Re: Zuletzt gesehener Film

9901
HCN007 hat geschrieben: 7. November 2021 22:38 Mit Gijs Nabers Jakob Störr tue ich mich aber etwas schwer. Der eher introvertierte, raue und kontrollierte Kapitän ist in seiner Gefühlswelt selbst wenn ich persönlich auch eher seinem introvertierten Typus entspreche, nicht ganz greifbar und vor allem in der Dynamik von Jakob Störr gegenüber Lizzy ist es durchaus auch ein problematisches Bild von Männern und auch der Dynamik mit Frauen, dass uns hier präsentiert wird, denn aus rationaler Sicht ist es bei Männern nie gut, stark bedürftig zu wirken und sich emotional von Frauen abhängig zu machen – so wie es Nabers Störr hier offenbar tut, wenn es um Lizzy geht.
Bei Frauen ist es genauso wenig gut, bedürftig zu wirken und sich von Männern emotional abhängig zu machen. Natürlich ist das Verhalten des Protagonisten hier hoch problematisch (für ihn selbst), aber ich hatte recht wenig Mitleid mit ihm. Großartig ist an diesem Film, dass er von Männern handelt und von "Männlichkeit" bzw. einer alten Vorstellung von Männlichkeit, und wie diese Vorstellung und diese Perspektive einen Blick auf das Weibliche erzeugen, der wenig mit der Wirklichkeit beider Geschlechter zu tun hat. Und dann wird dieser Blick auf das Männliche, bzw. der Blick auf das Männliche, welches selbst das Weibliche betrachtet, noch mehr dadurch unterfüttert, dass der Film a) selbst von einer Frau inszeniert wird, die mit ironischer Distanz die sogenannte Männlichkeit untersucht und b) die Frau des Films für Zuschauer jedweden Geschlechts nur eine Chiffre bleibt, ein Rätsel, ein Mysterium. Nicht aber, weil sie gar eine Femme Fatale wäre, sondern weil sie eine sehr moderne Frau ist, eine Frau des 21. Jahrhunderts, während der Mann noch im frühen 20. Jahrhundert und in den Rollenerwartungen seiner Zeit an ihn gefangen ist. Ein berauschender Film, der einen eh schon tollen Roman noch besser adaptiert. Mindestens 9/10, wenn nicht mehr.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9902
Vielleicht an dieser Stelle noch ein kleiner Ausblick, was bei mir in 2021 noch so im Kino geplant ist.
- Dear Evan Hansen (heute)
11.11.2021 - Last Night in Soho / Die Rettung der uns bekannten Welt / Lieber Thomas
18.11.2021 - Ghostbusters: Legacy / Mein Sohn / Eiffel in Love / Große Freiheit / Das Land meines Vaters / Encanto
25.11.2021 - Resident Evil - Welcome To Raccoon City / A La Carte / Hannes / ggf. Das Schwarze Quadrat
02.12.2021 - Gunpowder Milkshake / House Of Gucci / Plötzlich aufs Land / Benedetta
07.12.2021 - Die Fabelhafte Welt der Amelie
09.12.2021 - West Side Story
16.12.2021 - Spider-Man 3: No Way Home / Wunderschön / Annette
19.12.2021 - Bolshoi - Der Nussknacker
23.12.2021 - Matrix Resurrections / Caveman

Wobei ich mir durchaus vorbehalte den ein oder anderen Film vielleicht noch zu streichen und ggf. durch andere Starts auszutauschen, da ich ein Brainstorming noch vornehme, welche Filme der in 2021 gestarteten ich aufgrund keinen verfügbaren, zeitlich passenden Spielzeiten ich noch im Heimkino sofern verfügbar nachholen werde. Und da bin ich ein Freund von runden Zahlen.
Dazu gibt es noch 4 Spotlight-Sneaks in den Arthouse-Kinos-Frankfurt mit Überraschungsfilm (bei dem ich mir zum aktuellen Zeitpunkt die Frage stelle, diese Reihe in meine reguläre Planung mit aufzunehmen !)
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Re: Zuletzt gesehener Film

9903
iHaveCNit: Dear Evan Hansen (2021) – Stephen Chbosky - Universal Pictures
Deutscher Kinostart: 28.10.2021
gesehen am 09.11.2021
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kinosaal 12 – Reihe 16, Platz 15 – 17:00 Uhr


Vom Musical „Dear Evan Hansen“ habe ich bis zum Film noch nichts gehört, aber der Trailer der Verfilmung hat mich einigermaßen angesprochen und da habe ich mich entschieden, den Film noch mitzunehmen – gerade auch wenn man sich einen Teil der Leute vor und hinter der Kamera ansieht, da mir von schauspielerische Seite vor allem Julianne Moore und Amy Adams gefallen und auch die bisherigen Filme mit Beteiligung der Songwriter und Komponisten Justin Paul und Benj Pasek gefallen haben.

Evan Hansen ist ein total verschüchterter Jugendlicher, der mit Angst- und Panikattacken sowie sozialen Phobien zu kämpfen hat. Eine Aufgabe seines Psychotherapeuten ist es, sich selbst positive Briefe zu schreiben. Als eines Tages der Brief in die Hände des drogensüchtigen Außenseiters Connor Murphy gerät, der sich auch noch am selben Tag das Leben nimmt, nimmt eine tragische Geschichte ihren Lauf. Die Eltern von Connor finden den Brief und glauben an eine Freundschaft zwischen Connor und Evan. Evan jedoch traut sich nicht die Situation aufzuklären und baut das Lügenkonstrukt weiter auf, womöglich auch, weil er somit Zoe nahe sein kann – Connors Schwester, in die er heimlich verliebt ist.

