Detaillierte Filmanalyse

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Stelle bei dieser Gelegenheit mal die Idee einer gemeinsamen, weit genaueren Analyse diverser Bond Filme in den Raum… manche Menschen lieben Fußball, sammeln Briefmarken, spielen Videospiele etc. meine Leidenschaft gilt den Bond – Filmen. Manche meinen das wäre verrückt, andere bezeichnen es als Hobby. Fakt ist – Ich komme nur zu gerne in den Genuss einer leidenschaftlichen Filmkritik. Insofern suche ich nach interessierten gleichgesinnten, welche ebenso wie ich dazu bereit wären sämtliche (!) Filme intensiver unter die Lupe zu nehmen. Man könnte sich bspw. gemeinsam grundlegende Kritikpunkte vereinbaren… und die Filme in etwa dem gleichen Zeitraum ansehen… ?
Hat jemand Interesse ?

Re: Detaillierte Filmanalyse

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Also, Interesse an Filmkritiken habe ich jederzeit, Bond insbesondere.

Aber das ganze zu kategorisieren oder ähnlich, halte ich für nicht nötig. Ähnliche Versuche zur Bewertung anhand einer Skala sind auch schon oft gescheitert.

Leider stelle auch ich immer wieder fest, dass das Interesse hier im Board eher dahin geht, jeden unmöglichen Namen für ein theoretisches nächstes Bondgirl in den Raum zu werfen anstatt anständig über die vorhandenen Filme zu diskutieren, aber das ist nun mal so. Einzelne Filmbesprechungs-Threads haben bisher kaum mehr als 10 Beiträge...
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Detaillierte Filmanalyse

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Ich bin auch sehr an Filmkritiken interessiert. In letzter Zeit versuch ich auch immer mehr genauer die Pro und Kontras eines Films herauszuarbeiten. Leider bin ich nicht so ein Profi darin wie viele andere hier. Aber mit etwas mehr Übung könnte ich, dass vielleicht auch noch irgendwan hinkriegen.
"Verstehen Sie mich nicht falsch es ist nichts persönliches, es ist was rein geschäftliches."

Re: Detaillierte Filmanalyse

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Shatterhand hat geschrieben:Also ich wäre auch dabei. Man könnte ja auch mal Aspekte unter die Lupe nehmen, die sonst eher untergehen. Also Bildaufbau, Einsatz von Farben, Einführung von Charakteren, Sounddesign, etc. Wenn man sich vorher auf soetwas einigt, kann man dann auch gezielt darauf achten.
Joa ich wäre auch dabei. Ich würde noch das Thema Produktionswerte hinzufügen, also Setdesign, Drehorte und sonstige Ausstattung. Dabei wäre auch interessant inwiefern man dem Film sein Budget ansieht. DN war ja gerade eher eine Produktion mit eher moderaten Budget, was man dem Film aber (u.a. dank Ken Adam) nicht ansieht.
Auch könnte es interessant sein das Product Placement zu beobachten. Dieses gab gab es in früher Form schon in den 60ern.

Auch könnte man die Effekte bzw. Durchführung derselben analysieren. Beachtenswert finde ich dabei, dass sogar bei CR Effekte mit Hilfe von Modellen realisiert wurden. Das äußere des einstürzenden venizianischen Palastes war z.B. ein etwa 5m hohes bewegliches Modell. Dieses wurde dann per Computer um bestimmte Details (Staub, kleinere abfallende Stücke) erweitert bzw. optimiert.

Auch finde ich es (seltsamerweise :wink: ) interessant auf welchen Kameras die jeweiligen Filme gedreht wurden. Bis einschließlich DAD wurden Panavision Kameras verwendet. Bei CR und QOS kamen erstmals nahezu vollständig Kameras der Firma ARRI zum Einsatz. Bei QOS wurde sogar teilweise Digital gefilmt (sowohl Arriflex D-21 als auch Dalsa Origin).
Gut das wird kaum einen etwas sagen oder? :mrgreen:
"In a Bond film you aren't involved in cinema verite or avant-garde. One is involved in colossal fun."

Terence Young

Re: Detaillierte Filmanalyse

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nun ich würde mit meinem marathon nächste woche beginnen, mir die Filme in einem zeitraum von etwa 3 - 4 wochen ansehen und meine kritiken vom ersten film an chronologisch nach und nach online stellen. Freue mich sehr über interessierte mit - Kritiker. Die Frage ist nun bloß: wie einigt man sich auf fixe kritikpunkte? Fände ich wichtig.

