Re: Der Spielberg Thread

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Casino Hille hat geschrieben: Freilich darf er. Warum sollte er nicht? Ich glaube, Gilliam kritisiert Schinders Liste nicht einfach nur aufbauend auf diesem einen Argument. Das wäre zu kurzsichtig. Ferner geht es ja um einen Vergleich mit Kubrick, und darum, dass Schindlers Liste es sich als Film einfacher macht als Kubrick es gemacht hätte. Was natürlich nicht heißt, dass Kubrick einen besseren Film gemacht hätte. Er nutzt Schindlers Liste als Beispiel, um zu zeigen, dass Hollywoods Unterhaltungskino eben oft auf das Anbieten von Lösungen setzt.
Bis hierhin bin ich komplett bei dir. Gerade das Herausarbeiten der unterschiedlichen Herangehensweise der von Gilliam angeführten Filmemacher exemplarisch für das, was mittlerweile den Usus im Hollywood-Mainstream darstellt geht finde ich voll ins Schwarze.

Casino Hille hat geschrieben: Und das das sogar bei einem Film über den Holocaust getan wird, in dem bewusst eine Vorlage genommen wird, die sich als Triumph auslegen lässt, die einen mit einem guten Gefühl entlässt.
Das sehe ich dann doch deutlich anders. Ich bin SL nicht mit einem guten Gefühl rausmarschiert und die Leute, mit denen ich über den Film gesprochen habe haben mir bestätigt, dass auch sie der Film gedanklich schwer beschäftigt und emotional mitgenommen hat. Ich bin insofern bei dir, dass man das Publikum (gerade durch ein anderes Ende) mit einem noch schlechteren Gefühl hätte entlassen können, aber wäre das zielführend? Ich sehe hier die Notwendigkeit nicht. Kritik an Spielbergs handwerklichen Entscheidungen kann ich da deutlich besser nachvollziehen als die an der generellen Grundausrichtung des Films.

Casino Hille hat geschrieben: Es geht hier aber nicht um eine Anti-Haltung. Es geht um ein Beispiel, darum zu zeigen, wie Hollywood (und wer ist mehr Hollywood als Spielberg?) diese Stoffe anpackt und wie andere Regisseure sie anpacken würden.
Ok, akzeptiert. Da aber eben konkret SL rausgepickt wurde, muss man auch die Frage stellen, ob die Kritik wirklich zielführend ist. Oder anders ausgedrückt: eine generell bedenkliche Tendenz (Filme liefern bequem Antworten, statt dass sie Fragen stellen) muss nicht in jedem Fall problematisch sein. Sonst müsste man das auch Indiana Jones und dem E.T. vorwerfen (und ich finde hier die Unterscheidung in U- & E-Filme nicht mal relevant).

Casino Hille hat geschrieben:Sowohl als auch. Wenn ich den Score kritisiere, dann ja auch deshalb, weil ich der Überzeugung bin, dass der Film ohne die viel zu konventionelle Musik viel besser emotional gewirkt hätte (der Score driftet leider nämlich etwas zu sehr in Holzhammer-Methodik ab).
Es ist halt Williams. Dann hätte man einen anderen Komponisten wählen müssen, die Vorwürfe sind wie ich finde direkt mit Williams typischem Stil gekoppelt. Ich kann deine Kritik in Teilen nachvollziehen, finde aber dennoch dass der Soundtrack effektiv arbeitet. Das hätte man fraglos aber auch subtiler haben können, aber ich denke halt nicht mit Williams, dessen Stil einfach einher geht mit eingängigen, emotionalisierenden Themen.

