Filmbesprechung: "A View to a Kill (AVTAK)"

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Niklas
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Lieblings-Bondfilm?: möchte mich nicht festlegen
Lieblings-Bond-Darsteller?: Sean Connery
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Nico hat geschrieben:Eigentlich nicht, aber die fielen mir grad ein. :D
Aber schön, dass du sie kennst.
Wer kennt sie nicht! Meine Kindheit wurde von Spongebob sehr stark geprägt. Ich bin mit ihm aufgewachsen.
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AnatolGogol
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Lieblings-Bond-Darsteller?: Roger Moore

Im Angesicht des Todes / A View To A Kill (1985) – John Glen

Der letzte Einsatz von Roger Moore als 007 markiert, und das kann man ohne Übertreibung sagen, das Ende einer Ära. 12 Jahre lang hat Moore die Serie geprägt und ihr seinen Stempel aufgedrückt. Seine größte und nicht hoch genug einzustufende Leistung war dabei, dass es ihm mit einer ganz eigenen Rolleninterpretation gelang sich aus dem Schatten des großen „Über-Bonds“ Sean Connery herauszuspielen und damit den Weg für seine Nachfolger zu ebnen. Humor, Leichtigkeit und Eleganz in Kombination mit immer spektakuläreren „Zirkusnummern“ kennzeichneten seine Bondauftritte und in der Beziehung stellt auch sein Schwanengesang AVTAK keine Ausnahme dar. Gleichwohl der Film der etablierten Bond-Formel folgt und dabei auch das eine oder andere Mal übers Ziel hinaus schießt, so gelingt es Drehbuch und Inszenierung dennoch das gewohnte Schema auch gekonnt zu variieren.

Die Drehbücher der 80er Jahre von Richard Maibaum und Michael G. Wilson sind vor allem gekennzeichnet durch den Versuch, die im Laufe der Zeit mehr und mehr zu ihren eigenen Klischees gewordenen Weltbedrohungsszenarien auf den Boden der Realität zurückzuholen und dies mit einem deutlich komplexeren Handlungs- und Figuren-Geflecht zu verbinden. Das gilt auch für das Drehbuch zu AVTAK, welches zwar einerseits in vielen Dingen eine Art „Neuaufguss“ der GF-Handlung darstellt (genau wie der goldbesessene Auric Goldfinger will auch hier der Schurke Max Zorin den Wert seiner geschäftlichen Unternehmungen durch die Ausschaltung der Konkurrenz vervielfachen), gleichzeitig diese aber auch durch die Einbindung von Silicon Valley und der Microchip-Thematik ein moderneres Gewand verpasst.

Interessant daran ist, wie das Drehbuch diese in Papierform altbekannte Grundidee in Form mehrerer untergeordneter Handlungsstränge umsetzt. So dienen sowohl die Suche nach einem KGB-Leck als auch die Nachforschungen um das Steroiddoping an Rennpferden als eine Art Katalysator, um Haupthandlung und Figuren auf den Weg zu bringen. Und das gelingt dem Drehbuch erstaunlich harmonisch und flüssig, so werden beispielsweise die Hintergründe um den pathologischen Wahnsinn Zorins über die Verbindung Pferdedoping/KZ-Versuche unaufdringlich dem Publikum näher gebracht. Geradezu sublim wird im Zuge dieses untergeordneten Handlungsstranges auch bereits das spätere Motiv Zorins für seine Operation Mainstrike (eine weitere Hommage an GF) eingeführt, wenn Bond bei seinen Nachforschungen auf das scheinbar zusammenhanglose Horten von Microchip-Beständen stößt (was erst viel später Sinn ergibt durch die Enthüllung des Mainstrike-Planes). Auch Zorins sich lösende Verbindung zum KGB wird vom Drehbuch effektiv dazu genutzt, das spätere skrupellose Verhalten der Figur vorweg zu nehmen und somit den Charakter zu definieren.

