Re: Zuletzt gesehener Film

9601
Casino Hille hat geschrieben: 10. August 2020 09:56 Schade, bislang konnte Chazelle an den fast schon genialen Whiplash nicht mehr anschließen…
Den habe ich nicht mal gesehen, aber La La Land ist ein betörender Film und wird locker in meiner Top 10 der Dekade zu finden sein wenn ich die Top 50 dann endlich abschliesse. Ein totaler Rausch, der Film.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9602
"La La Land" ist gut, aber kein Überfilm in meinen Augen. Dann lieber "Les parapluies de Cherbourg", von dem "La La Land" ein später Verwandter ist. Oder sagen wir es so: Mir hat "La La Land" schon gefallen, aber ich hatte bislang nicht den Drang, ihn nochmal zu sehen.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9603
iHaveCNit: Der Göttliche Andere (2020)
13.08.2020


Da ein Teil der für mich aus dieser Kinowoche interessanten Filme nur sehr begrenzt veröffentlicht werden und auch ein paar Klassiker die kommenden Tage in meiner Planung stehen, hatte ich etwas Freiraum. Freiraum, bei dem ich mich für einen Film entscheiden konnte. Und da habe ich mich für „Der Göttliche Andere“ entschieden. Die deutsch-italienische romantische Komödie hat eine sehr interessante und witzige Grundidee, die mich sehr gut unterhalten hat.

Gregory ist Journalist und darf obwohl er Atheist ist nach Rom und den Vatikan reisen um über das Konklave zu berichten. Durch Zufall trifft er auf die junge Maria, die ihm im Anschluss nicht mehr aus dem Kopf geht und er sich in sie verliebt. Doch sie steht kurz davor, sich als Ordensschwester zu verpflichten. Gregory versucht daraufhin immer wieder Maria seine Liebe zu gestehen, doch es scheint ihn eine größere Macht immer wieder davon abhalten zu wollen.

„Der Göttliche Andere“ ist mit seinen knapp 90 Minuten relativ kurz, kompakt und auf jeden Fall sehr kuzweilig. Amüsant und sehr charmant werden hier die Regeln und Strukturen von romantischen Komödien sowohl ausgespielt als auch auseinander genommen. Ganz witzig hierbei ist vor allem die Idee, dass viele kleine Zufälle passieren, die Gregory und Maria von ihrem Glück abhalten wollen, die vor allem auf den anderen Mann zurückzuführen sind, dem sich Maria eigentlich verpflichtet hat – Gott selbst. Das führt zu sehr vielen witzigen und skurrilen Situationen in denen auch mit dem Medium Film durch das Durchbrechen der 4. Wand gearbeitet wird. An dieser Stelle ist es für mich wichtig mal darzulegen, wie ich allgemein zum schwierigen Thema „Gott“ und „Glaube“ stehe, um auch den Film für mich selbst zu interpretieren, was zweifelsohne damit definitiv möglich ist. Seit meiner Geburt bin ich evangelisch, größtenteils jedoch aktuell eher Atheist und Agnostiker, aber während des Religionsunterrichts habe ich mich auch mit den Lehren Ludwig Feuerbachs auseinandergesetzt, für den vereinfacht gesagt Gott in jedem von uns steckt und Gott die reflektierte Perfektion von uns selbst darstellt. Wann immer wir zu Gott beten – in Stationen der Trauer und wichtiger Lebensentscheidungen als auch großen Herausforderungen und auch der allgemeinen Kraft im Alltag – dann wissen wir dass Gott uns beisteht, weil er all das selbst bereits geschafft hat. Ist es dann auch nicht so, dass wir in Gott uns selbst hinein reflektieren, wie wir diese Situationen bereits gemeistert haben – ein wenig Optimismus und der Glaube an uns selbst. Genau damit lässt sich der Film auch für mich interpretieren, vor allem wenn es um den Charakter des relativ unsympathischen, beziehungsunfähigen TV-Journalist Gregory geht, der durch die ganzen Hindernisse und Rückschläge immer mehr zu sich selbst findet und gewisse problematische Charakterzüge fallen lässt als eine Art Prüfung, die ihm gestellt wird. Der Charakter wird von Callum Turner relativ gut gespielt, vielleicht etwas hölzern, was aber nicht großartig negativ auffällt. Ihm gegenüber spielt Matilda De Angelis die junge Maria großartig und sehr positiv einnehmend. Für Sie ist es genau wie für Gregory auch eine Reise in die Selbstfindung, wenn durch eine zufällige Begegnung auch der bisher fest geplante Lebensweg auch infrage gestellt wird. Die Chemie von beiden wirkt manchmal etwas holprig, ist aber auch den Situationen selbst geschuldet Darüberhinaus wird das Dou von einer skurrilen Auswahl an Nebencharakteren verstärkt, die alle mal mehr und mal weniger schablonenhaft skizziert sind und ein wenig mehr Feinschliff hätten vertragen können. Großartig ist, wie der Film auch Ideen nicht einfach nur so fallen lässt, sondern auch später wieder aufnimmt um einen Bogen zu schlagen. Da hat jemand auf jeden Fall ein klares und gut durchdachtes Konzept auf die Beine gestellt. Nicht zu vergessen die großartigen Aufnahmen von Rom, die mir irgendwie Lust machen, einmal die Stadt von der Nähe kennenlernen zu wollen.

