHT SPOILER
X-Men, Bryan Singer, 2000
Fast unmöglich erschien das Vorhaben von Regisseur Singer, die in den USA unglaublich populären Abenteuer der X-Men als Live-Action-Movie ins Kino zu bringen. Doch dank eines hervorragenden Castings und einem tollen Stil hat er es geschafft; mehr noch:
Leute, die nie einen Blick in die gezeichneten Vorlagen geworfen haben, waren von dem Film begeistert. Und zu Recht, denn der Film ist die vielleicht erste gelungenen Comic Adaption seit Batman.
Dafür sorgen in erster Linie die vielen guten Darsteller, Patrick Stewart als Idealbesetzung des Prof. X., ebenso Famke Jansen, Halle Berry ... Ein besonderer Lob gilt aber auch den Drehbuchautoren sowie dem Regisseur, die es verstehen, die Mutanten in erster Linie als Menschen zu zeigen, die ihre ganz speziellen Probleme haben.
Auch der Stil des Films ist toll. Was irgendwo im ländlichen Amerika beginnt, steigert sich immer mehr zu einer durchgestylten, mit prächtigen Effekten aufgepeppten Zukunftsvision, welche zwar nicht spannend, aber auch in keiner Szene langweilig ist. O.K., der Showdown ist etwas zu durchgeknallt.
X-Men 2, Bryan Singer, 2002
Die Fortsetzung der erfolgreichen und gelungenen Comicadaption aus dem Jahre 2000.
Dieses mal durfte Regisseur Singer aus den Vollen schöpfen und so verwundert es nicht, dass X2 den Vorgänger in jeder Hinsicht übertrifft: Mehr Action, mehr Mutanten, mehr Effekte und eine ausgefeiltere Handlung.
Mit gut zwei Stunden Länge bietet der Streifen für all dies auch genügend Zeit. So etwas wie Langeweile will indes niemals aufkommen. Brillant ist gleich die Einführung, die uns den interessantesten Neu-Mutanten "Nightcrawler" in einer atemberaubenden Actionsequenz präsentiert.
Danach drosselt Singer zwar das Tempo etwas doch dafür taucht er ein in die spannende Story, die zunächst durchaus etwas verwirrend daher kommt. So werden parallel mehrere Handlungsstränge erzählt, was viele Filme zum Scheitern verurteilt. Hier ist es praktisch nötig, da jeder der Charaktere entsprechend seiner Fähigkeiten in Szene gesetzt werden möchte. Trotz aller "Gleichberechtigung" wird einigen Heroen eine stärkere Charakterentwicklung gewährt. Wolverine erfährt, was er schon am Ende des ersten Teils zu erfahren suchte, Jean Grey gesteht ihre Liebe zu Cyclops und opfert sich am Ende und einige der jungen Mutanten sind auf der Suche nach ihrem Weg.
Dass aber scheinbar jedem zweiten X-Men eine Liebesbeziehung angehängt wird, ist im Mittelteil unnötig und ärgerlich.
Weiterhin enttäuscht der Auftritt der so lang angekündigten Lady Deathstrike. Zwar sieht Kelly Hu fantastisch in ihrem Kostüm aus, doch ihr Kampf gegen Wolverine ist zu schnell geschnitten und vorüber.
Überhaupt fällt auf, dass gegen Ende der Spannungsbogen nachlässt und deutlich wird, dass der fiese General Striker keine wirkliche Bedrohung darstellt. Dies ist wohl auch den Schreibern aufgefallen, so dass sich am Ende Mystique und Magneto doch wieder gegen die X-Men stellen müssen.
Und als Höhepunkt eines Actionspektakels eine Gehirnmanipulation funktioniert eigentlich nie - mit Patrick Stewart ist die Sache hier zumindest von Newton Thomas Siegel brillant in Szene gesetzt.
X-Men 3: The Last Stand, Brett Ratner, 2006
Die Punktzahl der Bewertung mag die gleiche sein wie bei den beiden Vorgängern. Dennoch kann Teil 3 nicht uneingeschränkt überzeugen. Oder liegts an den zu hohen Erwartungen?
Beeindruckend ist der tricktechnische Aufwand des Films, der folgerichtig auch einer der bis dato teuersten ist. Die einzelnen Actionszenen sind einmal mehr grandios und kreativ. Der totale Overkill an Superheldenfähigkeiten, die der neue Regisseur Ratner hemmungsloser denn je zeigt, verzaubert das Publikum immer wieder. Langweilig wird es nicht.
