Nummer4Fonda hat geschrieben: 4. September 2020 22:28 Andrew Scott als Moriarty-Light alias Denbigh könnte man auch noch ergänzen.

Den hab ich vergessen (sein Filmauftritt beläuft sich immerhin auch auf wenige Minuten) und ja, bei ihm ist es besonders albern. Es hat aber einen ganz einfachen Grund, warum alle drei Darsteller (Bardem, Scott, Waltz) in die Typecasting-Falle gestolpert sind: Sie können ihre bekanntesten Rollen zwar mimisch wieder aufnehmen, aber das Writing muss auch mitspielen. Eine so (im wahrsten Sinne des Wortes) genial konstruierte Schurkenrolle wie Anton Chigurh kann es bei Bond so nicht geben, das ist filmisch einfach eine andere Liga – und das sage ich als großer Bondfan. Für Hans Landa gilt eigentlich das gleiche. Beides sind Figuren, die zur Creme-de-la-Creme des (post)modernen Kinos gehören. Scripte mit der Qualität von "No Country for Old Men" oder "Inglourious Basterds" sind bei Bond undenkbar. Dementsprechend flach kommt es dann daher, wenn Autoren offensichtlich fremde Charaktere adaptieren wollen. Das "Kuckuck"-Gefasel in SP ist ja im Forum hier längst zum Running Gag geworden und das aus gutem Grund, denn wer musste da im Kino nicht an das vergleichbare "Bingo" aus "Inglourious Basterds" denken? Und der Hampelmann Silva ist ein Witz gegen das, was erst Cormac McCarthy und dann die Coen-Brüder in ihrem Meisterwerk geschrieben haben.

Mir hat Rami Malek bisher noch nie in irgendwas so wirklich gut gefallen (sein Part in "The Master" war gut, aber anspruchslos zu spielen), daher bin ich jetzt der Falsche, um seine Leistung in den Trailern einzuordnen. Ich würde mir aber für ihn wünschen, dass er seine eigenen Ideen in den Charakter miteinfließen lassen konnte und nicht wie seine drei Vorgänger auf frühere Rollen-Manierismen beschränkt war. Aber letztlich gilt auch hier: Selbst ein Typecasting-Schurke (so uninspiriert er auch besetzt sein mag) kann funktionieren, wenn die Rolle gut geschrieben ist. Da muss NTTD (nach zwei für mich arg unbefriedigenden Vorgängern) abliefern!

Hm, nach aktueller Casting-Logik: Ob Joaquin Phoenix in 2-3 Jahren der nächste Bondschurke wird?

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 22:40Hm, nach aktueller Casting-Logik: Ob Joaquin Phoenix in 2-3 Jahren der nächste Bondschurke wird?

Bei der aktuellen Debatte müsste eigentlich mal ne Frau Hauptschurkin sein.
Sophie Marceau hatte 1999 immer noch nen Mann über/neben ihr. Aber ne Frau, die ohne Partner auf oberster Ebene agiert, gab es bei Bond noch nie.

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 22:40 Scripte mit der Qualität von "No Country for Old Men" oder "Inglourious Basterds" sind bei Bond undenkbar.

Also ich fand das Skript von CR um einiges besser als das Skript von NCFOM, aber der Film zählt für mich sowieso zu den schwächeren Coen-Filmen. Weit hinter "The Big Lebowski", "O Brother, Where Art Thou?" und "Hail, Caesar!".

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 22:40Aber letztlich gilt auch hier: Selbst ein Typecasting-Schurke (so uninspiriert er auch besetzt sein mag) kann funktionieren, wenn die Rolle gut geschrieben ist.

Yep. Sehe ich genauso. Letztendlich ist aber eben auch nicht sehr klug, Darsteller zu verpflichten, wenn man weiß, dass die eigenen Schurken nicht einmal in die Nähe von deren großen Bad-Guy-Figuren kommen. Da wäre es doch besser, andere Gesichter zu besetzen, um Vergleichen zu entgehen. Aus dem Grund hat Anthony Hopkins ja auch dreimal bei Bond abgelehnt, weil kein Bondschurke sich je mit Lecter messen könnte.

