Re: Sean Connery

136
MX87 hat geschrieben:Connery verdankt Bond quasi seine ganze Karriere nach 1962. Es ist fraglich ob er 1964 für Hitchcocks "Marnie" gecastet worden wäre ohne Bond. Hitch war bekanntermaßen ein großer Fan der Bondfilme (eine der Regisseure unter anderen Terence Young waren Dutzfreunde Hitchs).
Schade dass der gute Sean ein so zwiespältiges Verhältnis zu seiner Paraderolle hat. Mal äußert er sich selbst Jahrzehnte eher negativ über seine Bondjahre, mal ist er bei dem Thema gut gelaunt. Bleibt die Frage ob die Produzenten es wirklich schaffen Connery für das diesjährige Jubiläum zu mobilisieren... wenn nicht wäre es unendlich Schade. Connery sollte meiner Meinung nach Frieden mit seiner Rolle machen...
Du schreibst, dass Hitchcock bekanntermaßen großer Fan der Bondfilme war, ist das belegbar? Ich meine mich zu erinnern mal eine Aussage von ihm gelesen zu haben, in dem er sich nicht wirklich positiv über die Bond-Filme geäussert hat. Auch äusserte sich Hitch gegenüber Truffaut ja so, dass Connery aufgrund seines Arbeiter-Hintergrundes alles andere als seine Wunschbesetzung für die Rolle war.

Zitat aus Truffauts "Mr Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?":
Hitchcock: "Sean Connery ist nicht unbedingt ein Patrizier aus Philadelphia. Im Grunde, wenn man die Geschichte von Marnie auf ihre einfachste Quelle zurückführen wollte, kämen wir auf Aschenbrödel und der Prinz. In einer Geschichte dieser Art braucht man einen sehr eleganten Mann"
Truffaut: "Jemanden wie Laurence Olivier in Rebecca?"
Hitchcock: "Genau. So käme die Idee von einer fetischistischen Liebe klarer heraus. Mit The Paradine Case hatte ich schon dasselbe Problem."


Hitch bezieht sich auf seine Aussage, dass Gergory Pecks Darstellung eines englischen Anwalts für ihn nicht glaubwürdig war. Für mich klang das ganze daher immer eher so, als ob ihm Connery ähnlich wie später Newman von Studioseite aufgedrückt wurde.



Die Aussage, dass Connery Bond seine Karriere verdankt ist nicht von der Hand zu weisen, aber man darf nicht übersehen dass die Rolle ihn auch über 20 Jahre an ein Rollenklischee gekettet hat. Bis weit in die 80er Jahre wollte das Publikum ihn nicht wirklich in anderen Rollen sehen, viele sehenswerte Filme in denen er in von der Bondrolle sehr unterschiedlichen Charakteren glänzte gingen in der Publikumsgunst gnadenlos unter. Connery schob dies auf das ihm aufgezwungene Rollenklischee James Bond - und auch dies ist nicht von der Hand zu weisen. So bleibt eine sehr merkwürdige Symbiose - Connery hätte ohne die Bondfilme wohl nie die Möglichkeit bekommen in Topproduktionen zu spielen - gleichzeitig machte ihm die Rolle aber auch viel seiner Nach-Bondkarriere kaputt und ruinierte diese fast. Bedenkt man dann noch wie er von Presse und Öffentlichkeit vor allem in den Jahren 1964-67 förmlich in Besitz genommen wurde und jede Kleinigkeit seines Privatlebens öffentlich gemacht wurde, so ist seine Abneigung gegen Rolle und Filme durchaus nachvollziehbar.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Sean Connery

137
Ja, so ist es wohl aber auch den ganzen anderen Bond-Darstellern ergangen, das sie zu sehr auf die Rolle des James Bond 007 festgelegt wurden. Es ist immer ein Segen und ein Fluch zugleich eine Rolle zu übernehmen die so berühmt und beliebt unter den Zuschauern ist. Obwohl Connery dies ja vorher auch nicht unbedingt ahnen konnte als er die Rolle 1962 erstmals angenommen hat. Durch ihn ist die Rolle ja erst berühmt geworden. Oder war die Rolle vielleicht doch schon vorher berühmt durch die Bücher von Ian Flemming?
Bild
-Meine Filmsammlung
Bild

Re: Sean Connery

138
Du schreibst, dass Hitchcock bekanntermaßen großer Fan der Bondfilme war, ist das belegbar? Ich meine mich zu erinnern mal eine Aussage von ihm gelesen zu haben, in dem er sich nicht wirklich positiv über die Bond-Filme geäussert hat. Auch äusserte sich Hitch gegenüber Truffaut ja so, dass Connery aufgrund seines Arbeiter-Hintergrundes alles andere als seine Wunschbesetzung für die Rolle war.
Also in den Featurettes zu der Special Edition von GF wird meiner Erinnerung nach erwähnt dass Hitchcock sich GF ansah und von dem Film doch sehr angetan war. Bei der Omi mit der Maschinenpistole soll er gar schon fast neidisch geworden sein..