„Dear Evan Hansen“ nimmt sich vielen Themen an – über Trauerverarbeitung, psychischen Erkrankungen, Mobbing und Ausgrenzung in der Schule und auch im digitalen Raum ist der Film und auch das Musical eines, das den heutigen Zeitgeist und Nerv trifft. Auch wenn der Film in seiner Tonalität nicht immer ganz stimmig und holprig wirkt und auch mit 137 Minuten zu lang geraten ist, hat mir der Film einigermaßen gefallen. Das mag vor allem daran liegen, dass ich mich ein wenig in meine eigene Vergangenheit zurück versetzt gefühlt habe, denn mit einem Teil meines persönlichen Hintergrunds konnte ich mich vor allem mit dem von Ben Platt gespielten Hauptprotagonisten Evan Hansen identifizieren und reinfühlen. Da ich den Film „leider“ in der deutschen Fassung gesehen habe, ist mir eine Sache missfallen, die ich dem Gefühl speziell meiner Kinosichtung, aber nicht dem Film als solches anrechnen möchte. Die in die Handlung verwobenen Musikstücke wurden in der deutschen Fassung mit synchronisiert statt zum Beispiel im Originalton zu belassen und mit Untertiteln zu versehen. Denn hier wirkt die Vertonung nicht immer Synchron zum Bild und auch nicht immer sicher im Treffen der Töne, wobei das vielleicht auch die Authentizität in Bezug auf Evan Hansen mit seinem sehr zögerlichen Sprechen unterstützt.
Vielleicht gebe ich dem Film irgendwann im Heimkino eine weitere Sichtung – dieses Mal dann in der Originalfassung.

„Dear Evan Hansen“ - My First Look – 7/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9904
iHaveCNit: Die Rettung der uns bekannten Welt (2021) – Til Schweiger - Warner
Deutscher Kinostart: 11.11.2021
gesehen am 11.11.2021
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kinosaal 12 – Reihe 16, Platz 15 – 19:50 Uhr


So ab und an schaue ich mir gerne auch mal einen Film an, der von Til Schweiger inszeniert und weitestgehend gefühlt in Personalunion als Filmprojekt umgesetzt worden ist. Nachdem ich aber mit den letzten „Klassentreffen“-Filmen absolut nichts anfangen konnte, hat mich zumindest der Aufhänger für seinen neuen Film „Die Rettung der uns bekannten Welt“ interessiert und ins Kino gelockt.

Hardy Lasker ist Jahre nach dem Tod seiner Frau mit seinen 3 Kindern alleinerziehend und hat vor allem mit dem großen Sohn Paul seine Probleme. Paul leidet an einer bipolaren Störung, die mit ihren wechselnden Schüben für weitreichende Probleme sorgt bis ein verhängnisvoller Vorfall und ein Selbstmordversuch zu einer Einweisung in ein Therapiezentrum kommt. Dort lernt Paul die an Tourette erkrankte und traumatisierte Toni kennen. Nach einem Zwischenfall büchsen Beide aus.

Schweigers neuer Film hat alle üblichen Macken zu bieten, denen man in Schweigers Filmen begegnet. Hektische und unsaubere Schnitte, eine doch etwas zu ausufernde Nutzung von Filtern und Color-Grading, die eine inkonsistente Mischung aus Sepia und einem Blau-Grau bieten, dazu viele sehr oberflächliche und teils sehr mit Klischee behafteten Themen und relativ unauthentische Dialoge, die wie bedeutungsschwangere Kalendersprüche rüberkommen und so wirken als würde Til Schweiger glauben, Menschen würden tatsächlich so reden. Auch wenn der Einstieg in den „kritischen“ Teil dieser Review vernichtend klingt, so komme ich nicht umher zu sagen, dass mich der Film unterhalten, emotional bekommen und gefallen hat. Das liegt vor allem am wenn auch nicht ganz klischeebefreiten und oberflächlich abgehandelten Thema, mit dem ich mich aufgrund vergangener persönlicher Ereignisse durchaus identifizieren und wiederfinden konnte.

„Die Rettung der uns bekannten Welt“ - My First Look – 6/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9905
iHaveCNit: Lieber Thomas (2021) – Andreas Kleinert – Central
Deutscher Kinostart: 11.11.2021
gesehen am 12.11.2021
Arthouse Kinos Frankfurt – Cinema Petit – Reihe 1, Sitz 6 – 20:15 Uhr


Es ist im Kino immer wieder interessant, interessante Persönlichkeiten über biografische Filme kennenzulernen. Und da hat mich vor allem aufgrund der Besetzung von Albrecht Schuch der von Andreas Kleinert inszenierte Film „Lieber Thomas“ interessiert. Und das Interesse war berechtigt. Denn „Lieber Thomas“ gehört mit zu den besten Filmen, die in diesem Jahr aus Deutschland im Kino gestartet sind.

Der unangepasste Thomas Brasch ist schon sehr früh mit seiner Einstellung vielen ein Dorn im Auge. Sowohl im Journalismusstudium als auch als Sohn eines hochrangigen SED-Mitglieds eckt er immer wieder an, selbst Haftstrafen halten ihn nicht von seinem gedanklichen Treiben ab, so dass er vorzeitig in den Westen ausreisen darf. Doch ist der Westen auch das Richtige für ihn ?

Thomas Brasch war eine sehr interessante, aber auch sehr schwer zugängliche Persönlichkeit. So unangepasst und kritisch würde ich ihn als eine Art Rebell und Punk beschreiben, der stets rastlos auf der Suche war und im Wahn des eigenen Anspruchs nie wirklich angekommen zu sein scheint. Hier finde ich es richtig gut, dass der Film sich auf sehr spannende, schillernde und elektrisierende Art und Weise vielen Aspekten im Leben von Brasch nähert – von seiner Kindheit und Jugend über das Verhältnis zu seiner Familie, sein Verhältnis zu Frauen und den vielen Stationen seines Lebens vom Studium, Untergrundaktivismus nach dem Prager Frühling, von seiner Zeit als Häftling und im Arbeiter im Straflager, von seiner Autorentätigkeit, von ihm als Filmemacher. Im mit über zweieinhalb Stunden langen Film wirkt der Film selbst nie lang oder langweilig, denn der Film gibt einem als Zuschauer das Gefühl selbst sehr rastlos zu sein. Die Einbindung von stellenweise auftretenden Traumsequenzen lassen auch die Grenze zwischen Realität und Wahnvorstellungen etwas verschwimmen. Optisch ist der Film mit seinem Schwarz-Weiß-Look für heutige Zeit genauso mutig und unangepasst, wie es seinerzeit Brasch gewesen ist. Und für die Rolle des Brasch passt Albrecht Schuch mit einer so vielseitigen und vielschichtigen Darstellung perfekt, so dass es sicherlich auch interessant sein wird, ob der Film und seine Leistung bei der nächsten Verleihung des deutschen Filmpreises Beachtung finden wird.

