Re: Zuletzt gesehener Film

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AnatolGogol hat geschrieben: 10. Februar 2020 13:23 Carnage hat mich beim ersten Schauen förmlich von den Socken gehauen. Das konnte der Film bei weiteren Sichtungen aber nicht mehr ganz bestätigen, dennoch fällt auch dieser bei mir in die bereits angeführte Kategorie.
Den fand ich damals (damals, als der Mensch noch in Höhlen lebte) sehr theaterhaft und von allen vier Beteiligten sehr künstlich und chargierend gespielt, vor allem die teils geradezu hyperventilierende Frau Foster. Vor ein paar Jahren gab es einen britischen Film, The Party von Sally Potter, der einen sehr ähnlichen Ansatz verfolgt (Kammerspiel in knapp Eineinviertel Stunden, gutbürgerliche Fassaden bröckeln durch zunehmende zwischenmenschliche Eskalationen) mit u.a. Timothy Spall, Kristin Scott Thomas, Cillian Murphy, Patricia Clarkson und Bruno Ganz, den fand ich deutlich besser.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9497
GoldenProjectile hat geschrieben: 10. Februar 2020 13:33 Den fand ich damals (damals, als der Mensch noch in Höhlen lebte) sehr theaterhaft und von allen vier Beteiligten sehr künstlich und chargierend gespielt, vor allem die teils geradezu hyperventilierende Frau Foster.
Aber ist das nicht gerade ein elementares Merkmal einer Farce? Ich fand die wie aufgedreht spielenden Stars höchst vergnüglich, gerade weil es so over-the-top ist im Gegensatz zum trivialen Anlass.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9499
1917 (Sam Mendes)

Bei Mendes neuem Werk möchte ich es mir nicht ganz so einfach machen und versuche bewusst den Film von zwei Seiten zu betrachten, der handwerklichen oder wenn man so will “als normalen Film” und in Bezug auf seine Aussage. Hintergrund ist, dass für mich die intendierte Aussage normalerweise allerhöchstens indirekt Auswirkung auf die subjektiv empfundene Qualität eines Filmes hat, so habe ich idR auch keine Probleme einen gut gemachten Film zu geniessen, dessen vorgetragenes Anliegen mir eigentlich gegen den persönlichen Strich geht. Bei 1917 ist das nicht anders oder eigentlich muss man sagen wäre das auch nicht anders, aber ich greife schon wieder vorweg…

Das Handwerkliche
Bei Mendes nichts neues mag man in Anspielung an den Klassiker des beackerten Genres sagen, denn auch der neuste Ausflug des Briten in das martialische Genre weist verblüffende Stärken und Schwächen wie sein vormaliger Spartenbeitrag Jarhead auf, wie die Parallelen sich auch auf den Grossteil seines restlichen Oevres ziehen lassen. So generiert der Regisseur zusammen mit seinem Kameramann Roger Deakins diverse famose Einstellungen und Momente, welche von der teilweise starken Musik von Thomas Newman gezielt unterstützt werden. Auch verfügt er mit George MacKay über einen hochtalentierten Schauspieler in der Hauptrolle, welcher trotz seines vergleichsweise jungen Alters den Film im Alleingang zu tragen versteht (was er allerdings auch muss, da 1917 über weite Strecken fast schon eine One-Man-Show ist).

Allein was nützt dies alles, wenn der Film in Kerndisziplinen wie Inhalt und Handlungsfluss nur unterdurchschnittliches anzubieten hat. Ähnlich wie Scorseses Irishman kommt auch 1917 mit einem aufs Äusserste reduzierten Inhalt daher (wenn glücklicherweise durch die deutlich kürzere Laufzeit im Endeffekt nicht mit einem ganz so drastischen Effekt). Die Prämisse zwei junge Soldaten müssen einen lebenswichtigen Befehl unter Einsatz ihres Lebens durchs Frontgebiet befördern mag als Basis ausreichen, leider entpuppt sich das was Mendes dann daraus macht aber lediglich als Aneinanderreihung von repitativen Momenten, in denen die Soldaten mit den Tücken des vom Krieg zerstörten Terrains und vereinzelten Feindscharmützeln zu kämpfen haben. Diese Einzelszenen sind beliebig und austauschbar, wie auch die zentralen Charaktere hier kaum nähere Beleuchtung erfahren. Auch Spannung und Dynamik kann die Inszenierung kaum bis gar nicht bieten, stattdessen bewegt sich der Film in einem gleichbleibenden, monotonen Fluss. Dazu trägt auch die gimmickhafte Eintscheidung bei den Film in einer Pseudo-One-Shot-Aufnahme zu drehen, da so trotz aller ausgetüftelter Kamerabewegungen eine merkwürdige Künstlichkeit und Starrheit entsteht. Ein echter Zusammenhang zwischen dieser formalen Entscheidung und dem Inhalt konnte sich mir nicht erschliessen, statt den Zuschauer näher ans Gezeigte zu bringen distanziert es ihn sogar eher.