Diese Form der ineinander verwobenen Dramaturgie wird unterstützt durch John Glens Inszenierung, die dem Film eine erstaunliche Anzahl an beruhigenden, atmosphärischen Passagen spendiert. Hier erweisen sich vor allem die Szenen auf Zorins Cocktailparty, in Staceys Anwesen und in Ascot (letztere stellt zudem eine wunderbare Abschiedsvorstellung für die scheidende Miss Moneypenny Lois Maxwell dar) als höchst gelungen in Bezug auf Charakterisierung der Hauptfiguren sowie Plot-Entwicklung und geben dem Film gleichzeitig eine ordentliche Portion Stil und Eyecandy mit auf den Weg. Auch wenn der Film serienkonform einige größere und diverse kleinere Actioneinlagen zu bieten hat so ist er in weiten Teilen doch eher ein ruhiger, sehr eleganter Agentenfilm welcher zudem erfreulicherweise einige echte Spannungsmomente vorweisen kann. So stellt die Ermordung von Tibbett geradezu ein Suspense-Kleinod dar, in welchem Inszenierung und John Barrys musikalische Untermalung die sich steigernde Spannung geradezu zelebrieren. Mehr auf Spannung denn Action setzt dann auch die finale Konfrontation zwischen Bond und Zorin in einem an Hitchcocks legendären Schluss von Der unsichtbare Dritte angelehnten Kampf in den luftigen Höhen der Golden Gate Bridge. Auch wenn diese Szene dem großen Vorbild nicht das Wasser reichen kann, so bietet sie dennoch mit dem Wahrzeichen von San Francisco einen würdigen Rahmen für das Finale eines Bondfilmes und ist zudem gelungen getrickst in ihrer Kombination aus real gedrehten Stuntaufnahmen und Studio-Inserts.

AVTAK bietet zudem einige für Serienverhältnisse erstaunlich düstere Momente (das Auffinden des toten Doppelnull-Agenten, Tibbetts Tod, die Ermordung des KGB-Agenten, Zorins MP-Massaker in der Mine), welche in Bezug auf den Härtegrad schon einiges von dem vorwegnehmen, was vier Jahre später in LTK folgen sollte und den seriösen Ton des Films ähnlich effektiv unterstreichen (so sind beispielsweise die zahlreichen Toten des Films weit weniger austauschbares „Kanonenfutter“ wie in den meisten anderen Bondfilmen, am augenscheinlichsten wird dies in der verstörenden Szene, als Zorin und Scarpine ihre Männer niedermähen). Ein Ton, der zwar immer wieder auch durch gewitzte Oneliner und vor allem die eine oder andere Albernheit aufgelockert wird, wobei dies jedoch nie die Ausmaße der direkten Vorgängerfilme annimmt. Dennoch lässt sich nicht übersehen, dass konsensbedingte Humoreinlagen wie die Beachboys-Untermalung oder der ganz in der Tradition eines Sheriff Pepper stehende Polizei-Chief von San Francisco irgendwie nicht so ganz zum Rest des Films passen wollen.

Diese Brüche im filmischen Gesamtkonzept von AVTAK finden sich auch in einigen der Actionszenen. Besonders während der Skiverfolgung in der PTS, in der die Stuntcrew unter Aufbietung körperlicher Höchstleistungen aberwitzige Trickmanöver vollführt, steht erkennbar im Kontrast zu dem in die Jahre gekommenen Protagonisten Roger Moore. So spektakulär und reizvoll diese erneute Stunthöchstleistungsschau im Element Schnee für sich genommen auch sein mag (und darüber hinaus durch die Einbindung eines Snowboards auch absolut am damaligen Puls der Zeit), eine etwas zurück genommene, mehr dem Alter des Bond-Darstellers Rechnung tragende Flucht wäre im Gesamtkontext des Films hier stimmiger. Ähnlich verhält es sich mit der von Remy Julienne im Stile seiner Eskapaden in den Belmondo-Filmen choreographierte Autoverfolgung durch Paris. Der humorvolle Unterton der Szene rund um das zusehends mehr dezimierte Fahrzeug ist zwar absolut Bondtypisch (vor allem für den Moore-Bond), aber auch hier wäre ein etwas grimmigerer Tonfall (wie man ihn von einigen der Julienne-Stunts aus den härteren Belmondo-Filmen kennt) wohl passender gewesen. Unter diesem Gesichtspunkt ist die Entscheidung Glens, die zwar amüsante, aber ebenfalls wiederum sehr auflockernde Szene auf dem Pariser Polizeirevier nicht in den Film zu integrieren begrüßenswert.