„Lieber Thomas“ - My First Look – 9/10 Punkte.
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Läuft der alte Ford fort …

9906
Auf der Flucht

Wie gelingt es Geschichtenerzählern, einen fiktiven Charakter in Windeseile liebenswert zu konstruieren? Mit dieser Frage hat sich der Dramaturg Blake Snyder beschäftigt und 2015 ein Sachbuch darübergeschrieben. Seine Antwort steht im Titel: „Rette die Katze! Das ultimative Buch übers Drehbuchschreiben“. Aber was bedeutet es, die Katze zu retten? Snyder erklärt, der einfachste Weg, die Zuneigung des Publikums für eine Hauptfigur zu gewinnen, sähe wie folgt aus: Gleich beim ersten Auftritt müsse die Figur sich selbstlos verhalten und so einen besonders guten Eindruck erwecken – zum Beispiel durch die Rettung eines Kätzchens von einem Baum. Schon sei dem Protagonisten die Sympathie der Zuschauer gewiss. Ein besonders effektiver Einsatz eines „Rette die Katze!“-Szenarios eröffnet den Actionfilm „Auf der Flucht“. Nur ist „die Katze“ ein verletzter Gefängniswärter und „der Baum“ ein verunglückter Bus, der auf Zugschienen liegengeblieben ist.

Denn obwohl dieser Bus den zum Tode verurteilten Chirurgen Dr. Richard Kimble zu seinem Termin mit der Giftspritze bringen sollte, hat er Mitgefühl, als er sich in dem überschlagenen Fahrzeug wiederfindet und ein Zug auf das Bus-Wrack zusteuert. Er stemmt den Wärter über seine Schulter, wirft ihn in Sicherheit und kann in letzter Sekunde selbst dem drohenden Unfalltod entrinnen. Von hier an kann das Publikum gar nicht anders, als für ihn Respekt zu empfinden. Ein kurzer Prolog hatte bereits die missliche Lage von Kimble vorgestellt. Eines Abends fand er in seinem Haus seine Frau ermordet vor und wurde daraufhin von einem einarmigen Mann attackiert. Die Polizei glaubte ihm die Geschichte jedoch nicht, war sicher: Er ist auf die Lebensversicherung seiner noch vermögenderen Gattin aus. Die Todesstrafe war schneller gesprochen, als Kimble die Situation verstehen konnte. Doch obwohl ihm die Justiz so übel mitgespielt hatte, findet er, als es um Sekunden geht und ein dampfender Zug ihn auszulöschen gedenkt, in diesem Moment die Kraft, einen Mann zu schützen, der alles repräsentiert, was Kimbles Leben zerstört hat. Die Katze ist gerettet – und ein Held geboren.

Dieser Held stammt eigentlich aus dem TV-Bildschirm: In 120 Folgen war „Dr. Kimble auf der Flucht“. Zwischen 1963 und 1967 etablierte sich die Geschichte um den zu Unrecht des Mordes an seiner Frau verurteilten Arzt zu einem Straßenfeger. Jede Episode zeigte Kimble mit neu angenommener Identität, wie er vor dem Gesetz floh und den Einarmigen suchte, der ihn entlasten könnte. Die letzte Folge, in der Kimble schließlich seine Freiheit zurückerlangte, hatte am 29. August 1967 in den USA Einschaltquoten von 71 Prozent. Dreißig Jahre nach Beginn der Serie sollte die Flucht erneut beginnen – dieses Mal auf der großen Leinwand. Serienvorkenntnisse brauchte das Publikum für „Auf der Flucht“ allerdings nicht. Sogar Publikumsmagnet Harrison Ford, der für die Filmversion den Kimble mimte, hatte vor Drehbeginn nie eine Folge der Serie gesehen.

Fords Charme lag stets in seinem unerschöpflichen Charisma und seiner Person selbst, vereinte er doch den Glamour eines Hollywood-Stars mit der Bodenständigkeit des US-amerikanischen Jedermanns. Damit war er perfekt für Kimble: Durch ihn wird der Arzt zum Überlebenskämpfer, der dennoch glaubhaft in der Realität verankert bleibt und nie zum plumpen Actionhelden verkommt. Er kann sich nicht durch sein Geschick mit Schusswaffen oder seine übermenschliche Physis behaupten, sondern muss einzig auf seine Intelligenz und eine Portion Glück vertrauen. Seine Verwundbarkeit erzeugt seine Fallhöhe – und Kimble fällt tatsächlich, sogar aus beträchtlicher Höhe, als ihn seine Flucht auf einen Staudamm führt. Dort in die Enge getrieben, weiß der verzweifelte Mann keinen anderen Ausweg, als sich in die Tiefe zu stürzen. Hier flieht kein Alphamännchen, sondern ein gepeinigtes Individuum, das nichts anders will als Gerechtigkeit für sich und seine ermordete Frau. Sein charakteristisches Humpeln ist übrigens kein Regieeinfall: Ford verletzte sich zu Beginn der Dreharbeiten bei Aufnahmen im Wald, verzichtete aber auf eine Operation, um im restlichen Film glaubwürdig zu hinken.