Casino Hille hat geschrieben:Selbiges gilt auch für die Figurenzeichnung.
Ja, das sehe ich ähnlich. Der Film lebt von seinen drei Hauptdarstellern, nicht aber unbedingt von seinen drei Hauptfiguren. Ohne das brillante Casting hätte das alles weit weniger gut funktioniert.
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Re: Der Spielberg Thread

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Vielleicht ist Gilliam auch neidisch, dass es ihm nicht gelingt, ein Publikum wie Spielberg zu erreichen. Wäre ja auch möglich? Ich sehe es so: lieber einen Holocaust-Film wie Spielberg drehen, damit Millionen ereichen und für das Thema zu sensibilisieren, als einen Film zu drehen, der keinerlei positive Dinge wie Hoffnung, Gutherzigkeit etc. enthält. Das Thema ist auch in seiner historischen Wirklichkeit weitaus komplexer und es ist definitv keine Pflicht dabei in totaler Finsternis zu argumnentieren. Das könnte auch abstumpfend wirken, womit man genau das Gegenteil von dem erreichen würde, was man erreichen möchte (die emotionale und intellektuelle Auseinandersetzung mit den Schrecken des Holocaust). Gilliam soll erst einmal selbst einen besseren Film über dieses Thema drehen, dann kann er weiter argumentieren. Natürlich stellt Spielberg den historischen Schindler etwas zu positiv dar, natürlich endet sein Film mit Hoffnung. Dennoch erreicht er eine Intensität, wie ich sie bei kaum einem Holocaust-Spielfilm bis dato gesehen habe. So gesehen laufen die Vorwürfe imo ins Leere.
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Re: Der Spielberg Thread

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vodka, ich glaube da tust du dem guten Terry aber schon Unrecht. :wink: Wäre Gilliam wirklich neidisch auf Spielbergs Erfolg, dann würde sein Oevre ganz anders ausschauen. Gilliam war ja nie am Mainstream interessiert, so kühl und logisch wie er sich (gerade auch im verlinkten Video) gemeinhin äussert glaube ich nicht, dass da der Neid an ihm frisst. Die meisten seiner Punkte finde ich wie gesagt auch absolut treffend, ich fand nur dass Spielbergs Stil/filmische Herangehensweise im Zusammenhang mit SL zwischen den Zeilen etwas zu negativ wegkam. Generell hat Gilliam wie ich finde aber vollkommen recht, auch in Bezug auf Spielberg. Gerade die äusserst bequeme und publikumsanbiedernde "Antworten-statt-Fragen"-Vorgehensweise ist wie ich finde auch einer der Hauptgründe, warum die meisten von Spielbergs Ausflügen ins ernstere Metier solche Grütze geworden sind.
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Re: Der Spielberg Thread

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Das war kein Vorwurf, nur eine Vermutung. :wink: Schon klar, dass er nicht auf Mainstream fixiert ist. Ich finde dennoch wenig von seinen Ausführungen treffend - gut, war auch nur ein 1,5 Minuten Statement, wo er zudem Aussagen anderer, v.a. Kubricks, zitierte. Für mich ein argumentativ recht schwacher Kurzauftritt von Gilliam.

Ich bin durchaus Spielberg-kritisch, du kennt ja beispielsweise meine Meinung zum verlogenen Ryan und dem stinklangweiligen Lincoln. Aber Schindlers Liste ist ein anderer Fall. Ihm hier Simplifizierung des Schreckens zu unterstellen finde ich reichlich absurd und nicht im mindestens treffend oder gar überzeugend.
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Re: Der Spielberg Thread

