Fußball, Fußball, Fußball ...

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Jedes vernünftige Forum braucht natürlich einen Fußball Bereich, und es ist ein Skandal daß es so etwas hier noch nicht gibt. Aber das läßt sich ja ändern.

Denn schließlich haben Fußball, die wichtigste Hauptsache der Welt, und James Bond, die wichtigste Nebensache der Welt, sehr viel gemeinsam:

- die Welt die Bond bereist ist fast so rund wie ein Ball

- ein Spiel mit Verlängerung dauert ungefähr so lang wie der durchschnittliche Bondfilm

- manche Schiedsrichterentscheidungen sind so unergründlich und unsinnig wie Blofelds Pläne

- und im Fußball wie auch bei Bond gewinnen am Ende immer die Richtigen


Ja, und dann war es natürlich Sepp Herberger, der alte Fuchs, der angesichts des von Film zu Film fülliger werdenden Sean Connery die legendäre Formulierung prägte:

Der Bond ist rund

Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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Vielleicht könnte ja Anatol seine gewagten Thesen zur Nationalelf der 80ger hier hin kopieren.

Ich hatte zu den 70gern geschrieben:

Aber vom Potential her waren die frühen 70ger mit Beckenbauer, Overath, Netzer, Müller kaum zu toppen. Und Netzer hat ja in der Nationalelf nur in 72 so richtig funktioniert, und sonst immer die Konkurrenz zu Overath gehabt, die beide das Gleiche spielten.
Dazu noch Meier, Breitner, Grabowski, Bonhof und viele andere.

Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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Ausgezeichnete Idee, Maibaum!
Der größte intellektuelle Herausforderung am heutigen Tage war dabei ohne Zweifel erst mal herauszubekommen, in welchem anderen Thread ich meine OT-Ergüsse abgesondert hatte :D
Da mir dies nun auch gelungen ist poste ich meine Ausführungen als Antwort zu deinem vorangegangen Post ebenfalls nochmal:
AnatolGogol hat geschrieben:Fussball besteht aber halt nicht nur aus Technik und Feingeist. Gerade die aktuelle Truppe zeigt dies mehr als eindrucksvoll bzw. sie zeigt es mangels Entschlossenheit und Konstanz eben nicht. Im Gegensatz dazu zeigte die 86er-Mannschaft der Welt wie man Erfolg haben kann, auch wenn nahezu alles gegen einem spricht. Vor allem charakterlich bewundere ich diese Truppe – nicht zuletzt da trotz der bekannten Cliquenbildung auf dem Platz eine Einheit gewahrt wurde.

Gehe ich die 74er Mannschaft mit der 82er Mannschaft vom Potenzial Position für Position durch, so komme ich mindestens auf einen Patt zugunsten der 82er.

Maier-Schumacher: totes Rennen, Maier war auf der Linie etwas besser, Schumacher hatte dafür die bessere Strafraumbeherrschung 0,5:0,5
Beckenbauer-Stielike: keine Frage, nix geht über den Kaiser, obwohl Stielike nicht so weit weg war 1,5:0,5
Schwarzenbeck-K.Förster: klar zugunsten des Treters mit dem Engelgesicht, er war absolute Weltklasse, Schwarzenbeck sicher nicht 1,5:1,5
Vogts-B.Förster: Vorteil Vogts 2,5:1,5
Breitner-Briegel: wie Beckenbauer: nix geht über Breitner – aber es ist ein verdammt enges Ding, da Briegel wohl einer der unterschätztesten Spieler aller Zeiten ist 3,5:1,5
Bonhof-Dremmler: totes Rennen, zwei überdurchschnittliche Bundesligaspieler 4:2
Hoeness-Kaltz: noch ein totes Rennen, zwei Spieler, die in der Spitze ihrer Leistungen weltklasse waren, aber diese auch nicht immer abrufen konnten. Tendenz geht Richtung Kaltz. 4,5:2,5
Overath-Breitner: wie gesagt: nix geht über Breitner, zumal er im Mittelfeld meiner Meinung nach noch besser und effektiver war als auf links. 4,5:3,5
Grabowski-Rummenigge: klar zugunsten des Ausnahmespielers Rummenigge 4,5:4,5
Hölzenbein-Littbarski: Littbarski hatte mindestens die Qualität von Hoeness und Kaltz, Holz war „nur“ internationale Klasse 4,5:5,5
Müller-Fischer: klare Sache, obwohl Fischer so nah dran war wie es nur geht, mit Abstand der zweitbeste Mittelstürmer den Deutschland je hatte 5,5:5,5