Ein so einvernehmender Held braucht einen mindestens ebenso großen Widersacher – und hier trumpft „Auf der Flucht“ mit dem grandiosen Tommy Lee Jones auf. Er spielt den Chief Deputy Marshal Samuel Gerard als zielstrebigen, fast schon sturköpfigen Kapitän Ahab, der nicht ruhen kann und will, ehe er sein Ziel erjagt hat. Viele grandiose kleine Momente schreiben ihm die Autoren Jeb Stuart und David Twohy, die aus ihm eine der vielschichtigsten Figuren ihrer Art macht. Brillant eine Szene, in der er einen seiner Deputys vor einem bewaffneten Mann rettet, in dem er diesen einfach aus der Deckung heraus erschießt – ohne dabei richtig zu zielen. Als sein Partner sagt: „Du hättest mich treffen können. Du hättest verhandeln sollen“, meint Gerard nur: „Ich verhandele nie mit Kriminellen.“ Gänsehaut generiert die erste Begegnung zwischen ihm und Kimble: Der Marshal verliert seine Waffe, Kimble hebt sie auf, richtet sie auf seinen Verfolger. Er brüllt: „Ich habe meine Frau nicht umgebracht.“ Gerard antwortet: „Das ist mir scheißegal.“

„Auf der Flucht“ ist ein fantastischer Actionfilm, weil er in erster Linie als psychologisches Katz-und-Mausspiel funktioniert. Kimble muss achtsam vorgehen, will er unentdeckt von der Polizei genug Informationen sammeln, um den Mörder seiner Frau aufzuspüren. Gerard wiederrum durchforstet Kimbles Vergangenheit, um dessen Psyche zu verstehen – und obwohl er langsam Zweifel an Kimbles Schuld entwickelt, kann er nicht anders, als diesen Mann aus purem Pflichtgefühl weiter zu jagen. Beide sind getriebene Männer, die mehr verbindet als sie ahnen. Der Kriminalplot um den Mord an Kimbles Frau ist dabei kompetent konstruiert und hält sich seine besten Wendungen vorbildlich für den Schluss auf. Die Nebenfiguren sind mit Joe Pantoliano als schlagfertigen Deputy, Julianne Moore als misstrauische Ärztin und Jeroen Krabbé als Kimbles Freund und Kollege exzellent besetzt, doch es sind die Schultern von Harrison Ford und Tommy Lee Jones, die diesen 130-minütigen, meisterhaften Exkurs in Spannungsaufbau zur Gänze tragen.

Regisseur Andrew Davis hatte ein Jahr zuvor mit dem „Stirb langsam“-Duplikat „Alarmstufe: Rot“ einen Publikumshit gelandet, schon darin überzeugte Tommy Lee Jones als Widersacher. Der Film gefiel Harrison Ford so gut, dass er Davis für „Auf der Flucht“ dabeihaben wollte, nachdem der ursprünglich angedachte Walter Hill lieber den Western „Geronimo“ drehte. Davis inszeniert „Auf der Flucht“ bedacht, findet die richtige Tonalität zwischen intelligentem Thriller und emotionalem Drama. Für die großen Kino-Momente scheute er vor riskanten Improvisationen nicht zurück: Eine Verfolgungsjagd durch die Häuserschluchten von Chicago führt Kimble und Gerard auf eine Parade am Saint Patricks Day. Um die echten Feierlichkeiten zu nutzen, ließ Davis seine Stars einfach durch die Menschenmengen laufen, filmte sie mit versteckten Handkameras.

Trotz der unbestreitbaren Qualität dieses modernen Klassikers war es eine Überraschung, als „Auf der Flucht“ schließlich für sechs Oscars nominiert wurde – darunter sogar als ‚Bester Film‘. Erklären lässt sich dies u. a. über die sozialkritischen Töne, die der Film anschlägt: Die Kritik an der Todesstrafe ist überdeutlich, auch wird die gefährliche Schwarm-Mentalität der Polizei vorgeführt, als im letzten Drittel bei Kimbles erneutem Kampf mit dem Einarmigen ein Polizist den Tod findet und Kimble fürchten muss, nun als „Polizistenmörder“ von jedem beliebigen Ordnungshüter über den Haufen geschossen zu werden. Die fesselnden Kameraaufnahmen von Michael Chapman sowie die mysteriöse Filmmusik von James Newton Howard, die klassisches Orchester mit atmosphärisch-leidenden Synthesizer-Klängen mixt (ohne Zweifel eine der besten Arbeiten seiner beeindruckenden Karriere!), gingen bei den Oscars leider leer aus. Immerhin durfte sich Tommy Lee Jones als ‚Bester Nebendarsteller‘ verdient den Goldjungen abholen. Seine Leistung war so herausragend, dass er fünf Jahre später für die Fortsetzung „Auf der Jagd“ zurückgeholt und sein Gerard darin zur Hauptfigur befördert wurde.

Das Beste, was sich über „Auf der Flucht“ formulieren lässt, ist, dass es sich um einen der wenigen Actionfilme seiner Art handelt, bei denen das mitreißende Finale im und auf dem Dach des Chicago Hilton Hotels einen bis an den Rand des Sitzes treibt, vor Anspannung gar elektrisiert, es aber die ruhigen, menschlichen Momente sind, die über das Filmende hinaus nachwirken. Etwa eine Szene, in der Kimble sich als Reinigungskraft in einem Krankenhaus tarnt und einen kleinen, schwerkranken Jungen beobachtet, dessen Arzt nur oberflächlich seine Symptome begutachtet und eine Fehldiagnose stellt. Kurzerhand bringt Kimble den Jungen eigenhändig in den OP und rettet ihm so das Leben. Seine Tarnung fliegt dadurch auf, er muss erneut seine Identität wechseln und um sein Leben fürchten. Trotzdem weiß das Publikum: Er würde es immer wieder so machen. Weil er als Held nun einmal „die Katze retten“ muss.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9907
Es ist sehr schön, mal wieder so viel Positives über dieses Highlight sowohl innerhalb seines Genres wie auch in Fords Karriere zu lesen. The Fugitive ist in der Tat ein sehr präzises und ungemein fesselnd geschnürtes Paket Spannungskino. Der unschuldig Verurteilte Jedermann gegen den kaltschnäuzig jagenden Dobermann ist ganz nebenbei auch großes Schauspielkino. Der vermeintlich auf Abenteurer abonnierte und limitierte Ford zeigte nach Frantic und Presumed Innocent zum dritten Mal in Folge so nuanciert wie versiert einen verzweifelten und gehetzten Gatten, den die Umstände zu zermalmen drohen. Und Tommy Lee Jones positioniert den selbstbewussten Antagonisten messerscharf im Grenzgebiet von Arroganz und Kotzbrocken, nur um dann immer wieder dieses Image mit kleinen Gesten und Bemerkungen zu unterlaufen, so dass seine Figur bis zum Ende ungemein spanend bleibt. Ein hervorragender Supporting Cast, ein cleveres Skript, James Newton Howards treibender und zugleich stimmungsvoller Score sowie Andrew Davis Gespür für Locations, Atmosphäre und Actionhöhepunkte lassen den Film auch noch knapp 30 Jahre später makellos erstrahlen.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9908
vodkamartini hat geschrieben: 14. November 2021 11:36 Es ist sehr schön, mal wieder so viel Positives über dieses Highlight sowohl innerhalb seines Genres wie auch in Fords Karriere zu lesen. The Fugitive ist in der Tat ein sehr präzises und ungemein fesselnd geschnürtes Paket Spannungskino. Der unschuldig Verurteilte Jedermann gegen den kaltschnäuzig jagenden Dobermann ist ganz nebenbei auch großes Schauspielkino.
So ist es, es ist schon vielsagend, dass mir die kleinen Dialoge und menschlichen Momente mit Ford und Jones eine Erwähnung mehr Wert waren als der spektakuläre Zugcrash am Anfang des Films! "Auf der Flucht" ist ungemein spannend, extrem gut gespielt und geschrieben und einer der wenigen Actionfilme, deren dramatisches Fundament so solide und überzeugend ist, dass die Actionszenen nicht gleich automatisch die Höhepunkte des Films sind. Ein ganz toller Film, bei dem es eigentlich viel zu lange gedauert hat, bis ich mit ihm mal in Kontakt kam – aber die tollen Filme gehen dem der sucht eben nie wirklich aus.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9909
Sondervorstellungen
iHaveCNit: Spotlight – Die Arthouse-Sneak (17.11.2021) – Überraschungsfilm
Deutscher Kinostart: ???
gesehen am 17.11.2021 in OmU
Arthouse Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Sitz 9 – 21:00 Uhr


