Re: Die Filme von Tony Scott

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GP, schau den Film vielleicht noch mal, ich habe jetzt keine von deinen Problemen gehabt.

So weit ich mich erinnere fehlt auch nichts wesentliches, also die Anzahl der Szenen entsprechen weitgehend dem Drehbuch, nur QT hatte auch hier schon einige zeitlich etwas anders angeordnet. Und da Scotts Regie auch gelegentlich etwas zu oberflächlich ist, denke ich das da QT selber mehr rausgeholt hätte.

Die 2. ganz große Szene des Films, neben der Walken/Hopper Szene, ist für mich natürlich die Gandolfini/Arquette Szene. Die sind Scott beide ganz hervorragend gelungen.

Re: Die Filme von Tony Scott

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Stimmt, die Gandolfini/Arquette-Szene ist auch großartig. Aber die von Anatol erwähnte Oldman-Szene auch (Danke YouTube, bin gerade bei der Arbeit ... :) ).
Hille, meinst Du wirklich, der Film wäre besser geworden, hätte man ihn nicht chronologisch erzählt? Bin ja auch ein großer Fan von Pulb Fiction, aber bei TR sehe ich das nun nicht. Wie gesagt, ich bin sehr zufrieden mit dem Endergebnis.

Es gibt ja noch mehr gelungene Szenen, der Showdown z.B. oder die Kennenlern/Kinoszene oder die Szene mit Brad Pitt. Also bei so vielen gelungen Einzelszenen kann der gesamt Film nicht so schlecht sein. :wink:
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Früher war mehr Atombombe

Re: Die Filme von Tony Scott

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Man kann sich bestimmt auch fragen wieviel Tarantino überhaupt noch in True Romance steckt. Abgesehen vom grundlegenden Szenario und Handlungsgerüst schimmert sein Stil am meisten in alleinstehenden, auf Dialog ausgelegten Szenen durch, konkret zum Beispiel bei den Auftritten von Oldman und vor allem Walken. Ansonsten gibt es viele Szenen die im Ansatz zwar sehr tarantinoesk sind, durch Scotts Inszenierung aber dann doch nicht typisch Tarantino wirken. Die Gandolfini-Szene ist ein Beispiel, durch den schrägen Anfang (Tony Soprano sitzt mit Flinte mitten im Hotelzimmer und plaudert ganz banal mit Arquette), die plötzliche, radikale Gewalteruption und dadurch dass die Drogen die ganze Zeit unterm Bett lagen ist das zwar auf dem Papier Quentin pur, Scotts eher konventionelle und straighte Umsetzung nimmt der Szene aber viel von ihrer Tarantino-Wirkung, bei Quentin wäre das wohl noch eine ganze Ecke absurder und humoristischer gewesen.

Ob ich den Film gleich nochmal schaue weiss ich nicht, ich habe ihn nur für eine Woche aus der Videothek und habe noch ein paar andere interessante Sachen rumliegen.

Anatol, was du zum Auftreten von Walken bzw. Gandolfini sagst macht Sinn, aber ich hätte es dem Film auch sofort abgekauft wenn er vorhersehbare Hierarchien hintergangen hätte. Paul Vario, der Boss von Henry Hill, war in echt (nicht im Scorsese-Film) auch absolut fett und hässlich und soll Hill zufolge häufig selber Hand angelegt und sich die Finger schmutzig gemacht haben. Und in True Romance macht es durchgehend den Anschein, dass die geklauten Drogen für die Italiener von grosser Bedeutung bzw. grossem Wert sind.
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Re: Die Filme von Tony Scott

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Na gut, aber die schätzt du ja auch nicht sonderlich hoch ein.

Und nein, True Romance fehlt schon das tarantinoesque. Vor allem durch die deutliche Teilung von ausgelassener Grotseke/Humor und kompromissloser Gewalt, die bei Scott viel direkter und abgeschnittener von Statten geht als bei Großmeister Quentin. Aber Tonys Regie ist für den Film leider allgemein zu oberflächlich. Und Don, eine unchronologische Erzählweise hätte schon viel bewirken können. Ich hätte den Mittelteil teilweise voran und teilweise ans Ende gestellt.
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Re: Die Filme von Tony Scott

