Re: Deutsche Schauspieler und das deutsche Kino allgemein

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iHaveCNit: Gut gegen Nordwind (2019)
12.09.2019


Zwischen dem Coming-Of-Age-Horror „Es Kapitel 2“ und dem actionlastigen „Rambo 5 – Last Blood“ dachte ich mir im etwas mauen Kinomonat September 2019, dass ich etwas Liebe brauche. Und da kam mir die Romanverfilmung von Daniel Glattauers E-Mail-Roman „Gut gegen Nordwind“ gerade recht – auch wenn ich den Roman nicht kenne und erst recht nicht gelesen habe. Ich kann ja nicht abschätzen, dass ich bei jeder Verfilmung eines Romans auch direkt genau den Roman gelesen habe und schlicht und ergreifend auch nicht die Zeit habe, jeden Roman eines von mir gesehenen Films zu lesen, obwohl ich nach dem tollen Filmerlebnis irgendwie die Lust auf den Roman verspüre.

Leo Lieke ist Linguistikprofessor an einer Universität. Gerade verarbeitet er die Trennung von der Frau, die er eigentlich heiraten wollte, bis an ihn versehentlich eine E-Mail von der verheirateten Emma Rothner gesendet wird, die eigentlich nur ein Zeitschriftenabo kündigen wollte. Aus dieser versehentlichen E-Mail entwickelt sich ein reger Nachrichtenaustausch der beiden, der erst lustig und dann persönlich intim wird und in Beiden einen regelrechten Rausch der emotionalen Gefühle auslöst.

Das Buch, das vollständig aus dem E-Mail-Verkehr von beiden Protagonisten bestehen soll auf die große Leinwand zu bringen ist schon eine interessante Aufgabe, die der Film mit Bravour löst. Der Film gibt nicht nur den Protanisten ein Gesicht, er zeigt uns die Welt der Beiden und auch deren gefühlsmäßigen Hintergründe, die nach und nach aufgedeckt werden. Da ist es interessant, dass wir eine lange Zeit im Film nur den von Alexander Fehling großartig gespielten Leo Lieke begleiten und nur im Off die Stimme von der von Nora Tschirner ebenfalls großartig gespielten Emma Rothner hören, bis wir dann auch zu ihr ein Gesicht bekommen, wobei natürlich durch das komplette Marketing des Films und die Bekanntheit und Unverwechselbarkeit von Nora Tschirners Stimme einen Überraschungseffekt beim Zuschauer verpuffen lassen – Hier ist natürlich die Frage gestattet wie der Film mit einer wenig bekannteren Schauspielerin an dieser Stelle funktioniert hätte. Aber es ist schon eine sichere Bank für die Chemie von Tschirner und Fehling und natürlich auch reiner Zufall, dass beide vor Ewigkeiten mal ein Paar gewesen sind, damit das Ganze noch glaubhafter und authentischer wirkt. Man mag dem deutschen Film gerne vorwerfen, dass er sich in Drehbüchern immer irgendwelche auf hochintelligent getrimmten Phrasen in die Dialoge schreibt. Davon ist „Gut gegen Nordwind“ dann doch etwas entfernt – gerade weil wir es hier mit einem Linguisten und einer direkten, intelligenten und kunstbegeisterten Frau zu tun bekommen, haftet den Dialogen selbst bei den lyrischsten und poetischsten Einfällen nie der Eindruck eines abgedroschenen Kalenderspruchs an. Und in der schriftlichen Kommunikation hat man in der Regel immer ein wenig Zeit, um seiner Kreativität den Raum zur Entfaltung zu geben und den sprachlichen Ausdruck adrett zu drapieren. Getragen wird diese emotionale Reise von einem tollen Score und auch sehr toll eingefangenen Bildern. Mit 2 Stunden ist diese Reise durchaus eine geringe Spur zu lang weil hier der ein oder andere Haken geschlagen wird, der etwas zu viel des Guten ist – Der Film hätte das an meiner Stelle nicht gebraucht. Denn auch ohne ein paar der Twists hat mich der Film bekommen – und im Nachhinein erinnert er mich auch ein wenig an den japanischen Anime von Makoto Shinkai „Your Name.“ - obwohl wir hier keinen Körpertausch, keine japanische Teenie-Komödie und auch keine Zeitreisethematik bekommen, so ist es doch der damit verbundene authentische Aufbau von Liebe und Zuneigung zu einer Person, die wir nur durch die Kommunikation kennenlernen, ohne dieser Person tatsächlich begegnet zu sein.

„Gut gegen Nordwind“ - My First Look – 9/10 Punkte
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Re: Deutsche Schauspieler und das deutsche Kino allgemein

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iHaveCNit: Berlin Alexanderplatz (2020)
19.07.2020

Der 3. Film aus dem aktuellen Wochenende, den ich mir angesehen habe ist Burhan Qurbanis „Berlin Alexanderplatz“ - es war somit Zeit für deutsches Arthouse- und Genrekino und sehr viel Sitzfleisch, denn Qurbanis Film erfordert mit 3 Stunden schon seine Zeit, die sich aber jede einzelne Minute gelohnt haben.

Der illegale, afrikanische Einwanderer Francis träumt von einem schönen und freien Leben. Die Chance sieht er gekommen, als ihn der windige Reinhold unter seine Fittiche nimmt und ihn in seine Welt des Verbrechens einführt, die ihn jedoch immer weiter von seinem Traum zieht, bis er die Begegnung mit der jungen Mieze macht und der innere Zwiespalt ihn zu zerreißen droht.