Wie immer gibt es hier einen Überraschungsfilm zu sehen, den man am Ende benoten kann und das Kino ein eigenes Ranking aufstellt für die Filme, die hier gespielt werden.

Das aktuelle Ranking sieht wie folgt aus:

1. The Father (1,4)
2. Promising Young Woman (1,9)
3. Helden der Wahrscheinlichkeit – Riders Of Justice (2,1)
4. Minari (2,3) / Last Night In Soho (2,3)
5. Je Suis Karl (2,4)
6. Falling / Auf alles, was uns glücklich macht (2,5)
7. Contra (3,0)

Für den Film gab es diesmal einen kleinen Hinweis auf der Facebook-Seite:
+++ Spotlight-Hinweis zum Film +++
Martin Luther King ging in ihrem Elternhaus ein und aus. Sie rührte Ex-Präsident Barack Obama zu Tränen. Sie ist eine Ikone.
Tipp zu offensichtlich? Uns doch egal, machen wir die Bude heute Abend voll für einen der besten (Musik-)Filme des Jahres!
#spotlightsneak

Des weiteren gab es einen subtilen Hinweis, denn im Foyer des Kinos wurde Musik des Hauptcharakters des Films gespielt.

Den Überraschungsfilm hatte ich aufgrund meiner eigentlichen Distanz zum Hauptcharakter des Films nicht auf meiner Liste. Ob ich ihn erneut sehen werde, weiß ich zum aktuellen Zeitpunkt nicht. Hängt durchaus von einigen anderen externen Faktoren ab.

+++ Spotlight-Auswertung vom 17.11.2021 +++
In der gestrigen Spotlight-Sneak haben wir euch das US-Biopic „Respect“ über das bewegte Leben der Queen Of Soul Aretha Franklin gezeigt. Es brillieren Jennifer Hudson und Forest Whitaker in den Hauptrollen - beidesamt oscarwüdig. Der Film behandelt die Karriere der ikonischen Sängerin und Bürgerrechtsaktivistin Aretha Franklin. Wir starten RESPECT am 25.11. bei uns in den Arthouse Kinos. Bei den Bewertungen war wieder einmal alles vertreten. Anbei die Auflistung.
Eure Bewertung = 2,3
Note 1 = 17x
Note 2 = 21x
Note 3 = 14x
Note 4 = 6x
Note 5 = 4x
Note 6 = 1x
Die kommende Spotlight-Sneak wird garantiert gaaaaaaaanz anders. Freut euch auf den 1.12. Wir freuen uns auf euch!
#spotlightsneak #arethafranklin #RespectFilm #JenniferHudson #ForestWhitaker

Meine Wertung des Films lag bei einer 2 – und auch im 10er-System eine 8.

Nach diesem Film sieht das Ranking der Spotlight-Sneaks wie folgt aus:

1. The Father (1,4)
2. Promising Young Woman (1,9)
3. Helden der Wahrscheinlichkeit – Riders Of Justice (2,1)
4. Minari (2,3) / Last Night In Soho (2,3) / Respect (2,3)
5. Je Suis Karl (2,4)
6. Falling (2,5) / Auf alles, was uns glücklich macht (2,5)
7. Contra (3,0)

Überraschungsfilm – My First Look – 8/10 Punkte.

iHaveCNit: Respect (2021) – Liesl Tommy – Universal
Deutscher Kinostart: 25.11.2021
gesehen am 17.11.2021 in OmU im Rahmen der Spotlight-Arthouse-Sneak
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 21:00 Uhr


In der Spotlight-Sneak gibt es durchaus auch mal Überraschungen wie Filme, die ich eigentlich nicht auf meiner Liste hatte. So zum Beispiel „Respect“ von Liesl Tommy über die legendäre „Queen of Soul“ Aretha Franklin – rein wegen der Tatsache, dass ich musikalisch nicht in das Werk der Sängerin investiert bin. Aber ich habe mich gerne auf dieses musikalische Biopic eingelassen.

Die junge Aretha, liebevoll in ihrer Familie „Ree“ genannt, ist mit einer engelsgleichen Stimme gesegnet. Ihr stolzer Vater, der als Baptistenprediger Kontakte zu vielen großen Persönlichkeiten, darunter auch Martin Luther King pflegte, hat sie regelmäßig auf seinen abendlichen Feierlichkeiten und später bei seinen Predigten für seine Gäste singen lassen, so dass der Weg in die Musikbranche der nächste Schritt ist. Doch bei einem dominanten, überbehutsamen Vater und einer Ehe mit einem gewalttätigen Musikmanager ist es schwer, die eigene musikalische Identität zu entwickeln. So ist es ein langer Weg für Aretha, die Dämonen ihrer Vergangenheit zu bezwingen, die Fesseln zu lösen und die eigene Identität zu finden.