So muss man unterm Strich leider konstatieren, dass 1917 unter Berücksichtigung aller Stärken und Schwächen höchstens als durchschnittliches Werk eingestuft werden kann.

Wertung: 5,5 / 10


Die Aussage
Mendes selbst propagiert 1917 ja als Anti-Kriegsfilm und diesem „Anspruch“ versucht der Streifen mit diversen stilistischen Elementen auch mit Nachdruck gerecht zu werden (etwa wenn beispielsweise die Schönheit und Reinheit eines Liedes kontrastiert wird mit der bevorstehenden Tod und Zerstörung bringenden Schlacht). Die Aussage „Krieg ist schlecht“ wird dann auch förmlich mit dem Holzhammer dem Publikum eingeimpft. 1917 gibt sich zwar als tiefschürfendes, wichtiges Werk, ist unter etwas genauerer Betrachtung aber das genaue Gegenteil.

“These two soldiers in the film could be Germans. It’s not about the British are great, the Germans are bad.” Sam Mendes

Eine gutgemeinte Richtigstellung des Regisseurs, leider geht sie komplett an seiner Inszenierung vorbei. Denn wenn die beiden Seiten in seinem Film tatsächlich so austauschbar wären wie er es hier darstellen möchte, dann hätte er vielleicht doch nicht alle (!) gezeigten deutschen Soldaten als moralisch verkommene Typen zeigen (entweder meucheln sie hinterhältig arglose Briten (oder versuchen es zumindest) oder sie geben sich willen- und verantwortungslos dem Suff hin) und vor allem nicht auch gleichzeitig das höchste Loblied auf den britschen Soldaten anstimmen sollen, welche durch die Bank in seinem Film als dufte Typen mit felsenfesten moralischen Prinzipien gezeigt werden. Oder wie es in der vorletzten Szene so schön heisst, einfach „gute Menschen“ sind. Diese Regie-Tricks aus der Mottenkiste, welche auf billigste Art die Wichtigkeit des zugrundeliegenden Anliegens, also der Mission der beiden Soldaten, mehr Gewicht und Bedeutung verleihen und gleichzeitig auch die Identifikation des Publikums mit den zentralen Figuren stärken soll sind wahrlich kein Ruhmesblatt für einen so renomierten Regisseur. Zumal diese schamlose Vereinfachung eben auch die Frage aufwirft, welche Aussage Mendes denn nun tatsächlich im Sinn hat.

“I felt an obligation to honour him. It’s important to remember they were fighting for a free and unified Europe.” Sam Mendes

Mal abgesehen davon, dass das der zitierten Aussage zugrundeliegende geschichtliche Verständnis äusserst abstrus ist lässt das Mendes-Zitat auch 1917 in einem sehr merkwürdigen Licht erscheinen. Denn spiegelt man die mit den angeführten vereinfachten, stark wertenden Techniken erzählte Geschichte der tapferen und noblen Briten, die ihre bedeutende und moralisch wertvolle Mission pflichtvoll erfüllen unter Behinderung der hinterhältigen Deutschen aufs große Ganze, dann ergibt sich eine plumpe Rechtfertigung der Millionen von britischer Kriegsopfer mit einem vermeintlich hehren Zweck. Und das ist dann schon bizarr, da so der vorgebliche Anti-Kriegsfilm eigentlich nichts anderes ist als ein Abfeieren von Heldenmut, Tapferkeit und „das richtige zu tun“, bei welchem die Mittel (=Krieg) durch einen moralisch einwandfreien Zweck (=“Freiheit Europas“) gerechtfertigt werden. Ein komplexes bedeutendes Ereignis wird so vereinfacht und aus Sicht des Siegers moralisch sauber in eine zeitgenössisch leicht verständliche Form gebracht, wo schwarz und weiss die Grautöne schon lange abgelöst haben.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9500
Gute Beobachtungen, auch wenn ich den Film in Summe noch etwas positiver sehe. Die "Ländermoral", oder Aussage oder wie man es nennen will geht hier wie in vielen Fällen bei mir zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus, ich konnte da eher drüber schmunzeln, zumindest über die schrecklichen Schiesskünste der Deutschen. Anderweitig ist 1917 halt ein Kriegsfilm, erzählt aus britischer Perspektive, und das relativiert für mich das "hinterhältige Meucheln", ich hätte nicht erwartet dass die mit L/Cpl Dingsbums Tee trinken gehen wollen oder was auch immer. Der One-Take war mal dienlich, mal stand er dem Film eher im Weg, wie auch die einzelnen Episoden der Reise nicht immer alle gleich gut waren, aber tendenziell eher gelungen. Was mich immer noch etwas irritiert ist, dass die Schauplätze praktisch aufeinander zu liegen scheinen, die Reise scheint kaum mehr als einen guten Kilometer auf der Karte einzunehmen. Für den "One-Take" ist das ein beachtliches geographisches Ausmass (wenn auch ein Witz verglichen mit Victoria), für die Handlung passiert mir aber vieles zu sehr "auf einem Haufen".