Etwas unglücklich wirkt zudem die großangelegte Feuerwehr-Actionszene, welche zwar ihrerseits bemerkenswerte Stunts mit dem tonnenschweren Löschzug präsentiert, gleichzeitig aber auch in ihrer an die Eisrallye in OHMSS oder die Polizeiverfolgung DAF erinnernden Zerstörungsorgie etwas beliebig wirkt. Allerdings bleibt bei aller Kritik an den Actionszenen festzuhalten, dass diese die hohen Serienstandards zu jedem Zeitpunkt erfüllen. Den diesbezüglichen Höhepunkt stellt der aberwitzige Sprung vom Eiffelturm dar, eine Sequenz welche sich zudem sehr schön aus der Handlung entwickelt und ein Muster einführt, dass sich über große Teile des Films fortsetzt: Bond kommt zwar in seinen Ermittlungen weiter, muss aber eigentlich eine zwischenzeitliche Schlappe einstecken. So gelingt es ihm weder der flüchtenden May Day habhaft zu werden, wie auch sein Undercover-Einsatz im Chantilly (mit dem Tod Tibbetts) noch sein gemeinsamer Einbruch mit Stacey in die City-Hall wenig glorios enden. Kleinere „Zwischenerfolge“ wie der Kampf mit Zorins Sicherheitsmännern in dessen unterirdischem Lager fallen dann auch deutlich weniger eindrucksvoll aus als in anderen Abenteuern dieser Zeit (man denke beispielsweise an die erheblich bedrohlicheren Eishockey-Goons in FYEO). All das trägt zu dem Eindruck bei, dass es James Bond dieses Mal schwer hat seine Mission zu lösen (eine Entwicklung, die bereits in den beiden Vorgängern FYEO und OP zu beobachten war), was dem in den 70ern oftmals so überlegen und mühelos agierenden Moore-Bond deutlich „menschlichere“ und geerdetere Facetten verleiht und gleichzeitig auch als sinnvolle Reaktion der Macher auf das Alter ihrer Hauptdarstellers angesehen werden kann.

Ungeachtet seines Alters liefert der 57-jährige Moore in seinem siebten Einsatz als Doppelnull eine großartige Abschiedsvorstellung ab. Er ist charmant, witzig, kultiviert, geistreich, ironisch und versprüht auch in AVTAK die ihm eigene Leichtigkeit. Zudem sieht man ihm den Spaß förmlich an, vermutlich da er sich während des Drehs durchaus bewusst war, dass dies sein letzter Auftritt als Bond sein würde. Besonders bemerkenswert ist jedoch, dass er dieses Mal analog zum Grundton des Filmes durchaus auch eine etwas seriösere Variante seiner Bondfigur darstellt. Besonders in der Interaktion mit Christopher Walkens Zorin bekommt Moore viel Gelegenheit seinem Doppelnull-Agenten ein ernsthaftes Gesicht zu verleihen. Auch diese Entwicklung gab es bereits in den beiden direkten Vorgängern, allerdings kommt dies durch Zorins besonders ausgeprägte Menschenverachtung (etwa beim Tod von Tibbett oder der scheinbar willkürlichen Ermordung des Bürgermeisters) noch deutlicher zur Geltung. Selbst die humorvolle Kommentierung in Form von launigen One-Linern ist hier deutlich reduzierter bzw. wird deutlich nüchterner dargeboten (z.B. die Fliege in Monsieur Aubergines Suppe).

Auch in der Beziehung zum Hauptbondgirl Stacey gibt sich der „Moore-Bond“ deutlich erwachsener als in seinen oftmals eher verspielten Romanzen früherer Abenteuer (wiederum eine Parallele zu FYEO). Bond ist in der Beziehung zu Stacey eher Kavalier alter Schule denn unwiderstehlicher Womanizer. Wer hätte je gedacht, dass ausgerechnet der sonst nie etwas anbrennen lassende James Bond mal ein Bondgirl (ohne Hintergedanken) zu Bett bringen und es gar bekochen (bzw. bebacken) würde. Was den AVTAK-Bond dann aber doch nicht davon abhält mit vier gebetteten Bondgirls auf seine alten Tage noch einen Rekord aufzustellen (den der Film gemeinsam mit NSNA hält). Dieser hohe „Frauenverschleiß“ torpediert dabei aber erstaunlicherweise den Kavaliers-Ansatz in der Beziehung zu Stacey keineswegs, da Moores amouröse Eskapaden immer mit einem Augenzwinkern in Szene gesetzt und gespielt werden. Besonders gelungen ist diesbezüglich das ausgiebige Plantschen mit Pola Ivanova, hinreißend verkörpert von Fiona Fullerton. Hier darf man dann auch nochmal den „alten“ Moore-Bond ganz in seinem Element erleben: kein anderer Bond-Darsteller konnte so charmant mit seinen Girls schäkern.

