Ich akzeptiere das generell eigentlich schon einigermassen, solange es mich oder Leute, denen ich den Film spezifisch zeigen möchte nicht betrifft. Mich verwundert nur der halbgare Ansatz (wie gesagt - warum sollte ein Synchrongucker, der dem Englischen ausweicht, dann mit so vielen französischen Passagen zufrieden sein? Bei IB ist der Fall eben auch, dass schon die Originalfassung a) zu rund einem Drittel in deutscher Sprache ist und b) das Spiel der verschiedenen Sprachen eben integraler Bestandteil der Handlung (da hast du natürlich recht). Will heissen: Wer hier dem Original bewusst ausweicht hat weniger Toleranz gegenüber Fremdsprachen (weil IB im Original da mehr entgegenkommt) als jemand der einen "normalen" Film der Einfachheit wegen synchronisiert sehen will - und hört dann trotzdem so viel Französisch?). Der Punkt, dass die Mehrsprachigkeit den Landa charakterisiert und somit essentiell für den Film ist, trifft zu, aber charakterisierend und essentiell ist eben auch Hicox' Akzent, was durch das normale Hochdeutsch von (*recherchier, recherchier*) Norman Matt dann auch nicht gegeben ist.AnatolGogol hat geschrieben: ↑18. Januar 2020 16:22 Also grundsätzlich muss man bei solchen Überlegungen natürlich bereit sein die Existenz einer Synchro zu akzeptieren. Ich habe IB ehrlich gesagt auch nur einmal in Synchro geschaut und das mehr oder weniger zwangsweise im Kino. Aber die Nicht-Eindeutschung der Französischen Passagen ergibt insofern durchaus Sinn, da dadurch (wie auch die italienischen Kurzpassagen) die Landa-Figur wesentlich charakterisiert wird (und indirekt dadurch auch die amerikanischen Figuren rund um Pitt). Hätte man also gleich alle nicht-deutschen Passagen synchronisiert (bzw. alles, da die deutschen Passagen ja auch synchrinisiert wurden), dann hätte man Landa eines seiner wesentlichen Charaktereigenschaften beraubt und der Film hätte eigentlich gar nicht mehr richtig funktioniert. Die englischen Passagen hingegen sind dahingehend nicht so wesentlich. Ich sage bewusst dahingehend, denn natürlich ist die mehrsprachigkeit elementar und ein vorgegebenes Konzept von Tarantino, das die Synchro durchbricht. Aber da sind wir wieder beim Ausgangspunkt: man muss die Existenz bzw. die Berechtigung einer deutschen Syncho akzeptiereren - auch als das was sie zwangsläufig ist, nämlich einen Eingriff ins Originalwerk.
Okay, der Film setzt natürlich voraus dass Diehl (genau wie ich) die Englische Herkunft nicht raushört, zumindest nicht eindeutig und unmissverständlich. Fassbender spricht in meinen Ohren einige Sätze sogar 99,9+% perfekt aus (wortwörtliches Zitat zum Beispiel:AnatolGogol hat geschrieben: ↑18. Januar 2020 16:22 Mit wortwörtlichen Zitaten kann ich leider nicht dienen (vielleicht kann Nico die ja nachreichen), aber du hast Recht, dass Diehl tatsächlich einen Akzent bemängelt. Was ich meinte ist aber, dass er diesen Akzent so definiert, dass Fassbenders Sprache keinerlei Hinweis auf seine Herkunft gebe. Das macht in stutzig und das spricht er auch an, ich glaube er nennt ihn "Sturmbannführer Heimatlos" (weiss nicht, ob der Dienstgrad stimmt, habs wie gesagt nicht wortwörtlich im Kopf) und belegt das mit der Münchner Herkunft von Burkhard und der Frankfurter Herkunft von Schweiger (wo immer er die auch rausgehört haben mag). Und das passt dann nicht wirklich zusammen, denn entweder er hat einen Akzent (und den hat er ja auch, nämlich einen leichten Einschlag, der ihn als Brite bzw. Ire identifizierbar macht), dann kann man seine Herkunft darüber herleiten oder er hat keinen Akzent (also quasi hochdeutsch), dann ist das nicht möglich. Den hier aufgetischten Fantasie-Akzent, welcher keinerlei Anzeichen über die Herkunft geben soll (= praktisch Hochdeutsch) mag es vielleicht in Tarantinos Kopf geben (und damit berechtigterweise auch in seinem Universum), aber wenn wir hier von "in echt" sprechen, dann ist das Mumpitz.