Zuletzt im Kino gesehen: Little Women (Greta Gerwig) und A Hidden Life (Terrence Malick).

Ich war ja begeistert von Gerwigs letztem Film Lady Bird und auch ihre 92. Adaption des Romanklassikers hat weitgehend überzeugt. Ein Vergleich mit der Vorlage oder früheren Verfilmungen fällt schwer, da bei mir ein unbeschriebenes Blatt, aber Gerwig arrangiert ihre zwei parallelen Erzählebenen sehr schön (auch wenn die Zeitsprünge im ersten Akt noch etwas schwer einzuordnen bzw. zu erkennen waren) und schafft schöne Figuren, bei denen man sich mehr und mehr selber als Teil der Familie fühlt. Okay, Emma Watson kann nicht wirklich gut schauspielern, Saoirse Ronan dafür umso mehr, und die anderen zwei Schwestern, und der charismatische Chris Cooper und die mal wieder richtig gute Laura Dern, und sogar Frau Oscar war ganz amüsant in einer kleinen Rolle. Über allem thront der Meister, der König, der Chalamet, in einer für ihn massgeschneiderten Rolle.

Malicks neuer Film erzählt die Geschichte des zum Martyrer gestempelten Wehrdienstverweigerers Franz Jägerstätter im Zweiten Weltkrieg. Ein - wie kann es bei dem Regisseur anders sein? - richtig schöner und einzigartig mit seinen Landschaften spielender Film, der nicht ganz an Malick Grosstaten heranreicht, aber besser ist als seine letzten zwei Filme Knight of Cups und Song to Song, die beide etwas ziellos waren, sich zu sehr in ihrer malickesken Spiritualität verloren. A Hidden Life ist da zielgerichteter und die spirituelle Ebene besser zum Rest des Films austariert. Die sehr üppige Laufzeit von fast drei Stunden hat sich jedenfalls trotz des sehr meditativen Erzähltempos kaum bemerkbar gemacht.

8/10 für beide.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9501
iHaveCNit: Bombshell (2020)
14.02.2020


Der #metoo ist in Hollywood seit dem Fall Harvey Weinstein nicht mehr wegzudenken und es ist wichtig darauf aufmerksam zu machen, dass sich sowohl Frauen als auch Männer untereinander im beruflichen Umfeld mit der notwendigen Distanz und Respekt behandeln und die entscheidungstragenden Chefetagen ihre Macht nicht für niedere Zwecke missbrauchen. Das Büro oder allgemein der Arbeitsplatz als Ort für niedere Zwecke sollte nur Bestandteil der Fiktion von Filmen der diskreten Erwachsenenunterhaltung sein – in der Realität hat das nichts zu suchen. Unabhängig von der Machtposition der Chefetagen hat #metoo gezeigt, dass sich auch die Misshandelten in einer Machtposition befinden. Es reicht den Mund aufzumachen und das Thema an die Öffentlichkeit zu bringen. Gesellschaftlich ist es auch wesentlich einfacher sich mit Opfern als mit Tätern zu solidarisieren. Klar gab es auch in der ganzen Welle von #metoo durchaus die ein oder andere falsche Beschuldigung und es wurde versucht aus unbedeutenden Kleinigkeiten Profit zu schlagen – wohin so etwas führen kann und wie es aussieht, wie das Leben eines Mannes in diesem Fall nachhaltig zerstört wird, zeigt der dänische Film „Jagten“ von Thomas Vinterberg“ mit Mads Mikkelsen. Aber sowohl im Falle von Weinstein als auch dem Film „Bombshell“ ist von falschen Beschuldigen nicht die Rede. Denn bevor es zum Fall von Weinstein gekommen ist, sah sich erst einmal der konservative, republikanische Schöpfer von FoxNews Roger Ailes einer Reihe von Anschuldigungen konfrontiert, die ihn schließlich zu Fall brachten, bevor er einige Zeit später verstorben ist.