„Der Göttliche Andere“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9604
Ich habe gestern mit einem Kumpel Guadagninos Remake von Argentos Suspiria nachgeholt. Guadagnino hat zuvor mit Call Me By Your Name einen der besten Filme der letzten Jahre gedreht, trotzdem war es von unserer Seite eher Interesse als Erwartungen an den Film.

Den Argento-Film habe ich einmal gesehen und nicht mehr in allen Details auf dem Schirm, aber es scheint mir dass Guadagnino einerseits ein klares Remake gedreht, andererseits dem Film auch eine neue Handschrift verpasst hat, was die Neuauflage schon mal weitgehend rechtfertigt. Der Film war selber war wie erwartet interessant - und wohl auch eher interessant als wirklich begeisternd. Insgesamt wohl zu lang und mit zu vielen Metaebenen und Subplots ausstaffiert. Während wir noch dabei waren, den motivischen Hintergrund des Deutschen Herbstes und seinen Zusammenhang zur Horrorhandlung zu entschlüsseln wurde schon die Handlungsebene um das Verschwinden des Psychiaters Frau im zweiten Weltkrieg aufgefahren, und so weiter. Das war alles ziemlich viel Handlungs- und Metahandlungsstoff, vor allem für eine Erstsichtung, und konnte sich daher wohl nicht alles im vom Regisseur intendierten Masse entfalten.

Ähnlich wie die beiden hochgelobten aber aus meiner Sicht schwachen jüngeren Horrorfilme Mother! (der ja im Prinzip auch schon eine Art Remake war) und Hereditary trägt auch Susupiria - zumindest am Ende - gar sehr dick auf mit Schockbildern von rituellem Gemetzel und satanistischem Pipapo, das die Vorbilder der 60er und 70er - die ja trotzdem Horrorfilme waren - in diesem übertriebenen Ausmass nicht nötig hatten. Wobei das bei Suspiria besser zum Rest ausbalanciert ist als bei den beiden Negativbeispielen. Überhaupt gibt Guadagninos Inszenierung hier oft alles mit sehr komplexen und kunstvollen Schnittfolgen, Parallelmontagen und Bildchoreographien, was dem Film seine interessantesten Szenen verliehen hat und ihm eine interessante Ebene gibt. Da war haufenweise gutes Zeug dabei, nur als Gesamtpaket wollte es sich nicht immer so richtig entfalten.

Für mich im Moment also etwas um die 6 oder 7 Punkte, und damit schon mal viel besser als Argentos Mother of Tears...
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Re: Zuletzt gesehener Film

