Re: Zuletzt gesehener Film

9436
Maibaum hat geschrieben: 7. Januar 2020 14:11 Sicher, Kino ist mittlerweile zu teuer, aber die Hauptgründe liegen doch eher im veränderten Freizeitverhalten. Das Internet, mit allem was dazugehört, zieht viel junges Publikum weg. Streamen, Downloaden, Games und dazu große TVs und billige DVDs/Blus im Überfluß, und das Fernsehen gibt es ja auch noch.

Frankreich war letztendlich immer das etwas andere Kinoland, für die Gesamtsituation müsste ich erst Daten von GB, USA. Italien, Spanien und diverse andere Länder vergleichen.
Natürlich hat sich viel verändert aber die Frage bleibt: Trägt man nicht mit den Kinopreisen dazu bei?
Ich verstehe es auch aus betriebswirtschaftlicher und "management" Sicht nicht.
Das Erste was ich als Verantwortlicher mal machen würde, wären Tests:

- Wie viel mehr Zuschauer habe ich mit einem Halb-Preis Kinotag?
- Wie viel mehr Zuschauer habe ich mit einem generell günstigeren Preis
- Was erreiche ich mit einer monatlichen Flat zu attraktivem Preis
---

Stattdessen werden die Preise immer höher, und die Zuschauerzahlen gehen immer weiter runter.
Was ich auch schon immer im Gefühl hatte, wird doch den Artikel bestätigt. Es fehlen fast komplett die mittelgroßen Filme. Es gibt nur noch einige Blockbuster, viele Kinder/Familienfilme, und dann den Bodensatz.
Von den insgesamt 120 Mio Zuschauern, entfallen 37 Mio auf die Top 10!
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Re: Zuletzt gesehener Film

9437
GoldenProjectile hat geschrieben: 4. Januar 2020 17:02 Wenn Johnson jetzt beispielsweise drei, vier weitere eigenständige Filme dreht die jeweils ihr eigenes Figurengeflecht haben und in denen Blanc in ähnlicher Form auftritt wie in Knives Out, dann könnte ich mir vorstellen dass das sehr wenig Kontinuität ergibt (Kontinuität natürlich nicht inhaltlich gemeint, ich will schon eigenständige Fälle, aber eben in Bezug auf eine identifizierbare Benoit-Blanc-Reihe - es wären mehr eine Reihe von Filmen, in denen fast zufälligerweise die Detektivsfigur die gleiche ist).
Klingt nach genau dem Konzept, dass ich für diese Reihe sehen will. Die Benoit Blanc Figur interessiert mich nach Knives Out nicht im Geringsten - und das ist gut so. Eine Reihe starbesetzter Mörder Mysterys, mit Craig als verbindendes Element... klingt perfekt für mich.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9438
Das ein Drittel und mehr auf die Top 10 entfällt, das dürfte eher die Regel als die Ausnahme sein, und man muß die Daten am Ende immer über einen längeren Zeitraum betrachten.

Die Zuschauerzahlen in Westdeutschland waren 1989/90 schon einmal auf ein historisches Minus gefallen mit nur 101 Mio, sind dann aber wieder langsam gestiegen dank der größeren und komfortableren Cineplexe bis hin zu 178 mio in 2001. Danach sind sie dann wieder gesunken dank DVD und Internet, aber zwischen 2005 und 2015 waren sie auf einem relativ stabilen Niveau mit durchschnittlich etwa 130 mio, und jetzt liegen wir bei eher 120 mio, und wenn 2018 kein Ausreißer nach unten war, dann wird das weiter sinken.

Aber auch das sind alles jämmerliche Zahlen gegenüber den Hochzeiten des Kinos. Der Höhepunkt nach dem Krieg lag 1956 bei 817 mio, und seitdem ging es kontinuierlich bergab, schon 1962/63 hatte sich das halbiert. Die Kinos haben ja auch früher schon mal auf solche Krisen reagiert. Ende der 70er gab es mehr Säle über die Schachtelkinos (also mehr Filme bei ähnlicher Sitzzahl), was zu einem (aber nur) kurzen Aufwärtstrend führte, und dann eben später die Cineplexe.

Und du hast schon Recht, es ist mal wieder an der Zeit etwas zu verändern.

Übrigens habe ich solche Preise wie 16 € noch nie gezahlt, hier in Marburg ist das in der Regel immer noch akzeptabel. Aber wahrscheinlich bei Star Wars in 3D am Wochenende auch drin.