Zumindest GF scheint er gemocht zu haben...
"In a Bond film you aren't involved in cinema verite or avant-garde. One is involved in colossal fun."

Terence Young

Re: Sean Connery

140
Franky007 hat geschrieben:Ja, so ist es wohl aber auch den ganzen anderen Bond-Darstellern ergangen, das sie zu sehr auf die Rolle des James Bond 007 festgelegt wurden. Es ist immer ein Segen und ein Fluch zugleich eine Rolle zu übernehmen die so berühmt und beliebt unter den Zuschauern ist. Obwohl Connery dies ja vorher auch nicht unbedingt ahnen konnte als er die Rolle 1962 erstmals angenommen hat. Durch ihn ist die Rolle ja erst berühmt geworden. Oder war die Rolle vielleicht doch schon vorher berühmt durch die Bücher von Ian Flemming?
Berühmt ist relativ. Natürlich hatten Flemings Romane eine verhältnismäßig große internationale Bekanntheit zu Beginn der 60er Jahre. Aber vergleichbar mit dem Hype den die Figur durch die Verfilmungen der 60er Jahre erfuhr war dies nicht einmal annähernd.

Ich würde auch widersprechen wollen, was Segen und Fluch der Bondrolle für die anderen Bonddarsteller betrifft. Moores Image wurde durch die Bondfilme nicht wirklich verändert, vielmehr veränderte er die Bondrolle hin zu seinem Image. Moore profitierte natürlich ohne Zweifel vom Bondruhm indem er vor allem in der zweiten Hälfte der 70er Jahre in zahlreiche großangelegten Produktionen mitspielte. Aber festgelegt war er vom Rollentypus schon vor seiner Bondzeit. Bei Dalton sehe ich auch keine wirkliche Festlegung auf einen bestimmten Rollentypus durch die Bondrolle. Bei Brosnan schon eher - wobei es sich da ähnlich verhält wie bei Moore - er war auch schon vor GE weitestgehend auf einen Typus festgelegt.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Sean Connery

142
Interessante Diskussion. Man ist schnell geneigt zu sagen, dass Connery seinen späteren Erfolg den Bondfilmen verdankt. Aber so leicht und eindimensional ist es dann doch nicht.
Nur mal ein kleines Gedankenspiel um das zu verdeutlichen. Sprechen wir anstatt von Connery von Craig, da es heute näher liegt und die Situation ähnlich ist - wobei Craig auch vor Bond schon in größeren Filmen war als Connery.

Es passt zwar zeitlich nicht ganz aber nehmen wir mal an, Christian Bale hätte anstelle von Craig die Bondrolle für CR bekommen, und Craig stattdessen in Nolans Batman Begins gespielt (Craig und Bale sind hier sicherlich einigermaßen vergleichbar was Status der Karriere vor Bond/Batman angeht und Schauspieltalent). Wie wäre die Geschichte dann verlaufen? De facto hat Craig zwar "durch Bond" (wirklich???) viele Rollen bekommen, aber erstaunlicherweise keine davon war ein Erfolg (trotz seiner Bond Bekanntheit oder auch grade deswegen???). Hätte er stattdessen als Nolans Batman gespielt, hätte er zwei riesige Hits mit dem derzeit angesagtesten Regisseur gelandet und vielleicht zusätzlich weitere Hits anstelle von Bale wie Terminator 4 (Craig wäre hier vielleicht sogar besser gewesen als Bale!).

Was ich sagen will: Wegen der Bekanntheit durch Bond kriegt Craig zwar tolle Rollen, aber trotz oder wegen dieser Bekanntheit und Identifikation mit der Rolle, hat er es in anderen Rollen sogar schwerer. Zudem kommt er für typischen Oscar-Stoff oft gar nicht in Frage. Wer sagt uns, dass Craig zwar einiges an "Initiativer-Popularität" durch die Bondrolle hat, aber ohne sie eine viel größere Karriere hätte? Gleiches gilt/galt denke ich für Connery.
Konsequenterweise wurde er ja erst dann zum großen Filmstar, als er sich von der Bondrolle distanzierte und sich mit anderen Rollen davon emanzipierte (The Untouchables, Indiana Jones 3, Highlander, Der Name der Rose, Roter Oktober...)

Man kann also nie sagen, ob jemand seine Karriere Bond verdankt, oder ob ihm das Schicksal nicht ohne Bond sogar die größere Karriere beschert hätte.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Sean Connery

144
Das war aber eine Mini Rolle. Glaube ich, jedenfalls bestenfalls eine Nebenrolle.

Die Frage ist ob Connery so charismatisch und gut war das er den Durchbruch auch ohne Bond, nur dann vielleicht etwas später geschafft hätte. Das ist wirklich schwer zu sagen.
Aber die umgekehrte Aussage das Connery ohne DN unbekannt geblieben wäre ist genauso spekulativ.