9605
Das Original von Argento ist dem Remake von Guadagnino dermaßen weit überlegen, dass sich für mich der Vergleich beinahe verbietet. Dabei kann Guadagnino solchen Stoffen auch viel Neues und Eigenes abgewinnen: Sein bislang bester Film, "A Bigger Splash", ist bekanntlich ein loses Remake von "Der Swimmingpool", und eine meisterhafte moderne Neuinterpretation des Originals und in vielerlei Hinsicht auch der bessere Film. Bei "Suspiria" ist ihm das in meinen Augen überhaupt nicht gelungen. Wäre mit schwachen 6 Punkten dabei.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9606
Hätte ich bei Ankündigung eines Suspiria-Remakes auch nie gedacht, dass ausgerechnet ich hier im Forum derjenige sein werde, der den Film verteidigt. :) Mir hat der Film ganz prima gefallen, gerade weil er sich so stark vom Original abgrenzt und sein ganz eigenes Ding durchzieht. Lediglich das Finale fiel ein klein wenig ab, aber davor war es ein zwar nicht unbedingt kurzweiliger, aber sehr anregender und interessanter Bildersturm. 8,5 Punkte und damit (zumindest nach einer Sichtung) irgendwo auf dem Niveau des Originals würde ich ihn ansiedeln. Zudem passt der Film ja auch viel besser als Abschluss der 3 Mütter-Trilogie als Mutter of Dings.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9607
AnatolGogol hat geschrieben: 19. August 2020 10:30 Zudem passt der Film ja auch viel besser als Abschluss der 3 Mütter-Trilogie als Mutter of Dings.
Ja, die Träne ist eine Sauerei und der mit Abstand schwächste Film, den ich von Argento kenne.

Beim Remake konnte ich übrigens wissend nicken wenn Swintons Psychiater das Tagebuch des ersten Mädchens durchgeht und da allerhand Zeug von den Drei Müttern usw. zu sehen ist und dem Kollegen nach dem Film hochnäsig von diesem Easter Egg berichten (wobei es ja nicht wirklich ein Easter Egg ist, vor allem da die verschiedenen Mütter später auch noch im Dialog aufgegriffen werden). Verwirrend war aber etwas, dass eine der Mütter offenbar Tenebraeus oder so ähnlich heisst. Ist das in den Originalen auch schon so? Das hat nichts mit dem Argento-Film Tenebrae zu tun, der ja nicht Teil dieser Hexen-Mythologie ist?
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Re: Zuletzt gesehener Film

9608
iHaveCNit: Wege des Lebens – The Roads Not Taken (2020)
19.08.2020


Wenn ich an Filme mit Charakteren denke, die an Alzheimer und Demenz erkrankt sind, kommen mir sehr schnell die Til-Schweiger-Tragikomödie und der Zuschauermagnet „Honig im Kopf“ als auch die für Julianne Moore oscarprämierte Literaturverfilmung „Still Alice“ in den Sinn. Aktuell ist mit „Wege des Lebens - The Roads Not Taken“ von Sally Potter auch ein intimes Drama in den Kinos, dass vielleicht etwas kurz und oberflächlich ist, aber im Kern vor allem von seinem Darstellerdou Javier Bardem und Elle Fanning getragen wird.

Molly sollte eigentlich einen für ihren Beruf wichtigen Vortrag halten, doch dann kommt etwas dazwischen. Ihr Vater Leo, den sie einige Zeit nicht gesehen hat ist geistig verwirrt und benötigt für wichtige Termine außerhalb seiner vier Wände eine Begleitperson. Während Molly einen Zugang zu ihrem Vater sucht, scheint sich Leo in Scheinwelten zu verlieren, die mit früheren Lebensstationen zu tun haben.

Eine Person hat mir einmal über Demenz erzählt, dass man sich diese Krankheit wie ein Bücherregal vorstellen kann. Während das Regal selbst der Körper mit seinen Grundfunktionen ist, wird das Regal im Laufe des Lebens mit vielen Erfahrungen, Erlebnissen und Erlerntem in Form von Büchern gefüllt. Bei Demenz fallen im Laufe der Zeit viele dieser Bücher aus dem Regal – und selbst wenn man Bücher lange Zeit im Regal hatte, kann man sich nicht mehr sicher sein, den Inhalt zu kennen. Und so kommt es, dass der Film sich mit insgesamt 3 Büchern auseinandersetzt, die miteinander verwoben werden. Sowohl die Handlung im Hier und Jetzt als auch 2 weitere Szenarien werden hier miteinander kombiniert, bei denen wir uns nicht sicher sein können, ob Teile des Inhalts tatsächlich so passiert sind oder ob sie dem verwirrten Geist entstammen. Genau das versucht Regisseurin Sally Potter in ihrem Film darzustellen, der in weniger als 90 Minuten leider für die thematische Aufbereitung ein wenig zu kurz ist und vieles nur anreißt und nicht die mögliche Tiefe erreicht. In Nebenrollen sehen wir zum Beispiel Laura Linney und Salma Hayek, aber der Kern des Films sind vor allem das Vater-Tochter-Duo aus Elle Fanning und Javier Bardem, das dem sehr intimen und bodenständigen Film sehr gut tut, von dem ich gerne eine längere Version mit wesentlich mehr Tiefgang und emotionaler Bindung gesehen hätte.

