Die Filme des Oliver Stone
- GoldenProjectile
- 'Q Branch' - MODERATOR
- Beiträge: 9899
- Registriert: 22. August 2010 17:56
- Lieblings-Bondfilm?: OHMSS, TSWLM, LTK
- Lieblings-Bond-Darsteller?: George Lazenby
- Wohnort: Bern
Über Platoon zu reden ist durchaus immer eine gute Idee, der Ansatz deiner Interpretation gefällt mir schon mal sehr gut, ich könnte da bei der einen oder anderen Szene auch noch ins Detail gehen. Allerdings würde ich ihn vorher gerne noch einmal sehen, und bin jetzt noch bis Samstagabend weg.AnatolGogol hat geschrieben:GP, wir sollten hier unbedingt mal etwas tiefergehend über Platoon diskutieren (ich war erstaunt, dass in den weiten des Forums keine Kritik von dir zu diesem von dir so hochgeschätzten FIlm zu finden ist). Hab ihn gestern mal wieder gesehen und irgendwie grossen Redebedarf.![]()
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.
Let the sheep out, kid.
- AnatolGogol
- Agent
- Beiträge: 7671
- Registriert: 10. Dezember 2010 16:22
- Lieblings-Bond-Darsteller?: Roger Moore
Mmmh, das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Schwer zugänglich würde ich nicht sagen, schwere Kost aber schon. Auf der obersten Ebene funktioniert der Film durchaus auch als packender Kriegsfilm, wobei die Action sicherlich nicht dem klassischen Unterhaltungskriegsfilm entspricht. Es sind sehr harte und derbe Szenen dabei wie der Film generell seinen Zuschauer auf emotionaler Ebene stark beansprucht. Also sicher kein Feelgood-Movie (wenn man nicht gerade Frank Drebin heisst http://webmbassy.com/05667Agent 009 hat geschrieben:Ungesehen hier liegen. Wollte den mit meiner Mrs gucken. Ist das eher ein schwer zugänglicher Film oder recht simpel?

Ach stimmt, du hattest es ja gesagt, dass du momentan unterwegs bist. Dann komm erst mal wieder gut zurück und dann können wir ja den Dingen auf den Grund gehen.GoldenProjectile hat geschrieben:Über Platoon zu reden ist durchaus immer eine gute Idee, der Ansatz deiner Interpretation gefällt mir schon mal sehr gut, ich könnte da bei der einen oder anderen Szene auch noch ins Detail gehen. Allerdings würde ich ihn vorher gerne noch einmal sehen, und bin jetzt noch bis Samstagabend weg.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
- vodkamartini
- Agent
- Beiträge: 12065
- Registriert: 8. Dezember 2005 14:17
- Lieblings-Bondfilm?: Octopussy
- Lieblings-Bond-Darsteller?: Sean Connery
- Wohnort: Bayern
- Contact:
Genauso würde ich das auch sehen. Dennoch einer der besten Beiträge zum Thema Vietnam. Und Berenger ist in der Tat das finstere Zentrum des Films und war nie besser.
http://www.vodkasreviews.de
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
- AnatolGogol
- Agent
- Beiträge: 7671
- Registriert: 10. Dezember 2010 16:22
- Lieblings-Bond-Darsteller?: Roger Moore
Dass er nie besser war würde ich noch nicht einmal sagen, ich fand ihn in Rough Riders mindestens ebenbürtig. Eine komplett andere Rolle, aber mindestens genau so fordernd und zudem mit dem Handicap eine historisch sehr gut dokumentierte Persönlichkeit glaubhaft verkörpern zu müssen inklusive deren Spleens, aber ohne die Figur dadurch in irgendeiner Form der Lächerlichkeit preis zu geben. Berenger als Roosevelt ist schon ganz, ganz große Darstellerkunst.vodkamartini hat geschrieben:Und Berenger ist in der Tat das finstere Zentrum des Films und war nie besser.
Platoon ist für mich auch nicht frei von (kleineren) Mängeln, aber wie vodka schon schrieb fraglos einer der besten Beiträge zum Thema Vietnam und wenn man man es nur auf "reine" Kriegsfilme bezieht (also Filme wie Born on the 4th of July oder The Deer Hunter außen vor lässt) dann wohl sogar der beste zu diesem Thema.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
Aber diese Beiden sind trotzdem die noch einmal deutlich faszinierenderen Filme. Und dann wäre da noch Apo Now, außer du hälst den auch für einen den man außen vor lassen sollte. Und was ist mit Full Metal Jacket?AnatolGogol hat geschrieben:
Platoon ist für mich auch nicht frei von (kleineren) Mängeln, aber wie vodka schon schrieb fraglos einer der besten Beiträge zum Thema Vietnam und wenn man man es nur auf "reine" Kriegsfilme bezieht (also Filme wie Born on the 4th of July oder The Deer Hunter außen vor lässt) dann wohl sogar der beste zu diesem Thema.
