Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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Maibaum hat geschrieben: 3. August 2020 18:11 Für mich gehört das 6th Sense Ende nicht zu den klar absehbaren, schon weil ich es erst ganz kurz vor dem Ende gerafft habe, und meine Begleitung gar nicht. Schöner Film.
Ich hätte den Film eigentlich auch nicht aufgeführt, da es hier ja eher um "enttäuschende" Filmenden gehen soll und ich zum Beispiel 6th Sense nicht genug mochte, um vom Ende so richtig enttäuscht zu sein. Tatsächlich fand ich den Twist aber arg absehbar – und das obwohl ich es geschafft habe, den Film ohne Spoiler zu gucken. Ist für mich ein Film in einer Reihe mit "Fight Club" und "Die üblichen Verdächtigen", bei denen ich bei allen 3 für ihr jeweiliges vermeintlich überraschendes Ende nicht so viel übrig habe.

Um hier noch zwei prominente Beispiele zu nennen: Das Ende von "Krieg der Welten" ist vielleicht getreu der Romanvorlage, für einen Action-Blockbuster à la Spielberg aber schlicht zu antiklimaktisch. Schlimmer noch: Dem ganzen Film fehlt ein richtiger dritter Akt, stattdessen endet er einfach an irgendeinem Punkt. Und das klingt so formuliert wahrscheinlich noch spannender, als es tatsächlich gewesen ist. Die andere Erwähnung geht an "The Departed" – über die Qualität dieses späten Scorsese-Oscargewinners lässt sich vortrefflich streiten (gerade im Vergleich zum asiatischen Original), aber die Schlussszene ist dem Meister nicht geglückt. Insbesondere der finale Shot ist dermaßen absurd offensichtlich, dass sogar die Simpsons sich zurecht darüber amüsiert haben. Zum Vergleich:



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Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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Casino Hille hat geschrieben: 4. August 2020 08:38

Ich hätte den Film eigentlich auch nicht aufgeführt, da es hier ja eher um "enttäuschende" Filmenden gehen soll und ich zum Beispiel 6th Sense nicht genug mochte, um vom Ende so richtig enttäuscht zu sein. Tatsächlich fand ich den Twist aber arg absehbar – und das obwohl ich es geschafft habe, den Film ohne Spoiler zu gucken. Ist für mich ein Film in einer Reihe mit "Fight Club" und "Die üblichen Verdächtigen", bei denen ich bei allen 3 für ihr jeweiliges vermeintlich überraschendes Ende nicht so viel übrig habe.

Na, da sehe ich große Unterschiede.
Bei 6th Sense und bei Fight Club macht es erzähltechnisch Sinn den Plot Twist bis zum Ende hin aufzuheben, und bei beiden funktioniert das denke ich auch dann, wenn man es schon lange vorher ahnt, aber bei The Usual Suspects ist das, egal wie, für mich eine fette Enttäuschung.

Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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Von Fuquas erstem Equalizer war ich wirklich sehr angetan - bis das Finale kam. Die ganze Passage im Baumarkt halte ich für komplett missraten, da langweilig, repitativ und viel zu lange (gefühlt mind. ne Viertelstunde, real wohl auch nicht kürzer). Als wäre dieser krasse qualitative Bruch zum bemerkenswerten Rest des Filmes noch nicht genug wird im Anschluß noch eine schmalzige Abschluss-Szene mit der hier eh kriminell nervigen Moretz drangehängt (die unschöne Erinnerungen an Man On Fire und den dort ähnlich ungeschickt zwischen Härte und Sentiment chargierenden Washington weckt) und als Krönung ein ohrenbeleidigendes Endtitel-"Lied" von Eminem. Würg, ich kenne keinen anderen Film, der so brachial und unnötig kurz vor der Ziellinie gegen die Wand gefahren wurde.
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Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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AnatolGogol hat geschrieben: 4. August 2020 09:26 Würg, ich kenne keinen anderen Film, der so brachial und unnötig kurz vor der Ziellinie gegen die Wand gefahren wurde.
Die fetten Jahre sind vorbei, ein deutscher Film von Hans Weingartner, kennst du den? Fand ich ungeachtet von politischen Meinungen ganz fürchterlich, plump und unpassend zum Rest, was da in den letzten fünf Minuten aufgefahren wird. Ich werde den Film zukünftig einfach in der für mich letzten Szene ausschalten, dann ist er ganz stark.
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Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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GoldenProjectile hat geschrieben: 4. August 2020 09:35 Die fetten Jahre sind vorbei, ein deutscher Film von Hans Weingartner, kennst du den? Fand ich ungeachtet von politischen Meinungen ganz fürchterlich, plump und unpassend zum Rest, was da in den letzten fünf Minuten aufgefahren wird. Ich werde den Film zukünftig einfach in der für mich letzten Szene ausschalten, dann ist er ganz stark.
Ne, den kenn ich nicht. Aber einen ähnlichen Gedankengang wie du hier hatte ich beim Equalizer auch schon: eigentlich sollte man das Finale neu- und deutlich runterschneiden und den Film ohne die Moretz mit einem cool vom Baumarkt abmarschierenden Washington zu nem zünftigen Rocksong enden lassen. 8)
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Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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Casino Hille hat geschrieben: 4. August 2020 09:41 Was genau ist denn an dem Ende von "Die fetten Jahre sind vorbei" so enttäuschend? Das ist doch von Vorne bis Hinten ein exzellenter Film, bei dem die Floskel mal stimmt, dass das Script hier definitiv zum Nachdenken anregt.
Spoiler
Es ist ein sehr komplexer und in der Tat grösstenteils exzellenter Film voller Grauzonen und "moralischer" Ambivalenz wenn du so willst. Die drei Protagonisten sind anfangs sehr stark in ihrer antikapitalistisch gefärbten Blase drin, wo es nur schwarz und weiss gibt, der Millionär ist grundsätzlich abgestempelt wegen seiner Verwicklung in den Auffahrunfall, und die finanzielle Entschädigung dafür, die die Julia Jentsch Figur zu ruinieren droht. Durch die unglückliche Entführung, die internen Spannungen durch ihr Liebesdreieck und die Ungewissheit, was jetzt zu tun ist sind die drei aber bald heillos überfordert und manövrieren sich in eine Situation, in der es keine Gewinner geben kann. In der abgeschiedenen Alphütte bröckeln festgefahrene Vorurteile mehr und mehr auf, wenn die drei Revoluzzer erfahren dass auch der "böse" Millionär einst ein politischer Idealist war und sein "Abdriften" in eine geordnete und auch finanziell erfolgreiche Welt ein schleichender und logischer Prozess des Erwachsenwerdens war. Gleichzeitig wird auch der Millionär wieder etwas "wachgerüttelt" dadurch dass er realisiert, dass er bei der Begleichung des Autounfalls mit mehr Rücksicht auf den finanziell betroffenen Menschen hätte handeln sollen anstatt der starren Anonymität, die er sich jetzt gewohnt ist. Kurz: Ambivalent, menschlich, und dazu herausragend gefilmt und gespielt. Und es gibt keine Gewinner, die Entführung wird in einer Art Frieden, so wie ich es empfunden habe fast schon ein bisschen Freundschaft aufgelöst in der Szene auf dem Parkplatz, als alle vier Beteiligten etwas niedergeschlagen nach Hause gehen um gewisse Dinge wahrscheinlich zukünftig mit leicht anderen Augen zu sehen.