„Wege des Lebens – The Roads Not Taken“ - My First Look – 7/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9609
GoldenProjectile hat geschrieben: 19. August 2020 20:46 Verwirrend war aber etwas, dass eine der Mütter offenbar Tenebraeus oder so ähnlich heisst. Ist das in den Originalen auch schon so? Das hat nichts mit dem Argento-Film Tenebrae zu tun, der ja nicht Teil dieser Hexen-Mythologie ist?
Du meinst Mater Tenebrarum, die Mutter der Dunkelheit, welcher die Antagonisten-Rolle in Inferno, dem Mittelteil von Argentos Trilogie, zufällt. Tenebrae bzw. Tenebre heisst halt Dunkelheit, der gleichnamige Film hat inhaltlich aber nix mit dem Hexen-Zeug zu tun. Allerdings dürfte sich Argento beim Titel wahrscheinlich schon selbst inspiriert haben. :)
GoldenProjectile hat geschrieben: 19. August 2020 20:46 Ja, die Träne ist eine Sauerei und der mit Abstand schwächste Film, den ich von Argento kenne.
Es kann durchaus auch ein Segen sein, wenn man nicht alle Filme des silbernen Herren kennt. :D Persönlich würde ich den TV-mäßigen The Card Player, den Revolutions-Klamauk Le cinque giornate, den digital-dilettantischen Dracula und den grotesken Il Fantasme dell'opera noch unter dem Tränendrücker ansiedeln. Vor allem bei letzterem ist es angesichts der prunkvollen Ausstattung, den teilweise wunderschönen Bildern und Morricones geandiosem Score eine echte Tragödie, dass da so ein schlechter Film bei rauskam.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9610
iHaveCNit: The Climb (2020)
20.08.2020


Irgendwie interessant, dass sich ein wenig der Kreis geschlossen hat. Die ersten bewegten Bilder in Form eines Trailers zum Film „The Climb“ habe ich vor wenigen Wochen bei der Sichtung von „Auf der Couch in Tunis“ im selben Kinosaal auf dem selben Platz um die selbe Uhrzeit gesehen und mir danach gedacht - den Film setzt du dir mal auf deine Liste und hältst die Augen auf. Und so hatte ich im Kinosaal heute eine zufällige Privatvorstellung von „The Climb“, der mir überaus gut gefallen hat.

Kyle steht kurz vor der Hochzeit mit Ava. Gemeinsam mit seinem besten Freund Mike ist er gerade auf einer Fahrradtour durch Frankreich, als ihm Mike gesteht, schon über sehr lange Zeit eine Affäre mit Ava zu haben. Jahre später muss Mike einen persönlichen Verlust verkraften und es gibt eine Kette von Ereignissen, die scheinbar dafür sorgen, dass sich Geschichte wiederholt.