- AnatolGogol
- Agent
- Beiträge: 7671
- Registriert: 10. Dezember 2010 16:22
- Lieblings-Bond-Darsteller?: Roger Moore
Der 4.7. und die Hirschjagd in der Hölle sind auch für mich die deutlich fasznierenderen Filme, aber beides sind keine Filme die die "praktische Seite" des Krieges in den Vordergrund stellen. Das ist bei Full Metal Jacket dann schon der Fall, wobei ich den nicht sonderlich mag (ausgenommen den sehr gelungenen Grundausbildungsteil). Apo Now bin ich mir unschlüssig, eigentlich wird der Krieg auch eher als Metapher vermittelt finde ich und daher passt er besser zu Deer Hunter als zu Platoon.Maibaum hat geschrieben:Aber diese Beiden sind trotzdem die noch einmal deutlich faszinierenderen Filme. Und dann wäre da noch Apo Now, außer du hälst den auch für einen den man außen vor lassen sollte. Und was ist mit Full Metal Jacket?
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
- GoldenProjectile
- 'Q Branch' - MODERATOR
- Beiträge: 9899
- Registriert: 22. August 2010 17:56
- Lieblings-Bondfilm?: OHMSS, TSWLM, LTK
- Lieblings-Bond-Darsteller?: George Lazenby
- Wohnort: Bern
Also, jetzt doch mal ein kurzer Abriss meinerseits zu Platoon: (Da Connor evtl. mitliest mit Spoiler Tags)
Das hier ist meine Lieblingsszene aus dem Film. Die erste Hälfte habe ich bereit erwähnt, das ist die (dem Thema völlig angemessen) seltsam irrationale aber dabei vollkommen befriedigende Aufnahme des jungen Chris in den Kreis derjenigen, die sich entschlossen haben ihre Unschuld, Menschlichkeit und Wurzeln um keinen preis aufzugeben, geleitet und personifiziert von Elias. Beim zweiten Teil der Szene ist der Song sehr wichtig, hier noch einmal der Text dazu:
People say I'm the life of the party
'Cause I tell a joke or two
Although I might be laughin' loud and hearty
Deep inside I'm blue
So take a good look at my face
You'll see my smile looks out of place
If you look closer, it's easy to trace
The tracks of my tears
I need you, need you
Since you left me if you see me with another girl
Seemin' like I'm havin' fun
Although she may be cute
She's just a substitute
Because you're the permanent one
So take a good look at my face
You'll see my smile looks out of place
If you look little bit closer, it's easy to trace
The tracks of my tears
I need you, need you
Outside, I'm masquerading
Inside, my hope is fading
Just a clown, ooh yeah
Since you put me down
My smile is my make up
I wear since my break up with you
Baby take a good look at my face
You'll see my smile, looks out of place
Yeah just a closer, it's easy to trace
The tracks of my tears
Baby baby baby baby baby
Good look at my face
Yeah you'll see my smile, looks out of place
Look a little bit closer, it's easy to trace
Yeah the tracks of my tears
Oh yeah, baby baby
Die Aussage des Liedtextes sollte klar sein. Das ist eine wunderbare Allegorie für den Zustand der Figuren auf der Leinwand, und dabei unendlich traurig und schön zugleich. Sie feiern absolut hemmungs- und schamlos (man beachte wie diese "harten Soldaten" hier halbnackt und ohne Berührungsängste miteinander tanzen und wie laut und falsch sie singen) und singen darüber dass sie oberflächlich glücklich bleiben aber im Innern verzweifelt sind. Wie sehr sie sich an diesem einen Moment, an dem sie den Krieg für einmal vergessen können, erfreuen finde ich emotional enorm beeindruckend.
Als Kontrast dazu gibt es dann die in dieser YouTube-Version fehlende Szene mit Barnes und seinen Leuten, die genau dazwischen spielt. die Barnes-Truppe ist aggressiv, ihre Freundschaft beim Kartenspiel wirkt falsch und unnatürlich, der Krieg hat ihnen das, woran sich die Elias-Truppe noch erfreuen kann genommen.