Ein Remis, bei dem ich gefühlsmäßig aber dennoch in Richtung 82er Team tendiere. Das sieht auch wenn ich das 72er Team heranziehe nicht anders aus.
Ich kann Maibaums Ausführungen zur Analogie des Fussballs zur James-Bond-Welt noch dadurch ergänzen, dass mir beim modernen Fußball ähnlich wie bei den jüngeren Bondfilmen ein gewisser Charme abgeht und ich mich vermutlich auch genau deshalb mittlerweile in beiden Welten mehr mit der Analyse und Sichtung historischer Sachverhalte beschäftige denn mit dem Konsum aktueller Veröffentlichungen/Geschehnisse.
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Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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Cooler Vergleich zwischen Fussball und Bond. :) Ich bin totaler Werder Fan obwohl ich eher aus der Ecke Dortmund komme. Zwar nicht ganz (bergkamen) aber nah dran. Aber auch den BVB mag ich unglaublich gerne. Sympathien sind da, aber Werder ist die Nummer 1 für mich. ;) Sehr schade, was mit Schaaf passiert ist btw. :(

Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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AnatolGogol hat geschrieben:Ausgezeichnete Idee, Maibaum!
Der größte intellektuelle Herausforderung am heutigen Tage war dabei ohne Zweifel erst mal herauszubekommen, in welchem anderen Thread ich meine OT-Ergüsse abgesondert hatte
:D
Aber du hast es gefunden, die Herausforderung gemeistert.

Du hattest auch das hier noch geschrieben zur WM 86:
AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben: Die 86er haben zwar das Finale erreicht, aber eigentlich nur ein gutes Spiel gemacht. Das Halbfinale. Die sind wie die 82er Mannschaft meist unter dem potentiellen Niveau geblieben.
Tatsächlich halte ich vom Potenzial die 82er Mannschaft für die vielleicht sogar beste deutsche Mannschaft aller Zeiten. Aber ich gebe dir recht, dass sie ihr wahres Potenzial mit Ausnahme des Spanien-Spiels und Teilen des Frankreich-Spiels nicht abgerufen hat.

Was die 86er-Mannschaft anbelangt, so sehe ich dies anders als du. Tatsächlich hat die Mannschaft eine ganze Reihe großer Spiele gemacht. So war bereits die Auftaktpartie gegen Uruguay spielerisch angesichts der Mittagshitze und der ungewöhnten Höhe (erstes Spiel) sowie der nennen wir es mal unrunden Vorbereitung durchaus überzeugend - trotz des erschwerenden frühen Gegentores und der Tatsache, dass sich die Urus danach weitgehend auf ihre eigentlichen Stärken - die Treterei - beschränkten. Auch das Spiel gegen Schottland war sowohl spielerisch wie auch kämpferisch eine über weite Strecken famose Leistung. Das von dir angesprochene eine gute Spiel im Halbfinale war sicherlich der absolute spielerische Glanzpunkt dieses Teams, als man Frankreich in der ersten Halbzeit spielerisch in Grund und Boden kickte und gut und gerne 4 oder 5 zu Null hätte führen MÜSSEN. Ausgerechnet das Frankreich, welches wenige Tage zuvor gegen Brasilien das vielleicht spielerisch beste Fussballmatch aller Zeiten geliefert hatte. Auch die zweite Hälfte des Finals werte ich als grandiose Vorstellung des deutschen Teams, eine Moral und Aufholjagd wie sie wohl keine zweite Mannschaft hätte hinlegen können - gefolgt von einem Ende von fast schon biblischem Ausmaß. Das eigentliche Highlight stellt aber in meinen Augen das Viertelfinale gegen Gastgeber MExiko dar. 40.000 fanatische Fans gegen sich, 1500 Höhenmeter Unterschied zu den vorangegangenen Spielen, 45 Grad in der Mittagshitze, ein entfesselt aufspielender Gastgeber und nach Bertholds Platzverweis nahezu eine Halbzeit lang in Unterzahl - und die deutsche Mannschaft kam zurück und riss in der Verlängerung mit schier unglaublicher Kondition das Spiel an sich. Sicherlich kein ästhetisch besonders schönes Spiel - im Gegenteil - aber kämpferisch, vom Einsatz, von der Moral, von der Dramatik eines der besten Spiele aller Zeiten mit dem Höhepunkt des beeindruckend souverän gewonnenen Elfmeterschiessens. DIeses Team war so dicht am Titel wie man nur sein konnte und betrachtet auf das ganze Turnier wäre ein Titelgewinn wohl alles andere als unverdient gewesen.

Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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Die 86 Mannschaft ist ja von Beckenbauer verbal teils total demontiert worden. Er soll in einem Interview die halbe Mannschaft aufgezählt haben und sich bei jeder Nennung die Hand vor den Kopf geschlagen haben. Und zu Schumacher hat er gesagt daß wenn es nach Qualität ginge wären sie nur zu fünft hier. So betrachtet haben sie sich dann doch gut geschlagen, aber ich sehe die Spiele weniger positiv als du. Richtig überzeugt haben sie nur im Halbfinale.


Bei dem Vergleich der 74er mit der 82 Mannschaft bin ich ganz anderer Meinung. da wären die 74er komplett überlegen. Der einzig vergleichsweise schwache Spieler war Schwarzenbeck, aber der hatte trotzdem eine wichtige Funktion um Beckenbauer abzusichern, um diesen Raum zu verschaffen.
Die 82er waren natürlich potentiell auch sehr stark, umso krasser ist das was sie sich da zusammengespielt haben. Fischer war aber zu der Zeit schon weit über seinem Zenit.
Zuletzt geändert von Maibaum am 30. Juni 2013 15:16, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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Maibaum hat geschrieben:Die 86 Mannschaft ist ja von Beckenbauer verbal teils total demontiert worden. Er soll in einem Interview die halbe Mannschaft aufgezählt haben und sich bei jeder Nennung die Hand vor den Kopf geschlagen haben. Und zu Schumacher hat er gesagt daß wenn es nach Qualität ginge wären sie nur zu fünft hier. So betrachtet haben sie sich dann doch gut geschlagen, aber ich sehe die Spile weniger positiv als du. Richtig überzeugt haben sie nur im Halbfinale.
So sehr ich den Kaiser aufgrund seiner Leistungen schätze, so komme ich bei vielen seiner Äußerungen oftmals nicht umhin den Kopf zu schütteln. Beckenbauer, der alte Medienprofi, weiss natürlich auch, dass ordentlich gepfefferte Aussagen immer besser kommen als langweiliges 08/15-Gewäsch, wie man es gerade von vielen Fussballern ja gemeinhin exklusiv geboten bekommt. Unter diesem Gesichtspunkt denke ich sollte man auch seine Aussagen über die Mexiko-Truppe sehen. Und natürlich sind die Aussagen auch dadurch motiviert, dass er als fussballerischer Feingeist sich aufgrund der Vorzüge und Limitationen seines Teams dazu gezwungen sah einen Fussball spielen zu lassen, der ihm nicht wirklich entsprach. Ungeachtet all dessen kommen die Leistungen der deutschen Nationalelf in den 80ern (lassen wir mal den allgemein gönnerhaft anerkannten Titel 1980 außen vor) meiner Meinung in der historischen Betrachtung viel zu schlecht weg, genau wie auch die titelerringende 90er Mannschaft viel zu gut wegkommt. Keine Frage, das Team 1990 war gut und lieferte auch einige wirklich gute Spiele ab (namentlich das Jugoslawien-, das Holland- und in Teilen das England-Spiel). Dabei sollte aber auch nicht vergessen werden, dass man nach dem Achtelfinale keine einziges Tor aus dem Spiel heraus mehr erzielen konnte und man auch echte Gurkenspiele wie gegen Kolumbien und die CSFR ablieferte (die Spiele gegen die Emirate und Argentinien waren Dienst nach Vorschrift – nicht weltbewegendes, aber ok). Spiegelbildlich für die Leistung der Mannschaft war ihr Kapitän Lothar Matthäus, der nach einem persönlichen Auftakt auf allerhöchstem Niveau im Laufe des Turniers irgendwo im Leistungs-Niemandsland abtauchte und im Finale bezeichnenderweise einen angeblich herausgebrochenen Stollen bemühen musste. Nein, die 1990er Truppe war nicht die Übermannschaft, als die sie gerne stilisiert wird. War sie die beste Mannschaft dieser WM? Ohne Zweifel, obwohl ich sehr skeptisch bin, ob man ein Finale gegen Gastgeber Italien gewonnen hätte. Unterm Strich muss man konstatieren, dass Deutschland 1990 auch massgeblich vom schwachen Niveau der Konkurrenz profitiert hat - was allerdings keine Schande ist, da genügend andere Weltmeistermannschaften genau das selbe taten.

