Welcher Film von Christopher Nolan ist der Beste?

Following (1998) (Keine Stimmen)
Memento (2000)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 6 (24%)
Insomnia (2002) (Keine Stimmen)
Batman Begins (2005)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (4%)
Prestige (2006)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (12%)
The Dark Knight (2008)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 4 (16%)
Inception (2010)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (8%)
The Dark Knight Rises (2012)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (4%)
Interstellar (2014)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (8%)
Dunkirk (2017)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (4%)
Tenet (2020)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 2 (8%)
Oppenheimer (2023)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 3 (12%)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 25

Re: Die Filme des Christopher Nolan

1456
Man muss sich eben die Frage stellen, wie viele Streaming-Anbieter und Insellösungen es mittlerweile gibt und auch noch geben wird. Wenn man hier die Kosten für die monatliche Nutzung addiert und dann noch für entsprechende spezielle Angebote wie zum Beispiel die 22 Euro bzw. 30 Dollar für Mulan damit noch auf die Kosten aufschlägt ist man am Ende des Monats (sollte man einige/alle Anbieter nutzen) sogar bei höheren Ausgaben als die regulären, monatlichen Gänge ins Kino (inklusive Snacks und weitere Kosten), sofern man nicht unbedingt der Cineast ist, der sich wöchentlich für mehrere Kinostarts interessiert.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Die Filme des Christopher Nolan

1458
danielcc hat geschrieben: 11. September 2020 14:03 Ein absoluter Straßenfeger wie Bond verkauft weltweit 90 Mio Tickets. Heißt der Film verpasst ein paar Milliarden mögliche Zuschauer die nicht ins Kino gehen.
Die verpasst er eben nicht, denn die Zuschauer, die den Film nicht im Kino sehen, kann man später noch nach und nach abgreifen.

Und auch die Leute, die den Film im Kino gesehen haben, werden sich den Film wohl früher oder später als VoD nochmal ansehen.

Man hat bei einem Kino-Release also die Möglichkeit, doppelt und dreifach Kohle zu scheffeln.

Wenn der Film aber erstmal als Stream verfügbar ist, dann verschenkt man das Geld, das man an den Kinokassen hätte machen können.
#London2024

"Wo man lacht, da lass dich ruhig nieder. Böse Menschen lachen immer wieder."

Re: Die Filme des Christopher Nolan

1459
danielcc hat geschrieben: 11. September 2020 14:03 Meine Herren. 30 EUR ist doch für die allermeisten viel günstiger als Kino. Warum will das keiner verstehen?

Normaler Kinobesuch heute am Wochenede im Multiplex: 10-15 EUR. Im Schnitt geben die Besucher noch mal 5-10 EUR für Verpflegung aus. Bist du bei 15-25 EUR pro Person.
Nimm das mal 2 bis 10 (weil das ist die Gruppe mit der ich zuhause schauen würde).

Dann hast du immer noch nicht eingerechnet, dass du den Film 2 oder 5 mal schauen kannst zuhause.
Aber hast du denn schon mal einen Film fünfmal in 48 Stunden gesehen? Möchtest du dich immer mit 2-10 Leuten absprechen, wenn du heiß auf nen neuen Film bist, der z.B. deine bessere Hälfte überhaupt nicht interessiert? Und auch wenn die Verpflegung daheim nicht so exorbitant teuer ist wie im Kino: wenn du bis zu 10 Leute verpflegen willst geht das auch ins Geld. :) Es liegt in der Natur der Sache, dass Fixkosten mit steigenden Stück (bzw. hier Zuschauern) niedriger werden, aber stell dir vor du willst schnell ne Pizza essen und in der Wirtschaft begrüsst dich der Wirt mit nem tollen exklusiven All-You-can-Eat-Angebot für 30 Euro, bei dem du noch vier Mitesser verpflegen kannst. Preise sollten möglichst transparent sein, da es immer erst mal ein Einzelner ist, der bezahlt. Wenn sich Preise erst dann lohnen, wenn man sich zu einer Gemeinschaft zusammen findet wird vor allem eines passieren: viele einzelne werden dies mit Kaufverzicht quittieren.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Die Filme des Christopher Nolan

1460
Anatol, die allermeisten Kinobesucher gehen in einer Gruppe von Freunden oder als Familie. Das dürfte klar sein.

Was ich tun würde:
- Zur "Premiere": Alle Freunde versammeln, dann gucken 8 Leute den Film
- Nächster Tag: Noch mal allene
- Letzter Tag: Vielleicht noch mal 2-3 Freunde oder Familie