Re: Detaillierte Filmanalyse

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Also irgendwie haben hier einige noch Kritiken angekündigt, auf die ich immer noch warte (007james bond, simon...)

Also, was sind logische Kriterien - von allgemein zu spezifisch?

- Story (Idee, Geschichte)
- Drehbuch (Fortschritt der Story, Charaktere, Logik und Schlüssigkeit, Glaubwürdigkeit, Dialoge, Humor, Sprüche)
- Inszenierung (Regie, Kameraarbeit und Schnitt)
- Darsteller
- Produktionswerte (Locations, Sets, Ausstattung, Gadgets, Effekte)
- Action & Stunts
- Soundtrack, Score und Soundeffekte

und dann rein subjektiv:
- Bond-Feeling (inwiefern ergibt sich aus der Qualität der oben genannten Kriterien bei euch das entsprechende Bondfeeling, wie auch immer jeder das für sich definiert)
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Detaillierte Filmanalyse

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BOND – MARATHON / DETAILLIERTE FILMANALYSE .2
FROM RUSSIA WITH LOVE

Die Story:

Die Story gehört aus meinem gegenwärtigen Empfinden zu den gaaanz großen Highlights der Serie!!! Die Bedrohung durch Phantom ist durchgehend spürbar zumal die Geschichte uns Zusehern Einblick in die Struktur eines wohl durchdachten Plans gewährt von dessen Ausmaßen nicht einmal Bond oder der britische Geheimdienst selbst etwas ahnt. Die Idee einer im Untergrund operierenden Verbrecherorganisation welche die gesamte Handlung hindurch unbemerkt die Fäden zieht indem sie Schritt für Schritt, mit akribischer Genauigkeit beginnt die einzelnen Parteien zu infiltrieren ist unglaublich spannend. Sämtliche Akteure werden zu Marionetten ohne es zu ahnen.
Wie Phantom die Fronten gegeneinander ausspielt ist unglaublich gut durchdacht.
Der Aufbau, vor allem der Ablauf der Story ist meisterhaft konstruiert. Schon in der PTS wird uns Zusehern klar dass jemand offenbar bereits seit längerem darauf konzentriert ist sich auf einen bevorstehenden Schlag gegen Bond vorzubereiten.
Nach und nach werden wir Zeugen der wohl kalkulierten Umsetzung eines Plans der gleich 3 Fliegen mit einer Klappe schlagen soll (eine Russische Dechiffriermaschine soll entwendet, der britische und russische Geheimdienst gegeneinander aufgehetzt und obendrein Bond ausgeschaltet werden) verfolgen die einzelnen Schritte zur Umsetzung dessen kontinuierlich mit und sehen den Film somit eigentlich aus der Sicht der Schurken, hingegen Bond bis zum Ende nicht ahnt dass er inmitten einer Schusslinie steht die bereits seit längerem geebnet ist. Ich bin aus heutiger Sicht der Meinung dass es sich im Falle von FRWL um das wohl beste Drehbuch handelt dass je für einen Bond Film konstruiert wurde. Meisterhaft wie die einzelnen Stränge der Handlung, die Charaktere und deren Handeln nach und nach ineinander verknüpft werden, spannend, enorm gut durchdacht, glaubwürdig und makellos weil absolut Lückenlos!

Die Figuren, Darsteller:

Die Figuren des Films sind darstellerisch ebenso makellos besetzt. Lotta Lenya,s Darstellung in der Rolle der Rosa Klepp zählt zu den wohl abstoßendsten und bösartigsten Highlights des Films,
Counstin wirkt in seinem kalten, reservierten Ausdruck wie der Prototyp eines Soziopaten , des selbstverliebten Super Genies. Der Charakter des Kerim Bay suggeriert uns freundschaftliche Wärme, was als eine Art Gegenpol zur emotionslosen Kälte der Schurken wirkt um deutlich zu machen dass es hier letztendlich doch auch um den Kampf zwischen Gut und Böse geht.
Robert Shaw spiegelt in der Darstellung des Grant die Bedrohung selbst wieder was vor allem durch den Umstand verstärkt wird dass er Bond um Längen voraus ist, ihn als eine Art Spielzeug betrachtet, ja sogar sein Leben in der Hand hat. Wirklich beängstigend wird seine Präsenz vor allem im Zuge jener Szene in welcher er Bond in die Wahrheit um den teuflischen Plan seiner Auftraggeber einweiht. Und zwar deshalb weil uns zu dämmern beginnt dass es sich nicht bloß um einen praktisch handelnden, bezahlten Killer, sondern ebenso um einen Psychopaten handelt dem es obendrein darum geht sein Ego durch den Mord an James Bond zu füttern. Die unheimlich skrupellose Brutalität seiner Vorgehensweise setzt dem ganzen natürlich noch ordentlich eins drauf.
Daniela Bianchi macht ihre Sache als Bond Girl insofern recht gut dass sie jene überaus naive Art ihres Film Charakters spürbar und glaubhaft werden lässt, welche im Eigentlichen quasi den Eckpfeiler der Handlung darstellt. Bloß auf Grund jener Leichtgläubigkeit kann der Plan von Phantom in die Tat umgesetzt werden, sich entwickeln. Darauf gründet er ja praktisch!
Und als letztes aber nicht zuletzt haben wir hier natürlich Bond selbst welcher in FRWL erstmals zu seiner finalen Charakteristik findet. Man hat den Humor etwas herausgearbeitet und der Figur ein wenig mehr an Ecken und Kanten verliehen, sie mitunter ein wenig mehr der Darstellung eines Sean Connery angeglichen. Was wir in diesem Film diesbezüglich zu sehen kriegen sollte sich als roter Faden später durch sämtliche SC Filme ziehen. Ein direkter Vergleich zu der Darstellung der Figur- JB in DR.No ist unglaublich interessant zumal teils recht große Unterschiede zu erkennen sind. Die gleiche Härte, die gleiche Professionalität, doch um vieles Zugänglicher für uns als Zuseher! Wir haben mehr als im Film zuvor den Eindruck dass auch Bond ein Mensch ist. Wir fühlen uns ihm ein wenig näher als in Dr.No. und hegen vor allem(!) um vieles mehr an Symphatie für ihn, was zu weiten Teilen auch daran liegt dass er nicht mehr bloß reine Härte zeigt.

Die Produktionswerte:

Die Locations und Sets sind beeindruckend in ihrer Unaufdringlichkeit was den realitätsnahen Charakter des Films unterstreicht ohne dabei in Farblosigkeit zu versinken. Schon zu Beginn des Films finden wir uns im Zuge des Schachspiels in einer unglaublich aufwändig konstruierten Kulisse wieder (ja-ein reines SET!!!)welche uns in deren Exklusivität sofort spüren lässt dass wir uns in einem James Bond Film befinden. Ebenso realitätsnah und dabei jedoch in höchstem Maße atmosphärisch wirkt das in Pinewood entstandene Set des Zigeunerlagers. In diesen Worten könnte man die Optik des Films wohl treffend zusammenfassen. Realitätsnah doch atmosphärisch und subtil immer ein wenig beeindruckender als die tatsächliche Realität. In der Wahl der Drehorte verhält es sich ähnlich. Im Gegensatz zu Dr. No verzichtet man bewusst auf dessen abenteuerlichen Insel Flair etc. und geht exakt in die entgegengesetzte Richtung. Die Farbe des Films (im übertragenen) ist auch auf Grund der Handlung das genaue Gegenteil jener von Dr.No( was ich als äußerst mutigen Schritt erachte), wirkt aber nie farblos.