Was fehlt also? Die Story! Auch die ersten beiden Teile glänzten nicht gerade mit intellektuellen High-End Geschichten. Doch dieses Mal kommt erschwerend hinzu, dass man als Zuschauer nicht so recht weiß, wer was möchte, wer böse ist, warum eigentlich und überhaupt. Schon immer war das Problem, dass eigentlich jeder der Mutanten es mit jedem aufnehmen kann. Mit Jean Greys Rückkehr als Phoenix, weiß man nun überhaupt nicht mehr wie die Hierarchie der Kräfte ist.
Der frühe Tod von Prof. X hinterlässt nicht nur bei seinen X-Men sondern auch beim Zuschauer eine nicht zu kompensierende Lücke.
Von da an trudelt der Film etwas vor sich hin. Zudem sind die aufwendigsten Szenen - die Verschiebung der Golden Gate Bridge - ein Dorn im Auge, weil dramaturgisch nicht gerechtfertigt.
Das finale ultimative Mutanten-Aufeinandertreffen ist furios und macht Spaß. Doch warum wird der starke Charakter Phoenix so verschenkt? Schlimmer ist jedoch, dass all das was Sie anrichtet, am Ende wieder nichtig gemacht wird, durch die Andeutungen vor und nach de Abspann. Viel Lärm um nichts also und 2 Stunden guter Unterhaltung, die am Ende jedoch das X-Men Universum keinen Schritt verändert haben.
(stelle grade fest, dass ich micht an NICHTS aus Teil 3 erinnern kann...erschreckend)
X-Men Origins: Wolverine, Gavin Hood, 2009
Die Lust der Amerikaner nach Comicverfilmungen scheint nicht gestillt zu sein, anders ist es wohl kaum zu erklären, wenn nun auch noch einzelne Charaktere der eigentlich schon ausgelutschten X-Men Serie ausgekoppelt werden und - das ist ja modern - deren Anfänge gezeigt werden, sprich ein Prequel.
Schlauerweise haben sich weder Bryan Singer noch Brett Ratner für dieses Projekt begeistern lassen. Ob sie das Drehbuch schon kannten ist unbekannt.
Doch zunächst mal kann man festhalten, dass der Charakter Wolverine nicht nur populär ist sondern auch einen interessanten background bietet, der durchaus für einen spannenden Film hätte herhalten können.
Woran ist Gavin Hood also bei seinem ersten Blockbuster gescheitert? Der mit einem Budget von über 200 Mio $ ausgestattete Film schafft es nicht eine klare Story zu erzählen. Das Ganze wirkt unausgegoren, es wird zu viel angedeutet, zu viele Episoden gezeigt, die Story erstreckt sich über Jahrhunderte ohne dass das wirklich nötig wäre. Im Gegenteil, die Erzählung wirkt nicht homogen.
Zusammengehalten wird das Ganze durch die guten Leistungen von Hugh Jackman vor allem aber von Liev Schreiber, der hier wirklich eine herausragende Rolle spielt, die man ihm so nicht zugetraut hätte. Er ist ein würdiger Gegner, ein echter Bösewicht der Angst verbreitet. Dies ist besonders für eine Comicverfilming eher ungewöhnlich.
Darüber hinaus fällt positiv die Atmosphäre im Mittelteil des Films auf. Wolverines trautes Eheleben in den Wäldern Kanadas zeigt beispielhaft, dass man versucht hat, die Comiccharaktere in der realen Welt zu "erden".
Dieses Bemühen ist jedoch dahin, sobald es immer mehr Superhelden auftauchen und die Action Überhand gewinnt. Überhaupt leidet der Film eher unter seinem Riesen-Budget. Gegen Ende wäre weniger mehr gewesen. Hier zeigt sich wieder das Problem vieler Comicfilme: Jeder Charakter hat so spezielle Fähigkeiten, dass eigentlich jeder jeden oder keiner keinen besiegen kann, so dass die Kämpfe scheinbar endlos und letztlich beliebig werden.
Wolverine bleibt also hinter den Erwartungen zurück und erreicht nicht die Qualität der X-Men Filme auch wenn gute Ansätze zu erkennen sind.
Zuletzt geändert von
danielcc am 3. April 2013 07:25, insgesamt 1-mal geändert.
"It's been a long time - and finally, here we are"