Ich glaube das wird unweigerlich so kommen. Es wird auch keinen albernen Plastikmüll in Form von BDs mehr geben. Wozu? Das ist ein Sammler-Nischengeschäft.

mag uns Kinofans nicht gefallen - erscheint mir aber logisch
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Die Filme des Christopher Nolan

1461
danielcc hat geschrieben: 11. September 2020 18:13 Es wird auch keinen albernen Plastikmüll in Form von BDs mehr geben. Wozu? Das ist ein Sammler-Nischengeschäft.
Wie für alles andere, gilt auch hier: Wenn es gekauft wird, wird man es auch weiterhin verkaufen.

Auf Dauer wird sich meiner Meinung nach eher die Frage stellen, welche Streaming-Plattformen wirklich wettbewerbsfähig sind und welche nicht. Netflix und Amazon Prime haben da gute Karten. Ob sich aber so viele Leute auf Dauer zusätzlich zu einem der beiden auch noch Apple+ oder Disney+ oder sonstwas+ zulegen werden, da mach ich mal ein großes Fragezeichen dran.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

1463
Daniel, ich stimme dir zu, dass sich ein grosser Teil der Kinopublikums aus Gruppenbesuchen zusammensetzt. Bei der Schlussfolgerung, dass sich dies künftig entsprechend auf Gruppen-Streaming-Treffen verlagert gehe ich aber nicht mit, einfach weil aus meiner Sicht da weitere Aspekte mitreinspielen, warum die Leute (zusammen) ins Kino gehen. Gerade bei der Hauptzielgruppe der 16 bis 35jährigen ist der Kinobesuch Teil des wochenendlichen Abendprogramms, welcher sehr oft einher geht mit weiteren Aktivitäten vor und/oder nach dem Kinobesuch. Wenn man jung ist will man am WE was erleben und raus unter Leute. Hinzu kommt, dass der Kinobesuch ja nicht nur aus dem reinen Filmschauen besteht, sondern seinen Reiz auch in nicht unerheblichem Maße durch das Drumherum bezieht: große Leinwand, eindrucksvolles Soundsystem, großer Saal mit mitgehenedem Publikum. Das alles lässt sich bei den meisten Otto-Normalverbrauchern durch einen gemeinschaftlichen Streamingabend vorm 55 Zoll-TV mit quäkendem Ton aus dem TV-Lautsprechern nicht mal ansatzweise erreichen. Von daher mag dein Ansatz für Filmfans, die in erster Linie am Film selber interessiert sind, durchaus eine echte Option darstellen. Ich denke aber, dass für die überwiegende Mehrzahl der Kinobesuch ein Gesamterlebnis darstellt, welches sich nicht 1:1 durch die Streaming-Variante ersetzen lässt. Meine Vermutung ist daher eher, dass sich viele am WE dann eben anderen urbanen Freizeitaktivitäten zuwenden.

Bezüglich des "Plastikmülls" :) : auch da gebe ich dir insofern recht, dass hier eine Entwicklung vom Massen- zum Nischenprodukt stattfindet. Darüber hinaus sehe ich es aber genau wie Samedi: solange Nachfrage besteht und sich damit Geld verdienen lässt wird diese Nische auch bedient. Die Entwicklung wird vermutlich ähnlich laufen wie bei den Schallplatten, die auch schon seit 30 Jahren für tot erklärt werden, sich aber dennoch immer noch einer beachtlichen Beliebtheit erfreuen. Der Grund liegt einfach in den unterschiedlichen Kundenanforderungen an ein Produkt. Wer nur mal schnell die neusten Blockbuster und die Standards an Klassikern in akzeptabler bis guter Qualität schauen will - und das dürfte die Mehrheit sein - für den ist Streaming sicherlich in Zukunft genau das richtige. Für Filmfans mit einem breiter gefächerten Geschmack, denen auch die möglichst beste Wiedergabequalität und ein uneingeschränkter Zugriff auf ihre Filmsammlung wichtig ist dürfte hingegen auch zukünftig kein Weg am physischen Medium vorbeiführen.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