Platoon ist strukturell für mich unter anderem eine Hommage bzw. Variation von Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues. In beiden ist der Protagonist in erster Linie ein "Normalo", ein völlig unschuldiger Kerl, der an die Front eines Krieges gerät und dort mehr und mehr mit dem Grauen, aber auch mit den positiven Seiten der Kameradschaft konfrontiert wird. Bei Platoon ist das klar definiert in den beiden Figuren Barnes und Elias. Barnes ist das Böse, einer der durch den Krieg verdorben wurde und keine Menschlichkeit mehr kennt, eigentlich auch eine tragische Figur, da er dem Unwesen des Krieges nicht standhalten konnte und so auf die "dunkle Seite" gefallen ist. Elias dagegen ist der Gute, der optimistische Kamerad, der Schutzengel der Soldaten, der sich gegen den bösen Barnes erhebt und denen die es wollen Trost und Zuflucht bietet. Seine Figur hat in Bezug auf diese Eigenschaften fast schon surreale Aspekte, etwa in seinem ersten "richtigen" Auftritt, als er wie ein halbnackter Engel vor Chris bzw. der Kamera thront und seltsamerweise sagt "Then the worm has definitely turned for you, man." und "Feelin' good is good enough" (gefolgt von einer noch ikonographischeren Einstellung, als er aus dem Nichts eine Flinte zückt um Chris in den Kreis seiner Anhänger aufzunehmen). Alles nachzusehen im unten verlinkten Video.AnatolGogol hat geschrieben:Interessant ist auch die Hauptfigurenkonstellation und was man da alles hineininterpretieren kann. Ich tendiere mittlerweile dazu, die Hauptfiguren als Stellverteter für Teile der amerikanischen Gesellschaft zu sehen und die Ereignisse des FIlms als Spiegelbild dessen, wie Amerika mit Vietnam und seiner Armee während und nach dem Krieg umging. Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren, wie du die Figuren interpretierst, gerade auch Chris und seine finale "Abrechnung" mit Barnes. Ist Chris für dich eine positive Figur?
Spoiler
Ein Grossteil der Spannung in der zweiten Hälfte resultiert dann daraus, dass die "Guten" ihren letzten wirklichen Draht zur Unschuld in Gestalt von Elias verlieren, wenn dieser vom "Bösen" in Form von Barnes besiegt wird, und wie Chris selber mit der "dunklen Seite" arbeiten muss, um Barnes zu besiegen und dabei gegen einen eigentlichen Kameraden kämpft. Für mich behält er aber dann zuletzt zumindest einen Teil seiner "Beobachter und Mitläufer"-Position, da der Krieg für ihn im Anschluss vorbei ist und er nach Hause gehen kann. Inwiefern das ein Triumph ist oder ob er doch nicht auch Einiges von dem "Bösen" mit sich nimmt, bleibt weitgehend offen.
Hmm, das ist alles schwieriger zu beschreiben als ich dachte.
Hmm, das ist alles schwieriger zu beschreiben als ich dachte.
Das hier ist meine Lieblingsszene aus dem Film. Die erste Hälfte habe ich bereit erwähnt, das ist die (dem Thema völlig angemessen) seltsam irrationale aber dabei vollkommen befriedigende Aufnahme des jungen Chris in den Kreis derjenigen, die sich entschlossen haben ihre Unschuld, Menschlichkeit und Wurzeln um keinen preis aufzugeben, geleitet und personifiziert von Elias. Beim zweiten Teil der Szene ist der Song sehr wichtig, hier noch einmal der Text dazu:
People say I'm the life of the party
'Cause I tell a joke or two
Although I might be laughin' loud and hearty
Deep inside I'm blue
So take a good look at my face
You'll see my smile looks out of place
If you look closer, it's easy to trace
The tracks of my tears
I need you, need you
Since you left me if you see me with another girl
Seemin' like I'm havin' fun
Although she may be cute
She's just a substitute
Because you're the permanent one
So take a good look at my face
You'll see my smile looks out of place
If you look little bit closer, it's easy to trace
The tracks of my tears
I need you, need you
Outside, I'm masquerading
Inside, my hope is fading
Just a clown, ooh yeah
Since you put me down
My smile is my make up
I wear since my break up with you
Baby take a good look at my face
You'll see my smile, looks out of place
Yeah just a closer, it's easy to trace
The tracks of my tears
Baby baby baby baby baby
Good look at my face
Yeah you'll see my smile, looks out of place
Look a little bit closer, it's easy to trace
Yeah the tracks of my tears
Oh yeah, baby baby
Die Aussage des Liedtextes sollte klar sein. Das ist eine wunderbare Allegorie für den Zustand der Figuren auf der Leinwand, und dabei unendlich traurig und schön zugleich. Sie feiern absolut hemmungs- und schamlos (man beachte wie diese "harten Soldaten" hier halbnackt und ohne Berührungsängste miteinander tanzen und wie laut und falsch sie singen) und singen darüber dass sie oberflächlich glücklich bleiben aber im Innern verzweifelt sind. Wie sehr sie sich an diesem einen Moment, an dem sie den Krieg für einmal vergessen können, erfreuen finde ich emotional enorm beeindruckend.