...ich habe das immer so verstanden dass Diehl zumindest immer noch misstrauisch ist, bzw. unentschlossen ober Fassbender die Geschichte jetzt abkaufen soll oder nicht, und die Sache im Auge behalten möchte. Ich fand immer dass Fassbenders genaue Kenntnisse des "Riefenstahl-Films" mit das beste Argument an der Sache ist, denn wer sonst sollte zu dieser Zeit mit einem deutschen Stummfilm so gut vertraut sein (ausser einem auf Pabst spezialisierten Filmkritiker auf Spionagemission, der er ja ist)? Diehl macht daher zunächst gute Miene und setzt sich dazu, um abzuwarten ob er doch noch Klarheit über die Angelegenheit bekommt, und die kriegt er dann ja in Form der falschen Handgeste. Warum Diehl später nach dem verräterischen Zeichen keine Verstärkung mobilisiert (er hätte sich ja verabschieden und wenig später mit einem Trupp zurückkehren können) das kann man sich tatsächlich fragen, aber das ist halt einer dieser vielen "Hätte, wäre, könnte"-Fälle, die es in jedem Film gibt. Vielleicht hat er befürchtet dass das Grüppchen dann schon weg wäre, oder wollte selber den Ruhm einheimsen?AnatolGogol hat geschrieben: ↑18. Januar 2020 16:22 Man kann die Szene höchstens so lesen, dass Diehl die ganze Zeit mit Fassbender & Co. spielt (was er in gewisser Weise ja auch fraglos tut), sich aber von Anfang an über dessen nichtdeutschen Hintergrund im Klaren ist. Wenn dem so wäre, dann wäre sein Handeln aber auch selten dämlich, denn es wäre vermutlich ein leichtes für ihn gewesen Verstärkung zu holen und den Laden hochzunehmen (irgendwo her muss er ja auch gekommen sein - wie auch die lustig zechenden Mannschaftsdienstgrade, d.h. es ist sicher nicht so, dass im Umkreis von zig Kilometern keine deutschen Einheiten sind).
Okay, die Aussage "In dem Dorf sprechen alle so" ist wirklich etwas unglücklich formuliert, aber auch hier könnte er nur gemeint haben "In dem Dorf klingen alle ungefähr so, wenn sie statt Dialekt Hochdeutsch sprechen wollen".AnatolGogol hat geschrieben: ↑18. Januar 2020 16:22 Das habe ich dann aber deutlich anders in Erinnerung. Fassbender meint doch sogar, dass ALLE in seinem ominösen schweizer Bergkaff so sprechen wie er. ALLE! Und das ohne erkennbaren schwyzerdütschen, italienischen oder ähnlichen Einschlag und stattdessen mit einem lupenreinen Quasi-Hochdeutsch? Auffem Berg in den Schweizer Alpen? Genau das ist es, was für mich dann nicht glaubhaft ist, wie auch die gesamte "Akzent-Geschichte" sehr sehr konstruiert und relatitätsfremd wirkt.
Ich habe das eher so verstanden, dass er sich durch die Sprache und die Kenntnisse von Land und Leuten zumindest durchschummeln kann, nicht, dass er in langen Diskussionen als Deutscher durchgehen muss. Ohne die Einmischung von Diehl und dem betrunkenen Fehling hätte er mit den anderen zumindest am Tisch leise auf deutsch parlieren ("Ich dachte hier kommen mehr Franzosen als Deutsche hin") und kurz angebunden seinen Whisky bestellen können, ohne dass jemand etwas gemerkt hätte, bei der Premiere, zu der er ja eigentlich wollte, hätte er ja auch nicht zwingend viel sagen müssen und die anderen der Vierergruppe (mit Kruger) hätten geschickt davon ablenken können. Diese Truppe wäre zumindest viel glaubwürdiger gewesen als die falschen Italiener (wenn man davon absieht, dass Stiglitz ein gesuchter Serienmörder ist und auch in der Zeitung war, das ist schon eher ein Riss in der Filmlogik...).AnatolGogol hat geschrieben: ↑18. Januar 2020 16:22 Das stimmt alles, aber der Knackpunkt ist doch, dass er als angeblich überzeugend den Deutschen geben kann. Das tut er aber eben nicht.
Der Fassi bringt sich vielmehr selber in Gefahr indem er unnötig viel und laut plappert - vielleicht hat er seine eigenen Deutschkenntnisse ja überschätzt. Als er seiner Autorität als Hauptsturmführer (hier ist der Dienstgrad) Ausdruck verleihen will und den nervigen Fehling unnötig laut und ausführlich ausschimpft sieht man ja, wie Kruger, Burkhard und Schweiger alle ziemlich betreten dreinschauen, im Sinne von "Oh-oh..."