Aretha Franklin ist 2018 verstorben – doch einen Wunsch hatte sie für eine filmische Biografie geäußert. Wenn eine Darstellerin sie verkörpern sollte, dann nur die Sängerin und Schauspielerin Jennifer Hudson. Das ist nicht nur ein Ritterinnenschlag und eine Ehre für Jennifer Hudson, sondern auch absolut passend. Denn Jennifer Hudson verkörpert Aretha großartig und auch musikalisch ist sie perfekt für diese Rolle. Sie trägt für mich den Film auf ihren Schultern. Der Film selbst ist sehr warm inszeniert und liefert schöne Bilder und die Musik spricht für sich selbst. Als Biopic ist er sehr klassisch aufgebaut, fokussiert sich aber auf einer sehr passenden verdichteten Zeit, in der es um die Anfänge von Franklin geht und ihre musikalische Selbstfindung. Dabei wird auch sehr auf die Rolle einer schwarzen Frau in der Musik eingegangen. Aber auch die Rollenverteilung und die Rolle der Frau in afroamerikanischen Filmen wird hier sehr eindrucksvoll dargestellt und präsentiert. Insgesamt wird ihr Einfluss als Bürgerrechtlerin aber nur im Ansatz und oberflächlich dargestellt. Aber dafür müsste der Film schon noch wesentlich länger sein als er mit knapp 2,5 Stunden ohnehin schon ist.

„Respect“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9910
iHaveCNit: Das Land Meines Vaters (2021) – Edouard Bergeon – Weltkino
Deutscher Kinostart: 18.11.2021
gesehen am 19.11.2021
Arthouse Kinos Frankfurt – Cinema Petit – Reihe 1, Sitz 6 – 20:45 Uhr


Der für unsere Gesellschaft infolge von Nahrungsbeschaffung und Konsum so wichtige Produktionszweig der Landwirtschaft ist über die Jahrzehnte ein extrem hartes Geschäft geworden, an dem viele Landwirte und Familien zerbrochen sind. Basierend auf eigenen Erfahrungen und dem Leben seines Vaters Christian hat Regisseur Edouard Bergeon ein Drama inszeniert, dass genau diesen Zerfall zeigt und großartig gespielt und inszeniert worden ist.

Im Jahre 1979 kehrt der Mittzwanziger Pierre Jarjeau von einem Aufenthalt auf einer Ranch im amerikanischen Wyoming in seine französische Heimat Les Grand Bois zurück. Sein Vater Jaques übergibt das Familiengeschäft des Bauernhofs an Pierre. Über einige Jahrzehnte später, 1996 läuft das Geschäft nicht mehr wirklich rund für Pierre. Der Preisdruck, die notwendigen Modernisierungsmaßnahmen seiner Anlagen, Knebelverträge und ein wesentlich stärkerer Wettbewerb sorgen für laufend rote Zahlen, die Pierre immer verzweifelter werden lassen und auch einen Einfluss auf die Familie haben.

Eingefangen in großartige Landschaftsaufnahmen inszeniert Bergeon ein intimes Familiendrama, bei dem Guillame Canet in der Hauptrolle erst von naiver Hoffnung hin zu Wut und Verzweiflung wechselt und das großartig spielt. Natürlich rundet der Rest des mir bis dahin komplett unbekannten Casts das Ensemble großartig ab. Gezeigt wird, wie die Familie und auch Pierre sukzessive an dem Druck zerbricht und da liegt auch der größere Fokus des Films. In Ansätzen und Details bekommen wir natürlich auch Szenen des beruflichen Alltags des Bauernhofs geliefert von Feldarbeit bis hin zur Fütterung von Geflügel und dem Abzählen von Huftieren. In weiteren Ansätzen und Details sind auch wirtschaftliche Zusammenhänge erkennbar, jedoch in Anbetracht des doch sehr komplexen Themas zu oberflächlich. Auch die Dramaturgie des gesamten Films wirkt stellenweise etwas holprig. Aber trotzdem ist der Film sehr interessant und liefert auch viele Ansätze sich über diesen Film hinaus mit der komplexen Thematik zu beschäftigen und hallt mit seiner Konklussion schon etwas nach.

„Das Land Meines Vaters“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9911
iHaveCNit: Eiffel in Love (2021) – Martin Bourboulon – Constantin Film
Deutscher Kinostart: 18.11.2021
gesehen am 20.11.2021
Arthouse Kinos Frankfurt – Cinema Studio – Reihe 3, Sitz 1 – 18:00 Uhr

Für Freunde historischen Kinos läuft in dieser Woche ein Film in den Kinos, der ein Ereignis historischer Tragweite mit bekanntem Ausgang zum Thema hat. Martin Bourboulons „Eiffel in Love“ thematisiert sowohl den Bau des Eiffelturms als auch den Mann, der der führende Kopf hinter dem Bauprojekt gewesen ist.

Gustave Eiffel kehrt gerade aus den vereinigten Staaten nach seiner Beteiligung am Bau der Freiheitsstatue zurück, da steht bereits das nächste große Bauprojekt für den Ingenieur an. Normalerweise wollte er die Pariser Metro modernisieren, doch für die Weltausstellung im Jahre 1889 wird ein riesiges Bauprojekt benötigt, womit er auf die Idee kommt, einen über 300 Meter großen Stahlturm allen Widerständen zum Trotz realisieren zu wollen. Bei einem abendlichen Empfang jedoch trifft er auf Adrienne, eine Liebe aus vergangener Zeit, die tragisch endete – ihm jedoch Auftrieb und Motivation gibt.