Als Kontrast dazu gibt es dann die in dieser YouTube-Version fehlende Szene mit Barnes und seinen Leuten, die genau dazwischen spielt. die Barnes-Truppe ist aggressiv, ihre Freundschaft beim Kartenspiel wirkt falsch und unnatürlich, der Krieg hat ihnen das, woran sich die Elias-Truppe noch erfreuen kann genommen.
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.
Let the sheep out, kid.
Aber dieser Dualismus zwischen dem "guten" und dem "bösen" Soldaten der war mir schon immer zu schlicht.
Es gibt auch einen interessanten Erzählfehler. Als die Amis ihre eigenen Leute mitbombardieren wechselt Stone auf die Kommandoebene, wechselt also die Erzählperspektive. Was für eine Dummheit, aber zu Stones üblicher Überdeutlichkeit, da hätte er bei den GIs bleiben müssen, zeigen wie die Feuerwalze über sie hinwegrollt, und dann später erst erklären, daß es die eigene Truppe war die da ein paar eigene Opfer in Kauf genommene hat.
Es gibt auch einen interessanten Erzählfehler. Als die Amis ihre eigenen Leute mitbombardieren wechselt Stone auf die Kommandoebene, wechselt also die Erzählperspektive. Was für eine Dummheit, aber zu Stones üblicher Überdeutlichkeit, da hätte er bei den GIs bleiben müssen, zeigen wie die Feuerwalze über sie hinwegrollt, und dann später erst erklären, daß es die eigene Truppe war die da ein paar eigene Opfer in Kauf genommene hat.
- AnatolGogol
- Agent
- Beiträge: 7671
- Registriert: 10. Dezember 2010 16:22
- Lieblings-Bond-Darsteller?: Roger Moore
GP, das sind interessante Interpretationen. Für mich vor allem deshalb so interessant, weil meine persönliche Interpretation von Film und Figuren um einiges „grauer“ und weniger eindeutig ist. Dies gilt insbesondere für die Chris-Figur, die für mich von Stone auffällig mitläuferisch, opportunistisch, heuchlerisch und auch in ihrem Tun zuweilen sehr negativ gezeigt wird. Auch daher drängt sich mir der bereits angerissene Interpretationsansatz auf, dass die drei zentralen Figuren von Stone charakterlich sehr bewusst als Spiegelbilder für einen jeweiligen Teil der amerikanischen Gesellschaft angelegt wurden.
Spoiler
Chris würde ich als Symbol für die amerikanische Mittelschicht sehen, die gutgläubig und naiv der Politik ihrer Regierung folgt. Der Krieg muss mitgetragen werden (ergo meldet sich Chris freiwillig zum Dienst in Vietnam), man ist sich des Ausmaßes des Krieges nicht bewusst und hat eigentlich auch im Verlauf des Krieges keine eigene Meinung, lässt sich aber sehr leicht beeinflussen. Barnes könnte man als Stellvertreter für die amerikanische Kriegsmaschninerie sehen. Sie wird benötigt (Chris braucht Barnes Erfahrung und Führung, um als Neuling in Vietnam überhaupt überleben zu können) und man akzeptiert auch ihre negativen Seiten, da der Zweck die Mittel heiligt. Dem gegenüber steht mit Elias das gute Gewissen des Landes (im Wissen um Stones politische Haltung wie auch durch die Schilderung der Elias-Figur drängt sich hier der Verdacht auf, dass es sich um ein linksliberales Gewissen handelt), welches zwar aus Patriotismus den gleichen Krieg mitträgt, aber für das Menschlichkeit und Gerechtigkeit unabdingbar sind und für das der Zweck eben nicht jedes Mittel heiligt.