Bei all den Filmen die Connery bis Mitte der 80ger gemacht hat fehlt aber auch das Besondere das diese zu großen Erfolhen hätte machen können. Vielleicht nur eine unglückliche Stoffwahl.
Ein paar gute Filme sind ja dabei ,aber nichts wirklich tolles.

Re: Sean Connery

145
MX87 hat geschrieben:

Also in den Featurettes zu der Special Edition von GF wird meiner Erinnerung nach erwähnt dass Hitchcock sich GF ansah und von dem Film doch sehr angetan war. Bei der Omi mit der Maschinenpistole soll er gar schon fast neidisch geworden sein..
Wobei das auch einen Art sein kann einen Film herabzuwürdigen indem man ihn für etwas lobt was eher doof ist. Da würde mich der Zusammenhang interessieren in dem der Satz gefallen ist.
Hitchcock hatte ja einen fiesen Humor.

Re: Sean Connery

146
Maibaum hat geschrieben:Das war aber eine Mini Rolle. Glaube ich, jedenfalls bestenfalls eine Nebenrolle.
Man muss schon gut aufpassen, um ihn nicht zu verpassen. Er ist vielleicht maximal eine Minute in einem mehr als zweieinhalb Stunden langen Film zu sehen, ich denke das kann man getrost als Mini Rolle einstufen.
Maibaum hat geschrieben:Die Frage ist ob Connery so charismatisch und gut war das er den Durchbruch auch ohne Bond, nur dann vielleicht etwas später geschafft hätte. Das ist wirklich schwer zu sagen.
Aber die umgekehrte Aussage das Connery ohne DN unbekannt geblieben wäre ist genauso spekulativ.
Eben. Allerdings ist eine Toprolle wie James Bond für einen Schauspieler, egal wie begabt und charismatisch er auch sein mag, wie ein Sechser im Lotto. Und so häufig schlägt der Blitz bekanntlich nicht zweimal ein :wink: .
Maibaum hat geschrieben: Bei all den Filmen die Connery bis Mitte der 80ger gemacht hat fehlt aber auch das Besondere das diese zu großen Erfolgen hätte machen können. Vielleicht nur eine unglückliche Stoffwahl.
Ein paar gute Filme sind ja dabei ,aber nichts wirklich tolles.
Das sehe ich etwas anders. Gerade in den 70ern hat er meiner Meinung nach einige seiner besten Darstellungen geboten, als Beispiele seien Der Wind und der Löwe, Der Mann der König sein wollte oder Die Brücke von Arnheim genannt. Allesamt stark gespielte Charakterrollen, allerdings alles auch am Massengeschmack vorbeiproduzierte Filme.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Sean Connery

148
Maibaum hat geschrieben:Das sind gute Filme (außer Arnheim), aber jetzt auch nicht die ganz großen Knüller. Auch seine Filme mit Sydney Lumet waren interessant.

Ein paar Gurken waren auch dabei wie Shalako.
Arnheim hat sicherlich in der Inszenierung einige Schwächen, aber schauspielerisch ist das sehr sehr gut. Bogarde, Hopkins, Hackman oder auch Fox spielen allesamt toll auf - und Connery ragt selbst da noch heraus.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Sean Connery

149
Arnheim ist schon ewig her. Das die Schauspieler gut sind, klar, ist ja auch eine All-Star Besetzung, die liefern dann auch.

Im Film selber war mir zu viel typischer Kriegsfilm Blödsinn, aber vielleicht würde mich das heute nicht mehr so stören, und ich den Film positiver beurteilen.

Attenborough halte ich allerdings schon für einen schwachen Regisseur, und Ghandi ist für mich der schlechteste Film der je den Regie Oscar bekommen hat.
Andererseits war A Chorus Line nicht übel.

Re: Sean Connery

150
Maibaum hat geschrieben:Arnheim ist schon ewig her. Das die Schauspieler gut sind, klar, ist ja auch eine All-Star Besetzung, die liefern dann auch.

Im Film selber war mir zu viel typischer Kriegsfilm Blödsinn, aber vielleicht würde mich das heute nicht mehr so stören, und ich den Film positiver beurteilen.
naja, es ist halt auch ein absolut typischer Kriegsfilm - von daher würde ich dem Film das nicht vorhalten wollen. Ich mag den Film in Summe schon wie ich ohnehin dem Genre Kriegsfilm viel abgewinnen kann. Allerdings ist Attenboroughs Inszenierung teilweise recht zäh, ähnlich wie in dem von dir angesprochenen Ghandi, der für mich eigentlich auch in erster Linie wegen den Darstellerleistungen interessant ist. Am meisten stört mich bei Arnheim die Episodenhaftigkeit einiger Handlungsstränge, vor allem die Caan- und Redford-Subplots, denen man förmlich anmerkt dass sie nur dazu da sind die bekannten Stars präsentieren zu können. Dagegen finde ich eigentlich fast alle Teile gelungen die die Planung und die Einkesselung behandeln. Hier gelang es Attenborough auch ein sehr stimmiges Bild der Geschehnisse zu zeichnen.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"