Re: Zuletzt gesehener Film

9439
16 EUR habe ich wohl auch noch nie gezahlt. Man vergisst aber beim Kino auch manchmal, dass das früher in DM war.
Also bei heutigen 12 EUR (die ich dann doch oft bezahle) entspricht das 24 DM. ich bin nun wirklich niemand der gerne in DM umrechnet zumal das 20 Jahre her ist, aber dennoch.
Schlimm sind dann solche Sachen, wenn für Online Buchung 50Cent extra verlangt wird - und von den Preisen für Getränke und Snacks ganz zu schweigen.
Wie junge Familien mit wenig Geld das machen? keine Ahnung. Wie soll man da als Familie mit 2 Kindern ins Kino gehen? Bist du 100 EUR los. Klar, dass sowas dann ein einmaliges Erlebnis im Jahr für manche Familien ist.

Ich bin kein Kinobetreiber und kenne die Rahmenbedingungen nicht. Aber ich denke schon, man könnte viel verbessern um im sich ständig wechselnden Konsumverhalten eine bessere Position zu haben


HILLE: Hast du was zum Film geschrieben?
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Re: Zuletzt gesehener Film

9440
iHaveCNit: 1917 (2020)
08.01.2020

Letztes Wochenende wurde er noch mit 2 Golden Globes ausgezeichnet – diese Woche habe ich ihn dann auch schon in einer Preview gesehen – Sam Mendes neuesten Film „1917“. Und damit steht auch bereits der nächste Film fest, der sich vermutlich bei meiner Jahresendauswertung für einen Platz in der Top10 qualifiziert hat. Warum das so ist, dazu komme ich noch.

Es ist der 6. April 1917. Die beiden Soldaten Schofield und Blake erhalten einen brisanten Auftrag. Noch bis zum Morgengrauen müssen sie eine Nachricht an ein Batallion abgeben, damit dieses einen Angriff nicht ausführt und damit auch nicht in einen Hinterhalt gerät, der den Tod von 1600 Männern herbeiführen könnte. Darunter auch der Bruder von Blake.

Sam Mendes hat sich bei seinem Drehbuch für diesen Film, das er zusammen mit Krysty Wilson-Cairns verfasst hat, von den Geschichten seines Großvaters, der als Veteran im ersten Weltkrieg diente inspirieren lassen. Auf Grundlage dieser Geschichten ist eine simple Grundidee geboren – das Überbringen einer Nachricht zur Rettung von unzähligen Menschenleben – eine unmögliche Mission – ein Wettlauf gegen die Zeit – ein Kampf ums eigene Überleben. Die Umsetzung dieser simplen Idee ist in meinen Augen perfekt gelungen. Dazu verlässt sich Sam Mendes auch auf viele fähige und vertraute Leute, die die Vision des Films auf viele Arten und Weisen unterstützt haben. Das wohl prägnanteste Merkmal des Films ist, dass wir hier einen One-Take ohne erkennbare und spürbare Schnitte bekommen. Die Art, wie der meiner Meinung nach beste DP Roger Deakins hier die One-Takes gestaltet mit Kamerafahrten, Einstellungen und der kompletten Ausleuchtung ist unfassbar gut gelungen so dass man sich stellenweise die Frage stellen muss, wie er das wohl alles hinbekommen hat – genauso wie der für den Schnitt verantwortliche Lee Smith. Vermutlich hat Mendes bei den Geschichten seines Großvaters gut aufgepasst und diese Geschichten auch perfekt an Produktionsdesigner Dennis Gassner übertragen hat, denn das gesamte Produktionsdesign ist absolut authentisch und versetzt einen regelrecht in das Jahr 1917 und die Epoche des 1. Weltkriegs. Untermalt wird dieser Film von einem spannenden und emotionalen Score, für den Thomas Newman verantwortlich ist. Während Schauspieler wie Colin Firth, Andrew Scott, Benedict Cumberbatch, Mark Strong und Richard Madden relativ kurze Auftritte absolvieren machen die beiden Schauspieler Dean-Charles Chapman (bekannt aus „Game of Thrones“) und George McKay (bekannt aus z.B. „Captain Fantastic“ und „Marrowbone“) als Blake und Schofield eine richtig gute Figur und liefern soweit es die Figurenzeichnung ermöglicht auch sogar emotionale Tiefe und Nähe, die für einen Film dieser Art nicht ganz selbstverständlich ist. Nach der Sichtung kann ich mir nun auch vorstellen, dass mit „1917“ bei der kommenden Oscarverleihung definitiv zu rechnen ist. Der Film ist für mich nun auf einer ähnlichen Ebene wie Christopher Nolans „Dunkirk“.