Megyn Kelly ist das Gesicht von FoxNews. Als sie jedoch bei einer Debatte zum Vorwahlkampf der Republikaner den Kandidaten Donald Trump mit gezielten Fragen zu dessen niederen Ansichten über Frauen konfrontiert und öffentlich danach angeprangert wird, kann sie nicht auf die Unterstützung ihres Chefs Roger Ailes setzen, da dieser persönlich mit Trump gut vernetzt ist. Währenddessen sinkt der Stern der Journalistin Gretchen Carlson innerhalb von FoxNews, bis man sie letztendlich kalt stellt. Sie trifft die Entscheidung Roger Ailes zu verklagen weil sie sich dauerhafter sexueller Belästigung, Nötigung und Drohung gegenüber gesehen hat. Danach meldet sich eine Reihe Unterstützender, nur Megyn Kelly bleibt noch neutral – genau wie die junge aufstrebende Journalistin Kayla Pospisil, die nach einem Meeting hinter verschlossenen Türen bei Roger Ailes in der Gunst aufsteigt.

„Bombshell“ war bei der aktuellen Oscarverleihung in 3 Kategorien nominiert – Beste Hauptdarstellerin, Beste Nebendarstellerin und Bestes Make-Up/Hairstyling. In der letztgenannten Kategorie hat er dann auch gewonnen. Klar könnte man diskutieren, ob das nicht ein wenig oberflächlich und nicht gar vielleicht auch „sexistisch“ sein kann dass ein Film über Frauen auch in dieser Kategorie letztendlich ausgezeichnet wird, aber die Frage stellt sich für mich überhaupt nicht. Wenn die Mitglieder der Academy aus diesem Bereich der Meinung waren, dass hier ein guter Job gemacht worden und die Leistung am ehesten auszeichnungswürdig ist, dann ist das eben so. Und ich finde auch, dass man hier einen tollen Job gemacht hat. Am stärksten kommt das dann auch bei Charlize Theron rüber, die vollends in ihrer Rolle der Megyn Kelly verschmilzt und fast nicht als Charlize Theron zu erkennen ist. Die Frage ist natürlich wie viel hier bei Jon Lithgow in der Rolle von Roger Ailes notwendig war, es fühlt sich auf jeden Fall stimmiger an als zum Beispiel bei der Transformation eines Russell Crowe, der Ailes in der Serie „The Loudest Voice“ dargestellt hat. Bei der Performance jedoch nehmen sich beide gegenseitig nicht die Butter vom Brot, denn beide sind großartig in der sehr fiesen Darstellung von Ailes. Bei einem Charakter, der ebenfalls in der Serie als auch dem Film auftaucht und eine Schlüsselrolle einnimmt nehmen sich beide Darstellerinnen ebenfalls nicht die Butter vom Brot. Sowohl Naomi Watts als auch Nicole Kidman leisten Großartiges in der Rolle von Gretchen Carlson. Die Rolle der jungen aufstrebenden Journalistin Kayla Pospisil hingegen wurde für den Film frei erfunden und steht für eine Vielzahl junger Damen, die auf der Suche nach einer großen Karriere bei FoxNews waren und dafür Ailes ihre Loyalität beweisen mussten. Ihre Leistung in der Rolle hat mir von allen Darstellungen in diesem Fall am Besten gefallen. Interessant wäre es gewesen, hätte der Film auch noch den Platz für z.B. den Charakter von Laurie Luhn gefunden, die in „The Loudest Voice“ von Annabelle Wallis gespielt wird und hier in sehr harten Szenen ein extrem ambivalentes Bild des perfiden Systems aufzeigt, mit dem Ailes auch mit Frauen umgegangen ist und seine Macht hier eindeutig missbraucht hat. Aber auch so ist „Bombshell“ ein sehr nachhallender und eindringlicher Film geworden, der in einigen Szenen sehr unangenehm und hart ist. Dabei versucht der Film sehr ambivalent und möglichst ausdifferenziert das Thema zu behandeln, wobei vor allem berechtigte Fragen im Raum stehen, die die Frage stellen ob die Frauen nicht auch selbst die Entscheidungen zugunsten der Karriere getroffen haben und ob die Opferrolle, in die sich die Damen am Ende positionieren berechtigt ist – Bei einer Sache bin ich mir jedoch wie wohl jeder einig – Das Verhalten eines Roger Ailes – und in dieser Folge auch von Harvey Weinstein und Konsorten unentschuldbar, so dass man sich als Mann dafür schämt, dass es überhaupt solche Typen gibt, die sich gegenüber Frauen so verhalten. Aber ich bin grundsätzlich gegen eine pauschale Vorverurteilung von Männern, weil ich der Meinung bin, dass es sich bei einigen der Namen die im Rahmen von #metoo gefallen sind um extreme, individuelle Einzelfälle handelt und grundsätzlich kein gesamtgesellschaftlich strukturelles Problem vorliegt. Nur die Frage ist natürlich, ob der Film mit seiner Laufzeit nicht etwas zu kurz ist um allen Handlungssträngen und diskutablen Themen die notwendige Tiefe zu geben und ob der Film auch die etwas an Adam McKays „The Big Short“ erinnernde dynamische, schnelle, mit Informationen nur so erschlagende Inszenierung gebraucht hätte – oder ob dies dem Film ein wenig von seiner Kraft nimmt.