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vodkamartini hat geschrieben:Vielleicht ist Gilliam auch neidisch, dass es ihm nicht gelingt, ein Publikum wie Spielberg zu erreichen. [...] Gilliam soll erst einmal selbst einen besseren Film über dieses Thema drehen, dann kann er weiter argumentieren.
So könnte man natürlich jede Kritik an Filmen immer im Keim ersticken. Jedem Kritiker könnte man ja bei jedem Film vorhalten, er solle erstmal eine bessere Geschichte schreiben. Finde das - mit Verlaub - viel zu kurzsichtig. Zumal Gilliam da wie gesagt nicht alleine ist, er verweist ja ganz klar auf eine Kubrick-Aussage und genauso ist auch Haneke bekannt dafür, Schindlers Liste aus ähnlichen Gründen überhaupt nicht zu mögen. Da auf Neid zu schließen oder zu sagen, man solle es erstmal besser machen, ist in meinen Augen nur ein Versuch, sich mit der inhaltlich durchaus interessanten Aussage Gilliams (die wie erwähnt nicht sein einziger Kritikpunkt ist und auch kein grundsätzlicher Kritikpunkt ist, sondern erstmal nur eine Beobachtung, eine Feststellung eines Vergleichs zwischen Kubrick und Spielberg) nicht auseinandersetzen zu müssen. Genauso könntest du mir, als jemand, der Schindlers Liste eher wenig mag, sagen, ich solle erstmal einen besseren Holocaust-Film drehen. Und zugegeben: Das kann und könnte ich nicht. Sollte mir aber nicht verbieten, kritisch über ein anderes Werk zu urteilen. Ich finde, was Gilliam sagt, ist als Beobachtung äußerst interessant und auch die Erkenntnis, welche Stoffe Hollywood in welcher Form anpackt, im Vergleich zu eben weniger kommerziell orientierten Regisseuren, kann hier schön verdeutlicht werden. Man muss das auch nicht überbewerten oder überdramatisieren oder sich angegriffen fühlen, wenn man das anders sieht. Darum geht es nicht. Davon ab: Die Kritik an Schindlers Liste ist jetzt auch nicht neu, nicht exklusiv und poppt über die Jahre immer mal wieder auf, auch in Fachkreisen. Wobei die Kritik meist eben meiner ähnelt: Der Film ist in Teilen zu typisch Hollywood, und deshalb nette Unterhaltung, aber nichts darüber hinaus. Wie erwähnt: Die Duschszene ist ein klassischer Suspense-Moment, der sich in Schindlers Liste für mich sehr gesetzt und gewollt anfühlt, der eben sehr konventionell ist. Die "Erfolg statt Scheitern" Beobachtung ist nicht der Hauptkritikpunkt und das hat Gilliam auch nicht so artikuliert. Da tust du ihm unrecht, wenn du ihm schwache Argumentation unterstellst.
AnatolGogol hat geschrieben:Es ist halt Williams. Dann hätte man einen anderen Komponisten wählen müssen
Das wäre dann die logische Konsequenz. Ich schätze Williams sehr, aber er ist bei Star Wars, Indiana Jones, Jurassic Park oder Jaws in meinen Augen wesentlich besser aufgehoben als bei solchen Stoffen. Wobei er natürlich wieder sehr gut zu Schindlers Liste passt, in der Form, wie Spielberg ihn gedreht hat, denn Spielberg will ja das große Gefühlskino, die großen Emotionen und eben eher die deutlichen Töne als die leisen. Von daher ist Williams plakativer Score natürlich bis zu einem gewissen Grad auch der Regie Spielbergs unterworfen. Schwer zu sagen, ob Williams bei einem weniger "offensichtlichen" Film auch subtiler gearbeitet hätte. Ich glaube aber eher wie du, dass er dann vermutlich gar nicht engagiert worden wäre. Gerade, weil das emotionalisierende, das thematische eben seine große Stärke ist.
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Re: Der Spielberg Thread

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Die Duschsezne ist kein klassischer Suspense Moment, sondern hat sich häufig so oder ähnlich abgespielt. Spielberg hat das nur aufgegriffen. Das war für die Menschen nervenaufreibend und Psychoterror, ihm jetzt hier den Vorwurf zu machen, es setze auf billige Spannung ist absurd und zeugt von wenig Faktenwissen.
Die Sache mit den Antworten und den offenen Enden ist ein alter Hut, den ich so auch nicht teile. Es ist schlichtweg falsch, dass man aus Filmen wie Schindlers Liste herausgeht und sich intellektuell damit nicht mehr aueinandersetzen muss, weil alles gesagt ist.
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Re: Der Spielberg Thread