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Bezzüglich der Tony Scott vs Tarantino-Thematik zitiere ich mich einfach mal selbst (ich wiederhole mich schliesslich sonst schon oft genug :D )
AnatolGogol hat geschrieben:
Maibaum hat geschrieben: True Romance ist eindeutig mehr QT als Scott. Ganz klar ein QT Film.
Sehe ich anders, da dafür TR viel zu sehr der üblichen Scottschen visuellen - Trommelwirbel für eines unserer Foren-Lieblingsunworte - Stilisitik folgt. :wink: Der Film steht visuell sehr stark in der Tradition von anderen Tony-Scottlern wie Revenge, BHC 2 oder Crimson Tide, so sieht doch kein QT-Film aus.
AnatolGogol hat geschrieben: Tony Scott hatte aber einen sehr hohen Wiedererkennungswert wie ich finde was dann auch irgendwo als eigene Handschrift durchgeht. Die Videoclipästhetik ist zwar auch nicht so wirklich meins, aber immerhin hat er diesen Stil praktisch seine ganze Karriere über durchgezogen und immer wieder etwas modifiziert bzw. an die gerade aktuellen Gegebenheiten anpgepasst. TR hat halt sehr typische Tarantino-Figuren, Konstellationen und Dialoge, allerdings finde ich macht Scott einen ernsthafteren Film daraus, als es Tarantion wohl getan hätte. Bei Tarantino sind oftmals die Gewaltexzesse - so brutal sie auch sein mögen - mit einem Augenzwinkern in Szene gesetzt, etwa wenn De Niro Bridget Fonda "aus dem Verkehr zieht". Vergleicht man dagegen Hoppers Ende in TR, dann ist das sehr hart und völlig ohne Augenzwinkern inszeniert. Der launige Moment davor, als Hopper seine amüsante Geschichte zum besten gibt, verstärkt den Schockeffekt von Walkens Handeln eigentlich nur noch, ansonsten ist das aber sehr straight und hart dargestellt ohne witzigen Unterton oder übertriebene Coolness. Bei Tarantino wäre TR wohl viel mehr in Richtung RD oder PF gegangen was Ironie, Witz und Sarkasmus angeht. Scotts TR hat durchaus Skurrilität (resultierend aus Tarantinos Ideen), aber ist viel ernsthafter umgesetzt als Tarantinos eigene Filme.
AnatolGogol hat geschrieben:Ich denke zB daran wie Tarantino die Szene in RD inszeniert hat, in der Madsen seine Rasiermesserfolter abzieht und dabei singend durch die Gegend schwoft. Das ist für mich eine sehr bewusste Brechung der an sich sehr ernsten und harten Szene. Oder die ganze Szene mit Travoltas versehentlich losgegangener Kanone: alles derart überzeichnet, dass man einfach darüber lachen muss. Solche Szenen findest du gerade in PF durchgängig: harte und oftmals wenig appetitliche Szenen werden komisch aufgelöst. Wo hat man sowas in TR? Nimm zB die Szene, in der Arquette von Gandolfini gefoltert wird: wo ist da eine humorvolle Brechung oder Auflösung*? Oder der finale Shootout, die jeweiligen Enden von Oldman, Jackson und Hopper: alles bierernst in Szene gesetzt. Wenn TR witzig ist wie zB, als Rubineks Assi in seinem Porsche mit ner Ladung Koks in der Fresse von der Polente erwischt wird oder die Szenen mit dem bekifften Brad Pitt, dann ist der Film ausschliesslich komisch, wenn er ernst ist, dann ist er ausschliesslich ernst. Scotts Inszenierung trennt das sehr strikt von einander ungeachtet dessen, was Tarantino vielleicht im Sinn hatte. Bei Tarantinos Filmen dagegen begleitet das komische auch immer das harte. TR nimmt sich, seine Handlung und seine Figuren viel ernster, als es Tarantinos Film für gewöhnlich tun. Ich finde das aber durchaus interessant, da der Film dennoch hervorragend funktioniert, aber eben in meinen Augen deutlich anders als ein "normaler" Tarantino-Film.


* Ich könnte mir gut denken, dass Tarantino beim Schreiben dieser Szene durchaus Humor im Sinn hatte, zB als Arquette den Korkenzieher gegen Gandolfini erhebt wie ein Kruzifix, das birgt durchaus komisches Potenzial. Scott inszeniert diesen Moment, auch unterstützt durch Zimmers hier fast schon klagende Musik, eher so, dass man mit der offenbar nun völlig hoffnungslosen Arquette Mitleid bekommt.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme von Tony Scott

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iHaveCNit: Déjà-Vu – Wettlauf gegen die Zeit (2006)

Als ich im November 2006 meinen Lieblingsbond „Casino Royale“ im Kino gesehen habe, ist mir der Trailer zu „Déjà-Vu“ ins Auge gefallen, der ganz interessant ausgesehen hat. Sehr viel später bin ich bei meinen Kaufstreifzügen bei den Händlern meines Vertrauens auf eine Doppelbox mit diesem Film und „Der Staatsfeind Nr. 1“ gestoßen und habe mir dann auch zum ersten Mal den Film angesehen. In Vorbereitung zu „Fences“, den der gute Denzel Washington inszenierte, mitspielte und nun auch im Oscarrennen ist, wollte ich mir vorab ein paar Filme von Denzel ansehen. Nach „The Equalizer“ ; „Training Day“ und „Out of Time“ ist nun als letztes „Déjà-Vu“ an der Reihe, der eine von vielen Kollaborationen von Denzel Washington und dem bereits verstorbenen Regisseur Tony Scott war – und ein extrem interessanter Thriller geworden ist.