„Bombshell“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9502
iHaveCNit (again):

Sondervorstellung: Parasite

Mein Film des Jahres 2019 und nach seinem großartigen Triumph bei den Oscars wollte ich ihn nochmal sehen und da hat mein Multiplex um die Ecke eine Vorstellung in Onyx LED 4K angeboten. Die Vorstellungen in einem anderen meiner Kinos von Parasite sind bereits wochenlang mit ausverkauften Sälen gesegnet und das war im Kinopolis Main-Taunus heute auch fast der Fall, bis auf wenige Sitze war der Saal fast ausverkauft und das Publikum hat im Saal auch den gesamten Film über die richtige Stimmung mitgebracht, so dass mir der Film nochmal eine Ecke besser gefallen hat, als damals als ich ihn am Starttag gesehen habe. Und es hat mich einfach gefreut mit zu erleben, wie auch viele andere an dem Film ihre Freude hatten. Das Publikum hat es verdient und natürlich auch dieser großartige Film.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9503
iHaveCNit: Nightlife (2020)
18.02.2020


Ich sitze gerade vor dem Laptop und frage mich eigentlich, welchen Einstieg ich für die Kritik wählen soll, aber was soll ich dazu sagen, dass ich mir gerne durchaus die ein- oder andere Komödie aus Deutschland im Kino ansehe und hier ist natürlich auch Simon Verhoevens „Nightlife“ auf meinem Radar aufgetaucht, der mit Elyas M´Barek, Frederick Lau und Palina Rojinski ein tolles Trio zu bieten hat.

Milo und Renzo wohnen gemeinsam und arbeiten gemeinsam als Barkeeper in Berlin, doch beide träumen davon, eine eigene Bar zu gründen. Als die Finanzierung bei der Bank nicht so wie geplant läuft, kommt dem tollpatschigen Renzo eine wenig legale Idee in den Sinn, das notwendige Kapital zu beschaffen. Die Sache geht schief und nun steht er bei ein paar Gangstern in der Kreide und auch Milo wird in die Sache reingezogen. Blöd nur, dass Milo nur noch dieser Tag bleibt, Sunny zu daten, die am nächsten Tag einen Neustart plant.

„Nightlife“ hat mich richtig gut unterhalten und einen spaßigen Kinoabend beschert. Das Trio aus Elyas, Frederick und Palina funktioniert prima und hat mich richtig abgeholt. Der Start in die Komödie gestaltet sich jedoch etwas holprig und sprunghaft und es dauert etwas, bis die Komödie richtig in Fahrt kommt. Und dann geht es auch Schlag auf Schlag von einer abgefahrenen Situation in die Nächste, wo natürlich auch die ein oder andere dieser Situationen und der damit verbundene Humor für mich eine Spur zu drüber gewesen ist. Und bei all der integrierten Handlung was das ein oder andere etwas zu viel des Guten. Aber insgesamt hatte ich mit „Nightlife“ meinen richtigen Spaß.

„Nightlife“ - My First Look – 7/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9504
Frantz (2016, François Ozon)

Frantz schildert die Aufarbeitung der deutsch-französischen Beziehung nach dem Ende des ersten Weltkriegs, die Vorurteile und die Überwindung des individuellen Kriegstraumas anhand der Geschichte einer Deutschen und eines Franzosen, die über die Liebe zu einem gefallenen Soldaten zusammenfinden. Das Ganze wird in sehr klassischen, spartanischen Schwarz-Weiss-Bildern erzählt, mit ein paar ausgewählten, cleveren Abschweifungen in die Welt der Farbe, und hat so gar nichts mit den anderen mir bekannten Filmen von Ozon, erotisch aufgeladenen Gegenwartsdramen, gemeinsam. Und am Anfang war ich mir auch nicht so sicher was ich davon halten soll, bis es mich mehr und mehr gepackt hat und ein wirklich starkes Ende aufgefahren hat, das unterschwellig eine Zweitsichtung von mir verlangt.