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vodkamartini hat geschrieben:Die Duschsezne ist kein klassischer Suspense Moment, sondern hat sich häufig so oder ähnlich abgespielt.
Die Inszenierung ist der Punkt. Nicht die Tatsache, was gezeigt wird, sondern das wie. Und da sehe ich bei Spielberg eine ganz typische, konventionelle Herangehensweise, die aus der Szene eine typische Suspense-Situation macht (völlig unabhängig von ihrer historischen Richtigkeit). Noch mal: Ich finde den Film ja nicht richtig schlecht oder was auch immer, ich mag ihn, finde ihn durchaus unterhaltsam, aber sehe nicht, warum er nicht trotzdem kritisiert werden darf und man dann imo absolut legitime Kritik (die du ja nicht teilen musst) gleich als "wenig Faktenwissen" abwatscht. Es ist imo erstens nicht zutreffend und zweitens geht es an der eigentlichen Kritik vorbei. :D Mir ist schon klar, dass Spielberg hier nur eine solche Situation aufgreift, aber wie er das macht, ist mir zu gewöhnlich. Niemand hat übrigens geagt, er "setze auf billige Spannung", da hast du viel mehr in das hinein interpretiert, was ich geschrieben habe.
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Re: Der Spielberg Thread

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vodkamartini hat geschrieben:Ich bin durchaus Spielberg-kritisch, du kennt ja beispielsweise meine Meinung zum (...) stinklangweiligen Lincoln.
Allerdings, der Film hat wahrlich Maßstäbe gesetzt in Punkto Langeweile! :lol:
Casino Hille hat geschrieben:Genauso könntest du mir, als jemand, der Schindlers Liste eher wenig mag, sagen, ich solle erstmal einen besseren Holocaust-Film drehen. Und zugegeben: Das kann und könnte ich nicht.
Unabhängig von deinem Können hast du dafür ja auch gar keine Zeit, schliesslich gilt es einen Bondfilm (co-) zu produzieren! :mrgreen:
Casino Hille hat geschrieben:Wie erwähnt: Die Duschszene ist ein klassischer Suspense-Moment, der sich in Schindlers Liste für mich sehr gesetzt und gewollt anfühlt, der eben sehr konventionell ist.
Die Kritik an eben jener Szene gab es ja von Anfang an, was ich irgendwo auch nachvollziehen kann, da handwerklich halt wirklich ganz klassisch aufgebaut (übrigens kein Suspense, da wir ja gerade nicht mehr wissen als die Filmfiguren :wink: ).Teilweise wurde die Szene aber auch inhaltlich kritisiert, was ich nicht nachvollziehen konnte und kann.
Casino Hille hat geschrieben:Das wäre dann die logische Konsequenz. Ich schätze Williams sehr, aber er ist bei Star Wars, Indiana Jones, Jurassic Park oder Jaws in meinen Augen wesentlich besser aufgehoben als bei solchen Stoffen. Wobei er natürlich wieder sehr gut zu Schindlers Liste passt, in der Form, wie Spielberg ihn gedreht hat, denn Spielberg will ja das große Gefühlskino, die großen Emotionen und eben eher die deutlichen Töne als die leisen. Von daher ist Williams plakativer Score natürlich bis zu einem gewissen Grad auch der Regie Spielbergs unterworfen. Schwer zu sagen, ob Williams bei einem weniger "offensichtlichen" Film auch subtiler gearbeitet hätte. Ich glaube aber eher wie du, dass er dann vermutlich gar nicht engagiert worden wäre. Gerade, weil das emotionalisierende, das thematische eben seine große Stärke ist.
Wobei man dem guten John schon zu Gute halten muss, dass er auch außerhalb des klassischen Popcornkinos mit Scores wie Born on the 4th of July, JFK oder Nixon wirklich starke Arbeiten abgeliefert hat. Allerdings auch hier natürlich stilistisch typisch für ihn. Williams Musik hat wie ich finde immer etwas "vordergründiges", wobei ich das nicht wirklich negativ meine. Sie zielt oftmals sehr stark auf Emotionen und EIngängigkeit ab und ist vermutlich gerade auch deshalb die perfekte Ergänzung zu Spielbergs Inszenierung. Das ist aber gleichzeitig auch der Hauptgrund, warum ich Komponisten wie Goldsmith, Poledouris oder Herrmann dem Oscarliebling Williams deutlich vorziehe.
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Re: Der Spielberg Thread