„Berlin Alexanderplatz“ bedient sich nicht an der klassischen 3 Akt Struktur und ist aufgrund seiner Laufzeit auf 5 Kapitel und einem Epilog aufgeteilt. Der Film ist eine freie Neuinterpretation des gleichnamigen Romans von Alfred Döblin und wird direkt in unsere aktuelle Zeit gezogen. Der Regisseur Qurbani ist Sohn afghanischer Flüchtlinge und ihm ist mit dieser Erfahrung eine relativ authentische Darstellung der Lebenswirklichkeit von Flüchtlingen gelungen. Vor allem im Bezug auf die unfassbar gut von Welket Bungue gespielte Figur des Francis wird die alternativlose Auswegslosigkeit und Abhängigkeit sowie der schwelende Wunsch nach einem freien Leben zu jeder Zeit spürbar. Dafür sind vor allem auch noch zwei weitere Darsteller wichtig. Der windige Reinhold wird von Albrecht Schuch mit einer extrem fiesen Vielseitigkeit dargestellt. Zu ihm pflegt Francis eine toxische Abhängigkeit, die Francis immer wieder auf die kriminelle Seite zieht. Die Figur der Mieze, die von Jella Haase gespielt wird, steht für das schöne und freie Leben. Ihr kommt auch noch eine weitere Aufgabe zuteil. Über eine Voice-Over-Narration gibt sie uns auch auf einem leicht poetisch, lyrisch und symbolisch angehauchten Kommentar einen Überblick über die Ereignisse, die geschehen sind oder noch geschehen werden, auch wenn Sie nicht alles weiß und der Film durchaus auch andere Antworten gibt. Audiovisuell ist der Film eine Wucht. Die Kameraarbeit von Yoshi Heimrath und auch der Soundtrack von Dascha Dauenhauer sind großartig.
Desweiteren kann ich sagen, dass der Film auch seine gewonnenen Auszeichnungen beim aktuellsten deutschen Filmpreis 2020 verdient hat.

„Berlin Alexanderplatz“ - My First Look – 9/10 Punkte.
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Re: Deutsche Schauspieler und das deutsche Kino allgemein

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iHaveCNit: Into The Beat (2020)
02.08.2020


Ganz ehrlich. Normalerweise sind sowohl Tanzfilme als auch die Richtungen Hip-Hop und Ballett nicht ganz mein Fall, aber das hat mich nicht davon abgehalten, mir den deutschen Film „Into The Beat“ noch aus dem reichhaltigen Kinoprogramm der im Juli gestarteten Filme anzusehen. Schön, dass sich der deutsche Film mit „Into The Beat“ auch an dem Genre des Tanzfilms versucht und damit auch einen relativ mitreißenden Film geschaffen hat.

Die junge Katya Orlow ist die Tochter eines weltberühmten Ballettänzers und auch ihr ist eine große Zukunft im Ballett sicher. Gerade durch eine Karriere beendende Verletzung ihres Vaters ruht seine ganze Hoffnung nun auf ihr. Als sie jedoch durch Zufall eine Gruppe von Street-Tänzern und den „Alien“ genannten Marlon kennenlernt, weckt diese für sie neue Art zu tanzen ihre Liebe und Leidenschaft – genau wie die Bekanntschaft mit Marlon. Doch damit gerät sie in Konflikt mit dem eigentlich schon seit ihrer jungen Kindheit gezeichneten Lebensweg.

Der Film ist eine Mischung aus Tanzfilm, Liebesfilm und auch definitiv Coming-Of-Age-Elementen, mit denen man mich immer wieder gerne bekommt. Auch wenn die Mischung selbst und der Verlauf des Films ein wenig holprig und auch die darstellerischen Leistungen noch etwas hölzern wirken, so hat mich vor allem der in Katya innerlich schwelende Konflikt, die Chemie zwischen den Darstellern von Katya und Marlon – Alexandra Pfeifer und Yalany Marschner – und auch die Tanzszenen des Films dann doch mitgerissen und einen coolen und spaßigen Kinobesuch beschert. Vor allem die Tanzszenen waren dynamisch und übersichtlich inszeniert, nicht zu vergessen, dass die international bekannten deutschen Streetdance- und Breakdeance-Veteranen von den Flying Steps mit an dem Film beteiligt waren. Man kann sicherlich sagen, dass der Film vor allem für junge Mädchen und Jungs in Deutschland eine Inspiration und Vorbild sein kann, diese für Streetdance, Hip-Hop und auch Ballett zu begeistern. Auch die Aufnahmen von Hamburg können sich sehen lassen, genau wie auch Trystan Pütter in der Rolle des Vaters von Katya.

„Into The Beat“ - My First Look – 7/10 Punkte
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Re: Deutsche Schauspieler und das deutsche Kino allgemein

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Samedi hat geschrieben: 5. August 2020 15:46 Habt ihr schon mitbekommen, dass es einen neuen Catweazle-Film mit Otto Waalkes in der Titelrolle gibt? Kommt im Dezember in die Kinos.
Ja, das wurde letztes Jahr bekannt gegeben. Und Otto hat seit Anfang des Jahres auch immer mal wieder Bilder vom Set gepostet.
Mal sehen, ob sie den Weihnachts-Starttermin trotz der mehrwöchigen Corona-Drehunterbrechung einhalten können.