„1917“ - My First Look – 10/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9441
danielcc hat geschrieben: 6. Januar 2020 23:51 Ja, aber am Ende des Tages (oder des Wochenendes) ist Knives Out Nr. 4 in Deutschland und sollte daher schlauerweisein jedem Kino laufen, dass mehr als 3 Leinwände hat.

Übrigens was immer ein gutes Zeichen ist, die aufsteigenden Trends gemäß Insidekino.de
1. Trend war 190 Tsd
2. Trend war 220 Tsd
3. Trend und finales Ergebnis: 250 Tsd Zuschauer
Zweite Woche:
Auf Platz 2 könnte sich Knives Out - Mord ist Familiensache mit etwa 195T Besuchern schieben und damit am Sonntag die 500T Besucher-Marke überschreiten - das wäre der beste Hold in den Top Ten.
Quelle: Insidekino.de
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Re: Zuletzt gesehener Film

9442
iHaveCNit: Underwater (2020)
10.01.2020


Eigentlich war in einer frühen Planung des Filmjahres noch „Underwater“ der Film, der mein Filmjahr 2020 eröffnen sollte. Dieser Film hat in seinem Trailer Erinnerungen an zum Beispiel Ridley Scotts „Alien“ und Daniel Espinosas „Life“ geweckt – nur das die Handlung vom Weltall in die Untiefen der See verfrachtet worden ist.

Nora ist Ingenieurin in einer Tiefsee-Bohrinsel im Mariannengraben, fast 7 Meilen unter der Meeresoberfläche. Es kommt zu einem verheerenden Zwischenfall bei dem eine Bohrstation beschädigt wird, Wasser eintritt und die Rettungskapseln nicht mehr zu verwenden sind. Zusammen mit weiteren Überlebenden macht sich Nora auf den beschwerlichen und lebensgefährlichen Weg zu einer entfernten Bohrstation, die noch im Besitz intakter Rettungskapseln ist. Doch sie sind auf diesem Weg nicht allein.

Der Regisseur von „Underwater“, William Eubank, hat in seinem letzten Film „The Signal“ (unter anderem mit Laurence Fishburne und Brenton Thwaites) einen interessanten Sci-Fi-Horror geschaffen, bei dem man sich nie sicher sein konnte, was als nächstes passiert und in welche Richtung er sich entwickeln wird. Bei „Underwater“ ist es nun komplett anders. „Underwater“ frühstückt in Windeseile den gesamten Einstieg in den Film ab und geht quasi von den ersten Minuten bis zum Schluss in die Vollen und gönnt uns als Zuschauer nur sehr wenig Luft zum Atmen und Ausruhen. Das Produktionsdesign macht hier einen unfassbar tollen Job, um dem Film auch diese klaustrophobische, lebensgefährliche Atmosphäre zu geben. Die Stationen orientieren sich von der Optik her an zum Beispiel den oben genannten Filmen. So tief wie der Handlungsort ist die Charakterzeichnung jedoch nicht geworden, hier werden uns nur wenige Details an die Hand gegeben, so dass man den Survivalhorror zwar mit diesen Charakteren erlebt, aber weniger mit ihnen mitfühlt und Empathie sowie Sympathie entwickelt. Am ehesten konnte ich hier zum Beispiel mit Kristen Stewarts Nora und Jessica Henwicks Emily mitfühlen – T.J. Millers Charakter jedoch hatte den relativ problematischen Job, spannende Situationen mit etwas Humor aufzubrechen, was nicht unbedingt gut funktioniert hat. Doch auch diesem Umstand zum Trotz ist die Art wie uns hier der Horror durch eine unbekannte Lebensform präsentiert wird, vor allem bei diesen gefährlichen Bedingungen unfassbar effektiv und spannend. Ein sehr effektiver Jumpscare hat auch mich erwischt. Der Film vermittelt mit Dunkelheit, unzureichender Beleuchtung eine richtig gute Unübersichtlichkeit, die den Überraschungsmoment noch verstärkt. Klar lässt es sich für den Film am Ende nicht vermeiden, dem Schrecken auch ein Gesicht zu verpassen, aber gerade hier empfinde ich genau das, was ich eigentlich als negative Kritik gegenüber anderen Filmen geäußert habe als Glücksfall. In Folge der Unübersichtlichkeit und der Dunkelheit kann der Film vielleicht Schwächen auf der Ebene der visuellen Effekte kaschieren und so bleibt der Schrecken, der eigentlich im Hintergrund bleiben sollte, auch relativ vage und unübersichtlich angedeutet im Hintergrund. Es bleibt bei mir jedoch der Eindruck eines sehr kompakten, schnellen, kurzweiligen und effektiven Survivalhorrors.