Die Besetzung von AVTAK kann als deutliche Reaktion auf die Konkurrenzproduktion NSNA angesehen werden. Erkennbar ist dies in einem von Christopher Walken gespielten deutlich jüngeren Schurken (siehe Brandauer) und einer von Grace Jones verkörperten todgefährlichen Killeramazone (siehe Barbara Carrera). Selbst Tanya Roberts als blonde, schutzbedürftige „damsel in distress“ weckt Erinnerungen an Kim Basingers Domino-Interpretation und stellt damit eine verblüffende Abkehr von den weitgehend selbständigen und etwas gelichberechtigteren Bondgirls der vorangegangenen vier Moore-Bonds dar. Allerdings sind Walkens Zorin und Jones May Day eher typinspiriert denn wirkliche Rollen-Wiedergänger, denn dafür weisen sie ein zu deutliches Maß an Eigenständigkeit auf.

Vor allem Oscar-Preisträger Walken spielt seine Rolle superb. Der genetische Superschurke Zorin hätte leicht auch zur Comicfigur werden können, aber Walken gelingt es, der Figur Leben einzuhauchen. Walkens Interpretation ist dabei eine echte Neuerung innerhalb des Bondkosmos, da sein von sich selbst berauschter Zorin angesichts seiner (vermeintlichen) intellektuellen und physischen Überlegenheit weder Gegenspieler noch Gefahr wirklich ernst nimmt. Für Zorin ist scheinbar alles ein Spiel, ein Spiel bei welchem er (so denkt er) nicht verlieren kann. Entsprechend überlegen und von oben herab spielt Walken seine Rolle, dies ist besonders in der direkten Konfrontation mit Moores Bond offensichtlich, welchen er eher als amüsante Begleiterscheinung denn als ernsthafte Gefahr wahrzunehmen scheint. Selbst im Angesicht des Todes entgleitet Zorin noch ein amüsiertes Lachen. Walken lässt darüber hinaus in seiner Darstellung aber auch sehr subtil eine eher unsichere und reizbare Seite von Zorin einfließen, etwa wenn ihn der KGB-Agent wie auch Bond mit seiner Herkunft als genetische Schöpfung Mortners konfrontieren. Walkens Darstellung zeigt dabei mit nuancierter Mimik und Gestik wie der Wahnsinn kurz vorm Ausbruch steht, aber dann durch die verbrecherische Ratio doch wieder kontrolliert wird (die ja nicht weniger wahnsinnig ist). Walkens Zorin ist eine grandiose schauspielerische Leistung eines Ausnahmekönners und gehört zu den allerbesten Bondschurken.

Ebenfalls eine Gala-Vorstellung legt Grace Jones als Killeramazone Mayday hin. Auch ohne ein typisches Utensil wie Oddjobs Hut, Teehees Arm oder Beißers Zähne reiht sie sich nahtlos ein in die lange Reihe der Larger-than-Life-Henchmen, fast als wäre sie für diese Rolle geboren. Wobei Jones ausgefallene Kleider- und Frisurenwahl beinahe als solch typisches Trademark durchgehen würde, jedenfalls unterstreicht es die Extravaganz ihrer Figur kongenial. Grace Jones ist zwar nicht der erste weibliche Henchman, nimmt aber dennoch eine Vorreiterrolle ein, da mit ihrer May Day Bond erstmals eine physisch ebenbürtige Gegnerin bekommt. Mehr noch ist ihm May Day diesbezüglich in jeder Szene überlegen: sie entkommt ihm scheinbar mühelos in Paris, überrascht ihn und nimmt ihn nach Tibbetts Tod in Gewahrsam und nicht Bond, sondern May Day verhindert die Explosion in der Mine (auch dank ihrer Muskelkraft). Noch nicht einmal bei Bonds ureigener Domäne im Bett gelingt es ihm May Day „Herr zu werden“, auch hier macht sie sehr schnell klar wer den Ton angibt. Jones oft spröde Darstellung, die jedoch dann und wann auch amüsierter Überheblichkeit weicht (etwa nach ihrer gelungenen Flucht auf der Seine), harmoniert wunderbar mit Walken Rolleninterpretation. Auch ihren finalen Seitenwechsel bringt sie glaubwürdig rüber, da ihre Figur nicht etwa wie frühere Bondgirls bekehrt wird, sondern einfach nur auf Rache sinnt. May Day bleibt somit ein „Bad Girl“ bis zum Schluss.