1464
Zum Thema Kino VS Streaming wäre auch noch zu sagen, dass ich es mir durchaus vorstellen kann, dass man auch in Gruppen immer mehr auf Streaming-Abende ausweicht. Auch deshalb, weil im Kino die Preise immer mehr angehoben werden. Nur wird man sich bei einem Streaming-Abend nicht Mulan für 30 Euro ansehen, sondern einen Film, der bereits in der Flatrate enthalten ist. Denn man weicht ja auf den Stream aus, um Geld zu sparen und nicht, um wieder ähnlich viel Geld auszugeben, wie im Kino. Außerdem dürfte es bei den meisten Streaming-Abenden auch so laufen, dass man sich nicht trifft, um einen besonderen Film anzusehen, sondern dass man sich des Filmerlebnisses halber trifft und dann vor Ort einfach einen Film aus dem Angebot auswählt.

Auf jeden Fall dürften sich solche Streaming-Abende für die Filmbranche eher negativ als positiv zum Status Quo auswirken. Verdienen kann man damit nichts.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

1465
danielcc hat geschrieben: 11. September 2020 14:03 Meine Herren. 30 EUR ist doch für die allermeisten viel günstiger als Kino.
Schön für die Allermeisten. An dem Tag, an dem ich 30 EUR für einen Leih-Stream eines Films bezahle, der kurz darauf sowieso auch noch auf anderen Wegen erscheint, habe ich offiziell die Kontrolle über mein Leben verloren. :D
AnatolGogol hat geschrieben: 12. September 2020 06:47 Wenn man jung ist will man am WE was erleben und raus unter Leute. Hinzu kommt, dass der Kinobesuch ja nicht nur aus dem reinen Filmschauen besteht, sondern seinen Reiz auch in nicht unerheblichem Maße durch das Drumherum bezieht: große Leinwand, eindrucksvolles Soundsystem, großer Saal mit mitgehenedem Publikum.
Vor allem geht es aber auch um das Erlebnis selbst, außer Haus zu gehen, sich den ganzen Tag auf den Kinobesuch zu freuen etc. Nicht umsonst hatten Autokinos seit der Coronavirus-Pandemie so einen Zulauf, obwohl sie qualitativ gegen einen echten Kinobesuch oder gar gegen Heimkino-Anlagen jämmerlich abstinken. Genau deshalb wird das Kino auch nicht so leicht totzukriegen sein, wie Streaming-Puristen es sich vorstellen.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

1466
Casino Hille hat geschrieben: 12. September 2020 14:44 Genau deshalb wird das Kino auch nicht so leicht totzukriegen sein, wie Streaming-Puristen es sich vorstellen.
Und auch deshalb, weil die nicht rentablen Kinos sowieso schon vor über 20 Jahren dicht gemacht haben und die meisten Kinos, die es jetzt noch gibt, eine solide Stammkundschaft haben und sich auch noch vielerorts zusammengeschlossen haben.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