Um auf den ursprünglichen Gedankengang zurückzukommen: im gleichen Maße wie also die 90er Mannschaft in der historischen Betrachtung übersteigert dargestellt wird so werden die Mannschaften der 80er Jahre herabgewürdigt. Das ist bedauerlich und in meinen Augen – trotz aller unbestrittenen Schwächeperioden zwischen den Turnieren – im Hinblick auf die eigentlichen Leistungen bei den Turnieren nicht der Realität entsprechend. Ich hatte in den letzten zwei Jahren nochmals Gelegenheit alle deutschen Turnierspiele der 80er Jahre zu sehen und war teilweise mehr als überrascht welch gute Leistungen da dabei waren (und das sagt jemand, der in den 80ern fussballerisch sozialisiert wurde und schon allein deshalb all die Jahre immer die Fahne für diese Generation wider alle allgemeinen Meinungen hochgehalten hat). Bezeichnend ist hier die EM 1984, die gemeinhin als Schandfleck in der Geschichte deutscher Nationalmannschaften in einem Atemzug mit Fiaskos wie der EM 2000 und der EM 2004 genannt wird. Dabei bot man neben zwei grundsoliden Spielen gegen Rumänien und Portugal einen spielerisch bemerkenswert hochklassigen Aufritt gegen den späteren Vizeeuropameister Spanien, welchen man 80 Minuten regelrecht auseinander nahm. Erstaunlich, das die Geschichtsschreibung einem hier erzählen will, dass man völlig zurecht ausgeschieden sei und dies der verdiente Tief- und Endpunkt der Ära Derwall sei.
Maibaum hat geschrieben:Bie dem Vergleich der 74er mit der 82 Mannschaft bin ich ganz anderer Meinung. da wären die 74er komplett überlegen. Der einzig vergleichsweise schwache Spieler war Schwarzenbeck, aber der hatte trotzdem eine wichtige Funktion um Beckenbauer abzusichern, um diesen Raum zu verschaffen.
Die 82er waren natürlich potentiell auch sehr stark, umso krasser ist das was sie sich da zusammengespielt haben. Fischer war aber zu der Zeit schon weit über seinem Zenit.
Auch im Hinblick auf die Leistungen in Spanien sehe ich eine deutliche Diskrepanz zwischen der historischen Darstellung und den tatsächlichen Leistungen. „Schmach von Gijon“ und das Battiston-Foul scheinen eine kritisch-korrekte Aufbereitung in unserer heutigen über-politisch-korrekten Welt kaum mehr möglich zu machen. Dass man gegen Gastgeber Spanien eine herausragende Leistung im Hexenkessel Bernabeu-Stadion ablieferte wird zB gerne stillschweigend unter den Tisch fallen gelassen. Oder dass man mit einer taktisch sehr klugen und disziplinierten Leistung im kritischen zweiten Gruppenspiel gegen Chile die unerwartete Niederlage gegen Algerien absolut überzeugend wegsteckte. Oder die Tatsache, dass die Niederlage gegen Algerien nicht zuletzt dadurch zu Stande kam, dass die Algerier grotesk bis in die Haarspitzen mit Ausdauerpräparaten und anderen Doping-Mitteln vollgestopft waren und nur deshalb in jenem ersten Gruppenspiel nicht einbrachen – wie sie es in ihren beiden folgenden Spielen gegen Österreich und Chile im Laufe der zweiten Halbzeit jeweils aufgrund der zusehends schwindenen Kraftreserven taten. Keine Frage, die zweite Halbzeit gegen Österreich war eine schlimmer Karnevalsveranstaltung, eine fussballerische Lachnummer. Aber dennoch macht man es sich in meinen Augen auch hier zu einfach immer nur „Schiebung“ und „Verschwörung gegen die „armen“ Algerier“ zu rufen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es hier keine Absprachen gab. War auch nicht nötig, beiden Teams reichte das Ergebnis, man begnügte sich damit. Das war nicht schön und ob es sportlich war, darüber lässt sich wohl auch nicht streiten. Aber es war regelkonform und erfolgsorientiert. Und bezüglich der „armen“ Algerier ist seit Bekanntwerden ihres Doping-Hintergrundes eigentlich auch alles gesagt.