Auch wenn Tanya Roberts nicht als eindrucksvollstes Bondgirl in die Geschichte der Serie eingeht, so macht sie ihre Sache dennoch ordentlich. Atemberaubend schön und mit liebenswert-netter Ausstrahlung gibt sie die perfekte zu rettende Unschuld ab und stellt so auch den perfekten „Sparringspartner“ für den Mooreschen Kavaliersbond dar. Die Chemie zwischen den beiden passt, der beträchtliche Altersunterschied wird durch die sich angenehm zurückhaltend entwickelnde Beziehung nie zu einem Problem. Vor allem die Szenen in Staceys Haus geben den Darstellern dabei Gelegenheit die Beziehung ihrer Figuren zu intensivieren, die Unterhaltung in der Küche zeigt dabei einen selten privaten Moment von Bond. Es mag zwischen Bond und Stacey nicht die große Liebe sein, die andere Bondfilme für sich in Anspruch nehmen, ihre Beziehung ist aber dennoch eine deutlich reifere als die zwischen Bond und seinen Girls in den meisten anderen Serienbeiträgen.

Beim supporting cast weiß vor allem Patrick Bauchau als Zorins Mann fürs Grobe, Scarpine, zu überzeugen. Bauchau versprüht eine kalte, bedrohliche Gefahr wie sie z.B. auch ein Robert Shaw in FRWL hatte. Ebenfalls eine erinnerungswürdige Performance legt Willoughby Gray als Dr. Mortner hin, er überzeugt in jeder seiner wenigen Szenen, sowohl als jovialer älterer Herr auf Zorins Gartenparty wie auch als diabolischer Verbündeter und Ersatzvater von Zorin. Der vertraute, teilweise sogar liebevolle Umgang zwischen Mortner und Zorin gibt den Figuren zusätzliche Tiefe und hebt sie deutlich von Klischee-Bösewichtern ab, Mortners Bestürzung über Zorins Tod verleiht den Figuren gar etwas tragisches. Der ganz große Wurf unter den Nebenrollen von AVTAK ist jedoch „Mit Schirm, Charme und Melone“-Legende Patrick MacNee als Bonds Sidekick Sir Tibbett. Auf wunderbare Art und Weise spielen sich MacNee und Moore die Bälle zu und verleihen dem Film dadurch einen sehr entspannten und relaxten Humor, der völlig stimmig zum Ton des Films ist. Die munter-sympathischen Szenen zwischen MacNee und Moore lassen den Zuschauer Tibbetts späteren Tod umso härter treffen. Auch hier lassen sich wieder deutliche Parallelen zu FYEO/Ferrara und OP/Vijay erkennen, wobei die Beziehung zwischen Bond und Tibbett noch tiefergehend erscheint, wohl auch weil Moore und MacNee darstellerisch und rollentechnisch auf Augenhöhe agieren.

Auch wenn AVTAK im Großen und Ganzen ein typischer Serienvertreter seiner Zeit ist, so weist er im Detail dann doch etliche Variationen und Abweichungen zu seinen Kollegen auf. So stellt der Film in seiner oftmals ruhigen und stimmungsvollen Art einen angenehmen Kontrast dar zu den vielen eher auf Tempo und Action setzenden Serienbeiträgen. Diverse bereits in den beiden direkten Vorgängern (wie auch im Non-EON-Vorgänger NSNA) eingeführte Entwicklungen werden konsequent weitergeführt, selbst dem heiklen Altersthema um den in Jahre gekommenen Hauptdarsteller wird hier subtil Rechnung getragen. Zwar integriert auch der 15. Bondfilm von EON Productions einige groß angelegte Actionszenen, von denen sich manche gut und manche etwas weniger gut ins Gesamtbild des Films einfügen, aber dennoch ist AVTAK in erster Linie ein Film, der auf Atmosphäre und Spannung setzt denn auf Action- und Schauwertbombast. Unterstrichen wird dies von einem durchdachten Drehbuch und einer weitgehend effektiv arbeitenden Inszenierung sowie einem starken Soundtrack von John Barry und einer nahezu durch die Bank sehr guten Besetzung. Kleinere Längen vor allem in der zweiten Hälfte sowie diverse zum seriösen Grundton des Films nicht so ganz passend erscheinende Action- und Humorszenen trüben den ansonsten guten Eindruck, ohne das Roger Moores ansonsten gelungene Abschiedsvorstellung dadurch jedoch ernsthaft beschädigt werden würde.

Wertung: 7,5 / 10
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Maibaum
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Schön geschrieben.