Wertung: 8 / 10? 8,5 / 10?
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Re: Zuletzt gesehener Film

9505
Parasites

Zwischen den Stühlen zu sitzen mag meistens danebengehen, aber dieser Film schafft wirklich den Spagat als lustige Sozialsatire beginnend in einem Sozialdrama zu enden.
Derweil ist die Handlung zwar linear, dennoch die Wendungen erscheinen mit Ausnahme dem etwas enttäuschenden Finale durchaus realistisch und verhindert, dass man irgendwann dem Faden nicht mehr folgen will.
Hat man gerade mal den Ärger überwunden, wie wegen der etwas naiven Hausherrin so platt die Proletenfamilie das Hauspersonal hinausintrigiert hat, wird es sogar in der Phase des Versteksspiels wider Willen richtiggehend spannend.
Der etwas tragische Schluss mit dem etwas eigenwilligen schwarzen Humor läßt dann einen doch etwas verstört zurück. Man hätte sich ein Happy End eher gewunschen.
Aber vielleicht will man sich doch die Tür für ein Sequel offen halten.
Bin schon aufs US Remake gespannt, das so sicher wie's Amen im Gebet kommen wird. Da wird's noch knalliger und bunter und v.a. das Ende wird sicherlich lustiger.
Wegen des etwas zu makabren Endes nur 9/10 Geburtstagstörtchen
Code Name: Anti Spy Agent 666-OH!
Real Name: Louis Duke "The Destroyer" Duck
Parents: illegitimate son of Scrooge McDuck and Magica de Spell

Re: Zuletzt gesehener Film

9506
Sondervorstellung: Schwanensee (ohne Wertung) – gesehen am 23.02.2020 (deutscher Sonderstart: 23.02.2020)
Live-Übertragung von Pjotr Iljitsch Tschaikowskis „Schwanensee“ aus dem Bolshoi-Theater in Moskau. Die erste richtige Ballett-Erfahrung für mich im Kino und eine richtig interessante Erfahrung, wie durch ein Ballett nur mit Musik, Tanz und dem Ausdruck der Tänzer eine Geschichte erzählt wird. Vollen Respekt für alle darin Beteiligten und für die unfassbare Körperbeherrschung. Jedoch hat mich die Geschichte und seine Erzählung nicht vollends in den Bann gezogen und so kam durchaus auch mal die ein oder andere Länge bedingt durch die relativ überschaubare Handlung von „Schwanensee“ auf.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9507
iHaveCNit: Just Mercy (2020)
28.02.2020


Es wurde mal wieder Zeit für ein Justizdrama und da kam mir der neue Film von Destin Daniel Cretton gerade recht. Basierend auf dem gleichnamigen Buch von Bryan Stevenson hat Cretton ein routiniertes Justizdrama geschaffen, das vor allem mit seinem Hauptdarstellertrio und wichtigen Nebenrollen, aber auch mit seinem Thema glänzen kann.

Es ist 1987 und der junge Afroamerikaner Bryan Stevenson hat sein Jurastudium in Harvard abgeschlossen. Im stehen eigentlich alle Türen offen doch er sucht sich die Provinz in Alabama aus, um inhaftierten Todeskandidaten einen Rechtsbeistand zu geben. Dabei macht er unter anderem Bekanntschaft mit dem zum Tode verurteilten Afroamerikaner Walter McMillan, der für den Mord an einer 18-Jährigen verantwortlich sein soll. Bei den Recherchen stößt Bryan jedoch auf einige Ungereimtheiten, die ihn veranlassen für die Neuaufnahme der Verhandlungen und sogar die Freilassung von Walter zu kämpfen – trotz all den rassistisch orientierten Hindernissen, die ihm in den Weg gelegt werden.

Über die reine Inszenierung von „Just Mercy“ brauch ich an der Stelle nur kurz zu schreiben, denn diese ist sehr konventionell geraten und unterscheidet sich von anderen Justizdramen wenn überhaupt nur sehr gering. Viel wichtiger ist in diesem Film sein Thema und vor allem die sehr guten Schauspielleistungen von Jamie Foxx, Michael B. Jordan und Brie Larson und natürlich auch von einem Teil der wichtigen Nebenrollen wie Rafe Spall, Tim Blake Nelson, Rob Morgan und O´Shea Jackson Jr.. Der Film zeigt auf sehr eindringliche Weise, wie wichtig Bryan Stevensons Arbeit für die afroamerikanische Bevölkerung und gegen den durchaus auch auf juristischer Ebene vorhandenen strukturellen Rassismus in den vereinigten Staaten gewesen ist – und natürlich auch mit welchen Hindernissen und Gefahren sich Bryan Stevenson damals auseinandersetzen musste, weil auch er als Afroamerikaner in Alabama in einem für ihn sehr gefährlichem Pflaster unterwegs war. Der Film schafft es natürlich, dass du dich als Zuschauer unmittelbar ohne große Umschweife auf eine Seite schlägst, was mitunter auch zu einem sehr harten und emotionalen Punch führt, der mich auch im Laufe des Kampfes um Gerechtigkeit bekommen hat.