Der Regisseur Michael Angelo Covino, der hier gemeinsam mit seinem guten Freund Kyle Marvin den Film sowohl produziert als auch geschrieben hat, spielt sich quasi selbst und hat mit seinem guten Freund Kyle, der im Film sich auch quasi selbst spielt den perfekten Schauspielpartner gefunden. Die Chemie der beiden ist so unglaublich authentisch und macht den Film zu einem fast selbstverständlichen und bodenständigen Erlebnis. Mike ist ein unkontrollierter und selbstzerstörerischer Tollpatsch, während Kyle ein sehr gutherziger aber auch leicht zu manipulierender Mensch ist – doch beide haben ihr eigenes Päckchen zu tragen, dass beide immer wieder auseinander driften lässt aber auch immer wieder zusammenführt. Für den Film haben sich beide dann ein paar ganz besondere Ideen einfallen lassen. Zum einen wird die Freundschaft der beiden in Form von 7 Kapiteln erzählt, die allesamt Schlüsselmomente in der Beziehung der beiden darstellen. Zum anderen wird der Film in möglichst wenigen Plansequenzen inszeniert, die in ihren Variationen unfassbar toll geplant und durchgeführt worden sind, weil oft sehr viel passiert. Zum Beispiel läuft die Kamera erst bei einem Thanksgiving komplett innerhalb der Wohnung, wohingegen nach einem Zeitsprung die Kamera bei einem Weihnachtsfest zum Großteil um das Haus gleitet. Darüber hinaus gibt es die ein oder andere skurrile Gesangs- und Tanzeinlage. Die ganzen beiläufigen Referenzen durch gewählte Songs und einen Film bei einem Kinobesuch in Bezug auf die Liebe der Beiden zum französischen Kino selbst konnte ich für mich persönlich nicht entschlüsseln, da mir persönlich hier der Bezug fehlt. Insgesamt hat mir der Film mal wieder einen großartigen Kinobesuch beschert.

„The Climb“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9611
Aus purer Langeweile und weil es kostenlos war:

"Geminin Man", Ang Lee

Warum um alles in der Welt wurde dieser Film gedreht und warum ausgerechnet von Ang Lee der ja mal ein gewisses inhaltliches oder auch nur visuelles Niveau hatte?
Ehrlich, ich verstehe die Welt nicht.

Gemini Man wirkt wie die zum x-ten Mal recycelte Version eines selbst von van Damme abgelehnten Scripts aus den späten 90ern. Der Film nimmt ein an sich schon im Near-Future Sci-Fi abgenutztes Thema (Universal Soldier, Sixth Day, Replicas, Replicant, Die Insel, Oblivion, ...) ohne auch nur zu versuchen dem etwas Neues abzugewinnen.

Leider ist auch die Ausführung nahezu unterirdisch: Ausgerechnet den kaum gealterterten Will Smith für eine Rolle zu besetzen, die davon lebt dass man einen klaren Unterschied zwischem dem 50jährigen und dem 20jährigen Ich erkennt, ist schon eine große Dummheit. Dann aber die jüngere Version auch noch so schlecht mit CGI zu animieren bzw zu verjüngern ist schon eine Frechheit.
Erschwerend kommt in den vielen Actionszenen noch das für so viele CGI-Actionfilme heute typische völlige Fehlen von physikalischem Verständnis hinzu.
Schade eigentlich: Willis, Owen und Winstead machen ihre Sache soweit es das Drehbuch erlaubt recht gut.


P.S.: Lese gerade, dass das Drehbuch seit 20 jährigen in der Hollywood Production Hell gewesen sein soll...
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Re: Zuletzt gesehener Film

9612
Größtenteils Zustimmung, mit kleinen Einschränkungen. Will Smith in der Rolle zu besetzen ist wirklich konfus, der ist seit Independence Day kaum gealtert. Warum nicht Liam Neeson? Warum nicht Mel Gibson? Warum nicht Samuel L. Jackson? Usw. Und seine Teenie-Version sieht auch noch übel mies aus – zumal im O-Ton der Eindruck dadurch verstärkt wird, dass Smiths 50er Stimme gar nicht mit seinem 20er Gesicht harmonieren will. Hmm, ein 50er hat Probleme mit seinem jüngeren Ich und findet durch den Kampf zu sich selbst? Hatten wir das nicht schon in sehr viel besser? Ach ja, hieß "Looper" und war sehr spannend. Das Script ist leider wirklich hoffnungslos überholt, in den frühen 90ern wäre der Film vielleicht tatsächlich cool gewesen.