Inhaltlich allerdings sehe ich das meiste konträr. Oder zumindest sehr vieles.
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Niklas
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Sehr schöne Bewertung, der ich zum größten Teil zustimmen kann!
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Niklas
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Ich habe den Film mal wieder gestern Abend gesehen und möchte einfach mal ein paar kurze Worte dazu schreiben.

Zuallererst ist mir aufgefallen, dass es sehr viele Anlehnungen an GF gibt, wie zum Beispiel die Konferenz im Luftschiff oder als Bond sich Notizen macht, während er eine Rede von Zorin hört. Ich weiß nicht, ob das überhaupt gewollt war, aber mir gefällt es :wink: .

Ich muss aber auch sagen, dass ich denn ganzen ersten Teil irgendwie schon fast langweilig finde. Die Szene im Büro von Zorin ist sehr cool, weil es von beiden Schauspielern eine top Leistung war und die Synchro eine Bombe ist. Dann natürlich die Szene am Anfang und den Main-Title inklusive Song. Auch hier hat Binder, Barry und Duran Duran eine top Leistung abgeliefert. Der Rest in der ersten Hälfte ist nicht extrem sehenswert.

Spätesten ab dem Gebäudebrand geht es natürlich richtig los. Richtig geil ist ja auch May Day, als sie auf Zorin sauer wird :lol: .

Alles in allem ist AVTAK eigentlich ein netter Film. Ich verstehe nicht, was einige gegen ihn haben :wink: !
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dernamenlose
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Niklas hat geschrieben:Alles in allem ist AVTAK eigentlich ein netter Film. Ich verstehe nicht, was einige gegen ihn haben :wink: !
Das ist mir auch ein Rätsel.
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danielcc
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Genau DAS haben einige gegen den Film... er ist "nett"
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Nico
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Niklas hat geschrieben:Auch hier hat Binder [...] eine top Leistung abgeliefert.
Naja.
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Blofeld71
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Niklas hat geschrieben: Auch hier hat Binder, eine top Leistung abgeliefert.
ähm ......................sorry, aber das war eine grottenschlechte leistung
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Nico
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Meine Rede.
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AnatolGogol
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Blofeld71 hat geschrieben:
Niklas hat geschrieben: Auch hier hat Binder, eine top Leistung abgeliefert.
ähm ......................sorry, aber das war eine grottenschlechte leistung
warum das denn? Ich mag das Spiel mit Feuer und Eis sowie die Einbindung der Neon-Optik sehr gern. Sind auch ein paar sehr nette optische Einfälle enthalten, etwa die kreisrunden "Laserschüsse" aus Bonds Walther. Auch gefällt mir wie Bond immer mal wieder auf- und abtaucht, passt gut dazu, dass er einen Großteil des Films under cover ermittelt.
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Hannes007
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Anatol, ich bin da auf deiner Seite. Mir gefällt die Neonoptik in Verbindung mit dem Titelsong sehr!
"Warum hast du ihn geheiratet? - "Er hat mir gesagt er liebt mich." - "Das klingt immer gut."

Tomorrow never dies (1997)
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Niklas
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Ja mir auch. Ich weiß gar nicht was daran so schlecht sein, wenn ich ehrlich sein soll.
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NickRivers
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Schaue mir den Film gerade auf ATV an!
Seit letzter Sichtung wurde es nicht besser.
Ich frag mich, was das ganze Intermezzo am Eiffelturm für einen Sinn gehabt haben soll? Nur um von Aubergine zu erfahren, dass Zorin eine größere Pferdeshow plant, nachdem dieser schon wegen des Chips sowieso verdächtigt wird, unsaubere Geschäft mit der SU zu machen?
Grace Jones war auch so eine Gewitterziege mit Kurzzeitpopularität in den 1980igern. Die verschwand so schnell, wie sie kam. Sie war so eine Art Prä "Madonna", nur bei weitem nicht so dauerhaft erfolgreich. OK im Film war sie genauso eine Niete, in der Musik war Madonna wesentlich längerer Erfolg beschieden, obwohl ich auch nie ein Fan von letzterer war.
BTW in der Werbung für AVTAK damals wurde May Day als ebenbürtige Kontrahentin Bonds angepriesen. Das zeigt, wie wenig man schon damals Achtung vor den Bond Villans und Handlanger hatte.
"There is sauerkraut in my lederhosen."
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Casino Hille
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NickRivers hat geschrieben:Ich frag mich, was das ganze Intermezzo am Eiffelturm für einen Sinn gehabt haben soll?
Ohne dieses würde es keine Action geben, was in einem Actionfilm stark hinderlich wäre.
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Let the sheep out, kid.
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