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AnatolGogol hat geschrieben:Teilweise wurde die Szene aber auch inhaltlich kritisiert, was ich nicht nachvollziehen konnte und kann.
Nicht von mir. Mir geht es ganz klar um die Inszenierung, deshalb der Begriff "Suspense-Szene" (auch wenn der in der Tat nicht so richtig zutreffend war, nach Hitch-Definition). :mrgreen:
AnatolGogol hat geschrieben:Williams Musik hat wie ich finde immer etwas "vordergründiges", wobei ich das nicht wirklich negativ meine. Sie zielt oftmals sehr stark auf Emotionen und EIngängigkeit ab und ist vermutlich gerade auch deshalb die perfekte Ergänzung zu Spielbergs Inszenierung. Das ist aber gleichzeitig auch der Hauptgrund, warum ich Komponisten wie Goldsmith, Poledouris oder Herrmann dem Oscarliebling Williams deutlich vorziehe.
Perfekt geschrieben, sehe das im Bezug auf alle 3 Namen (würde noch Morricone ergänzen, was sich vielleicht wie ein Widerspruch liest, aber nicht wirklich einer ist, und womöglich sogar den Namen John Barry in den Raum werfen, obwohl der Williams schon ähnlicher ist) ganz genau so. Williams beste Arbeit war für mich immer sein Jaws-Soundtrack, der in gewissen Teilen auch noch etwas anders ist als eine späteren Arbeiten und sicherlich zu den besten Film-Scores überhaupt gehört. In der Tat ist Williams ein sehr mit Themen arbeitender Regisseur, was emotional aber natürlich dennoch wunderbar aufgehen kann (und das immer noch: Sein Score zum neuesten Star Wars Film ist umwerfend gut gelungen).
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Re: Der Spielberg Thread

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Casino Hille hat geschrieben:Der Film ist in Teilen zu typisch Hollywood, und deshalb nette Unterhaltung, aber nichts darüber hinaus.
Muss "typisch Hollywood" denn grundsätzlich schlecht sein? "The Greatest Showman" dem du 10/10 gegeben hast, hat doch auch einige Stellen die so unglaublich typisch Hollywood sind. Trotzdem funktionierte das für mich (und für dich scheinbar auch) sehr gut.
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Re: Der Spielberg Thread