Der Film ist in Ordnung und hat mir gut gefallen. Die Ausstattung des Films, seine Bilder und seine Musik haben mich richtig gut abgeholt. Jedoch steht sich der Film unnötigerweise selbst im Weg. Da der Film sowohl die Entstehungsgeschichte des Eiffelturms als auch eine in Ansätzen wahre Romanze von Gustave Eiffel schildert, ist der Fokus des Films nicht ganz klar. Mit seinen 108 Minuten hat der Film kaum Zeit, genug von Beidem zu liefern. Damit bleibt die Entstehungsgeschichte und der Bau sehr holprig und sprunghaft und auch die Romanze, die auch mit Rückblenden die Ereignisse der Vergangenheit geschildert wird, bremst das ganze Geschehen des Films etwas aus. Zum Glück haben sowohl Romain Duris als auch Emma Mackey eine ganz besondere und interessante Chemie und Anziehung, die dem Film eine gewisse Spannung gibt. Aber grundsätzlich ist das zu wenig für den ganz großen Wurf. Wobei natürlich auch die Verdichtung auf rein Gustave Eiffel als den Kopf hinter dem ganzen Projekt, der auch mal mit anpackt und sich die Hände schmutzig macht einem historischen Check nicht Stand halten wird. Was jedoch Stand gehalten hat ist das damals einst von vielen Franzosen belächelte und nicht ernst genommene Projekt des Eiffelturms, dass zu einer der bedeutendsten Wahrzeichen der französischen Hauptstadt geworden ist.

„Eiffel in Love“ - My First Look – 6/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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iHaveCNit: Mein Sohn (2021) – Lena Stahl – Warner
Deutscher Kinostart: 18.11.2021
gesehen am 21.11.2021
Arthouse Kinos Frankfurt – Cinema Petit – Reihe 1, Sitz 6 – 18:30 Uhr

Als nächsten Film in einem wieder sehr interessanten Kinostartwochenende gab es Lena Stahls „Mein Sohn“ mit Anke Engelke und Jonas Dassler in den Hauptrollen zu sehen. Der Film ist eine sehr gute und kompakte Mischung aus Coming-Of-Age, Road-Movie und Mutter-Sohn-Drama.

Der junge Jason lebt sorglos in seine Tage rein, hängt mit seinen Skaterkumpels rum, geht nachts feiern. Die Eltern und vor allem seine Mutter Marlene haben keinerlei Zugang mehr zu seinem Leben. Bis ein Unfall von Jason, bei dem ein Bein und ein Teil der Rippenregion auf komplexe Art und Weise verletzt wurden eine aufwendige Kur in einer Reha-Klinik der Schweiz notwendig macht, vor allem ihn und seine Mutter Marlene zusammenbringt, denn Marlene möchte Jason zur Klinik fahren und nebenbei auch noch eine alte Freundin besuchen. Die gemeinsame Reise zwingt beide dazu, längst überfällige Konflikte aufzuarbeiten.

„Mein Sohn“ ist sowohl großartig inszeniert und gefilmt, aber auch großartig von Anke Engelke und Jonas Dassler gespielt, die den Film locker über die 94 Minuten tragen und perfekt als dysfunktionales Mutter-Sohn-Gespann harmonieren. Dabei legt der Film auch die zugrundeliegenden Konflikte nicht vollständig offen, meist bleibt es bei kleinen Details und Gesten, die die Spannungen offenbaren und das macht den Film für mich sehr natürlich und roh in seinem Gefühl, seinen Emotionen und seiner Atmosphäre. Jedoch gibt es bei einem Road-Movie immer das grundsätzliche Problem, dass die eine oder andere Station dann doch qualitativ schwankend und für die letztendliche Konklussion des Films eher weniger von Bedeutung und so ist es auch hier. Aber grundsätzlich ist das für mich bei diesem Film nicht so problematisch gewesen. Ich hätte jedoch wesentlich länger zusehen können.

„Mein Sohn“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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iHaveCNit: Große Freiheit (2021) – Sebastian Meise – Piffl Medien GmbH
Deutscher Kinostart: 18.11.2021
gesehen am 23.11.2021
Arthouse Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 3, Sitz 9 – 20:15 Uhr


Wie stehe ich persönlich zu gleichgeschlechtlicher Liebe und Sexualität ? Ich stehe dem Thema sehr tolerant und offen gegenüber, auch wenn ich selbst dieser Gruppe nicht zugehöre. Jeder darf sowohl sein wer er sein möchte als auch lieben, wen er lieben möchte. Wer damit glücklich wird und ist, finde ich großartig. Für mich ist das ganz normal. Doch leider sah die rechtliche Anerkennung der Liebe unter Männern bis ins Jahre 1994 noch ganz anders aus – genau wie zum gewissen Teil auch die gesellschaftliche Anerkennung. Rechtlich zumindest wurde unter dem Paragraphen 175 des Strafgesetzbuches gleichgeschlechtliche Liebe unter Männern unter Strafe gestellt, bis die Strafbarkeit im Jahre 1969 aus dem Gesetz gestrichen worden ist. Der aktuelle Film von Sebastian Meise „Große Freiheit“ skizziert die Perfidität dieses Paragraphen anhand eines intensiven, stillen und harten Gefängnisdramas.

Hans Hoffmann liebt Männer, doch seine Liebe zu Männern ist gesetzlich verboten und wird unter Strafe gestellt, so dass er nach seiner Internierung im Konzentrationslager 1945 direkt in den Knast wandert und den Rest seiner Strafe absitzen muss. Im Knast trifft er auf den verurteilten und homophoben Viktor. Da Hans jedoch ein Wiederholungstäter ist, findet er sich immer wieder im Knast wieder, so dass im Laufe der Jahrzehnte eine Freundschaft zwischen ihm und Viktor entwickelt – oder ist es vielleicht sogar Liebe ?

