Ganz interessant. Von Spiegel:
Die Sith-Parade
Der ursprünglich angeheuerte Autor und Regisseur Colin Trevorrow hätte die neue "Star Wars"-Trilogie völlig anders enden lassen - das legen jedenfalls Branchenrecherchen nahe.
15.01.2020, 17:13 Uhr
Rose (Kelly Marie Tran) und Finn (John Boyega) in "Star Wars: Die letzten Jedi" von 2017
Rose (Kelly Marie Tran) und Finn (John Boyega) in "Star Wars: Die letzten Jedi" von 2017 Disney
Als 2017 der "Star-Wars"-Film "Die letzten Jedi" erschien, erlebte die Anhängerschaft der Franchise das, was Gesellschaften weltweit seit einigen Jahren durchmachen: eine nachhaltige Spaltung. Die eine Gruppe lehnte den Weg, den Autor und Regisseur Rian Johnson mit dem Film eingeschlagen hatte, rundherum ab: zu viele Frauen, zu viele Nichtweiße, zu wenig Anbindung an die ursprünglichen Filme. Die andere Gruppe freute sich wiederum genau darüber, dass jemand der Filmreihe neue Perspektiven und neues Personal verpassen wollte.
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Weil die erste Gruppe besonders laut war, folgte Disney, der neue "Star-Wars"-Rechteinhaber, ihren Wünschen: J.J. Abrams, verantwortlich für den nostalgiegetränkten ersten Part der neuen Trilogie, übernahm wieder und baute in "Der Aufstieg Skywalkers" ab, was sein Vorgänger Johnson an neuen Gleisen gelegt hatte. Hauptfigur Rey bekam doch heroische Eltern mit Verbindungen bis in die mächtigsten Ebenen der Ersten Ordnung; die nichtweißen Figuren Finn und Rose bekamen weniger Platz, und die politische Dimension des Widerstands wurde beschnitten. Als unterwürfiger, wenig origineller Fan-Service wurde "Der Aufstieg Skywalkers" bei seiner Premiere im Dezember 2019 an vielen Stellen kritisiert.
Nun gibt es einige schlüssige Indizien, wenn auch nicht belastbare Beweise, wie Episode IX ausgefallen wäre, wenn der ursprünglich angeheuerte Co-Autor und Regisseur Colin Trevorrow an Bord geblieben und nicht von "Star-Wars"-Mastermind Kathleen Kennedy gefeuert worden wäre. Es wäre ein Fan-Service der anderen Art geworden, einer, der Johnsons Weg und damit den Wünschen der zweiten Gruppe gefolgt wäre. Der geplante Titel: "Duel of the Fates", Duell der Schicksale.
Wie der US-amerikanische Branchendienst "The Playlist" recherchiert hat, hatten Trevorrow und sein Co-Autor Derek Connolly folgendes für "Duel of the Fates" geplant (Spoiler-Warnung: Lesen Sie nur weiter, wenn Sie "Der Aufstieg Skywalkers" bereits gesehen haben):
Im Vorspann wird erklärt, dass die Erste Ordnung alle Kommunikation zwischen den verschiedenen Planeten gekappt hat, um dem Widerstand keine Chance zu geben, sich neu zu vernetzen.
Die wichtigste Aufgabe des Widerstandes ist es deshalb, die interstellaren Kommunikationskanäle wieder zu öffnen.
Imperator Palpatine wird dabei erwähnt, wird aber im Gegensatz zum tatsächlich gedrehten Film nicht wiederbelebt und spielt keine weitere Rolle für das Geschehen.
Die eine zentrale Mission des Films wird angeführt von Finn, Rose und Droid BB8, die einen Sternenzerstörer samt Waffen und Raumschiffen stehlen sollen. Dabei werden sie festgenommen und in ein Gefangenenlager gebracht.
Der reuige Stormtrooper Finn, der zu Beginn von Episode VII die Seiten gewechselt hatte, wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert, als er im Gefangenenlager auf andere zweifelnde Stormtrooper trifft.
Er schafft es, sie für den Widerstand zu rekrutieren und zum Aufstand zu führen.
Parallel zu einer Luftschlacht, die Poe Dameron anführt, bekämpfen die ehemaligen Stormtrooper die Erste Ordnung.
Zusammen mit Rey hat Poe zuvor in der zweiten zentralen Mission Kylo Ren gesucht, um ihn doch noch auf die helle Seite der Macht zu bringen beziehungsweise den ewigen Kampf von Sith gegen Jedi zu beenden.
Schließlich kommt heraus, dass Kylo Ren Reys Eltern getötet hat. Rey ist nicht - wie in "Der Aufstieg Skywalkers" - mit Palpatine verwandt.
Im Endkampf bittet Rey wie im tatsächlichen Film alle Jedi-Ritter, ob lebendig oder wie Luke zu immateriellen Kräften geworden, um Beistand. Allerdings duelliert sie sich nicht mit Palpatine, sondern mit Kylo Ren. Er wird geschlagen und "ausgelöscht", auch der letzte Versuch, ihn auf die eigene Seite zu bringen, schlägt fehl.
Am Ende werden alle Kinder, die für die Macht empfänglich sind, von Finn und Rose auf einen entfernten Planeten gebracht, wo Rey sie zu Jedi-Rittern ausbildet.
Unter diesen Kindern befindet sich auch der kleine Junge mit dem Besen, der in der letzten Szene von "Die letzten Jedi" zu sehen war und die Hoffnung auf einen wiedererstarkten Widerstand symbolisierte, in "Der Aufstieg Skywalkers" aber nicht mehr vorkam.
Wie erfolgreich Trevorrow und Connolly mit dieser Version geworden wären und wie die verschiedenen Fan-Lager reagiert hätten, darüber lässt sich nur spekulieren. "Der Aufstieg Skywalkers" tut sich derweil schwer, an die Umsätze von "Die letzten Jedi" heranzureichen. Vielleicht hätte es sich für Disney doch gelohnt, nicht auf die lautesten Fans zu hören.