1467
TENET (Christopher Nolan, 2020)

Wenn ich mich mal wieder melde, wann wenn nicht jetzt? Denn Endlich: Hier ist er. Cineasten, Presse, Medien, Kinoketten und Kinobetreiber, alle haben sie auf diesen einen Film gewartet. Sie sagten nur ein Wort und es sollte die richtigen Türen öffnen und hoffentlich nicht die falschen. Tenet war lange ersehnt, der neue Nolan, und so begehrten die „Nolangläubigen“ schon vor dem ersten Trailer diesen Film. Im Zuge der Covid-19-Pandemie wurde dieser Film zum Hoffnungsträger einer ganzen Kulturbranche. An diesem einen Film hingen nun die Erwartungen der Cineasten, seit weit lange vor der Pandemie und letztlich nun eine ganze Industrie, ein Stück menschlicher Kultur: das Kino. Tenet ist nun der Prüfstein, für eine Filmindustrie, welche letztlich Gewinne einfahren will, ja gerade heute sogar einfahren muss. Die Medien stilisierten diesen einen Thriller als nichts weiter, als den möglichen Retter des Kinos und um es vorweg zu nehmen: Ja! Aber es wäre viel zu platt Tenet nur so anzusehen.
In meiner Kritik folgen immer mal wieder kurze Anspielungen auf den Film, ich will eben nicht spoilern, aber wer den Film gesehen hat sollte einiges mehr verstehen können hoffe ich.
Ich werde einmal ganz grob erst einmal anreißen worum es in Tenet geht, auch ohne großartig zu spoilern. Tenet ist ein Spionage-Agenten-Sci-fi-Thriller. Mehr sage ich nicht, alles Weitere wäre schon ein Spoiler, alles an diesem Film ist pures Erlebnis, es ist Filmkunst wie wir sie auf der heutigen Leinwand viel zu selten sehen, auch wenn das sehr reiche und gute Filmjahr 2019 darüber hinweg täuscht. Der Film ist handwerklich mehr als gekonnt gemacht, Nolan weiß wie man einen Film dreht, die Action sieht hervorragend aus, der Sound von Schüssen, Schlägen und co hat mich im Kinosessel mehr als ergriffen. Jede Bewegung sitzt, die Kamera weiß zu filmen, Hoytema weiß wie Perspektive, Bildaufbau und Dynamik funktionieren, seine Kamera hat aber eine eher weniger aufdringliche Ästhetik als zB die eines Deakins, die Kamera schafft Raum für die Bilder und die Handlung, für das Gefilmte, nimmt sich selbst zurück, aber bleibt doch gekonnt und versteht seine Wirkung. Schauspielerisch sehen wir hier ähnliches Talent, der Dynamik zwischen Washington und Pattinson hätte man allerdings an einigen Stellen mehr Raum geben können. Vor allem Pattinson fällt hier auf und zeigt, was er uns die letzten Jahre zB mit Filmen wie „Der Leuchtturm“ (2019) schon gezeigt hat. Ich denke ich gehe nicht zu weit, wenn ich sage, dass mit Pattinson auf Dauer sogar eine ernsthafte Konkurrenz für Dicaprio aufkommt. Wir dürfen uns jedenfalls allemal auf „The Batman“ (voraussichtlich 2021) freuen. Der Score von Göransson ist großartig, er befüllt den Kinosaal, fesselt genau wann er fesseln muss, unterstützt den Rhythmus des Films und steigert das Kinoerlebnis. Zimmer konzentriert sich in der Zeit auf sein Traumprojekt „Dune“ (voraussichtlich Dezember 2020), Göransson zeigt das es auch ohne ihn geht, auch wenn der Score stilistisch ein wenig vom Meister abschaut.
Wollen wir Tenet in seiner Substanz verstehen, so müssen wir zu meiner Anfangs genannten Beschreibung zurückkommen: „Spionage-Agenten-Sci-fi-Thriller“. Was hier zunächst nach einem Kessel Buntem klingt ist genau das. Nolan will kein zweites „Memento“, keinen zweiten „Inception“. Nolan ist studierter Literaturwissenschaftler, mit jedem Film versucht er seinen Beitrag zum modernen Kino zu leisten und zeigt immer wieder auf, dass neben den immer gleichen Marvel- und Franchiseproduktionen Kino viel mehr kann: Mit Memento bricht er die Regeln linearer Handlung, mit Inception bricht er die Idee einer einzigen großen Welt in einem Film, mit der Dark-Knight-Trilogie zeigt er wie politisch und philosophisch, nachdenklich Comicverfilmungen sein können und ebnet Filmen wie „Joker“ (2019) den Weg, auch wenn dieser nicht daran heran reicht. Mit Dunkirk zeigt er, dass ein Krieg viele Facetten und Blickwinkel hat. Nolan zeigt uns die Komplexität unserer Welt und gibt uns direkt Antwort und Schlüssel zur Encodierung dieser: Kino. Dieses ist für ihn kein Mausoleum wie es uns Tarantino zuletzt mit „Once Upon a Time in Hollywood zeigte“ (2019) zeigte. Für Nolan ist Kino mehr, kein Rückzugsort in dem wir es uns bequem machen, für Nolan ist Kino ein aktives Erlebnis, dass uns die Welt erfahrbar macht und näher bringt. Zeit, Ort, Psychoanalyse, Politik, Philosophie, Geschichte, Physik, all das sehen wir bei Nolan und fangen an uns selbst Gedanken zu machen zu dem Gesehenen, weil wir durch das Kino und das gekonnte Handwerk in Träume hinabsteigen, die uns diesen Zugang legen. Nolans Träume die er uns auf die Leinwand zaubert sind vielleicht realer als wir denken. Und Nolan redet nicht einfach, er wagt, er macht, er zeigt wie alte Muster, über Tenet in einem James Bond Forum zu schreiben ist schon irgendwie interessant, und modern gedachtes, virtuoses und gekonntes Kino funktionieren können. Das ist Tenet. Tenet zeigt uns die Vergangenheit des Kinos anhand des Grundplots, in der Gegenwart sitzen wir im Kino und wir sehen wie Kino zukünftig weiter funktionieren kann. Kino kann neue Dinge wagen, kann machen, vor allem Leute wie Nolan die sich freigespielt haben, haben Möglichkeiten unabhängig von Franchises große, teure, aufwendige Projekte zu verwirklichen. Das Alte und Neue kommt hier und heute zusammen und Nolan zeigt was das Alte kann, Tenet macht CGI zum Fremdwort, es ist eben ein Nolan.