„Underwater“ - My First Look - 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9443
Casino Hille hat geschrieben: 5. Januar 2020 16:04 Gordon-Levitt hat nur einen Voice Cameo. Er spricht den Polizisten aus der fiktiven Krimisendung, den die Schwester von Ana de Armas' Charakter zu Beginn in der heimischen Küche ansieht. Somit hat Gordon-Levitt nach Star Wars: The Last Jedi erneut einen akustischen Miniauftritt in einem von Rian Johnson inszenierten Film. Bei Star Wars sprach er ein Alien, welches auf dem Casinoplaneten Canto Bight die zwei Falschparker Rose & Finn bei den Sicherheitskräften anschwärzt.
Darüber habe ich heute kurz nachgedacht (nein, ich hatte nichts besseres zu tun). Wenn Gordon-Levitt in jedem Film von Johnson dabei sein soll, warum hat er dann nur einen stimmlichen Cameo? Bei Star Wars leuchtet es mir schon ein, dass keine "richtige" Rolle mehr für ihn übrig war und sein Auftritt passt auch gut zur Flut an Cameos in den Disney-Star-Wars-Filmen (Craig, Wright, Cornish, Hardy, die Regisseure, die Prinzen, das GOT-Personal usw.), aber in Knives Out hätte er ja locker die Chris Evans oder die Lakeith Stanfield Rolle spielen können. Mir ist auch aufgefallen, dass Gordon-Levitt in den letzten zwei, drei Jahren sowie etwas von der Bildfläche, bzw. den Leinwänden verschwunden ist. Hauptrollen-Pause oder ist sein Stern am sinken?
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Re: Zuletzt gesehener Film

9445
iHaveCNit: (on Netflix): Marriage Story (2019)
First Look: 13.01.2020


Die Awardsaison ist gerade im Gange und geht nun auch in Richtung seines alljährlichen Höhepunkts, wenn die Filmbranche sich selbst bei den Academy Awards feiert und auszeichnet.
Mittlerweile muss man sich damit dann auch anfreunden, dass der übliche Veröffentlichungsweg von möglichen nominierungsfähigen Filmen bis auf das Erfüllen der Regularien auch nun nicht mehr im Kino, sondern direkt im Heimkino ist. So auch Noah Baumbachs neuester Film „Marriage Story“, den ich auf meiner Liste hatte und nun auch gesichtet habe. Wenn ich bedenke, dass das Jahr selbst noch lang ist und ich bisher nur einen Film aus der Heimkinosparte gesehen habe, kann ich dieses Jahr eigentlich schon mit „Marriage Story“ abschließen, denn ich frage mich, ob es gerade in diesem Sektor noch besser werden kann.

Der Regisseur Charlie und die Schauspielerin Nicole sind mittlerweile seit 10 Jahren ein Paar, haben geheiratet und den gemeinsamen Sohn Henry bekommen. Jedoch hat es den Anschein, dass die Liebe zwischen den beiden abgeebbt ist und beide mittlerweile abweichende Lebenswege für die Zukunft treffen möchten. Bis zu dem Zeitpunkt als Nicole die Entscheidung trifft, sich von Charlie scheiden zu lassen und sich beide im anstehenden Rechtsstreit immer weiter voneinander entfernen und die komplette Menschlichkeit aus ihrer Beziehung gezogen wird, obwohl sie beide eine zufriedenstellende Lösung für sich und Henry ausarbeiten wollen.