„Just Mercy“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9508
iHaveCNit: Bloodshot (2020)
07.03.2020


Basierend auf einem Comic von Valiant Comics kommt nun „Bloodshot“ in die Kinos. Der Science-Fiction-Actioner mit Vin Diesel in der Hauptrolle ist nun eher einer, den man eigentlich im B-Movie-Fach einordnen würde, aber auch auf der Kinoleinwand, bei der ich sogar die LED-Variante gewählt habe, war der Film einigermaßen unterhaltsam.

Ray Garrison ist Soldat und nach einem erfolgreichen Einsatz in Mombasa, Kenia will er eigentlich mit seiner Frau einen entspannten Italien-Urlaub genießen, doch kurz darauf werden er und seine Frau gefangen genommen, gefoltert und schlussendlich getötet. Jedoch wacht Ray danach kurze Zeit später in einer Forschungseinrichtung auf. Ein Experiment mit Nanotechnologie führt dazu, dass sein Körper immer wieder regeneriert wird und seine Kampfkraft um ein Vielfaches gesteigert wurde. Während er Rache für den Tod seiner Frau üben möchte muss er sich die Frage stellen ob es hier mit rechten Dingen zugeht.

Den Anfang von „Bloodshot“ könnte man an dieser Stelle etwas launig und holprig bezeichnen, aber er erfüllt seinen Zweck, einen erst mal in die Handlung einzuführen und quasi den Aufbau zu liefern. Ich hatte damit auf jeden Fall kein Problem. Die sich dann aus dem Film ergebenden Richtungswechsel machen den Film dann hinten raus dann noch etwas interessanter, auch wenn man dafür ein wenig von dem Potential das die Action und die Fähigkeiten des Titelhelden hergegeben hätte einbüßt. Wobei es gerade in der ersten Hälfte zu einer aufgrund des Looks großartigen Sequenz in einem Tunnel kommt. Vin Diesel ist eben Vin Diesel und rein von seiner Physis kann er auf jeden Fall überzeugen, auch wenn die Rolle selbst darstellerisch nicht viel hergibt und hergeben muss. Darüber hinaus haben wir mit Guy Pearce einen sehr fiesen und zwielichtigen Charakter, der sehr routiniert auch an seinen Aldrich Kilian aus „Iron Man 3“ erinnern kann. Vom Rest würde ich höchstens noch Eiza Gonzalez und auch Lamorne Morris hervorheben. Der Film hat selbst vom Produktionsdesign ein cooles Design zu bieten, jedoch sind die Spezialeffekte dann doch relativ unbeeindruckend und vor allem gegen Ende kommt es dann zu sehr schwachen Effekten, weshalb hier Sci-Fi-Action-Trash die wohl beste Bezeichnung für „Bloodshot“ ist. Auch wenn soweit ich gelesen habe eine Trilogie geplant ist, würde ich trotz allem sagen, dass „Bloodshot“ als einzelner für sich stehender Film schon rund genug ist und das ausreicht.

„Bloodshot“ - My First Look – 7/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9509
iHaveCNit: Contagion (2011)
17.03.2020


Die Filmwelt ist aktuell in einer großen Krise, auch ich muss mich aktuell mit dem Gedanken anfreunden, dass Kinos aktuell geschlossen sind und nahezu all meine Kino- und auch abseits der Filmwelt, Konzertplanungen vorerst aufs Eis gelegt worden ist. Doch nun habe ich vor allem Abends nach Feierabend genug Möglichkeiten, auch Filme, Bücher und Serien nachzuholen, für die ich bisher keine Zeit hatte. Einer dieser Filme passt sogar zur aktuellen Zeit. Man mag es für unangebracht halten in dieser Zeit Filme über die Verbreitung von Viren anzusehen, aber ich gehöre nicht dazu, viel eher helfen einem auch Filme, etwas aus dieser Situation zu lernen und die Situation für sich zu verarbeiten. Und dieser Film ist Steven Soderberghs starbesetzter „Contagion“ aus dem Jahre 2011.