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Casino Hille hat geschrieben:
vodkamartini hat geschrieben:Die Duschsezne ist kein klassischer Suspense Moment, sondern hat sich häufig so oder ähnlich abgespielt.
Die Inszenierung ist der Punkt. Nicht die Tatsache, was gezeigt wird, sondern das wie. Und da sehe ich bei Spielberg eine ganz typische, konventionelle Herangehensweise, die aus der Szene eine typische Suspense-Situation macht (völlig unabhängig von ihrer historischen Richtigkeit). Noch mal: Ich finde den Film ja nicht richtig schlecht oder was auch immer, ich mag ihn, finde ihn durchaus unterhaltsam, aber sehe nicht, warum er nicht trotzdem kritisiert werden darf und man dann imo absolut legitime Kritik (die du ja nicht teilen musst) gleich als "wenig Faktenwissen" abwatscht. Es ist imo erstens nicht zutreffend und zweitens geht es an der eigentlichen Kritik vorbei. :D Mir ist schon klar, dass Spielberg hier nur eine solche Situation aufgreift, aber wie er das macht, ist mir zu gewöhnlich. Niemand hat übrigens geagt, er "setze auf billige Spannung", da hast du viel mehr in das hinein interpretiert, was ich geschrieben habe.
Klar kann man Schilndlers Liste kritisieren, wie übrigens jeden Film. Er arbeitet mit Simplifizierungen (bei der Hauptfigur vor allem) und drückt bewusst emotionale Knöpfe. Aber gerade bei dieser Thematik finde ich das richtig, denn ansonsten ist die Monstrosität des Schreckens viel zu astrakt und dann findet eben keine Auseinandersetzung statt.
Es ging ja mehr um Gilliams und Kubricks Argumentation, die ich so nicht teile. Schätze aber auch beide als Regisseure nicht sonderlich, so gesehen passt das dann auch wieder. :wink: Aber natürlich kann man das so sehen. Man kann alles auf verschiedene Arten sehen, aber man muss ja deswegen nciht alles relativieren. Ich fand seine Argumentation schwach und schon dutzendfach gehört, was sie nicht plausibler macht. Will hier aber niemend davon überzeugen, das ähnlich zu sehen, oder die andere Sichtweise lächerlich machen. Ich denke, das ist auch klar.

Zum Abwatschen. War nicht persönlich gemeint und bezog sich nur auf die Suspense-Szene. Hab den Vorwurf schon öfters gehört und als dann klar gstellt wurde, dass das durchaus den historischen Tatschen entspricht, war Ruhe. Offenbar wissen das sehr viele eben nicht, meine Erfahrung.
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Re: Der Spielberg Thread

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vodkamartini hat geschrieben:Aber gerade bei dieser Thematik finde ich das richtig, denn ansonsten ist die Monstrosität des Schreckens viel zu astrakt und dann findet eben keine Auseinandersetzung statt.
Sicher ist das nicht ganz falsch. Andersrum hat Anatol bereits den Pianisten ins Spiel gebracht, der ebenfalls kein abstrakter Film ist, der ebenfalls bis zu einem gewissen Grad simplifiziert und mir doch viel mehr taugt, weil tiefgründiger, weniger konventionell, und für mein Empfinden intelligenter inszeniert. Es gibt also etwas, das Spielberg für mich klar falsch macht, Polanski aber gelungen ist. Obwohl beide Filme klar Unterhaltungskino und nicht filmtheoretischer Essay sind. Und das mache ich für mich daran fest, dass Spielberg mir zu offensichtlich inszeniert (ob das nun die Duschszene ist, das kitschige Holzhammer-Ende (das dann auch historisch nicht richtig sein dürfte) oder die sehr simple Figurenzeichnung). Darum geht es hier. Und Gilliam sieht das gar nicht so anders, so wie sich imo sein Kubrick vs Spielberg Vergleich nicht widerlegen lässt (und das meine ich - wie gefühlt dutzendfach erklärt - wertfrei, mehr nicht).
dernamenlose hat geschrieben:Muss "typisch Hollywood" denn grundsätzlich schlecht sein? "The Greatest Showman" dem du 10/10 gegeben hast, hat doch auch einige Stellen die so unglaublich typisch Hollywood sind.
Da ich Greatest Showman ohnehin ganz anders sehe als du, kommen wir da ohnehin auf keinen Nenner. Aber nein, "Typisch Hollywood" muss nicht per se schlecht sein, und das habe ich auch nicht gesagt.
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Re: Der Spielberg Thread