Nolan zeigt uns, dass altes und neues Kino sich aber nicht ausschließen, erst Recht nicht ein kluges Drehbuch und Unterhaltung. Tenet ist dabei kein Freizeitpark, Tenet ist pure Virtuosität, handwerkliche Perfektion, Tenet hat eine klare Botschaft, will das wir unser Denken von Ursache und Wirkung hinterfragen, unser Handeln, unser Tun, wird philosophisch, sogar konkret politisch und zeigt am Ende, dass manche Dinge nicht bedenkenlos rückgängig gemacht werden können.
Tenet zeigt, dass das Kino lebt, es brennt, es ist ein Appell für neues Kino, für gewagte Stoffe. Tenet wusste nie, welche Rolle man ihm einmal abverlangen würde, seine Zukunft hat ihn eingeholt und er hat abgeliefert. Tenet ist ein Kinofilm, ein Film der für viele anstrengender sein könnte, als das was man da sonst so in den Sälen sieht, aber Nolan wagt und geht voran, was sonst nur wenige wagen, mal das Studio A24 und derartige Produktionen ausgenommen.
Um es klar zu sagen: Tenet hat mir gezeigt, dass das Kino noch lange nicht tot ist. Wir brauchen das Kino, das Erlebnis und die Erkenntnis gibt es so nur dort. Tenet war lange vor der Pandemie schon ein Appell fürs Kino, es ist ein Wachrüttler für eine Industrie, die sich in immer gleichen Ideen und Franchises verdreht. Nolan weiß, dass das Kino zu kostbar ist, um es einfach aufzugeben und schafft einen Film, der die Begeisterung des Films neu einfangen soll, wie die Spionagefilme die ihn als Kind so begeisterten sagte er. Er zeigt uns dieses alte Kino, gute Action, gutes Handwerk, toller Sound und Soundtrack. Die Anzüge im Film stehen sinnbildlich für diesen Film, sie sollen nicht von der Stange kommen sagt Micheal Caine in einer großartigen Szene, wie Tenet sollen sie maßangefertigt sein, perfekt, mit Leidenschaft und Können, mit Liebe für die Kunst gemacht. Aber wie der Protagonist, soll das Kino sich hinaus wagen und für das kämpfen was es so sehr liebt.
Tenet ist ein Film über die Welt, den Film, wie sie zueinander stehen, wie sie funktionieren, von der Komplexität, von der Erkenntnis das wir nie alles verstehen werden, aber wir können es versuchen, aber das geht nur im Film, wenn wir uns hinaus wagen, Neues wagen und Altes nicht vergessen, wenn wir Vergangenheit und Zukunft gekonnt vereinen, dann kann all das überleben, unsere Welt, der Film, der Mensch, aber nur wenn wir es wagen. Nolan verhandelt auf der Leinwand alles. Ob das zu viel ist oder gerade richtig, dass muss jetzt jeder selbst entscheiden. Nolan bietet zumindest ein Werk das Diskussionsstoff bietet. Er rast mit Tenet mit etwas Gewaltigem in etwas und zeigt, dass man die Dinge erst einmal aufbrechen und erschüttern muss. Das Geld/Gold wird vorher abgeworfen. Nolan wird grundsätzlich und entlässt uns mit einem Schlussbild, welches treffender nicht sein könnte. Da möchte ich wirklich nichts spoilern, wobei viele Szenen hochsymbolisch sind, so auch die Szene ganz zu Beginn im Konzerthaus. Tenet ist ein Erlebnis für sich, regt zum Nachdenken an. Über einzelne Schwächen in Plot und Charakteren kann man streiten, das ist auch in gewisser Weise subjektiv, wie man sich auf den Film einlässt.
Aber am Ende wird klar: Tenet ist nicht perfekt, aber er macht vieles sehr richtig. Nolan weiß, schon die Filme des New Hollywood lagen irgendwo zwischen dem Alten und dem neu Gewagten. Nolan hat abgeliefert, und es liegt an uns, was wir daraus machen und welche falschen oder richtigen Türen in Zukunft von der Industrie geöffnet werden. Nolan zeigt uns schon einmal wie es gehen kann, die Zukunft holt uns ein. Die Frage ist nur, wann Hollywood das auch klar wird oder ob man weiterhin die nächste, immer gleiche Marvelproduktion in die Säle bringt und das Kino wie wir es kannten langsam erstickt. Nolan zeigt, Kino war immer mehr als das, Kino kann mehr, wenn man es nur will. Eines wird mir klar: Mit Tenet ist der Kampf um das Kino, vor allem um das gute und kluge Blockbusterkino, noch nicht zu Ende. Während uns von Marvel Filmen nach dem sehen immer weniger in Erinnerung bleibt, es kommt ja eh bald dann wieder der nächste, bleibt Tenet im Kopf, er bestimmt die Zukunft mit, er bestimmt den Grundsatz des Kinos, gestern, heute und morgen.