Überträgt man diesen Interpretationsansatz auf die Handlung, dann lässt sich das amerikanische Volk von der Kriegsmaschinerie „einwickeln“ (hier ist vor allem Chris „Durchdrehen“ während des Massakers im Dorf exemplarisch, als er den „lachenden“ Vietnamesen mit seiner M16 zum tanzen bringt und kurz davor steht, auf die gleiche Ebene wie Barnes zu sinken), hat aber immer noch einen Rest an Menschlichkeit und ein offenes Ohr für das politische Gewissen. Jedenfalls so lange, bis die Kriegsmaschinerie endgültig das politische Gewissen mundtot macht (Barnes „tötet“ Elias nur mit Hilfe bzw. durch die Tatenlosigkeit von Chris, der leichtgläubig genug ist auf die Lüge von Barnes reinzufallen und so mitverantwortlich für den Tod von Elias ist). Das Volk lamentiert über den Krieg, ist aber nicht bereit wirkliche Veränderungen herbeizuführen (Nixon wird wiedergewählt). Erst als der Krieg verloren ist (bzw. die Schlacht im Film vorüber ist) „tötet“ man in einem feigen Akt die Kriegsmaschinerie (bzw. fällt den heimkommenden Soldaten „in den Rücken“ und lässt sie die Verachtung spüren für etwas, für das sie selbst mitverantwortlich ist).
Möglicherweise in manchem etwas weit hergeholt, aber gerade durch die in meinen Augen sehr negativ gezeichnete Chris-Figur (gibt es überhaupt eine moralische Rechtfertigung für seine Abrechnung mit Barnes?) drängt sich mir der Verdacht auf, dass Stone hier exemplarisch Amerikas breite, schweigende Masse den Spiegel vorhalten will. Wegen Chris funktioniert für mich die von dir gezogene Parallele zu Im Westen nichts neues dann auch nicht so ganz, da die dortige Hauptfigur Paul Bäumer sich nie so instrumentalisieren lässt und von sich aus immer seine Menschlichkeit behält. Im Gegensatz zu Platoon fehlt hier auch das negative Gegengewicht zum Elias-Pendant Kat, wodurch Paul nie wirklich vor die Wahl gestellt wird.
Überträgt man diesen Interpretationsansatz auf die Handlung, dann lässt sich das amerikanische Volk von der Kriegsmaschinerie „einwickeln“ (hier ist vor allem Chris „Durchdrehen“ während des Massakers im Dorf exemplarisch, als er den „lachenden“ Vietnamesen mit seiner M16 zum tanzen bringt und kurz davor steht, auf die gleiche Ebene wie Barnes zu sinken), hat aber immer noch einen Rest an Menschlichkeit und ein offenes Ohr für das politische Gewissen. Jedenfalls so lange, bis die Kriegsmaschinerie endgültig das politische Gewissen mundtot macht (Barnes „tötet“ Elias nur mit Hilfe bzw. durch die Tatenlosigkeit von Chris, der leichtgläubig genug ist auf die Lüge von Barnes reinzufallen und so mitverantwortlich für den Tod von Elias ist). Das Volk lamentiert über den Krieg, ist aber nicht bereit wirkliche Veränderungen herbeizuführen (Nixon wird wiedergewählt). Erst als der Krieg verloren ist (bzw. die Schlacht im Film vorüber ist) „tötet“ man in einem feigen Akt die Kriegsmaschinerie (bzw. fällt den heimkommenden Soldaten „in den Rücken“ und lässt sie die Verachtung spüren für etwas, für das sie selbst mitverantwortlich ist).
