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Quelle: FOCUS online
Hart und smart
Daniel Craig, 43
Held der Arbeiterklasse
Craig, Jahrgang 1968, stammt aus einfachen Verhältnissen in Mittelengland. Erste Bühnenerfahrungen macht er am Schultheater.
Held der Leinwand
Nach zehn Jahren in TV-Filmen und kleinen Kinorollen schafft er 2002 den Durchbruch mit „Road To Perdition“. Seit 2006 James Bond. Hat das Angebot, fünf weitere 007-Filme zu drehen. Andere Hits: „München“, „Layer Cake“, „Der goldene Kompass“, „Unbeugsam“, „Cowboys & Aliens“
„Was wollen Sie hören? Ich mache ja keine Pornos“
Samstag, 07.01.2012, 00:00 · von FOCUS-Redakteur Harald Pauli
Bond-Star Daniel Craig über die düstere Welt im Kino, Sexszenen vor der Kamera und seine Liebe zum Fleisch im wirklichen Leben
Mr. Craig, Sie drehen gerade wieder einen James-Bond-Film und retten stellvertretend für uns die Welt. Brauchen wir heutzutage eigentlich noch Helden?
Eher nicht, nein, andersherum: Wir brauchen noch Helden, aber was wirklich heldenhaft ist, das steht zur Disposition. Im Kino war das ja ohnehin immer etwas Stilisiertes, ob das nun der Mann ist, der das Mädchen aus dem Abgrund zieht, oder der Politiker, der die Welt rettet. Im wirklichen Leben ist das alles ein bisschen komplizierter. Es ist keine Frage des Augenblicks, außer man bewahrt wirklich mal jemanden vor dem Tod.
Wie ist das bei Ihrem neuen Film „Verblendung“. Regisseur Fincher findet, es sei Mikael Blomkvist, Ihre Figur, die das Publikum in diese düstere Welt führt. Ist er der Mann von der Straße, der zum Helden wird?
Er ist nicht der tapfere Kämpfer im klassischen Sinn. Und so will er sich wohl auch nicht sehen. Gut, wenn er eine Ungerechtigkeit mitbekommt, dann steht er dagegen auf. Und – das ist noch das Spezifische bei Stieg Larsson – wenn es um Gewalt gegen Frauen geht, kennt er kein Pardon.
Blomkvist ist ja ein großer Freund der Frauen. Sie bezeichneten Sexszenen mal als „das Unerotischste, das man sich vorstellen kann“. Da hatten Sie hier bei den Dreharbeiten wohl besonders viel Spaß?
Tja, was wollen Sie hören? Dass man Sexszenen wirklich genießt? Ich mache ja keine Pornos, das ist der Job von anderen Leuten!
Zumindest hatten Sie nur ein kleines Team beim Sexszenen-Dreh in Schweden?
Ja, aber erstens haben wir diese Szenen in Los Angeles im Studio gedreht, und zweitens ist das Team dabei immer klein. Da werden aus Respekt vor den Darstellern alle rausgeschickt, die nicht unmittelbar gebraucht werden.
Als James Bond haben Sie ja angeblich die Verpflichtung, das Hemd auszuziehen. Hier kamen dann die Hosen noch dazu?
Nein, so ist das natürlich nicht. Aber wir wussten ja, dass wir einen Film für ein erwachsenes Publikum machen wollten. Und bei Bond gibt es natürlich keine Verpflichtung, man stimmt dem nur vertraglich zu.
Sie betonen, die Figur Blomkvist sei kein Sexist.
Mit Sicherheit nicht. Man mag Blomkvists Haltung gegenüber dem weiblichen Geschlecht in Frage stellen, aber er ist ein Mann, der die Frauen liebt. Er wird immer seine Affären haben und nicht allein sterben. Aber er respektiert die Frauen in jedem Fall und ist ehrlich – ihnen gegenüber und gegenüber sich selbst.
Die beiden Hauptfiguren leben davon, dass die klassischen Geschlechterrollen aufgebrochen werden. Das Mädchen hat auch viele männliche Eigenschaften, der Mann auch feminine. Was haben Sie denn über Ihre weiblichen Anteile herausgefunden?