Über die Kritik hinaus noch eine kleine Anmerkung von mir in diesem Zusammenhang: „Keine Zeit zu sterben" (voraussichtlich November 2020) wird anscheinend Craigs letzter Bond Film. Ich denke dann wird auch ein neuer Regisseur gesucht werden. Wir wissen, dass Broccoli und Nolan Kontakt hatten in der Vergangenheit, Nolan aber am liebsten sein eigenes Ding aus Bond machen würde in Form einer Neuausrichtung. Mit Blick darauf und Nolans praktizierte Liebe zum Spy-Genre, könnte Tenet eine Art Bewerbung für Bond sein. Das ist sehr spekulativ, aber zumindest mal einen Gedanken wert wie ich finde.

Re: Die Filme des Christopher Nolan

1468
Niklas hat geschrieben: 13. September 2020 13:32 Tenet ist ein Film über die Welt, den Film, wie sie zueinander stehen, wie sie funktionieren, von der Komplexität, von der Erkenntnis das wir nie alles verstehen werden, aber wir können es versuchen, aber das geht nur im Film, wenn wir uns hinaus wagen, Neues wagen und Altes nicht vergessen, wenn wir Vergangenheit und Zukunft gekonnt vereinen, dann kann all das überleben, unsere Welt, der Film, der Mensch, aber nur wenn wir es wagen. Nolan verhandelt auf der Leinwand alles. Ob das zu viel ist oder gerade richtig, dass muss jetzt jeder selbst entscheiden. Nolan bietet zumindest ein Werk das Diskussionsstoff bietet. Er rast mit Tenet mit etwas Gewaltigem in etwas und zeigt, dass man die Dinge erst einmal aufbrechen und erschüttern muss. Das Geld/Gold wird vorher abgeworfen. Nolan wird grundsätzlich und entlässt uns mit einem Schlussbild, welches treffender nicht sein könnte. Da möchte ich wirklich nichts spoilern, wobei viele Szenen hochsymbolisch sind, so auch die Szene ganz zu Beginn im Konzerthaus. Tenet ist ein Erlebnis für sich, regt zum Nachdenken an.
Jawoll Niklas, was für ein Comeback! Wunderbar geschrieben, insbesondere dieser Abschnitt. "Das Geld/Gold wird vorher abgeworfen" - Hehe, herrlich und es erfasst den Film perfekt, die Szene ist in der Tat hochsymbolisch, genau wie das Schlussbild und vieles andere. Nolans visuelle Codierungen beginnen ironischerweise schon bei den Logos vor der Opernszene. Die Farbgebung der zwei Logos (Warner Bros. und Syncopy) gehört bereits zum Inhalt des Films und etabliert das erste Motiv. So sieht ein Film aus, wenn der Regisseur 130 Prozent Kontrolle über jede einzelne Sekunde seines Films hat und diese nicht herzugeben bereit ist.

