Der John Wayne-Thread

1
Nachdem wir inzwischen bei so vielen Schauspielern eigene threads haben, sollte der "Duke" nicht fehlen. Zumal ich mir immer wieder mal gerne einen seiner Filme vornehme. Diesmal waren es gleich zwei recht kurz hintereinander.

Auf BluRay: Hatari (Howard Hawks, 1962)

http://www.ofdb.de/review/8154,683127,Hatari

und

Auf BluRay: The Comancheros (Michael Curtiz, 1961)

http://www.ofdb.de/review/9293,683858,Die-Comancheros
http://www.vodkasreviews.de

https://ssl.ofdb.de/view.php?page=poste ... Kat=Review

Re: Der John Wayne-Thread

7
vodkamartini hat geschrieben:Nachdem wir inzwischen bei so vielen Schauspielern eigene threads haben, sollte der "Duke" nicht fehlen.
Dann mach mal Butter bei die Fische: Wie stehst du zum schwarz gefiederten Falken, im Original als "The Searchers" bekannt?
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Life is what happens while you are busy making other plans

11
Der schwarze Falke

Es ist eines der einprägsamsten Openings in der Geschichte des Mediums: Aus der Dunkelheit heraus gefilmt öffnet sich die Tür der Edwards und die Kamera gewährt dem Zuschauer einen atemberaubenden Blick auf die unberührte Schönheit des Monument Valley sowie auf den einsamen Reiter, der aus der Wüste kommt und zu der idyllisch beisammen positionierten Familie stößt. Dieser Mann ist Ethan Edwards, ein ehemaliger Kämpfer der Konförderierten im Sezessionskrieg, der drei Jahre nach Kriegsende dorthin zurückkehrt, wo seine Ursprünge liegen, doch er wirkt seiner Familie und seiner Heimat entfremdet. Ethan Edwards, das ist eigentlich John Wayne, der Duke, die US-Ikone des Western-Genres, der strahlende Edelmann, der heroische und aufrechte Amerikaner, der in dieser Funktion gemeinsam mit Regielegende John Ford mit Beständigkeit in den 40er und 50er Jahren die Kinos füllte. Doch "Der schwarze Falke" von 1956 ist anders als die vorherigen Arbeiten dieses Duos und lässt die unbefleckte Romantik der prächtigen Landschaften schnell zum Sinnbild der weniger unschuldigen brutalen Entstehungsgeschichten der Vereinigten Staaten reifen.

Einen schwarzen Falken gibt es natürlich nur in der deutschen Synchronfassung. "The Searchers", wie der wesentlich treffendere Originaltitel lautet, handelt von Edwards Suche nach seiner entführten Nichte Debby, ist aber auch ein Film über Hass, Rassenfragen und die Werte der Zivilisation. Ford lässt keinen Zweifel daran, dass sein Protagonist ein grausamer Rassist ist, der in seinem blinden Hass gegen die Indianer eine selbstzerstörerische Odyssee wagt, und dabei so antisozial und blind zu Werke geht, dass sich zunehmend auch seine Mitstreiter von ihm entfernen. In einer der berühmtesten Szenen des Films, schießt Wayne einem toten Indianer in seine Augen, da dies nach dem Glauben der Komantschen den Toten den Einzug in die ewigen Jagdgründe verwehrt und die Seele ewig zwischen den Winden wandern lässt. Später wird er manisch und krankhaft affektiert unkontrolliert in eine Büffelherde schießen, um die Indianer um ihre Nahrungsquelle zu berauben. Worin die Gründe für seine (vom Duke brillant gespielte) wahnsinnige Wut und sein Extremverhalten liegen, geht "The Searchers" nicht auf den Grund, doch lässt der Film keinen Zweifel daran, dass Edwards mit der Kultur der verhassten "wilden" Komantschen durchaus vertraut ist und ihre Gepflogenheiten beinahe besser kennt, als die seiner eigenen zivilisierten Welt. Auf der Beerdigung seines Bruders und dessen Familie drängt er vor ungezügeltem Wahnsinn den Pfarrer zu einem vorzeitigen Amen und zögert auch nicht, eine Hochzeitsfeier ohne Rücksicht auf fremde Gefühle zu unterbrechen.

Gleichwohl reitet er mit dem vorzüglich agierenden Jeffrey Hunter als Martin Pawley, für den Edwards nur wenig Vertrauen übrig hat, da er zu einem Achtel von Indianern abstammt und das, obwohl es Edwards war, der Pawley einst als Neugeborenen vor dem sicheren Tod rettete. Diese psychologische Komponente der Erzählung führt unweigerlich dazu Fords düsteres Rachedrama glatt als Epos zu begreifen, erst recht, wenn die einmalig konzipierten Panoramaaufnahem des Monunmental Valley in ihrer Weite und Schönheit des Vistavision-Verfahrens wie eine gigantische Theaterkulisse anmuten, vor denen sich das menschliche Drama abspielt. Ford weiß, was er zeigen muss und wie er es zeigen muss, genauso wie er beweist, dass er ein fast noch besseres Gespür dafür hat, was nicht gezeigt werden muss. Die Gewalt in "The Searchers" ist omnipräsent, dreckig und schonungslos brutal, allerdings auf der Leinwand keinesfalls präsent. Die Brutalität ergibt sich ganz in der Imagination, und bekommt von der filmischen Gesaltung lediglich eine Vorarbeit, deren Effekt sich dann im Bewusstsein des Zuschauers ganz von selbst transzendieren muss, während der tiefe Einblick in die Seele des Protagonisten von der Landschaft gespiegelt wird, wenn auf die Leere der Prärie die Kälte und unwirkliche Dunkelheit beschneiter Berglandschaften folgt. "The Searchers" ist von Beginn an ein visueller Film, der auch als Stummfilm ganz ohne seine prätentiösen Dialoge funktioniert hätte.