Der Film lebt nahezu von seinem großartigen Schauspiel-Duo aus Adam Driver und Scarlett Johansson sowie auch im Bereich der Nebendarsteller mit auf jeden Fall Laura Dern. Beide habe ich bisher glaube ich soweit kaum besser in Erinnerung als hier. Optisch und musikalisch bleibt der Film ganz klassisch und auch die Kamera von Robbie Ryan ist ganz dezent im Vergleich zu dessen Arbeit bei „The Favourite“. Gerade im Aufbau des Films ist es interessant, wie man für beide die emotionale Fallhöhe bereits in den ersten Minuten des Films etabliert. Der Film hat mich auch ein wenig an meine persönliche Geschichte als Scheidungskind erinnert. Ich war damals im ähnlichen Alter wie der Sohn und habe von den Folgen noch sehr lange gelitten, aber kann mich an Details nicht mehr genau erinnern. Auch die unterschiedlichen Sichtweisen und Ziele meiner Eltern waren mir damals nicht klar. „Marriage Story“ von Noah Baumbach schafft es hier, dass man während des Films gleichermaßen Sympathie und Empathie für Scarletts Nicole und Adams Charlie entwickelt und es förmlich wehtut sich anzusehen, was sich beide unter dem Druck des Scheidungskriegs bereit sind anzutun. Und der Film schafft es hier auch noch in seiner Konklussion eine sehr intelligente und komplexe Lösung auszuarbeiten, die aus rechtlicher Sicht sehr ausgewogen in frauen- und männerrechtlicher Sicht auch in Bezug auf das Sorgerecht geworden ist. Nicht zu vergessen, dass mich der Film emotional noch lange nach seinem Ende mitgenommen hat.

„Marriage Story“ - First Look – 10/10 Punkte.


Als Nächstes habe ich an einer besonderen Kinovorstellung im Deutschen Filmmuseum Frankfurt teilgenommen. Das Museum hat eine Reihe, die sich „Was tut sich im deutschen Film ?“ nennt. Hierzu kommt es einmal im Monat zu einer Filmvorstellung in dieser Reihe mit entsprechendem Fachgespräch nach dem Film. Dieses Mal gab es zur Filmvorstellung des neuen Christian Alvart-Films „Freies Land“ ein anschließendes Fachgespräch und Interview mit Christian Alvart, in dem er vor allem über die Produktion von „Freies Land“, seine Karriere, seine Erfahrungen und seine Abstecher nach Hollywood und Netflix sowie über kommende Projekte gesprochen hat. Und da Christian Alvart selbst im Rhein-Main-Gebiet aufgewachsen und dort auch viel rumgekommen ist, war es quasi für ein Heimspiel im Kino des Filmmuseums, wo er selbst bereits als junger Filmfan selbst die ein oder andere Vorstellung in der Vergangenheit besucht hat.

iHaveCNit: Freies Land (2020)
14.01.2020


Wenn es einen deutschen Regisseur gibt, bei dem ich mir quasi bedenkenlos dessen Filme ansehen kann ohne bisher enttäuscht zu werden, dann ist es Christian Alvart. Egal ob „Antikörper“ ; „Halbe Brüder“ ; die Schweiger-Tatorte bis zum Kinoauftritt „Tschiller: Off Duty“, „Steig.Nicht.Aus!“ ; „Abgeschnitten“ oder auch die Netflix-Serie „Dogs of Berlin“ - alles hat mir durch die Bank weg gut gefallen, doch nun liefert er mit „Freies Land“ den in meinen Augen besten Film seiner Karriere ab.

1992. Kurz nach der Wende wird der introvertierte und idealistische Polizist Patrick Stein für einen Einsatz in das ostdeutsche Städtchen Löwitz beordert. Dort soll er mit Markus Bach, einem Raubein mit dunkler Stasi-Vergangenheit in einem Fall von vermissten Mädchen ermitteln. Für viele in Löwitz ist klar, dass sich die jungen Mädchen nach Berlin abgesetzt haben um dort einem besseren Leben nachzugehen. Dass die jungen Mädchen jedoch ein anderes Schicksal ereilt haben könnte, wird komplett ignoriert, genau wie das dunkle Geheimnis, das hinter dem Schicksal steht.

