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von GoldenProjectile
'Q Branch' - MODERATOR
Nachdem ich FAAD jetzt auch endlich gelesen habe...
Forever and a Day (Anthony Horowitz, 2018)
Schauplätze: Stockholm, Nizza, Monaco, Marseille, Los Angeles
Charaktere: Madame Sixtine, Irwin Wolfe, Jean-Paul Scipio, Reade Griffith
Zu TM hatte ich ja gar nichts geschrieben. In Kürze: Horowitz' erster Roman war sehr unterhaltsam mit einem starken Bösewicht in Person von Jason Sin, aber besonders in der ersten Hälfte auch etwas fragmentiert durch den Fortsetzungs-Subplot um Pussy Galore. In FAAD hat Horowitz diese Schwächen gekonnt eliminiert und einen der besten Bondromane überhaupt geschrieben.
Horowitz' chronologischer Ansatz, gezielt an unterschiedlichen Punkten des Fleming-Kanons einzuhaken ist interessant, auch wenn es langfristig wohl einer grösseren Anzahl an Serienbeiträgen aus seiner Feder im Wege stehen wird. Und FAAD ist ja bekanntlich das Prequel zu CR. Das funktioniert mal besser, mal weniger gut, steht dem Roman als eigenständige Geschichte aber auch nie im Weg. Toll sind die ersten paar Kapitel mit Bonds Einführung als 00-Agent und der in CR angedeuteten Stockholm-Szene. Das ergänzt sich toll mit Flemings Buchreihe, macht gleichzeitig aber auch nicht den grössten chronologischen Sinn, weil das FAAD-Abenteuer einfach zu "gross" ist, um nachträglich hinzunehmen dass Bond dies schon vor dem vergleichsweise kleinen Ausgangspunkt CR erlebt haben soll. Die kleinen Origins-Momente über Bonds Zigaretten, Martini etc. sind womöglich eine Spur zu sehr Fanservice, aber es sind Details, und rückblickend wirkt es irgendwie besonders schön und emotional, dass viele dieser Lifestyle-Elemente auf Madame Sixtine zurückgehen, die schlicht eines der besten Bondgirls ist, das es je auf Papier geschafft hat. Inklusive Fleming.
Der hiesigen Rezension von danielcc würde ich insofern widersprechen, dass er FAAD als unkreativ simpel bezeichnet hat. Das Buch ist abwechslungsreich und vielfältig, und dabei in sich so stimmig und kohärent (gerade im Vergleich zu TM oder der Untat Solo), dass es eine wahre Freude ist. Wenn Horowitz ein ganzes Kapitel der Geschichte von Madame Sixtine widmet im erzählerischen Geist und Stil der Fleming-Werke Quantum of Solace und The Spy Who Loved Me, wenn er die obligatorische Original-Szenenskizze Flemings originell als Geschichte in der Geschichte einbaut statt als Handlungsepisode und wenn er die Schauplätze in Südfrankreich so anschaulich eingliedert und beschreibt, dass das Mittelmeer förmlich aus den Seiten tropft, dann ist das superb.
Ist die Bedrohung die beste, die es bei Bond je gegeben hat? Nein. Die beiden Bösewichter auch nicht, obwohl der fettleibige Korse mit dem unorthodoxen Sprechduktus durch einen neutralen Dolmetscher schon eine tolle Idee ist. Die Geschichte, im Sinne der Ermittlungen ist auch nicht besonders ausgefallen oder wendungsreich. Aber durch den Schreib- und Erzählstil, durch die Charaktere und die bildhaften Schauplätze, durch den Abwechslungsreichtum, durch die Action und Brutalität, durch den Charme und die Schönheit und durch die Hauptfigur Bond fällt hier einfach fast alles auf wunderbar unterhaltsame Weise an seinen Platz.
Für mich ist FAAD das Beste der letzten fünf Bondbücher (was zumindest bei Solo nicht schwer ist, aber DMC, CB und TM stehen ja bei mir recht hoch im Kurs). Auch besser als das Gute, aber merkwürdigerweise komplett hochbejubelte CS, das ich vielleicht gar nicht verstanden habe. Und wohl besser als zwei Drittel, mindestens aber die Hälfte der Fleming-Romane. Horowitz Nummer drei kommt nächstes Jahr und so darf es gerne weitergehen.
Wertung: 9 / 10
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.