Casino Hille hat geschrieben: 31. August 2020 14:54
Neil wird natürlich in der Zukunft erst von JDW für Tenet rekrutiert und kann nicht in der Vergangenheit gemeint sein. Die beiden haben in der Zukunft noch einige Abenteuer vor sich. Deshalb ist das Ende des Films auch das Ende ihrer wunderbaren Freundschaft – für Neil. Für den Protagonisten ist es wie in "Casablanca" erst der Beginn, obwohl er in der Zukunft mit dem Wissen leben muss, dass sein Freund Neil eines Tages in der Vergangenheit sein Leben für ihn opfern wird.
Das wird auf dieser Seite exakt gegenteilig erklärt. Und auch ich fasse es nach zweimaliger Sichtung gegenteilig auf. Neil sagt "Du hast eine Zukunft in der Vergangenheit". Das impliziert für mich eindeutig, dass der Protagonist in die Vergangenheit reist und dort Neil rekrutiert und nicht dass Neil aus der Zukunft ist. Das passt auch besser zum Rest. Denn wenn die Wissenschaftlerin und der CIA-Typ in der Zukunft vom Protagonisten gebrieft worden wären, wären sie ja auch durch Inversion zurück gekommen und wüssten dadurch eine ganze Menge von der Operation. Wenn nur der Protagonist so zurückreist, kann er ihr wissen vollständig bestimmen.
Casino Hille hat geschrieben: 31. August 2020 14:45
In "Tenet" ist mehrfach die Rede von einem "Temporal Pincer Movement" – was man sich wie ein sich unendlich wiederholender Time Loop vorstellen kann.
Das sehe ich komplett anders. Ein Loop ist ein geschlossener Kreis, eine Zangenbewegung nicht. Es gibt schon einen Grund, warum dieser Begriff dafür gewählt wird. Eine Zangenbeweung ist eine von Menschen durchgeführte Operation, keine natürliche Gegebenheit.
Casino Hille hat geschrieben: 31. August 2020 14:45
Mit anderen Worten: Alles, was in "Tenet" passiert, ist schon unendlich oft passiert und wird noch unendlich oft passieren.
Auch hier widerspreche ich. Alles was in Tenet passiert geschieht genau einmal. Dieses geschehen kann mittels Inversion nur aus zwei unterschiedlichen Richtungen erreicht werden. Nichts wiederholt sich. Wenn man mittels Inversion zu einem Zeitpunkt zurückkehrt geschieht das ganze nicht nochmal, man hat sich dem Geschehen nur von einer anderen Seite aus genähert. Wiederholung gibt es nicht, auch Loops, Zeitschleifen, etc. gibt es nicht. Beim zweiten Anschauen ist mir aber immerhin ein Satz aufgefallen der dich möglicherweise darauf brachte: Neils Antwort auf die Frage, ob das blaue Team ihn nicht gebraucht hätte beantwortet er mit "Denen helfe ich in der nächsten Runde". Allerdings wird sich das vermutlich nur auf sein einmaliges zurückkehren in die Schlacht um das Schloss zu öffnen und zu sterben, beziehen.
Casino Hille hat geschrieben: 31. August 2020 14:45
Jep, das dürfte einer der wenigen "Kontinuitätsfehler" in "Tenet" sein, denn hier müssten eigentlich alle drei Personen Maske tragen. Es sei denn deine Erklärung mit dem abgeschlossenen Raum trifft zu, aber da geht der Film nicht näher drauf ein. Der Sinn ist hier sicherlich, dass man lieber JDW, Robbie Pat und Elizabeth Debicki beim Schauspielen beobachten will, statt sie eine lange Dialogszene durch ihre Masken zu beobachten. Ist für mich verschmerzbar, da man es sich wenn man will erklären kann.
Das wird alles visuell erklärt. Wenn sich der Protagonist im freien, oder im großen Frachtraum des Schiffes befindet, trägt er eine Maske, wenn er sich in luftdichten Räumen befindet nicht. Man sieht ihn ja sogar kurz vor der finalen Schlacht mit Maske herumlaufen, und dann zu Kat gehen, die ohne Maske in einer Schleuse steht. Das wird alles deutlich gezeigt.