Nein, 1982 war sicherlich nicht immer alle Gold was das deutsche Team ablieferte. Gerade in der Außendarstellung lief da vieles sehr unglücklich ab („Schlucksee“-Vorbereitung, die Wasserbeutel-Geschichte, Schumachers Aussagen nach dem Battiston-Foul), aber eine Reduzierung nur auf die negativen Dinge mit dem zur Randnotiz verkommenden Vize-Weltmeistertitel entspricht nicht einer kritisch-objektiven Betrachtung. Der durchaus ambivalente Charakter der 82er Truppe war mir persönlich Lichtjahre lieber als die stressuntaugliche, Nivea-verwöhnte aktuelle Spieler-Generation.

Was mich jetzt natürlich interessieren würde Maibaum ist eine kurze Einschätzung „head-to-head“ zwischen der 74er und der 82er Mannschaft, da ich mich bei einigen Positionen extrem schwer damit tue hier einen Vorteil bei den 74ern zu sehen (Rummenigge? Breitner?)
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Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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Der direkte Vergleich ist natürlich schwierig. Maier mit Schumacher zu vergleichen fällt nicht leicht, und wenn ich da für Maier stimme ist das wahrscheinlich wenig rational.

Rummenigge gehörte damals zu den ganz Großen und auch Breitner war noch immer sehr gut. Aber Beckenbauer, Overath, Netzer und Müller stehen für mich über diesen.

Witzig, an Dremmler kann ich mich als einzigen überhaupt nicht mehr erinnern.

Ansonsten sind da bei mir nur die fernen Erinnerungen ergänzt durch das was ich in den letzten Jahren an Büchern gelesen habe. Das auch in den sogenannten schlechten Jahren vieles besser war sehe ich auch so. Es werden in der Nachbetrachtung immer viele Sachen verklärt, und anderes zu sehr aufgebauscht. Tatsächlich haben viele Mannschaften die ihre Titel auch verdient hatten, zwischendrin oft nur mit viel Glück gewonnen, längst nicht durchweg so souverän gespielt wie es im Nachhinein erscheint.