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 22:40Hm, nach aktueller Casting-Logik: Ob Joaquin Phoenix in 2-3 Jahren der nächste Bondschurke wird?

Oder Kenneth Branagh als russischer Obermotz (gab es ja noch nie...)

NCFOM fand ich stinklangweilig, aber ich kann generell nichts mit den Filmen der Coen-Brüder anfangen.

Nummer4Fonda hat geschrieben: 4. September 2020 22:56 Da wäre es doch besser, andere Gesichter zu besetzen, um Vergleichen zu entgehen.

Das sollte jetzt nicht der Grund sein, um jemanden zu besetzen oder eben nicht zu besetzen, aber eher unbekanntere Schauspieler (u. a. vom Theater) würde ich bei Bond natürlich immer gut finden, wenn sie gut spielen können und zur Rolle passen.

Nummer4Fonda hat geschrieben: 4. September 2020 22:56

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 22:40Hm, nach aktueller Casting-Logik: Ob Joaquin Phoenix in 2-3 Jahren der nächste Bondschurke wird?

Oder Kenneth Branagh als russischer Obermotz (gab es ja noch nie...)

Ja, wer sich bei Bond über sowas beschwert, der muss diese Kritik auch bei Nolan anbringen, der das ja auch ständig macht.

Prinzipiell ja. Aber meistens geht es ja auch ums Marketing. Waltz ist (v.a. in den USA) vermutlich berühmter als Mikkelsen, Amalric, Bardem, Scott und Malek zusammengenommen. Außerdem hat er zwei Academy Awards eingeheimst. Bardem und Malek jeweils einen und sie hatten jeweils zwei, drei ikonische Rolle bzw. Filme im Portfolio. Ich glaube, EON verpflichtet da niemanden mehr, der keinen Namen hat. Deswegen sehe ich auch für unsere heimischen Darsteller bei Bond schwarz; die werden nur noch für Kleinsthandlanger oder Statistenrollen besetzt.

Das bei Nolan habe ich sowieso nicht verstanden: Da besetzt er jede Rolle genau nach der Nationalität politisch korrekt (bis hin zur indischen Waffenschieberin), aber der fiese russische Obermotz wird von einem britischen Shakespeare-Charaktermimen mit dick aufgetragenen Akzent gespielt? Gerade nach dem Jack Ryan-Film war das nicht gerade kreativ. Ansonsten waren seine Gegenspieler aber eigentlich immer recht progressiv besetzt. Abgesehen vielleicht von Cotillard in seinem letzten Batman-Film...

Dass EON das auch fürs Marketing macht, das ist mir schon klar. Aber man muss auch sehen, dass auf den Hauptplakaten trotzdem immer nur Bond zu sehen ist in einer geläufigen Pose. Da spielt es dann auch nur eine untergeordnete Rolle, wer jetzt sonst noch mitspielt.

Und im Gegensatz zu anderen Filmen werden die Darsteller bei Bond ja auch im Trailer nicht namentlich hervorgehoben.

Dieses Schubladendenken wird man den Studios aber nie austreiben können. Und EON muss das Spiel ja mitspielen. Die wollten bei Sony ja 2005/06 auch mal Angelina Jolie als Vesper (Gott bewahre!). Letztendlich hat sich Campbell durchgesetzt, zum Glück. Als Darsteller braucht man mindestens einen aktuellen, internationalen Film als Duftmarke, um bei EON auf dem Schirm zu sein. Den hatten Mikkelsen und Amalric mit "King Arthur" und "München", sonst hätten sie die Rollen wohl nie bekommen.

Samedi hat geschrieben: 4. September 2020 23:03 Ja, wer sich bei Bond über sowas beschwert, der muss diese Kritik auch bei Nolan anbringen, der das ja auch ständig macht.

Erstens: Nö, wer A sagt, muss noch lange nicht B sagen. Das war übrigens trotz des doofen Sprichworts noch nie so.
Zweitens: Typecasting ist einer der häufigsten Kritikpunkte an Nolan-Filmen. Ganz schlimm: McConaughey in "Interstellar".