Casino Hille hat geschrieben: 31. August 2020 14:45
Die Explosion findet direkt dort statt, wo Branagh den Algorithmus verbuddelt. So kommuniziert er schon die ganze Zeit mit der Zukunft (Michael Caine erwähnt ja, dass die Explosion aufgezeichnet wurde). Mit der Explosion weist er die Menschen in der Zukunft darauf hin, wo seine Zeitkapsel verbuddelt ist. Die Explosion wird in der Sekunde ausgelöst, in der Branaghs Totmannschalter durch seinen Tod aktiviert wird. Sobald das passiert, geht die Bombe hoch, die Menschen in der Zukunft finden die Zeitkapsel, nutzen den Algorithmus und vernichten mutmaßlich alles Leben auf der Erde.
Das ist aber sehr stark zusammenkonstruiert und wird so nie im Film gesagt. Im Gegenteil, es wird eindeutig gesagt, dass der Algorithmus aktiviert wird, wenn Sator stirbt, nicht die Bombe. Das wäre ja auch nur logisch, schließlich, will er das die Welt mit ihm stirbt und nicht irgendwann später. Und das ist einer meiner wenigen Probleme mit Tenet: Am Ende erschießt Kat Sator und es passiert nichts! Der Algorithmus ist intakt und bleibt es auch noch mehrere Minuten, aber nichts passiert. Auch die Bombe explodiert nicht sofort. Man sieht zwar, wie der Contdown auf zehn Sekunden steht, aber der lief davor schließlich auch schon, ganz unabhängig von Sators Tod. Und er schien davor und danach mehr oder weniger synchron zum Zeitfenster der zehn Minuten Schlacht zu verlaufen. Da wird die Bedrohung ein wenig zahnlos, muss ich sagen und es wäre einfach gewesen, das konsequenter zu lösen.
Eine weitere Sache stört mich noch: Warum musste Nolan aus der Beziehung von Neil und dem Protagonisten eine jahrelange machen? Wo ist der Mehrwert für die Geschichte? Besonders viel scheint Tenet vor Beginn der Story nicht erreicht zu haben, wofür also die vielen Jahre? Letztendlich macht es das ganze nur relativ unglaubwürdig, weil dadurch mindestens eine Person sich jahrelang invertiert durch den Lauf der Geschichte bewegen muss und das erscheint mir schlichtweg hochgradig unwahrscheinlich und logistisch enorm kompliziert. Die einfachere Lösung wäre gewesen, die finale Schlacht ein paar Wochen vor dem Angriff auf die Oper in Kiew spielen zu lassen. Dann hätte der Protagonist in dieser Zeit Tenet aufbauen können, Neil rekrutieren, ihn zur Oper schicken, und ihm den Auftrag geben sich selbst zu unterstützen. Es wäre simpler, glaubwürdiger und würde noch dazu deutlich eher einer temporalen Zangenbewegung ähneln, als die Neil die gesamte Operation ja beschreibt. Er sagt ja: Du hast den halben Weg noch vor dir. Da er aber erst wenige Wochen hinter sich hat, warum sollte er dann noch Jahre vor sich haben?
Außerdem ist mir bei der zweiten Sichtung ein Fehler aufgefallen: Als Der Protagonist, Neil und Kat invertiert zurück nach Oslo fahren schaut der Protagonist aus einem Guckloch nach draußen und sieht das Flugzeug einige Minuten vor dem Crash, noch komplett unversehrt. Daraufhin sagt Neil, dass sie den Durchbruch nutzen würden um ins Gebäude zu kommen. Da das aber aus konventioneller Sichtweise erst danach geschehen ist, müssten die drei den Zeitpunkt bereits verpasst haben, denn aus ihrer Invertierten Sichtweise geschah der Durchbruch ja bereits zuvor. Da hat Nolan kurzzeitig nicht aufgepasst. Alles was danach in dieser Szene geschieht ist absout brilliant.