Ein wirklicher dauerhafter Tiefpunkt war aber die Zeit nach Sammers verletzungsbedingt viel zu frühem Karriere Ende, also die etwas schlappe WM Truppe von 1998, und der wundersamen Wiederauferstehung bei der WM 2006. Witzigerweise wurde in dieser Zeit trotzdem ein WM Finale erreicht (allerdings in einer qualitativ sehr enttäuschenden WM), während die konstante spielerische Klasse seit 2006 zwar zu 4 Halbfinalen hintereinander, aber zu bislang keinem Titel führte.

Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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Maibaum hat geschrieben:Der direkte Vergleich ist natürlich schwierig. Maier mit Schumacher zu vergleichen fällt nicht leicht, und wenn ich da für Maier stimme ist das wahrscheinlich wenig rational.

Rummenigge gehörte damals zu den ganz Großen und auch Breitner war noch immer sehr gut. Aber Beckenbauer, Overath, Netzer und Müller stehen für mich über diesen.
Genau so wenig rational würde ich eigentlich auch pro Schumacher votieren, aber ich hab mich dann doch zurückgepfiffen – du weißt schon: der absurde Versuch Objektivität walten zu lassen. :D

Overath UND Netzer ist aber auch unfair, da beide praktisch nie zusammen spielten (und die paar mal als sie es taten ging es dann ja auch furchtbar in die Hose). Sonst muss ich dann auch noch Bernd Schuster mit aufnehmen (wenngleich hier das Zusammenspiel mit Breitner auch nie so wirklich geklappt hat) und auf dem Paper halte ich Paul und Bernd für die bessere Kombi als Overath und Netzer (das würde mir international wohl auch überall abgesegnet werden, während in Deutschland Overath und Netzer ein deutlich höheres Ansehen geniessen als Mao-Paul und Gabys Bernd). Bei Rummenigge sehe ich als Außenstürmer weit und breit keine deutsche Konkurrenz, wobei ich zugebe dass wenn man ihn gegen Mittelstürmer Gerd Müller stellt er nur den zweiten Platz belegt. Aber er war halt auch kein Mittelstürmer.

Aber ich denke wir sind uns weitgehend einig, dass beide Generationen (72-74 und 80-82) über bemerkenswerte Ausnahmekönner verfügten, bemerkenswert selbst in der weitgehend ruhmvollen Geschichte deutscher Nationalmannschaften.

Maibaum hat geschrieben: Witzig, an Dremmler kann ich mich als einzigen überhaupt nicht mehr erinnern.
Wobei Dremmler kurioserweise einer der wenigen 82er ist, deren tatsächliche Leistung beim Turnier in Spanien eigentlich stärker war als seine „Papierform“. Dremmler war meiner Meinung nach einer der besten deutschen Spieler 1982, vor allem einer der konstantesten. Sehr passsicher und zweikampfstark, mit guter Übersicht beim Aufbau.

Maibaum hat geschrieben:
Ein wirklicher dauerhafter Tiefpunkt war aber die Zeit nach Sammers verletzungsbedingt viel zu frühem Karriere Ende, also die etwas schlappe WM Truppe von 1998, und der wundersamen Wiederauferstehung bei der WM 2006. Witzigerweise wurde in dieser Zeit trotzdem ein WM Finale erreicht (allerdings in einer qualitativ sehr enttäuschenden WM), während die konstante spielerische Klasse seit 2006 zwar zu 4 Halbfinalen hintereinander, aber zu bislang keinem Titel führte.


Das sehe ich ähnlich. 2002 wird häufig in einem Atemzug mit 1986 genannt. Das mag oberflächlich richtig sein, trifft den Kern aber in sofern aber auch wieder überhaupt nicht, da mit Ausnahme der Kantersiegs gegen drittklassige Saudis die Völlertruppe kein einziges spielerisch ansprechendes Spiel bot – ganz im Gegensatz zur Beckenbauer-Truppe, die mehrmals im Turnier durchaus auch spielerisch überzeugen konnte. Ebenfalls war die Qualität der 86er Truppe auf dem Papier eine ganz andere als die sich weitgehend aus besseren Bundesliga-Spielern rekrutierende 2002er Mannschaft.

