Kritik: "The Circle" (2017)
Schon 1949 präsentierte uns George Orwell mit seinem Roman „1984“ die Idee des Überwachungsstaates. Auch der Roman „The Circle“ von Dave Eggers aus dem Jahre 2013 versuchte diese Idee der umfassenden Überwachung und Transparenz neu zu interpretieren. Der Film „The Circle“ von 2017 versucht das in Form einer cineastischen Umsetzung auf die Leinwand zu bringen.
Nun stellt sich mir die Frage, in wie weit dieser Film im Rahmen dieser Thematik Qualität aufweist und als Neuinterpretation eines solchen Gedankens angesehen werden kann oder sich mit dieser Thematik selbst zu stark belastet und dem Thema nicht gerecht wird, welchem er sich angenommen hat. Das gilt es zu untersuchen.
Grundsätzlich muss man sagen, dass die Handlung bzw. die Grundthematik dieses Filmes aktueller denn je ist, allein schon durch die Situation der modernen Medien, sozialer Netzwerke wie Twitter oder Instagram und aufgrund der angehäuften Datenskandale bei Facebook der letzten Jahre. Hier wurden Daten gesammelt und zum Beispiel extern ausgewertet, um diese für politische Zwecke auszunutzen. Auch der Fall des Edward Snowden und der Überwachungsskandal der NSA dürfte vielen noch im Gedächtnis stehen.
„The Circle“ versucht sich an einem Ansatz der Analyse einer hier heraus entwickelnden Dystopie. Der Film präsentiert uns einen Konzern, der von seinen Charakteristiken und den Ideen und der Organisation eine bunte Tüte aus Google, Facebook, Amazon und Apple in sich vereint. Der Film möchte zeigen, wie Menschen in diese Systeme hinein geraten, die von solchen Konzernen entwickelt werden, und im Zuge dessen sich einer gewissen Abhängigkeit aussetzen. Folge dieser Abhängigkeit ist die totale Überwachung des Individuums, bis in seine intimsten Ecken. Dieser müssen sich hier die Menschen zwangsläufig ergeben, ansonsten droht ihnen die Diffamierung als Lügner. Der Film entwickelt hier eine Art digitalen Faschismus. Die Motive der handelnden Personen entwickeln sich hier vor allem aus sozialen Problematiken, denen sie genauso hilflos ausgesetzt sind. Diese Schwäche nutzen die Netzwerke bzw. Konzerne gnadenlos aus, behaupten es sei ihre moralische und humanistische Pflicht. Das diese Pflicht eigentlich beim Staat liegt, wird hier nicht genannt. Der Staat wird als schwach angesehen, der Konzern muss helfen, ja gleich die ganze Welt verbessern. Dem gegenüber stehen die an Burnout leidenden Mitarbeiter, die allerdings nach außen hin nicht auftreten.
Der Konzern verkauft sich als humanistisches Leuchtfeuer, überwacht Mitarbeiter allerdings durch sozialen Druck über Socialmedia-Kanäle. Ignoriert man diese, wird man schnell dumm angestarrt. Hier kennzeichnet sich die gesellschaftskritische Seite des Films, die in einer Orgie der Befragung der Hauptperson mündet, warum sie denn die Socialmedia-Kanäle nicht bespielen würde. Dabei ist die Hauptperson, Mae Holland, eine Metapher für unsere naive Gesellschaft, die den technischen Fortschritt nicht hinterfragt, sondern die Entwicklung stillschweigend hinnimmt.
„The Circle“ versucht viele Ideen und Ansätze anzureißen, allerdings werden Ideen, wie die Integration privater Konzerne in staatliche demokratische Systeme, in einem Meeting kurz ab gefrühstückt, aber nicht weiter verfolgt. Sie bleiben an der Oberfläche angekratzt. Der Film versucht zwar leicht unterzutauchen, traut sich aber nicht Wasser zu schlucken und konsequent den Zuschauer mit aller Härte, mit den Folgen zu konfrontieren. In einer einzigen Szene versucht der Film genau das, die betroffene Person ist dem Zuschauer allerdings gleichgültig, die Hauptperson bleibt relativ unberührt.
„The Circle“ versucht eine Dystopie anzureißen, lässt allerdings viele gute Punkte im Raum stehen und führt sie nicht weiter aus. So etwas kann in einem Roman vielleicht durch die Fantasie des Lesers weitergesponnen werden, im Film hätte man hier aber weiter darauf eingehen müssen. Ein Film muss nicht immer alles beantworten und den Zuschauer komplett aus der Pflicht nehmen sich Gedanken dazu zu machen, trotzdem wirkt „The Circle“ etwas leidenschaftslos, da nur Gedankenansätze hintereinander abgebildet werden. „The Circle“ scheint sich dabei gar nicht den Anspruch gestellt zu haben, die nötige Tiefe zu erreichen, die die behandelte Thematik abverlangt.
Die schauspielerischen Leistungen sind insgesamt solide. Tom Hanks spielt, wenn er dann mal einen Auftritt erhält, sehr gut. Mir drängt sich allerdings die Frage auf, ob Emma Watson möglicherweise fehlbesetzt ist oder ob sich hier Schwächen des Drehbuchs auftun. Mit der Hauptperson konnte ich nämlich emotional kaum mitfühlen.
So versucht „The Circle“ eine unglaublich wichtige Thematik aufzugreifen, versteht die Relevanz dieser Thematik, vor allem in unserer heutigen modernen Welt des „Digitalen Zeitalters“, schafft es allerdings nicht die nötige Tiefe, zur Zeichnung einer konkreten Dystopie, zu erreichen und lässt dadurch viel Potenzial bei den angerissenen Themen und Ideen liegen. Ich hatte allgemein weniger große Erwartungen an den Film, allerdings hat er diese letztlich noch unterboten und erhält somit 5/10 Punkten.
In den kommenden Tagen bzw. diese Wochenende erreichen euch wahrscheinlich noch weitere Kritiken von mir, da ich echt selten hier was von mir hören bzw. lesen lasse. Aktuell habe ich Ferien und kann die Zeit nutzen fleißig Filme nicht nur zu schauen, sondern auch ausführlich zu reflektieren, in Form eben einer solchen Rezension.
Es folgen erst einmal Kritiken vermutlich zu „Das Leben des Brian“ (1979) und „Ghostbusters“ (1984), da diese Filme offiziell in diesen Tagen, den sogenannten „stillen Feiertagen“, von der FSK verboten sind bzw. zensiert werden. Um dem entgegenzuhalten möchte ich auf diese Filme aufmerksam machen und ein Zeichen für die Kunstfreiheit setzen. Über Kunstgeschmack lässt sich streiten, über die Freiheit der Kunst nicht.
Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende und entspannte Feiertage. Man liest sich