Die Action in FRWL zieht den Zuseher meiner Ansicht nach deshalb mehr in den Film hinein als das bspw. Bei dem darauf folgenden Goldfinger der Fall war weil sie stets schonungslos, realistisch, handfest und vor allem bedrohlicher in deren Brutalität wirkt. Hier braucht es nicht viel mehr als 2 Kontrahenten welche auf Leben und Tod miteinander kämpfen. Nie wieder hat man in einem Film der Reihe so mit Bond mit gefiebert wie das im Laufe des Kampfes mit Grant der Fall war! Da geht es um Leben und Tod. Man versucht sich mit bloßen Händen gegenseitig zu töten. Unglaublich spannend, bedrückend und äußerst glaubhaft umgesetzt. Toll choreographiert in schonungslosen Bildern. Ebenso strotzt der Kampf mit Rosa Klepp nur so vor Spannung. Die Idee mit dem Schuh ist einfach phänomenal. Man kann sich richtiggehend in Bond und auch sie hineindenken. Das gleiche Prinzip erschließt sich dem Zuseher auch in dem Zweikampf der Zigeunerinnen welche da ebenso mit bloßen Händen auf Leben und Tod kämpfen. Die Action des Films generell wirkt sehr geerdet und ernst zu nehmend. Einzige kleinere Schwächen dies bezüglich sehe ich in der geringen Plumpheit der Schießerei im Zigeunerlager. Diese Szene wirkt ebenso wie die verfolgungsjagt mit den Booten etwas zu gewollt, zu konstruiert. Als wolle man bloß mal schnell so viele Stunts als möglich in eine Szene quetschen um auch ja zu zeigen dass man in einem Bondfilm Action bezogen mehr drauf hat als andere Filme. Dennoch sind jene Stunts natürlich zweifelsohne spektakulär! Die an Hitchcock inspirierte Hubschrauberszene wirkt äußerst gefährlich. Ein sehr gewagter Stunt!!!(der übrigens SC auch beinahe das Leben gekostet hätte!)

Die Musik unterstreicht die Härte und Kompromisslosigkeit des Films in ihrer wuchtigen und bedrohlichen Machart. Sehr orchestral und immer mit donnernder Härte wird klar gemacht: Hier geht es um Gefahr und generell etwas ernster und rauer zu als in Dr. No. Außerdem wird mit FRWL ja auch die Serientypische Titelsequenz eingeführt. Und das in majestätischen Bildern welche der Zeit um einiges Voraus wirkten.

Terence Young versteht es als der (neben martin Champell) wohl geeignetste Regieseur der Bond Reihe Spannung in den richtigen Momenten auf und wieder abzubauen und hat gleichzeitig einen Sinn für Klasse und Ästhetik was die Bildsprache generell betrifft. Bloß zur kameraarbeit kann ich nicht viel sagen was hauptsächlich daran liegt dass ich ein zu ungeübtes Auge habe um mir ein Urteil zu zutrauen.

Die Rolle welche FRWL im Kontext der Reihe spielt:

FRWL war gerade im Anschluss an Dr.No ein mutiger und notwendiger Schritt in eine rauere, härtere und vor allem realitätsnähere Richtung. Schnell hat man das Potential des vorhergegangenen Films erkannt, Gefahr zu laufen die folgenden Filme in eine zu abenteuerliche, zu phantastische Richtung zu treiben. Hier gibt es keine feuerspuckenden Drachengefährte, keinen Schurken mit Metallhänden der eine ganze Armee sein eigen nennt, kein Abenteuer, Insel Flair. Dieser Schritt in Richtung eines geerdeten Realismus war nicht nur deshalb mutig weil man ebenso davon ausgehen hätte können dass das Publikum mehr von dem abenteuerlichen Touch des Vorgängers erwarten könnte und sich enttäuscht zeigen würde was den krassen Gegensatz welchen FRWL lieferte. (zumal man nach bloß einem Film auch sein Publikum und dessen Ansprüche noch nicht gut kannte!!!).-
Es war auch ein meiner Meinung nach ein recht unerwarteter Schritt von DR.NO zu FRWL. Hätte ich das damals bewusst miterlebt so hätte ich mich wohl gewundert. Meiner Meinung nach hätte man den ernsthaft, rauen Unterton des Films die folgenden Filme hindurch zumindest teilweise beibehalten sollen anstatt sich durch den Erfolg der fantastischeren Elemente von Goldfinger zu einer reinen Effektorgie hinreißen zu lassen. Nachdem ich den Film nun bewusster unter die Lupe genommen habe kann ich für meinen Teil feststellen: Für mich ist FRWL der perfekte Bondfilm! Und ich ziehe diesen (zum wahrscheinlichen Unverständnis vieler) sogar Dr.No vor. Ich gebe nur ungern die Höchstnote doch finde ich einfach keinen Schwachpunkt der meines Empfinden, s nach einen eindeutigen Punkteabzug rechtfertigen würde. Somit:
6 von 6 PUNKTEN


Mein Wertesystem für folgende Kritiken bezüglich meines Marathons:
1 PUNKT – SCHLECHT
2 PUNKTE - unter dem durchschnitt
3 PUNKTE – Mittelmaß, Durchschnitt
4 PUNKTE – überdurchschnittlich
5 PUNKTE – SEHR GUT
6 PUNKTE - Perfektion