„Freies Land“ ist schon jetzt einer der Anwärter für meinen jährlichen Preis im Bereich des deutschen Films. Die Vorlage für diesen Film, den spanischen „La Isla Minima“ habe ich hier nicht gesehen, so dass ich hier keine Vergleiche ziehen kann und auch komplett unvoreingenommen in den Film gegangen bin. Gerade wenn man nach der Vorstellung noch ein wenig von der Produktionsgeschichte mitbekommt muss ich sagen, dass ich damit einen Eindruck bekommen habe, mit welcher Spontanität, Effektivität und Effizienz Christian Alvart hier den Film in weniger als einem Monat mit einem Budget von knapp über 2 Millionen Euro realisiert hat und einen Respekt dafür habe, was er hier nun für ein Ergebnis erzielt hat. Neben der Regie ist er hier auch für das Drehbuch und die Bildgestaltung zuständig gewesen. Sein Film ist sowohl Krimi als auch Western und liefert sogar etwas Noir. Die Ostdeutsche Region, die er hier zum größten Teil in der Gegend von Lwiw, Ukraine aufgezogen hat, liefert ein extrem tristes und trostloses Bild einer Region und Gesellschaft, die komplett in Lethargie gefallen ist, weil sie mit den Veränderungen und verpassten Chancen nach der Wende hadert. Alvart erschafft mit seinen Bildern und der Musik von Christoph Schauer eine unglaublich stimmige Atmosphäre, die einen regelrecht in den Film zieht. Darüber hinaus hat mir auch das Zusammenspiel des ungleichen Duos aus Trystan Pütter und Felix Kramer gefallen. Während Pütter mal etwas aus seiner Komfortzone gedrängt wird, bleibt der gute Felix Kramer bei seiner Rolle einem ähnlichen Charakter wie sein Cop aus „Dogs of Berlin“ treu. Nur, dass man ihn wenn man seine Stimme nicht gewohnt ist, erst kaum erkennen wird. Insgesamt hat mich der Film ein wenig an die Verfilmungen der Jussi-Adler-Olsen-Romane um Carl Morck, die erste Staffel von „True Detective“ und auch von der optischen und musikalischen Gestaltung auch etwas an Denis Villenueves „Sicario“ erinnert.

„Freies Land“ - My First Look – 9/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9446
Marriage Story - der ideale Film für die Generation Instagram und Tumblr. Im Ernst: Toll, intensiv gespielt von dem grandiosen Duo Adam Driver & Scarlett Johansson, aber was ist das neuerdings für eine Neigung, Protagonisten in solchen Dramen derart gestellt reden zu lassen? Jemand hätte Noah Baumbach mal sagen sollen, dass solche literarischen Sätze sich zwar schön lesen, gesprochen aber ziemlich bescheuert klingen. Ein Rätsel, was daran oscarwürdig ist. Ansonsten nervt die krass erzwungene Überlänge und der angepeilte Realismus-Anspruch, mit dem ein visueller Verzicht auf jedwede Stilisierung einher geht. Sehr wenig Film, aber immerhin sehr viel (starkes) Schauspiel.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9448
iHaveCNit: Weathering With You (2020)
19.01.2020


Makoto Shinkais letzter Film „Your Name“, der im Jahre 2016 raus gekommen und bei uns im Jahre 2018 seine Veröffentlichung hatte, ist bei mir am Ende des Filmjahres neben „Three Billboards...“ und „Mission Impossible Fallout“ unter den Top3 des Jahres gewesen und noch vor „Akira“ ; „Princess Mononoke“ ; „Spirited Away“ und „Ghost In The Shell“ mein persönlicher Lieblings-Anime-Film ist. Nun wurde sein neues Werk „Weathering With You“ mit einem limitierten Release in die deutschen Kinos gebracht und ich habe ihn mir natürlich angesehen. Auch wenn er nicht ganz die Wucht wie „Your Name“ gewesen ist, so war ich doch sehr unterhalten und fasziniert von der Reise, auf die mich dieser Film geschickt hat.

Hodaku ist 16 Jahre alt und von seiner kleinen Insel abgehauen, um sich in Tokio ein neues Leben aufzubauen. Während es in Tokio scheinbar nicht mehr aufhört zu regnen, kommt Hodaku auf der Suche nach Obdach und Geld bei einem Redakteur unter. Bei kleinen Aushilfsjobs kommt er mit einer speziellen Geschichte um ein Sonnenmädchen in Kontakt und trifft auch immer wieder zufällig auf die junge Hina, die ähnliche Fähigkeiten wie die Sonnenmädchen aufweist, bis sich beide dafür entscheiden, ihre Fähigkeiten zur Kontrolle des Wetters einzusetzen um damit Geld zu verdienen, bis sich beide immer näher kommen und ihre Fähigkeiten jedoch schon bald zum folgenreichen Chaos führen kann.