Kern dieses intensiven und stillen Dramas sind vor allem seine beiden Hauptdarsteller. Ich sehe immer wieder gerne Filme mit Franz Rogowski an und auch hier brilliert er wieder mit seinem sehr stillen, aber nuancierten Schauspiel, mit dem er trotz Zurückhaltung die Leinwand für sich erobert und in großen Momenten dann auch mal aus seiner Zurückhaltung ausbrechen darf. Ihm gegenüber spielt Georg Friedrich, der direkt durch seine Rolle bedingt eine Präsenz mitbringt und hinter seiner rauen Fassade auch eine Herzlichkeit verbirgt. Diese sich entwickelnde Chemie beider Darsteller ist für den Film im Kern ein Glücksgriff. Gerade die stille, intensive Inszenierung und der Fokus auf das Gefängnis macht das Ganze auch zu einem Kammerspiel, dass sich auch über mehrere Jahrzehnte erstreckt und wir so quasi in Episoden unterschiedliche Zeitpunkte in der Entwicklung dieser Männerfreundschaft mit erleben bis zum Zeitpunkt an dem die Strafbarkeit des Paragraphs wegfällt. Und da stellt er auch eine interessante Frage zumindest für Franz Rogowskis Hans Hoffmann, ob diese Freiheit für ihn die richtige ist.

„Große Freiheit“ - My First Look – 9/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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iHaveCNit: Resident Evil Welcome To Raccoon City (2021) – Jonathan Roberts - Constantin Film
Deutscher Kinostart: 25.11.2021
gesehen am 25.11.2021 in Dolby Atmos
Kinopolis Main-Taunus-Zentrum – Kinosaal 9 – Reihe 9 Platz 13 – 20:00 Uhr


Nachdem Paul W.S. Anderson mit Milla Jovovich eine lange, frei interpretierte Filmreihe über die Spielreihe „Resident Evil“ in die Kinos gebracht hat sind nun einige Jahre ins Land gezogen, so dass man scheinbar über einen Neustart nachgedacht hat. Dieser ist nun von Jonathan Roberts inszeniert und kann sowohl Fans der Spielreihe als auch Fans von B-Horror-Actionfilmen gefallen.

Claire Redfield ist gerade auf dem Weg nach Raccoon City um ihren Bruder und Polizisten Chris zu besuchen. Doch in der Nacht bricht im mittlerweile stillgelegten Werk des Pharmakonzerns Umbrella ein Virus aus und Chris muss mit einem Team der Polizei auf ein Anwesen der Firmengründer, um diesem Ausbruch nachzugehen.

Da ich den Film gemeinsam mit eingeweihten Spielern von Resident Evil gesehen habe, wurde nach dem Film angemerkt, dass man sich bei vielen Szenen an Momenten im Spiel orientiert hat. Das kann zum durchaus gut sein. Gut ist daran, dass man allgemein stärker und detailgetreuer an der Vorlage ist und somit ein wenig Fanservice bieten könnte. Für mich als jemand mit sehr dunkler Kenntnis über die Spielreihe funktionierte der Film als klassischer B-Action-Horror, der sowohl handwerklich als auch erzählerisch sehr klischee- und formelhaft rüber gekommen ist. Eine gute Sache für diesen B-Action-Horror ist, dass vieles im Dunkeln stattfindet – hier unterstützt das auf jeden Fall die Atmosphäre und kann durchaus einiges an vielleicht nicht so guten Effekten kaschieren. Insgesamt hat mich der Film einigermaßen unterhalten.

„Resident Evil Welcome To Raccoon City“ - My First Look – 6/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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iHaveCNit: Das Schwarze Quadrat (2021) – Peter Meister – Port Au Prince Films
Deutscher Kinostart: 25.11.2021
gesehen am 28.11.2021
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 4, Platz 9 – 20:45 Uhr


Es wurde mal wieder Zeit für eine richtig gute deutsche Komödie und da kam mir Peter Meisters „Das Schwarze Quadrat“ gerade recht, der mich richtig amüsiert hat. Da er nicht nur toll inszeniert worden ist und ein großartig aufspielendes Ensemble bietet, sondern auch überraschenden Humor, skurrile und absurde Situationen und einen coolen, flotten Handlungsverlauf.

Vincent und Nils sind Kunsträuber. Nachdem sie Kasimir Malewitschs Gemälde „Das Schwarze Quadrat“ in Frankfurt geklaut haben, soll an Bord eines Kreuzfahrtschiffs die Übergabe stattfinden. Doch ein Mittelsmann verpasst die Übergabe wichtiger Boarding-Unterlagen, so dass beide gezwungen sind, vor Ort die Tickets und das Gepäck von 2 Gästen zu klauen, die sich als Imitatoren von Elvis Presley und David Bowie entpuppen. Während der jüngere Nils scheinbar Gefallen an der Elvis-Tarnung findet, missfällt die Bowie-Tarnung dem verkappten Maler Vincent,. Doch sie spielen erst einmal mit, bis ihnen das Gemälde aus der Kabine entwendet wird, da scheinbar mehrere Gäste sowohl von dem Gemälde an Bord wissen als auch daran interessiert sind. So sind beide auf die künstlerische Ader von Vincent angewiesen, ohne zu wissen, dass sie damit noch mehr Verwirrung stiften.

Das Gaunerstück ist unfassbar witzig und unterhaltsam geworden. Die Fokussierung der Handlung auf ein großes Kreuzfahrtschiff macht das ganze sogar fast zu einem Kammerspiel. Das Ensemble ist großartig. Angefangen vom Gaunerduo Vincent und Nils, die von Bernhard Schütz und Jacob Matschenz gespielt werden, von der Kunsthehlerin Martha – von Sandra Hüller gespielt, bishin zur Pianistin Mia - von Pheline Roggan gespielt – und vielen weiteren doch recht skurrilen Charakteren. Der Humor ist in seiner Situationskomik recht nuanciert und pointiert. Der Handlungsverlauf durchaus überraschend und interessant – aber auch sehr rasant und flott durch erzählt, so dass er extrem kurzweilig ist. Auch ganz interessant ist hier, dass sich die Handlung auch um ein reell existierendes Gemälde dreht. Da Kasimir Malewitschs Gemälde „Das Schwarze Quadrat“ schlicht ein Schwarzes Quadrat auf weißem Grund ist, setzt sich der Film auch durchaus ironisch mit der Kritik an dieser Form der Kunst auseinander und macht sie zu einem Element der Handlung. Insgesamt bin ich wirklich unterhalten worden und mir hat der Film richtig gut gefallen.

„Das Schwarze Quadrat“ - My First Look – 9/10 Punkte.
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