Btw: Großer Applaus für den Kommentar zur Kamera von Hoyte van Hoytema. Gerade im Vergleich zu den Bildern, die ein Roger Deakins oft erzeugt, ist van Hoytema der um Welten bessere Director of Photography. Gut zu erkennen ist das da, wo Regisseure mit beiden Kameramännern gearbeitet haben, siehe Sam Mendes und seine zwei Bondfilme. Vom Color Grading in SP mal abgesehen, dass hier im Forum eher verhasst ist: Die Ästhetik von SF ist enorm aufdringlich, typisch für Deakins auch eher vordergründig komponiert. Die Bilder die van Hoytema widerrum zaubern kann, haben eine ehrliche, wohl überlegte Schönheit, die sich nie in den Vordergrund zu spielen braucht – und trotzdem habe ich bei jeder "Tenet"-Sichtung 151 Minuten lang gedacht: Was für ein atemberaubend fotografierter Film!

Findest du wirklich, dass Ludwig Göransson sich den Score in Teilen bei Zimmer abschaut? Die Musik ist doch voll von Elementen und klugen Ideen, die man so bei Zimmer noch nie wirklich gehört hat oder nicht? Ich bin ja kein Musik-Experte und bewerte frei nach Gusto. Meiner Ansicht nach passt der Soundtrack perfekt zur bisherigen Karriere von Ludwig Göransson, aber natürlich hat sie die Elemente, die Christopher Nolan in seinen Filmen hören will. Hast du mal "Prestige" gesehen? Der Soundtrack klingt ebenfalls stark nach den Soundtracks anderer Nolan-Filme, ist aber auch kein Werk von Hans Zimmer.

Um deinen hübschen Satz "Tenet ist ein Film über die Welt, den Film, wie sie zueinander stehen, wie sie funktionieren, von der Komplexität, von der Erkenntnis das wir nie alles verstehen werden" noch zu ergänzen: "Tenet" ist vor allem auch wie fast jeder Nolan-Film ein Film über die Funktionsweise postmoderner Narrative, und in jeder Hinsicht ein Meta-Kommentar auf die neuen Wege des Geschichtenerzählens. Der vermeintliche Meta-Gag um die Hauptfigur, schlicht "Der Protagonist" genannt, ist sehr viel intelligenter, als man zuerst annehmen könnte. Und auch die Kommentare, die Kenneth Branagh als Widersacher Sator zum Besten gibt, gerade in der viel entscheidenden Yacht-Szene, verdeutlichen, dass Nolans Filme immer ihre eigenen Mechanismen analysieren und reflektieren. Aus den Filmen von Christopher Nolan lernt man viel über den inneren wie äußeren Aufbau, der aktuell im Storytelling vorherrschend ist. Er macht postmodern üblich Filme über Filme – von innen und von außen.

PS: "Tenet" ist eine Bond-Absage, keine Bond-Bewerbung. Alles was Nolan zum Thema Bond und zum Genre des Agententhrillers zu sagen hat, steckt in "Tenet" und vieles mehr. Der Film dekonstruiert die Bondreihe vollständig und setzt sie parallel wieder zusammen. Wenn man so will ist "Tenet" also eine Invertierung eines Bondfilms. Jetzt noch einen gewöhnlichen Bond hinterher zu schieben, wäre künstlerisch für Nolan ein Rückschritt.
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Re: Die Filme des Christopher Nolan

1469
Casino Hille hat geschrieben: 13. September 2020 13:43 Jetzt noch einen gewöhnlichen Bond hinterher zu schieben, wäre künstlerisch für Nolan ein Rückschritt.
Stimme ich voll mit überein. Auch losgelöst von "Tenet" wäre Nolan sowieso der völlig falsche Mann für Bond. Das ist so ein Fanboy-Traum, den ich noch nie verstanden habe. Nolan wird nie bei Bond anheuern, genauso wenig wie Spielberg oder Abrams.

Re: Die Filme des Christopher Nolan

1470
Casino Hille hat geschrieben: 13. September 2020 13:43Jetzt noch einen gewöhnlichen Bond hinterher zu schieben, wäre künstlerisch für Nolan ein Rückschritt.
Gerade das (also einen gewöhnlichen Bond) scheinen sich viele Fans nach der Craig-Ära aber zu wünschen.

Persönlich befürchte ich nach TENET, wenn ich über einen Nolan-Bond nachdenke, weniger einen zu speziellen oder gekünstelten Film, sonden vielmehr einen zwar schön fotografierten, aber doch langathmigen bzw. langweiligen Film.

Aber aus verschiedenen Gründen, glaube ich in nächster Zeit nicht an einen Nolan-Bond. Außer natürlich Warner bekommt irgendwie die Bond-Rechte.
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