Makoto Shinkai verknüpft in „Weathering With You“ genau wie bereits in „Your Name“ eine Liebesgeschichte mit Fantasy-Elementen und orientiert sich auch bei manchen Elementen der Handlung auch etwas an seinem Vorgänger – Man spürt auch vielleicht, dass Shinkai sich vermutlich selbst nach dem großen Erfolg des Vorgängers selbst unter zu großen Druck gesetzt haben mag um dem gerecht zu werden – und das führt eben dazu, dass „Weathering With You“ etwas darunter leidet. Die Animationen und Zeichnungen von diesem Film sind unfassbar schön, erschaffen sehr tolle Bilder und lassen die Geschichte bis in die kleinsten Details spürbar leben. Ähnlich wie „Your Name“ wird „Weathering With You“ bei meinen eigenen jährlichen Filmpreisen vermutlich ein Preisträger in der Kategorie „Bester Animationsfilm“ sein. Schade, dass beide Filme entsprechend bei den Oscars und Golden Globes nicht nominiert waren. Die Animationen erzeugen dann hier auch unfassbar tolle und dynamische Actionszenen. Darüber hinaus bietet der Film eine tolle Mischung aus Humor, Tragik und Spannung, weil die Geschichte von Hodaku und Hina eine sehr Interessante ist und mich doch etwas in seinen Bann ziehen konnte. Die einzige Frage, die ich mir so bei der Interpretation des Films stelle ist, ob der Film bei seiner Konklussion dann doch eine etwas konservative Ansicht zur Lage der Klimapolitik einnimmt, zu mehr Entspannung bei all der Hysterie aufruft und das Kollektiv unter das Individuum stellt.

„Weathering With You“ - My First Look – 9/10 Punkte
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Re: Zuletzt gesehener Film

9449
1917 (2019, Sam Mendes)

Der neue Mendes - und gleichzeitig sein erster Film seit Spectre - ist ein solides Weltkriegsabenteuer um zwei Soldaten, die sich an der Westfront durch vermeintlich verlassenes Kriegsgebiet schlagen müssen, um eine dringliche Botschaft zu überbringen. Besondere Aufmerksamkeit erregt natürlich der Birdman-Trick, alles nach einer einzigen Einstellung aussehen zu lassen (auch wenn es nicht ganz stimmt, und der Film durch eine Schwarzblende, die gleichzeitig auch eine längere Zeitspanne überbrückt, in zwei Teile bzw. zwei "Einstellungen" gegliedert ist). Der Inszenierungskniff hat mich zwar nicht ganz vom Hocker gehauen, ermöglicht aber dennoch eine Reihe schöner Szenen, bei denen die Kameraführung die Räumlichkeit der Landschaften elegant und effektvoll einsetzt und die in ihren mächtigen Landschaftsbildern ein wenig an Tarkovsky erinnern. Weniger gelungen sind vor allem einige der Action- und Kampfsequenzen, bei denen Mendes seine One-Take-Illusion etwas im Weg steht und die normal geschnitten besser ausgesehen hätten. Neben den beiden Soldaten wird natürlich das "British Historical Drama Starter Package" mit Namen wie Firth, Strong und Cumberbatch für einige ein- bis zweiminütige Auftritte eingelöst, und es ist wieder so ein Fall, bei denen diese "grossen" Namen kaum benötigt werden, auch wenn der Auftritt von Andrew Scott als desillusionierter und cooler Schützengraben-Lefty recht positiv in Erinnerung bleibt (vor allem positiver als sein letzter Einsatz unter Mendes).

Ein paar Worte zu Newman kann ich mir nicht verkneifen: Nachdem sein Score die ersten zwei Drittel keinerlei Wiedererkennungswert zeigt wird am Ende die episch-bombastische Zimmernummer aus allen Rohren abgefeuert und ganz am Ende dann noch dramatisch das Cello misshandelt. 1917 ist ein ordentlicher Film geworden, der unterm Strich für einige seiner starken Inszenierungen im Gedächtnis bleibt, mich aber auch nicht komplett aus den Socken gehauen hat, weil das One-Take-Konzept nicht immer dienlich ist und der Film teilweise zu bemüht dramatisch agieren möchte. Trotzdem ein ganz gelungener Kriegsfilm.

Wertung: 6,5 / 10
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