Trotz des offen präsentierten Rassismus der Hauptfigur, der häufiger ein gespaltenes Seherlebnis fördert, sind sowohl der Film wie Waynes Charakter gleichermaßen eine für die damalige Zeit überraschend ambivalente Angelegenheit. Der Hass, den Edwards dem Häuptling Scar entgegenbringt, beruht letzten Endes auf unbestreitbarer Gegenseitigkeit. Scar verlor seine Kinder und sein Land durch die Hand des weißen Mannes, der keinen Respekt für seine Kultur aufbringen will. Scars Handlungen sind wie die Edwards beide reaktionär und diese lange herausgearbeitete Kontradiktion in der Beziehung zwischen Pro- und Antagonist eröffnen Fords Regie eine ganz neue Perspektive auf die Thematiken der Handlung, die plötzlich eine enorm kritische Haltung zur damaligen Zeit offenbaren und die größte Stärke des komplexen und erstaunlich actionreichen Abenteuerfilms sind. Gerade in dieser Hinsicht erweist sich Ford als so ausgiebig wie nie zuvor oder danach in seinem Schaffen als Filmemacher und arbeitet mit arg skurrilen Comic reliefs, setzt auf ausgedehnte (virtuos aufgezogene) Schießereien oder erzählt ganze überlangen Passagen in Rückblenden, die jahrelange Zeiträume überdauern. Es ist aber wohl den Umständen der Zeit anzurechnen, dass Ford seinen kritischen Genreweg nicht mit letzter Konsequenz zu Ende geht. Im letzten Viertel scheint sich der Film aus heutiger Sicht gar selbst zu persiflieren (etwa in einer arg Slapstick-lastigen Schlägerei) und verliert sich in viel zu hektischen und bei Betrachtung des Vorherigen bemerkenswert absurden abschließenden Ereignissen, denen gefühlt auch inszenatorisch die Aura der gedrungenen (aber nicht unverzeihlichen) Notwendigkeit anhaftet.

Fazit: Martin Scorsese, Steven Spielberg, David Lean, Francis Ford Coppola, John Milius und noch viele mehr können als Anhänger des Films gezählt werden und wenn Luke Skywalker in "Krieg der Sterne" seine tote Familie auf dem Wüstenplaneten Tattooine erblickt, zollt George Lucas der sehr ähnlich inszenierten Szene in "The Searchers" ganz eindeutig seinen Respekt. Der wahre Grund für die nachhaltige Bewunderung des Filmes ist aber Ethan Edwards, der bei aller Arroganz und Eitelkeit eine zutiefst tragische Figur ist, ein Mann, der gefangen ist, zwischen der Kultur, die er versteht, aber nicht akzeptieren kann und will und der, die er nicht versteht und die ihn nicht akzeptieren wird. Brillant also das Schlussbild, in dem er ganz allein zurück in die Wüste geht, aus der er am Anfang kam und die Tür, die sich am Anfang des Films für ihn geöffnet hat, hinter ihm ins Schloss fällt.

8/10
https://filmduelle.de/

Let the sheep out, kid.

Re: Der John Wayne-Thread

13
Gibt es von "Das war der Wilde Westen" eigentlich auch eine verfügbare Fassung im Cinerama-Format? Also mit diesen halbrunden Aussparungen am oberen und unteren Bildrand.

So wie z. B. hier im Trailer:

#London2024

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Der John Wayne-Thread

14
Mir ist zwar nicht klar, wozu du eine orig. Cinerama - Fassung benötigen würdest, da dafür zwingend eine gebogene Leinwand erforderlich wäre - aber ja, die offizielle Blu - ray enthält neben der normalen BD auch eine Scheibe mit der Cinerama - Version. Wofür auch immer...
Lieber in der Kaiserin als Imperator.

Re: Der John Wayne-Thread

15
DoppelNull hat geschrieben: 9. Dezember 2020 16:58 Mir ist zwar nicht klar, wozu du eine orig. Cinerama - Fassung benötigen würdest, da dafür zwingend eine gebogene Leinwand erforderlich wäre - aber ja, die offizielle Blu - ray enthält neben der normalen BD auch eine Scheibe mit der Cinerama - Version. Wofür auch immer...
Dafür ist keine gebogene Leinwand notwenig. Beim Trailer ja auch nicht.

Es ist nur so, dass bei der "normalen" Fassung das Bild zum Teil ziemlich verzerrt ist, weil es eben nicht das Ursprungsformat des Films ist.

Ist bei der Cinerama-Fassung auf der BD auch eine deutsche Tonspur enthalten oder ist das dann nur OmU bzw. OV?
#London2024

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."