Keine Frage, den Ursprung der Dolchstoßlegende zu thematisieren ist ein sehr spannender Ansatz, das hätte ich sogar noch gern ausführlicher gehabt. Denn man hat ja bewusst die liberalen Politiker vorgeschickt, um die Mär vom noch möglichen Sieg aufrecht erhalten zu können, zumal es ja keine Kriegshandlungen auf deutschem Boden gegeben hatte, so dass die Bevölkerung in weiten Teilen tatsächlich von der Niederlage und der Kapitulation überrascht war. Aber, ich will das nicht in "Im Westen nicht Neues", denn da lenkt es von der Essenz - das Grauen des Kriegs, das Apokalyptische, das Entmenschlichte - in unangenehmer Weise ab.
Ich gebe dir völlig recht mit dem Auftakt, das mit der Uniform ist ein Geniestreich, leider der Einzige. Danach wird es gleich sehr nervig und ärgerlich mit der 5 Minuten-Abfrühstückung der Rekrutierung und Ausbildung, das ist ein schlechter Witz. Zur Krönung kommen dann, ich kann es nicht freundlicher sagen, die dämlichen atonalen Dröhnklänge, die Lieschen Müller das Grauen vorankündigen sollen. Ich habe diese aufgesetzten Verfremdungselemente immer schon zum Haareraufen empfunden, das ist für mich kapriziöser Unfug. Das geht ins Peinliche.
Kleiner Nachtrag zu Nolan und Mendes.
Bin ja - wie bekannt - kein Freund beider Filme, die es a) überhaupt nicht schaffen, das Grauen des Krieges "erlebbar" zu machen (Nolan noch weniger) und die b) vor allem als Zeugnis ihrer Zeit - als Brexit-Filme, die das britische Selbstbewusstsein stärken sollen und vor allem wollen - , aber gar nicht als historische Filme taugen. Zudem bedienen sie penetrant die Manierismen und Eitelkeiten ihrer Macher (Opern-Regisseur Mendes und Zeitfetischist Nolan). Aber wenn man den teils himmelschreienden Unfug liest, den Mendes damals abgesondert hat, dann kann man nur resigniert den Kopf schütteln.
Alle drei Filme sind von Meisterwerken so weit entfernt, wie Rambo 2 von einer besinnlichen Kriegsreflexion.
Re: Das Kriegsfilm-Genre: Empfehlungen, Geheimtipps und Reviews
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https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/
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