Dacknamen und Tarnung in Bondfilmen

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Also, da ich im Forum noch nichts dazu gefunden habe, mache ich jetzt hier mal ne neue Rubrik auf

Welche Tarnung oder welcher Deckname gefällt euch in den Filmen am besten? (z.B. Clown-Kostüm in OP, Reporter in AVTAK)
Welche Rolle spielt das im Film?
Ist das nur albern oder passend für Bond?
- einiges, worüber man diskutieren kann!

Zunächst von mir schon mal eine kurze Übersicht über die Decknamen (aktualisiert):

FRWL - James Bond - Mr. Summerset
FRWL - Romanowa - Carola Summerset
YOLT - James Bond - Mr. Fisher
OHMSS - James Bond - Sir Hilary Bray
DAF - James Bond - Peter Franks
DAF - James Bond - Mr. Jones
DAF - James Bond - Klaus Hergesheimer
DAF - Tiffany Case - Mrs. Jones
DAF - James Bond - Burt Saxby
TMWTGG - James Bond - Scaramanga
TSWLM - James Bond - Robert Stirling
TSWLM - Anja Amasowa - Mrs. Stirling
OP - James Bond - Colonel Luis Toro
OP - James Bond - Charles Morton
AVTAK - James Bond - James St. John Smith
AVTAK - James Bond - James Stock
TLD - James Bond - Jerzy Bondov
TWINE - James Bond - Dr. Michail Arkow
DAD - Jinx - Miss Swift
DAD - Colonel Moon - Gustav Graves
DAD - James Bond - Van Bierk
CR - James Bond - Arlincton Beach

ich freue mich auf einige Rückmeldungen
Zuletzt geändert von Vijay am 6. September 2011 13:02, insgesamt 2-mal geändert.
"Für England, James? - Nein, für mich!"

Re: Decknamen und Tarnung in Bondfilmen

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Was die Thematik der Decknamen für den Geheimagenten in der Bond-Serie angeht, ist es mir - um es mit einem bestimmten Songtitel auszudrücken eigentlich - "Total egal" :wink: , weil:

Bis auf eine Ausnahme es nicht wirklich der Handlung entscheidend dienlich ist/war und - für mich - reine Makulatur ist, wenn Geheimagent James Bond in einer kurz angelegten Schein-Identität unter eigenem Namen oder falschen auftritt, da nach einer Erstbegegnung mit dem wirklichen Gegner die Tarnung in der Regel danach sofort aufgeflogen ist. Das hat nun mit der realen Spionagewelt so gar nichts gemein. Da ist dann unwichtig ob 007 sich nun mal als Peter Franks oder Dr. Michail Arkow ausgibt, weil es die Situation bedingt, für einen gewissen Zeitraum niedere Chargen täuschen kann, aber es eigentlich Sinn und Zweck einer Tarnung im Agentenalltag sein sollte nicht aufzufliegen, während unser Lieblingsagent nach der Begegnung mit dem Hauptbösewicht oder wichtigem Handlanger danach sofort auf der Abschußliste steht und die Bösewichte nur zu blöd :wink: sind ihn eben über den Haufen zu schießen und kurzerhand ins Jenseits zu befördern.
In diesem Punkt beweist die Neuausrichtung der Serie, die mit "Casino Royale" (2006) ihr Debüt gab einmal mehr, warum man sich in der Hinsicht auch über 'diese Altlast' lustig macht - und zwar wenn Bond Le Chiffre begegnet und dieser fragt wer er denn nun sei, und Bond mit seiner Antwort für eine weitaus gelungenere Verwirrung sorgt als dies in vielen vorangegangenen Filmabenteuern der Fall war.



Die berühmte Ausnahme ist für mich Bonds Undercover-Einsatz als Sir Hillary Bray in "On her Majesty's Secret Service" (1969). Bedingt allein durch die Buchvorlage übernimmt Bond den Platz einer real existierenden Person, in deren Manierismen, Berufsbild, äußeres Escheinen und Benehmen er sich einfügen muss und somit quasi die Rolle des Fachmanns für Heraldik perfekt zu spielen hat - und prompt in einem entschiedenen Moment in 'beruflicher' Hinsicht patzt, als er den Standort der Grabmäler der Bleuchamps verwechselt. Leider hat man im Film einen Hitchcock-artigen Moment der Romanvorlage nicht mit eingebracht als ein Bekannter des echten Sir Hillary Brays fast Bonds Tarnung auffliegen lässt.

Natürlich lässt es das Drehbuch am Ende nicht zu, dass Bond in diesem Undercover-Einsatz seine Rolle wirklich par excellence spielt und dem Zuschauer so bewusst in Erinnerung bleibt, sondern bringt verstärkt den Libido-Effekt zum Einsatz, da Blofelds Alpenklinik förmlich von 'läufigen' weiblichen Schönheiten überquillt, die nichts besseres zu tun haben, als den Testeronmangel des Helden im Geschlechtsakt mit seinem Alter Ego Sir Hilly wieder auszugleichen und man kann als Zuschauer froh sein, dass nicht Horst Wendlandt die Rechte an der Serie erstanden hat, da 007 wahrscheinlich ansonsten in Lederhose hätte Fensterln gehen dürfen um der Devise "auf der alm da gibt's koa sünd" nachzukommen. So wird die Rolle des niederen Standesadligen durch diesen Theaterstadl-mässigen Lustspiel-Faktor doch arg getrübt, wodurch die eigentliche Performance in den Hintergrund tritt.