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Casino Hille hat geschrieben:Da ich Greatest Showman ohnehin ganz anders sehe als du, kommen wir da ohnehin auf keinen Nenner. Aber nein, "Typisch Hollywood" muss nicht per se schlecht sein, und das habe ich auch nicht gesagt.
Sehen wir den sooo anders? Ich hab auch deine Kritik gelesen, und natürlich liegen wir in ein paar Punkten fundamental auseinander, andere sehen wir aber nahezu exakt gleich, ich hab nur keine so ausführliche Kritik geschrieben, wie du. Da fällt dann natürlich auch das ein oder andere unter den Tisch.
Und nein, du hast "typisch Hollywood" zwar nicht als per se schlecht beschrieben, aber aus "typisch Hollywood" abgeleitet, dass er desshalb eben nur ordentliche Unterhaltung ist. Und nicht mehr. Und 10/10 bei Greatest Showman, dem man das in manchen Szenen definitiv auch unterstellen kann klingt nicht nach "nur ordentliche Unterhaltung".
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Re: Der Spielberg Thread

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@Hille
Ja, der Vergleich Kubrick- Spielberg ist durchaus richtig beobachtet, nur teile ich das daraus abgeleitete Urteil in "besser" und "schlechter" nicht. Er lobt das offene Ende von 2001, das mir persönlich rein gar nichts gibt, aber diese Diskussion hatten wir ja schon öfter. :D Mich regt z.B. 2001 null zum Nachdenken, sondern nur zum seligen Schlummern ein. Jetzt kannst du natürlich sagen, den versteht er intellektuell nicht :wink: . Wie auch immer, ich finde dazu keinen Zugang, obwohl ich mir Mühe gegeben habe. Für mich ein sehr langweilger Film.

Natürlich ist es wahr, dass Hollywood in seinen Massenproduktioenen sehr oft simplifiziert und auf ein "rundes" Ende aus ist. Das ist knallharte Zielgruppen-Orientierung. Ich wehre ich nur dagegen zu sagen, das eine ist per se minderwertiger als das andere. Halte ich für ein wenig hochnäsig (von Gilliam und co).
Zuletzt geändert von vodkamartini am 26. Januar 2018 15:38, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Der Spielberg Thread

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vodkamartini hat geschrieben:Mich regt z.B. 2001 null zum Nchdenken, sondern nur zum seligen SChlummern ein. Jetzt kannst du natürlich sagen, den versteht er intellektuell nicht :wink: .
Würde ich aber nie. Weißt du doch. :wink: Du findest dann eben keinen emotionalen Zugang zu dem Film. Das ist voll okay, und da 2001 nicht jeden erreichen will, auch keine Schande. Was übrigens nicht hochnäsig gemeint ist, sondern ganz sachlich. Mulholland Drive, Tree of Life, es gibt ja genügend vergleichbare Filme. Man könnte bei denen glatt das "Tosca"-Zitat von Mr. White aus QOS bemühen.
dernamenlose hat geschrieben:Und nein, du hast "typisch Hollywood" zwar nicht als per se schlecht beschrieben, aber aus "typisch Hollywood" abgeleitet, dass er desshalb eben nur ordentliche Unterhaltung ist.
Was für Schindlers Liste gilt, für ganz andere Filme aber nicht gelten muss. Da ich in Greatest Showman aber definitiv auch einen tiefgründigen Film sehe, der seine Hollywood-Konvention auch reflektiert, beziehungsweise besser formuliert: sich ihrer bewusst ist und sie gewissermaßen auch anpreist, unterscheiden sich unsere Wahrnehmungen da definitiv. Greatest Showman handelt davon, wie man Emotionen durch Täuschung erreicht oder anders: Wie Unterhaltungsmedien (ob nun Zirkus, Theater oder Kino) eine perfekte handwerkliche Show zu bieten versuchen, an der nichts echt ist, außer das, was beim Zuschauer ankommt. Das ist dann ein ganz anderer Ansatz als bei Schindlers Liste, weshalb er eine ganz andere Betrachtung verdient. Vereinheitlichen lässt sich das daher längst nicht so einfach, wie du suggerierst.
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