Ehrlich gesagt, gar nichts. Ich bin lange genug auf dieser Welt, um ziemlich genau zu wissen, wer ich bin.
Jon Favreau, der Regisseur Ihres letzten Films „Cowboys & Aliens“, meinte, Sie seien inzwischen ganz bei sich selbst?
Vielleicht, zumindest hoffe oder versuche ich das. Wenn man vorgibt, ein anderer zu sein – und das gilt nicht nur für Schauspieler -, bekommt man Schwierigkeiten. Wenn man bei der Arbeit anders mit Leuten umgeht als mit der Familie und wieder anders mit Freunden, führt das zu nichts. Man muss schon geradeheraus sein!
Und was die Geschlechterrollen betrifft?
Letztlich bewegt man sich da immer in Schubladen. Lisbeth Salander ist ein Mädchen, das auszuteilen versteht. Und das sei ungewöhnlich, so sagt man. Ich finde das nicht ungewöhnlich, das ist nicht mein Blick auf die Welt. Als ich Stieg Larssons Buch gelesen habe, dachte ich mir: Das sind wirklich interessante Figuren. Kenne ich diese Leute? Nein, das tue ich nicht. Überrascht mich das? Nein, ehrlich gesagt auch nicht. Sie ist eine interessante Figur, weil sie missbraucht wurde und sich wehrt, wenn ihr jemand zu nahe kommt. Und er ist jemand, der nicht machomäßig daherkommt, sondern seine femininen Seiten akzeptiert hat.
Vielleicht ist das für ein amerikanisches Publikum überraschender?
Wahrscheinlich und hoffentlich! Ich beurteile Leute nicht nach irgendeiner Moral, ich bin auch nicht religiös. Ich habe nur eine ganz gute Menschenkenntnis, einen Kompass dafür, ob jemand gut oder böse ist. Was Lisbeth und Mikael sind und tun, mag fraglich sein, darüber lässt sich schon streiten. Aber es sind gute Menschen, da bin ich mir ziemlich sicher. Sie schaden dieser Welt nicht, sie wollen sie verbessern.
Der englische Titel von „Verblendung“ heißt übersetzt „Das Mädchen mit dem Drachen-Tattoo“. Sie sollen ein paar neue Tattoos haben. Souvenirs von diesem Film?
Nein, das hat damit nichts zu tun.
Aber ich habe etliche Tattoos, viele schon seit Langem. Ich zeige sie nur nicht öffentlich, in manchen frühen Filmen kann man mal welche sehen. Und hier und in den Bond-Filmen werden sie abgedeckt.
Für Bond müssen Sie immer abspecken und viel trainieren, bei „Verblendung“ wollte Regisseur Fincher, dass Sie etwas zulegen?
Ja, er ließ mir immer Pasta und Pizza kommen und gut Bier dazu. Das Schlimme ist ja, es später wieder runterzukriegen. Glauben Sie mir, ich hasse das!
Bei „Cowboys & Aliens“ meinten Sie, diese Cowboy-Ernährung mit „Fleisch, Fleisch, Fleisch“ wäre nichts für Sie. Brauchen Sie das nicht, wenn Sie Workout machen?
Ich meinte damit diese ewigen Speck-und-Bohnen-Pfannen. Nein, sonst esse ich natürlich gern ein Steak mit Salat, gerade wenn ich meinen Körper für einen 007-Einsatz in Form bringen muss.
Als Sie diese Rolle übernahmen, hatten Sie ziemlich Zoff mit der Presse. „Bond in Blond“ hieß es oder Sie könnten nicht Auto fahren. Wie fühlten Sie sich in „Verblendung“ als Journalist?
Ach, das war ja damals nur ein kleiner Teil der Medien. Nein, ich schätze Journalisten durchaus, und dass sie auf der Suche nach der Wahrheit teilweise auch ihr Leben riskieren, macht sie manchmal sogar zu Helden.
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