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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
So, ich bin bei Spielberg jetzt auch wieder Up-to-Date und kann Kollege Vodka in Bezug auf Ready Player One eigentlich nur zustimmen, auch ohne den Roman zu kennen. Das ist ein ganz nettes Sci-Fi-Action-Abenteuer mit etwas oberflächlichem Unterhaltungswert - auch wenn das effektüberladene Ende ganz tief in die Krawallkiste greift - folgt aber gähnend einfallslosen und generischen Handlungsmustern und Charakteren. Der coole Nerd als Protagonist, völlig konturlos verkörpert von Tye Sheridan, sein herzlicher aber etwas tumber bester Kumpel, die geheimnisvolle Rivalin die zum Love Interest wird, der fiese Geschäftsmagnat, gegen den sich die "Kinder" vereinen, alles schon zur Genüge gesehen. Neben diesen Langweilern ist Spielberg natürlich in erster Linie an Action und Schauwerten interessiert, eine artifizielle Reizüberflutung als Art Mischung aus Anime und 3D-Videospiel. Von "Geekdom", vor allem Retro-Geekdom, ist irgendwie nicht viel zu spüren, vor allem weil sich der Film in dieser Hinsicht auf völlig beliebige Breitseiten an Cameos und Name-Dropping verlässt, die nicht alle zusammenpassen wollen - in welcher Welt gehören alte Arcade-Spiele, ein Kubrick-Film und 2010er-Gaming-Kultur denn bitteschön zu einem vergleichbaren "Nerdtum"? Mal wieder stelle ich mir die Frage, wie man einen solch eindeutig in seiner Entstehungszeit verankerten Film (die volle Ladung an Computeraction bei totaler Standardgeschichte) als Nostalgie auffassen kann. Die nostalgische Hommage an Videospiel- und Comic-Kultur ist Edgar Wright mit seinem Scott Pilgrim, der vielmehr mit Konzepten und Archetypen arbeitet statt mit kopierten Charakteren, zumindest um einiges besser gelungen.
Gerade auch im Direktvergleich ist The Post ein simpler und spannender Medienthriller, der sich erstaunlicherweise auch davor hütet dauernd die geschichtliche Moralkeule zu schwingen, sondern sich ganz schlicht und mit Blick aufs Wesentliche dem Kampf der Zeitungen gegen die Zeit und die eigenen Entscheidungen widmet. Es gibt für mich drei kurze störende Szenen im Film. Die ersten zwei unterbrechen die fiebrige Dynamik, um Hanks' Chefredaktor und Streeps Verlegerin offensichtliche Aussagen über eben diese zwei Hauptrollen, ihre Charakterzüge und Positionen in der (Medien)welt schwingen zu lassen, was alles unnötig ist weil Spielberg es zuvor sehr gut geschafft hat die beiden Figuren rundum durch ihre Aktionen in der eigentlichen Handlung herauszuarbeiten. Die dritte ist natürlich das Ende, das wieder in Richtung rührseliges Plädoyer geht. Davon abgesehen bietet The Post eigentlich durchgehend gute Unterhaltung in einem straffen Thriller um eine unter zeitlichem und politischem Druck stehende Zeitung und ihre führenden Mitarbeiter. Ich bin den positiven Rückmeldungen hier und anderswo ins Kino gefolgt und wurde weitgehend überzeugt.
Ready Player One: 4 / 10
The Post: 7 / 10
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.