Beth Emhoff ist von einer Geschäftsreise aus Hongkong wieder nach Minnesota zurückgekehrt. Zeit zur Entspannung bleibt ihr jedoch nicht. Sie stirbt kurz darauf an einer Viruserkrankung – ihr Sohn auch. Mit fortschreitender Dauer breitet sich der Virus weltweit mit rasanter Geschwindigkeit aus. Das wird zum Kampf gegen die Zeit für Virologen, Seuchenschutzexperten, die WHO um die Pandemie einzudämmen und einen Impfstoff zu entwickeln, während sich durch Verschwörungstheoretiker und diverse öffentliche Einschränkungen auch eine Panik innerhalb der Bevölkerung ausbreitet.

„Contagion“ ist akueller denn je. Gerade in der weltweiten Coronakrise kann man sich natürlich die Frage stellen, ob man sich bewusst war, dass ein solches Szenario einige Jahre später tatsächlich folgen wird, zwar nicht in der starken Ausprägung, aber dennoch gefährlich für viele Teile der menschlichen Bevölkerung. Aber statt hier in „Contagion“ auf eine überspitzte Dramaturgie zu setzen, gelingt es Soderbergh, den Film sehr nüchtern und unaufgeregt in Szene zu setzen und nur wenn nötig einige dramaturgische Kniffe einzubinden. Gerade die vielen unterschiedlichen Bereiche in dieser Krise wie Einzelschicksale, Gesellschaft, WHO, Virologie, Seuchenschutz und auch Verschwörungstheoretiker werden hier mehr oder weniger in vielen eigenen parallel laufenden , fast episodenhaften Erzählungen verwoben und in den zeitlichen Kontext der Ausbreitung gesetzt. Mit einem relativ realitätsgenauen wissenschaftlichen Hintergrund hat er auch eine kleine dokumentarische Note. Darüber hinaus ist der inszenatorische Fokus auf unterschiedlichste Wege von Kontaktübertragungen natürlich auch auf den Punkt. Der Film verbindet Familiendrama, Katastrophenfilm und Thriller auf eine sehr gute Art und Weise, auch wenn nicht jeder Handlungsstrang die gleiche Gewichtung bekommt. Den Beginn des Films auf den 2. Tag der Ausbreitung zu legen finde ich auch sehr clever, so bekommt man erst Stück für Stück eine Aufarbeitung der Ereignisse, die letztendlich den Ursprung der Ausbreitung gegeben haben. Lasst uns hoffen und miteinander bei all der zu wahrenden Distanz daran arbeiten, dass die aktuelle Coronakrise glimpflicher endet als die Krise in diesem Film. „Contagion“ ist für mich nach dieser Erstsichtung mein Lieblingsfilm von Steven Soderbergh geworden.

„Contagion“ - My First Look – 9/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9510
Sin City 2 – A dame to kill for

Wer Sin City aus dem Jahr 2004 als ein visionäres Meisterwerk bezeichnet bekommt mein volles Verständnis, auch wenn ich selbst vielleicht nicht ganz so weit gehen würde. Doch der visuelle Stil des Films war etwas völlig neues und entfaltete zusammen mit der Art seiner Erzählung, der Art der Dialoge, sowie der völlig überzeichneten Welt eine ganz eigene Magie. Der einige Jahre später erschienene zweite Teil kann sich dem anschließen, er weckt den Zauber ein zweites Mal und sticht so aus der Filmlandschaft heraus, obwohl im das qualitativ nur teilweise gelingt. SinCity 2 enthält weniger denkwürdige Szenen, weniger Zitate, die sofort haften bleiben und nur wenige neue, interessante Figuren. Die von Eva Green gespielte Ava sticht zwar etwas heraus, allerdings hat mich nur ein Teil von ihr wirklich überzeugt. Die Szenen mit den Polizisten hab ich ihr nicht abgenommen, ihr Schauspiel wirkte da auf mich sehr hölzern, während sie in anderen Szenen überragend war. Und Joseph Gordon Levitts Johnny fügte sich zwar gut in die Welt von Sin City ein, für große neue Wow-Elemente sorgte er aber nicht.
Doch auch wenn der Film hier Steigerungspotential hätte, macht er doch durchgehend Spass, lässt nie Langeweile aufkommen und beweist wie der Erstling durchgehend ein untrügliches Gefühl für coole Szenen. Damit fällt das ganze zwar etwas flacher aus, weshalb ich ihn wohl auch deutlich seltener erneut anschauen werde, als seinen Vorgänger, doch für einen gelungenen, spassigen Filmabend ist hier allemal gesorgt.

7,5/10
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."