Aber was dann kommt, Auweia. Der Millionär ist natürlich trotzdem nur hinterlistig und böse und verpfeift die drei an die Polizei, die tags darauf die Wohnung stürmt während die Snitch draussen im Wagen hockt. Die drei, jetzt plötzlich wieder supercool, haben das aber natürlich vorausgesehen (Wtf?!) und sind längst über alle Berge, nicht ohne vorher eine neunmalkluge Botschaft an die Wohnungswand geschrieben zu haben, bei der sich mir die Zehennägel aufrollen ("Manche Menschen ändern sich nie" oder so). Dann gibt es sogar noch eine Extra-Schlussszene, in der die drei losziehen um auf einer Insel irgendeine Antenne zu sabotieren und so die nationale Telekommunikation lahmzulegen. Das passt alles hinten und vorne nicht zur Ambivalenz und Vielschichtigkeit des vorangegangenen Films, ist inhaltlich und figürlich total platt, ich find's frappierend.
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Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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Das ist doch aber ein ziemlich passendes, pointiertes Ende und steht in bester Tradition zu dem, was der Film zu sagen beabsichtigt oder nicht? Warum sollte das neunmalklug sein, wenn es letztlich so integraler Bestandteil des Films ist? Die moralischere Alternative, bei der es dem Trio tatsächlich gelungen wäre, die Lebenssicht von Hardenberg mitzunehmen, hätte mir weitaus weniger gefallen und nicht zum realistischen Stil des Films gepasst. Ich kann deine Beurteilung aber dennoch nachvollziehen, da das Ende sicher etwas schnell abgehandelt wird, wie ich finde aber auch sehr effektiv.
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Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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Nee, der Film ist da viel komplizierter und wenn ihr wollt "realistischer" als dass dieser Blödsinn pointiert wäre oder die "Lebenssicht von Hardenberg" die einzige Alternative gewesen wäre. Die drei gehen nach Hause mit dem neu erworbenen Wissen, dass sie zur Durchsetzung ihrer Interessen und Ideale keine Gewalt anwenden sollen und vor allem können - Die Entführung ist ihnen über den Kopf gewachsen und der Hardenberg ist ihnen trotz seiner Fehler näher als ihre anfänglichen Vorurteile zugelassen hätten - nämlich als Mensch.

Es ist auch kein politischer Film, keiner der eine politische oder gesellschaftlich-moralische Perspektive einnimmt, dafür ist er viel zu schlau und zu gut. Nur das Ende dann, dass in Schwarzweiss hoch zehn verfällt und die vermeintlichen Revolutionäre (die eben zuvor als Revolutionäre gescheitert sind) dermassen heroisiert schweift da plötzlich total ab.

Maibaum, meine DVD hat das zusätzliche Ende, aber das davor mit der Parallelmontage ist auch ganz doof. Der Film sollte auf dem Parkplatz enden.
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Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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Ich hatte schon in anderen threads darüber gejault, daß man mit etwas Sorgfalt und Gefühl für Dramaturgie aus den Finalen von SF und SP kleine Edelsteine hätte schleifen können. Leider verpaßte Gelegenheiten.

Über Matrix 3 wurde genug geklagt. Aber das Ende Mr&Mrs Smith ist ja wohl völlig vergurkt! Ich höre am Schluß immer den Regisseur rufen: „Leute, ich muß nachhause, sonst wird das Essen kalt und meine Frau sauer. Also Klappe, stellt die Stühle hoch und einer fegt noch die Trümmer In den Papierkorb!“

Re: Enttäuschende Filmenden (Achtung Spoilerverseucht!!!)

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Casino Hille hat geschrieben: 3. August 2020 15:45 Weil er hier im Thread glaube ich noch nicht erwähnt wurde: Der King enttäuschender Filmenden dürfte für mich M. Night Shyamalan sein. Das fängt schon bei seinem für viele als "Meisterwerk" geltenden Esoterik-Drama "The Sixth Sense" an, dessen großer Twist mich eher enttäuscht hat, weil 1) meilenweit absehbar und 2) effekthascherisch – Warum? Nun, weil der Film ohne diesen Twist genau derselbe gewesen wäre. Aber Shyamalan kriegt es immer wieder hin, mich mit seinen Filmenden zu ärgern: "Unbreakable" mag ich zwar sehr, und auch der Twist am Ende ist große Klasse, doch diese pseudo-Auflösung mit Texteinblendungen ist ein unschöner Makel. Der an und für sich atmosphärische "The Village" setzt auf einen doofen Schluss-Schocker, den jeder halbwegs erfahrene Zuschauer ewig lang erwartet, und über das vergurkte, unglaubwürdige Ende von "Glass" brauche ich sicherlich niemandem erzählen.
Schau mir gerade "Glass" auf Pro 7 wieder an. Der Film ist wohl die abartigste Interpretation des Superheldenthemas, was sich echt nur Shymalan ausdenken kann. So was kann nur er erfinden
Seine Zeit kam, immer wenn er Pillen nahm