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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
Der Sandhaufen
Ich bin David-Lynch-Shill, selbst wenn Dune nur unpoliertes Lynch-Light ist, und habe seinen Film erst letzte Woche wieder gesehen, also ist der meine voreinnehmende Referenz bei der Neuverfilmung. Und die beiden sind mehr als deutlich des gleichen Romans Kind, bis hin zu Szenen und sogar Dialogen, die inhaltlich praktisch identisch sind, also ist der Vergleich auch alles andere als unfair.
Genau wie Lynch hat auch Villeneuve rhythmische Probleme, aber während der 84er holpert und stolpert zieht sich der 21er teils arg. Die gesamte letzte Stunde - Pauls und Jessicas Flucht nach dem Harkonnen-Angriff bis hin zum Treffen mit den Fremen - hätte man auch in höchstens 20 Minuten erzählen können, was Lynch ja auch geschafft hat obwohl bei dem der letzte Sandwurm-Angriff sogar noch länger dauert. Hier war ich nach den runderen ersten zwei Dritteln mit meiner Geduld oft am Anschlag, bis hin zum zu lang herausgezögerten Ende, welches natürlich auf den zweiten Teil verweist. Ein anderer Vergleich ist, dass Villeneuve gegenüber der Erstverfilmung auch einfach ein bisschen der Spass abgeht. Lynch hatte Harkonnen als ständig wiederkehrendes, bizarres Irrenhaus, Villeneuve hat drei oder vier Kurzauftritte von Stellan Skarsgård, der seine Marlon Brando Apocalypse Now Impression zum besten gibt. Der 84er hatte Charakterfressen wie Patrick Stewart und Max von Sydow, die der 21er gegen einen militant grantigen Josh Brolin und eine langweilige Dame austauscht. Lynch war generell gewagter und exzentrischer im Ton, die Neuverfilmung ist halt ganz ernst, ganz düster, ganz episch, ganz Saga, ganz Franchise. Hier findet man keinen Guild-Navigator und keinen Feyd, und auch keine surrealen Bildsequenzen in Paules Träumen. Ganz simpel gesagt: Lynch macht mehr Spass.
Ich will die Neuverfilmung nicht schlechter reden als sie ist. Es gibt starke und wuchtige Bilder und Szenen, auch wenn es teilweise etwas inkonsistent ist (wenn die epische Weite der Bilder plötzlich durch wacklige Nahaufnahmen unterbrochen werden oder sich Szenen unterschiedlicher Stimmung in Parallelmontagen beissen). Die ersten zwei Drittel sind generell ganz unterhaltsam, auch wenn sich schon hier der Drang zur Länge bemerkbar macht. Chalamet sehe ich immer gerne, auch wenn er hier gar nicht mal so viel zu tun hat und wie alle Charaktere etwas zu kühl und zu blass bleibt. Der "arabisch" angehauchte Score von den Zimmerleuten hat auch seine eindrucksvollen Momente, ganz spontan würde ich behaupten dass schon längere Zeit nicht mehr so gut gezimmert wurde. Alles in allem ist Dune 21 etwa so geworden, wie ich erwartet hatte. Nicht schlecht, aber mit einem Hang zur Schwere und Langsamkeit, die sich schnell erschöpft und der auch etwas der Spass abgeht. Für mich im Bereich 5 bis 6 Punkte.
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.