Invincible1958 hat geschrieben: 4. September 2020 22:54 Bei der aktuellen Debatte müsste eigentlich mal ne Frau Hauptschurkin sein.

Joaquin Phoenix kann sicherlich auch eine Frau spielen.
Du hast aber recht, eine Schurkin wäre längst mal überfällig. Allerdings sollte man neben Sophie Marceau als Referenz innerhalb der Bond-Historie unbedingt noch Lotte Lenya erwähnen, deren Rosa Klebb seit 1963 eine Ikone unter den Bond-Villain ist. Auch wenn Fans bei FRWL gerne um den wahren Obermotz diskutieren (was in diesem Thread übrigens ausdrücklich nicht erwünscht ist, danke an alle für die Zurückhaltung).

Nummer4Fonda hat geschrieben: 4. September 2020 22:56 Kenneth Branagh als russischer Obermotz

Kenneth Branagh ist in "Tenet" das perfekte Beispiel für Typecasting, welches kein Problem mehr ist, wenn die Rolle funktioniert. Der ist bärenstark in Nolans Film und seine ganz eigene Rolle, obwohl die Besetzung von außen betrachtet unoriginell wie eh und je ist. Aber hier ist das Writing großartig, und schon ist es kein Problem mehr.

Mr.Chrismas Jones hat geschrieben: 4. September 2020 22:59 NCFOM fand ich stinklangweilig, aber ich kann generell nichts mit den Filmen der Coen-Brüder anfangen.

Dich will auch keiner vom Gegenteil überzeugen. Ich sehe das so: Die Bondfilme sind mal mehr und mal weniger starkes Entertainment, gute Unterhaltung eben. "No Country for Old Men" ist echte Filmkunst, also eine ganz andere Liga. Vielleicht mein Lieblingsfilm aus den letzten 20 Jahren, und easy peasy unter meinen Top 20 Filmen aller Zeiten. Aber die Ansprüche, die ich an den Film habe, die würde ich nie an einen Bondfilm stellen, denn das kann keiner von denen ansatzweise erfüllen.

Zum eigentlichen Thread-Thema: Es ist auffällig, dass anders als bei SF oder SP im Falle von NTTD auch nach zwei vollen Trailern immer noch nicht klar ist, worum es im Film eigentlich geht. Bei SF vermittelte der Main Trailer einen guten Überblick: Eine Liste mit Agentenidentitäten wurde gestohlen, Bond vom Zug geballert etc. Bei SP bekam man ebenso eine klare Vorstellung vom Plot des Films. Aber worum geht es in NTTD? Aus dem Trailer erfährt man nicht viel. Irgendwer ist warum auch immer hinter Madeleine her und irgendwas will Felix von Bond (aber hängt das überhaupt zusammen?). Man gibt sich dieses Mal sehr viel nebulöser und geheimnisvoller als bei Mendes zwei Filmen.

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 22:40 Hm, nach aktueller Casting-Logik: Ob Joaquin Phoenix in 2-3 Jahren der nächste Bondschurke wird?

Ich 2-3 Jahren? Schön wär's.

Samedi hat geschrieben: 4. September 2020 23:17 Und im Gegensatz zu anderen Filmen werden die Darsteller bei Bond ja auch im Trailer nicht namentlich hervorgehoben.

Das finde ich auch gut. Wenn man einen Darsteller schon vorher so extrem bewirbt, das kann doch nur schief gehen. Stattdessen nennt man ihre Namen irgendwo versteckt auf dem Plakat. Wobei man sich auch fragen muss, warum man sich dann überhaupt große Namen an Bord holt.

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 23:25 Zum eigentlichen Thread-Thema: Es ist auffällig, dass anders als bei SF oder SP im Falle von NTTD auch nach zwei vollen Trailern immer noch nicht klar ist, worum es im Film eigentlich geht. Bei SF vermittelte der Main Trailer einen guten Überblick: Eine Liste mit Agentenidentitäten wurde gestohlen, Bond vom Zug geballert etc. Bei SP bekam man ebenso eine klare Vorstellung vom Plot des Films. Aber worum geht es in NTTD? Aus dem Trailer erfährt man nicht viel. Irgendwer ist warum auch immer hinter Madeleine her und irgendwas will Felix von Bond (aber hängt das überhaupt zusammen?). Man gibt sich dieses Mal sehr viel nebulöser und geheimnisvoller als bei Mendes zwei Filmen.