Für mich begann der Abstieg des deutschen Fussballs jedoch schon mit der Demission von Beckenbauer. Vogts erwies sich letztlich nur als ideen- und mutloser Verwalter des Beckenbauerschen Erbes, was sich darin äußerte, dass viele der 1990er Mannschaft bis weit über ihr Verfallsdatum berücksichtig wurden und Vogts (in Analogie zu Löw) zudem nicht in der Lage war mit selbstbewussteren und unbequemeren Charakteren wie Effenberg oder Basler umzugehen. Statt dessen vertraute er auf solide, einschätzbare Spieler wie Helmer oder Eilts und auf nicht unbedingt für ihre Siegermentalität bekannte Figuren wie Andy Möller oder Thomas Hässler. Das es dennoch zum EM-Titel 1996 reicht sieht auf den ersten Blick wie ein Widerspruch aus, ist es aber letztlich nicht wirklich, da der Titel zu einem nicht unbeträchtlichen Teil der Siegermentalität eines Matthias Sammers und – so ungern ich dies schreibe – Jürgen Klinsmanns (der sich ganz opportun im Laufe der Jahr vom Vogts-Kritiker zu dessen rechter Hand gewandelt hatte) zu verdanken ist und eben weit weniger der von Vogts immer propagierten Idee „der Star ist die Mannschaft“. Daher stimme ich deiner Einschätzung auch zu, dass Sammers „Kniefall“ einen entscheidenden Wendepunkt im Niedergang des deutschen Fussballs darstellt – allerdings in der Form, dass dadurch der Niedergang nach dem Zwischenhoch EM 96 fortgesetzt wurde, da jetzt der Vogtsche Ansatz (überaltete Spieler, pflegeleichte limitierte Spieler, das Fehlen einer mittelfristigen Linie, der Verzicht auf Ausnahmekönner) wieder voll zum Tragen kam.

Die aktuelle Generation (rechnen wir großzügig die WM 06 mal noch mit dazu) krankt meiner Meinung vor allem daran, dass ihr Spielertypen mit einer echten Siegermentalität und eisernem Willen fehlen. Führungsspieler wenn man so will. Es zieht sich wie ein roter Faden durch die komplette Ära Klinsmann/Löw, dass die Mannschaft sobald sie unter Druck gerät nicht mehr in der Lage ist ihr zuvor gezeigtes Leistungsniveau abzurufen. Zu nennen wären da natürlich die Spiele gegen Spanien 08 und 10 und gegen Italien 12. Aber eben auch ein Spiel wie gegen England 10, welches mit einem 4:1-Endergebnis zwar beeindruckend klingt, in welchem die deutsche Mannschaft aber auch nach einem furiosen Start und einer 2:0-Führung nach dem unerwarteten Gegentreffer fast in sich zusammenfiel und den Ausgleich nur dank der „Wembleytor-Revanche“ vermeiden konnte. 30 Minuten glich das deutsche Team eher einer mutlosen Schülermannschaft bis sie nach dem zu diesem Zeitpunkt dann ebenfalls unerwarteten 3:1 wieder zur alten Souveränität zurückfanden. Das 4:4 gegen Schweden in der laufenden Quali weist ein ganz ähnliches Muster auf. Oder die Zitterspiele gegen Österreich 08, gegen Ghana 10 oder Dänemark 12, als man ebenfalls jegliche Souveränität vermissen lies und ebenfalls jeweils mit einem Bein vor dem Turnier-KO stand. Mit dem Führungs-Team Löw/Bierhoff und den von ihnen bevorzugten „flachen Hierarchien“ sowie den von ihnen benannten „Führungsspielern“, die eigentlich nicht wirklich diesen Terminus erfüllen, ist ein Turniersieg in meinen Augen daher nicht möglich.
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Re: Fußball, Fußball, Fußball ...

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AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben:Der direkte Vergleich ist natürlich schwierig. Maier mit Schumacher zu vergleichen fällt nicht leicht, und wenn ich da für Maier stimme ist das wahrscheinlich wenig rational.