Aber die Action mochte ich. Zumindest die ausgestellte Motorradjagd am Ende des ersten Akts. Danach gibt es leider kaum noch richtig große, gute Action. Das Finale ist uninspiriertes Geballer in einer US-Kleinstadt und völlig beliebig.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9613
Cop Land (1997, James Mangold)

Netter Film, der witzigerweise im weiteren Sinne ein wenig die Prämisse von Hot Fuzz, einem meiner Lieblingsfilme, vorweg nimmt (Cop springt über seinen menschlichen Schatten um das Böse in einer vermeintlich idyllischen Kleinstadt zu besiegen, das zuvor jahrelang unter den Teppich gekehrt wurde), aber natürlich ganz anders ausgestaltet ist. Weder als Thriller noch als Charakterdrama ist Mangolds Frühwerk eine Offenbarung, macht seine Sache aber trotzdem sehr gut. Die Dramaturgie ist etwas schwammig, so gibt es immer wieder den "Lichtschaltereffekt" wie ich ihn nenne, bei dem ein bestimmtes Ereignis bezüglich seiner Folgen einfach so lange vergessen wird bis es der Film wieder braucht, es sind eher die Einzelszenen die sehr gelungen, und zum Teil richtig intensiv sind. Die Besetzung ist absolut gut, vor allem Stallone, der den teddybärenhaften Sheriff in all seinen Facetten sehr glaubhaft anlegt. Der Rest rekrutiert sich aus Scorseses Stammpersonal, das nichts zu tun hatte weil Marty gerade den Dalai-Lama-Film drehte. Ray Liotta setzt eins zu eins den paranoiden Junkie aus Goodfellas fort (warum nicht, es passt) und De Niro macht De Niro-typische Manierismen mit grossem Schnurrbart, aber wie schon in Ronin: daran kann ich auch Spass haben, wenn es in den Film passt und die Rolle nicht viel mehr erfordert. Der Mann hatte genug brilliert, als eine Art schauspielernde Variante seiner selbst (wie es tausend andere Stars auch sind) ist er auch mal sehenswert, macht ihn als Darsteller vielleicht sogar "greifbarer" wenn man auch ein bisschen diese Seite von ihm kennt, als wenn er sich immer wieder komplett verwandelt wie in den 70ern und 80ern. Genug über De Niro gebrabbelt: Cop Land ist ein solider Film für den Sonntsgabend.

Wertung: 7 / 10
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Re: Zuletzt gesehener Film

9614
Den finde ich auch prima, auf die "Hot Fuzz"-Parallelen bin ich noch nie gekommen! :D Stallone ist richtig stark darin und das an der Seite mehrerer Weltklasse-Schauspieler. Imo der Film Nummero Uno den man jemandem zeigen muss, um ihn von Stallones Schauspiel-Qualitäten zu überzeugen. De Niro ist definitiv eher im gemütlichen Autopilot unterwegs, der Rest der Besetzung auf den Punkt gecastet. Dürfte der beste Film von James Mangold sein, dessen letzte Filme alle weit hinter ihren Erwartungen zurückblieben.
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Re: Zuletzt gesehener Film

9615
CopLand konnte mich nie wirklich begeistern. Ich fand den insgesamt zu schleppend und auch dramaturgisch recht unspektakulär. Dem geballten Schauspieler-Adel zuzuschauen macht zwar einiges gut, aber insgesamt würde ich sogar nochmal einen halben Punkt unter GPs Wertung bleiben.
Casino Hille hat geschrieben: 24. August 2020 09:03 Stallone ist richtig stark darin und das an der Seite mehrerer Weltklasse-Schauspieler. Imo der Film Nummero Uno den man jemandem zeigen muss, um ihn von Stallones Schauspiel-Qualitäten zu überzeugen.
Ich weiß nicht. Stallone ist schon gut, keine Frage. Aber angesichts des Kritiker-Bohais seinerzeit hatte ich wunderweißwas gedacht und dann waren Film und auch darstellerische Leitungen am Ende doch nur ok bis gut. Ich habe bei Stallone in CopLand jedenfalls nichts gesehen, was er zuvor nicht auch schon so oder besser gezeigt hat. Rocky bleibt wie ich finde bis heute der Goldstandard unter Stallones schauspielerischen Leistungen und das wäre dann auch der Film, den ich jemandem zeigen würde, um ihn von Slys Schauspiel-Qualitäten zu überzeugen. :) Aber auch davon ab würde ich seine Auftritte in F.I.S.T., Paradise Alley, Rocky II und First Blood auf mindstens dem gleichen Niveau ansiedeln wie seinen taub-tumben Sheriff.
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