Und das ist auch gut so. Bei SP wusste ich vorher auch nicht soo viel über den Film. Klar, Bond trifft auf jemanden aus seiner Vergangenheit, die Organisation SPECTRE taucht wieder auf. Aber der Plan des Bösewichts war noch völlig unbekannt. Was man von der Nine-Eyes-Geschichte hält ist jedem selbst überlassen.

Bei SF war das anders. Man wusste anhand der Trailer genau, dass es um die Enttarnung von Agenten aufgrund von Ms Ungeschicktheit geht und, dass Bond noch eine Rechnung mit M offen hat und M um ihren Job fürchten muss. Die große Frage war eigentlich nur noch Silvas Motivation. Und auch diesbezüglich hatte ich vorher schon Spekulationen über einen Alec Trevelyan 2.0 gelesen. Ich könnte hier noch mehr Beispiele nennen. Die SF-Trailer verrieten viel mehr als die SP-Trailer. Gut, wer mehr wissen wollte, konnte ja in die Leaks gucken

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 23:25

Nummer4Fonda hat geschrieben: 4. September 2020 22:56 Kenneth Branagh als russischer Obermotz

Kenneth Branagh ist in "Tenet" das perfekte Beispiel für Typecasting, welches kein Problem mehr ist, wenn die Rolle funktioniert. Der ist bärenstark in Nolans Film und seine ganz eigene Rolle, obwohl die Besetzung von außen betrachtet unoriginell wie eh und je ist. Aber hier ist das Writing großartig, und schon ist es kein Problem mehr.

Für dich ist es vielleicht kein Problem (mehr). Für mich ist Branagh in TENET viel schlimmeres Typecasting als Bardem in SF. Die Rolle von Branagh funktioniert leider nicht, sondern ist neben der vielen Rumerklärerei eine der größten Schwächen des Films.

Henrik hat geschrieben: 5. September 2020 08:00

Casino Hille hat geschrieben: 4. September 2020 23:25 Zum eigentlichen Thread-Thema: Es ist auffällig, dass anders als bei SF oder SP im Falle von NTTD auch nach zwei vollen Trailern immer noch nicht klar ist, worum es im Film eigentlich geht.

Und das ist auch gut so. Bei SP wusste ich vorher auch nicht soo viel über den Film. Klar, Bond trifft auf jemanden aus seiner Vergangenheit, die Organisation SPECTRE taucht wieder auf. Aber der Plan des Bösewichts war noch völlig unbekannt. Was man von der Nine-Eyes-Geschichte hält ist jedem selbst überlassen.

Dagegen gibt es auch prinzipiell nichts einzuwenden, allerdings wundere ich mich trotzdem, dass man den Plot so übermäßig geheimhält. Basierend auf den jüngeren zwei Trailern besteht der Film quasi nur aus Endlos-Geballer (natürlich wird das am Ende nicht so sein), aber einen Plot andeuten tut man hier so gar nicht. Vielleicht hat auch das was damit zu tun, warum mir die Vorschau-Clips zu NTTD nicht gefallen. Ich habe jetzt von Arbeitskollegen, Freunden und Familie immer nach der Sichtung des Trailers gehört: "Da ist ja nur Action" - und so nehme ich den Trailer auch wahr.

Wie man es macht, macht mans verkehrt.

Verrät man zu viel über den Plot, gibt es Kritik. Verrät man zu wenig über den Plot, gibt es Kritik.

Spielt man das Bond-Theme zu selten, gibt es Kritik. Spielt man das Bond-Theme zu oft, gibt es auch Kritik.

Wenn man zu wenig Action einbaut, gibt es Kritik. Baut man zu viel Action ein, gibt es auch wieder Kritik.

Dass der Fokus auf die Action im Trailer fast immer stärker ist als im finalen Film, das dürfte übrigens auch jedem klar sein.

Und dass die Trailermusik nichts mit dem Film zu tun hat, das ist jetzt auch nichts neues.