New Orleans in der Post-Katrina-Ära – Eine Passagierfähre mit über 500 Fahrgästen explodiert bei einem Bombenattentat. Der ATF-Agent Doug Carlin ermittelt die Hintergründe und hilft dem FBI bei der Konstruktion des Tathergangs. Das FBI nutzt dabei eine extrem fortgeschrittene Technologie, die einem erlaubt, den Tatort zum Zeitpunkt der Vergangenheit aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu untersuchen. Als Doug Carlin feststellt, dass man damit auch den Lauf der Zeit beeinflussen kann, will er in einer risikovollen Aktion die Tat verhindern und hunderte Leben retten.

Tony Scott war immer für seine werbefilmartige Inszenierung bekannt, die er hier gekonnt sehr temporeich verwendet, um die Handlung voranzutreiben. Kamerafahrten, Schnitte und der Einsatz von Slow-Motions funktionieren einwandfrei und sorgen für den unverwechselbaren Stil eines Tony Scott. Die sorgsam platzierte Action ist treibend, spannend und richtig cool. Die Portion Science-Fiction durch den Einsatz dieser Überwachungszeitreise-Maschine ist ebenfalls sehr behutsam integriert worden und wird nicht nur mit dem absolut notwendigen Maß erklärt, seine Anwendung im Allgemeinen wird sehr ambivalent diskutiert und erinnert mich leicht auch an den ein paar Jahre später kommenden Film „Source Code“. Auch eine gute Entscheidung ist die Auswahl des Täters, der eigentlich ein Niemand ist, aber als fanatischer Psychopath die notwendige Motivation und auch Physis rüberbringt. Auch wenn er im Endeffekt ein wenig Potential vermissen lässt. Genau wie der Film selbst. Im Ablauf gibt es einige Punkte, die nicht immer logisch sind und den Fokus des Films vergessen lassen.

Spannend ist er letztendlich doch und stark genug, um eine meiner guten Standardwertungen zu bekommen, die für jeden immer wieder ein Déjà-Vu sein wird.

Déjà-Vu – Wettlauf gegen die Zeit – Multiple Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Die Filme von Tony Scott

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"Top Gun: Maverick", das Sequel zum legendären Erstling von Tony Scott, ist für 2019 angekündigt. Cruise kehrt zurück, Joseph Kosinski (Oblivion, Tron: Legacy) wird auf dem Regiestuhl sitzen. Und auch Val Kilmer soll wieder mit von der Partie sein... ist halt die Frage, ob der bis Drehbeginn genug abgespeckt hat, um ins Cockpit zu passen. Die Story soll sich wohl um irgendwelche unbemannten Drohnen oder so handeln, vermutlich mit der obligatorischen Künstliche-Intelligenz-Problematik, der Film war ja Jahre lang (damals noch mit Tony) in Planung und wird erst jetzt langsam konkret und nimmt Gestalt an.

Für den einfallslosen Titel lässt man sich hierzulande hoffentlich etwas spannenderes einfallen. Was meinen die anderen hier? Vielleicht Anatol? :D Ich wäre ja für "Top Gun: Sie fürchten nach wie vor weder Tod noch Teufel", "Top Gun: Der zweite Versuch" oder "Top Gun: Flieger, grüß mir die Sonne". :mrgreen:
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Re: Die Filme von Tony Scott

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Hab gelesen, dass sie sogar Old Faltermayer wieder reaktivieren - das klingt nach defitiger Nostalgie-Vollbedienung. 8) Deine deutschen Titel klingen super, angesichts des unsinnigen Sequelcharakters würde mir spontan einfallen: "Top Gun - gefürchtet von Tod und Teufel" oder "Top Gun - runter kommen sie irgendwann von ganz alleine" :mrgreen:
Zuletzt geändert von AnatolGogol am 5. Juni 2017 09:10, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Die Filme von Tony Scott

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Ok, ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil: Val ist ja mittlerweile geradezu gertenschlank:

https://s.yimg.com/ny/api/res/1.2/.7UQ7 ... 9f3ab4cae4

Edit: und leider hat das auch einen traurigen Grund, Val hat vor einigen Tagen seine Krebserkrankung bestätigt:
http://www.gala.de/stars/news/val-kilme ... 57462.html
http://www.gala.de/lifestyle/film-tv-mu ... 73466.html

Hoffentlich stimmt es was er hier sagt und er ist tatsächlich auf dem Weg der Besserung bzw. geheilt - alles Gute, Val!
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