Rummenigge gehörte damals zu den ganz Großen und auch Breitner war noch immer sehr gut. Aber Beckenbauer, Overath, Netzer und Müller stehen für mich über diesen.
Genau so wenig rational würde ich eigentlich auch pro Schumacher votieren, aber ich hab mich dann doch zurückgepfiffen – du weißt schon: der absurde Versuch Objektivität walten zu lassen. :D

Overath UND Netzer ist aber auch unfair, da beide praktisch nie zusammen spielten (und die paar mal als sie es taten ging es dann ja auch furchtbar in die Hose). Sonst muss ich dann auch noch Bernd Schuster mit aufnehmen (wenngleich hier das Zusammenspiel mit Breitner auch nie so wirklich geklappt hat) und auf dem Paper halte ich Paul und Bernd für die bessere Kombi als Overath und Netzer (das würde mir international wohl auch überall abgesegnet werden, während in Deutschland Overath und Netzer ein deutlich höheres Ansehen geniessen als Mao-Paul und Gabys Bernd). Bei Rummenigge sehe ich als Außenstürmer weit und breit keine deutsche Konkurrenz, wobei ich zugebe dass wenn man ihn gegen Mittelstürmer Gerd Müller stellt er nur den zweiten Platz belegt. Aber er war halt auch kein Mittelstürmer.
Ja, Schuster war auch noch ein überragender Spieler der sich in der Nationalmannschaft schwer tat, und sich dann selber rauskatapultiert hat. Auch hier weil der DFB immer Probleme hatte mit schwierigen Spielern umzugehen. Da ist Vogts sicher nicht der einzige gewesen, da gibt es Beispiele aus allen Dekaden. Auch auch Netzer und Breitner haben 1975 aus Überdruß ihre Karriere viel zu früh beendet. Und Breitners spätere Rückkehr war dann genauso sehr ein Segen wie ein Problem.

Und das Overath und Netzer nur schlecht in eine Mannschaft passten ist eine andere Geschichte. Aber das hatte sich ja bei den großen Turnieren (meist durch Verletzungen) immer von selber geregelt. Und 1968 haben sie beispielhaft zusammen das Ausscheiden in der Qualifikation zur EM nicht verhindern können, als die Deutschen in Albanien kein Tor zustande brachten.

Re: FUSSBALL

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Die aktuelle Mannschaft sehe ich nicht so negativ. Die sind 2006 und 2010 auch an ihrer Unerfahrenheit gescheitert. Aber die haben jetzt permanent dazugelernt, sich weiterentwickelt, und da ist alles möglich.
Aber es stimmt daß sie jetzt umgekehrt als früher sehr schön spielen können, aber nicht mehr so gnadenlos effektiv sind wie früher. Aber dann haben sie es auch aktuell mit sehr stark besetzten Turnieren zu tu gehabt, und dabei immer die spanische Übermannschaft. und die wird auch 2014 schwer zu schlagen sein. Und Brasilien wird mit dem Heimvorteil im Rücken auch nur sehr schwer zu überwinden sein. Und Messitinien nicht vergessen. Und dann hat ja noch nie eine europäische Mannschaft auf den amerikanischen Kontinenten gewonnen.

Die EM 08 war aber dann doch wieder ein Beispiel für eine deutsche Mannschaft die nur manchmal ihre Qualitäten abruft, und dann doch mit Glück ins Finale schrammt. Das hat mich sehr an 82 und 86 erinnert.
Bei der EM 2012 sind sei dagegen gescheitert weil einige Stammkräfte außer Form oder angeschlagen waren. Da haben sie viel zu offensiv gespielt, obwohl das Mittelfeld gar nicht in der Lage war den dafür nötigen Druck aufzubauen.

Jedenfalls wird die WM 2014 superspannend. Da freue ich mich drauf.
Ich schaue übrigens außer bei den großen Turnieren, und wenn Frankfurt international spielt (war früher mal kein Widerspruch in sich) fast gar keinen Fußball, habe aber immer Spaß den Fußball bezogenen Sportteil der Zeitung ausführlich zu lesen.