Persönlich mag ich ansonsten die erste Konfrontation zwischen dem britischen Medien-Mogul Elliott Carver und dem Banker Bond in „Tomorrow never dies“ (1997), da hier die Dialoge passgenau auf die Situation ausgerichtet sind - und da ist es total egal, dass der Geheimagent unter seinem richtigen Namen auftritt.


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Zuletzt geändert von photographer am 5. September 2011 11:02, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Dacknamen und Tarnung in Bondfilmen

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@Casino Hille: Stimmt, die Liste hab ich auch aus dem Gedächtnis erstellt, da kann man schnell mal welche vergessen :wink:

@photographer: natürlich sind fast alle unrelevant im Film, aber ich würde auch Colonel Moon als Gustav Graves neben Bray noch als besonders wichtig zählen, da Bond ja schließlich erst ganz am Ende aufgrund dieser Traummaske Graves als Moon identifiziert
"Für England, James? - Nein, für mich!"

Re: Dacknamen und Tarnung in Bondfilmen

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Neben OHMSS wird meiner Meinung nach nur in AVTAK die Deckidentitäten-Thematik etwas in die Handlung eingewoben. Und hier eigentlich auch nur, um daraus komödiantisches Kapital zu schlagen. Ansonsten fallen Bonds "Alter Egos" zumindest in den meisten Fällen nicht weiter negativ auf, wenn gleich man sich schon die Frage stellen kann warum ein GEHEIMagent überhaupt eine Tarnidentität benötigt. Es mutet zuweilen schon unfreiwillig komisch an, wer mit dem Namen James Bond alles etwas anfangen kann. Ob dies nun eine drittklassige Diamantenschmugglerin, ein schmieriger Auftragskiller oder ein stinkgewöhnlicher San Francisco-City Bulle ist: ihnen allen ist der beste GEHEIMagent des britischen SECRET Service (der zugegebener maßen in den seltensten Fällen wirklich wert auf ein diskretes Vorgehen legt) ein Begriff. :wink:
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Decknamen und Tarnung in Bondfilmen

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Selbstredend wird der Bekanntheitsgrad der Filmfigur James Bond im gegnerischen Lager von Film zu Film unterschiedlich zelebriert und neben ernsthaften Bestrebungen gibt es auch genügend Momente wo dies gekonnt ins Lächerliche abgleitet. Ein besonders gelungener 4th wall-Kommentar, welche von der Leinwand sich direkt ans Publikum richtet, gibt es in "The man with the golden gun" (1974) beim ersten Kennenlerngespräch zwischen dem asiatischen Wirtschaftstycoon Hai Fat und dem britischen Star-Agenten:

HAI FAT:
"Ohne unbescheiden zu sein, in diesem Teil der Welt gibt es kaum jemanden, der mich nicht kennt."

JAMES BOND:
"Und es gibt noch weniger Menschen, die nicht wissen, wer Bond ist."

Einfach herrlich.


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Die Colonel Tan-Sun Moon / Gustav Graves-Komponente

Was die Verwandlung der Made Colonel Moon in den Schmetterling Gustav Graves für mich angeht, mag dies drehbuchtechnisch ein respektabler Gedanke in Grundkern gewesen sein, jedoch wurde ihre Umsetzung durch die Regie aus meiner Sicht dermassen verkorkst in Szene gesetzt, dass jeglicher Glaubwürdigkeitsaspekt baden ging.
Nicht nur die technisch nicht umsetzbare, genetische Ummodelierung von Colonel Tan-Sun Moon in Gustav Graves erwies sich als mißlunger Pyrrhus-Effekt beim Zuschauer, sondern besonders der Aspekt, dass die Schauspieler Will Yun Lee und Toby Stephens dermassen ungleich agierten, dass sich beim Zuschauer nie das Gefühl aufbaute, dass man es hier mit ein und der selben Person zu tun hätte. Ein Kriterium, was meines Erachtens fünf Jahre früher von John Woo in "Face/Off" besser gelöst wurde mit seinem Identitätstausch des „Guten“ und des „Bösen" in der Personifizierung von Sean Archer und Castor Troy, da er den Charakteren mehr Screentime ermöglichte, bevor die beiden Schauspieler den jeweils anderen begannen zu 'zitieren'.
Daher verkümmerte der Moment auch völlig, wenn die Scheinidentität Gustav Graves gegenüber dem Publikum in "Die another day" (2002) aufgedeckt wurde. Leider war die Idee auch nicht wirklich etwas neuartiges, sondern vielmehr erwies sie sich als ein Zitat aus "Diamonds are forever" (1971) wobei es seiner Zeit um die Erschaffung von Blofeld-Klonen mittels chirugischer Gesichtsoperationen und anderer zeitgemässer Tricks ging.


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