Möglicherweise in manchem etwas weit hergeholt, aber gerade durch die in meinen Augen sehr negativ gezeichnete Chris-Figur (gibt es überhaupt eine moralische Rechtfertigung für seine Abrechnung mit Barnes?) drängt sich mir der Verdacht auf, dass Stone hier exemplarisch Amerikas breite, schweigende Masse den Spiegel vorhalten will. Wegen Chris funktioniert für mich die von dir gezogene Parallele zu Im Westen nichts neues dann auch nicht so ganz, da die dortige Hauptfigur Paul Bäumer sich nie so instrumentalisieren lässt und von sich aus immer seine Menschlichkeit behält. Im Gegensatz zu Platoon fehlt hier auch das negative Gegengewicht zum Elias-Pendant Kat, wodurch Paul nie wirklich vor die Wahl gestellt wird.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
- GoldenProjectile
- 'Q Branch' - MODERATOR
- Beiträge: 9899
- Registriert: 22. August 2010 17:56
- Lieblings-Bondfilm?: OHMSS, TSWLM, LTK
- Lieblings-Bond-Darsteller?: George Lazenby
- Wohnort: Bern
Dann will ich in der Zwischenzeit ein paar Worte zu The Doors verlieren: Stone zieht alle inszenatorischen Register um ein visuelles Äquivalent zu den psychedelischen und surrealen Klängen der Morrison-Truppe zu liefern. Das ist ihm auf jeden Fall gelungen, seine abstrakten Bilder gehen mit der Musik eine starke Symbiose ein (vor allem die bizarre und glücklicherweise musikalisch ungekürzte The End-Sequenz ist faszinierend) und bauen wiederum den Protagonisten auf. Verglichen mit Morrison sind die übrigen Bandmitglieder lediglich Randfiguren, und auch generell wird der Aspekt der Musikbiografie eher als Aufhänger bzw. Background für die expressive Charakterstudie von Jim Morrison eingesetzt. Der Film folgt damit zwar konsequent seiner Intention, dennoch finde ich die stiefmütterliche Abhandlung von Manzarek, Densmore und Krieger etwas schade, vor allem bei Manzarek. Erstens ist MacLachlan mehr als nur ein grotesk perückierter Agent Cooper, zweitens hätte seine zunehmend bröckelnde Freundschaft zu Morrison Stoff hergegeben, der Stones Vision auch entgegengekommen wäre. Als psychedelischer Morrison-Film ist The Doors aber immerhin weitgehend überzeugend, Kilmer erweckt den Sänger förmlich zum leben und liefert zusammen mit Stone ein eindringliches und vielschichtiges Psychogramm voller menschlicher Abgründe in thematisch wie stilistisch adäquatem audiovisuellem Gewand. In Summe ist The Doors ein gelungener Film mit einem anderen Ansatz als dem von mir erwarteten, einer herausragenden ersten Hälfte und einer guten aber gelegentlich etwas sperrigen zweiten Hälfte. 7,5 Punkte für diesen gelungenen Bruch auf die andere Seite.AnatolGogol hat geschrieben:So lang kann ich nicht warten...
We'll always have Marburg
Let the sheep out, kid.
Let the sheep out, kid.
- Samedi
- Agent
- Beiträge: 21815
- Registriert: 14. März 2006 12:37
- Lieblings-Bondfilm?: GF, TB, LALD, CR, SF, SP, NTTD
- Lieblings-Bond-Darsteller?: Daniel Craig
- Wohnort: San Monique
- Contact:
Für mich ist "JFK - Tatort Dallas" der beste Film von Oliver Stone. Mit einem Staraufgebot, das seinesgleichen sucht und einem genialen Soundtrack von John Williams. Kevin Costner hat hier einen der besten Auftritte seiner Karriere.
#London2025
"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."
"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."
- AnatolGogol
- Agent
- Beiträge: 7671
- Registriert: 10. Dezember 2010 16:22
- Lieblings-Bond-Darsteller?: Roger Moore
GP, deine Erwartungshaltung bzw. dein Wunsch nach mehr Bandportrait ist verständlich angesichts des etwas in die Irre führenden Filmtitels. The Doors ist kein Film über die Doors, noch nicht einmal wirklich über Morrison. Es ist in meinen Augen in erster Linie das Portrait einer Epoche und wie diese von dem Phänomen der Doors mitgeprägt wurde. Als solches funktioniert der Film finde ich sehr gut, auch weil die Ausstattung die späten 60er sehr authentisch zum Leben erwecken. Stones Hang zu experimenteller Bildsprache kann er hier dann auch zum ersten Mal richtig ausleben und ist angesichts dessen, dass Drogenkonsum in der portraitierten Epoche und Gesellschaft eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielt auch mehr als passend. Der Film ist allerdings auch zuweilen dramaturgisch sprunghaft und mäandert gelegentlich gar etwas vor sich hin, jedoch die außerordentlich schauspielerische Verwandlung von Kilmer macht die für mich mehr als wett. Ich würde ihn mittlerweile bei 8 Punkten sehen, aber auch nicht mehr.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"
- Samedi
- Agent
- Beiträge: 21815
- Registriert: 14. März 2006 12:37
- Lieblings-Bondfilm?: GF, TB, LALD, CR, SF, SP, NTTD
- Lieblings-Bond-Darsteller?: Daniel Craig
- Wohnort: San Monique
- Contact:
Hier nochmal die "JFK"-Filmmusik von John Williams:
#London2025
"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."
"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."