Martin007 hat geschrieben: 10. Mai 2023 20:58
Ne sorry, das wirkte auf mich total gesucht, als er da plötzlich auf der Treppe starb. Er war zwar verletzt, ja, aber man hatte dennoch nicht den Eindruck, dass er gleich stirbt. Ich meine, wie oft wurde der Mann davor schon verletzt und hatte es dennoch überlebt? Da hätte es gerade in den Filmen davor passendere Szenen gegeben, um ihn glaubhafter das Zeitliche segnen zu lassen (allen voran der Sturz vom Dach des Continentals). Ich finde auch überhaupt nicht, dass der Film bewusst darauf hingearbeitet hat - ich sehe da keinen markanten Unterschied zu den Vorgängern, in denen Wick auch immer Gefahren ausgesetzt war.
Bis zum Schluss glaubte ich an eine Inszenierung (und wenn nun doch der fünfte Teil kommt wäre ich nicht überrascht, wenn es tatsächlich so aufgelöst wird).
Ich hoffe imständig, dass Reeves und Stahelski sich vom Studio nicht zu einem fünften überreden lassen. Einen besseren uns konsequenteren Abschluss kann die Reihe eigentlich nicht finden.
Natürlich war Wick in den vergangenen Filmen genauso Gefahren ausgesetzt. Diese Gefahren haben ja aber nichts damit zu tun, worauf der Film hinarbeitet. John Wick stirbt am Ende von Chapter 4 ja nicht, weil er von den Bedrohungen überwältigt wurde. Er wählt den Tod. Er verliert das Duell gegen Caine nicht weil Caine besser wäre, sondern weil er im vierten Teil erkennt, dass er nur durch seinen Tod die Freiheit finden kann. Das wird ihm in diesem Film von Anfang an gesagt, von Freunden, wie von Feinden und spätestens bei seinem Aufeinandertreffen mit Winston und dem Bowery King in der U-Bahn ist ihm das auch selbst klar.
Dass das einzig schlüssige Ende für John Wick nur der Tod sein kann war schon in den Vorgängern klar, alles andere wäre in einer Welt, in der "Konsequenzen" das zentrale Motiv sind eben unkonsequent gewesen. Und im vierten Teil wird durchgehend deutlich, dass es in diesem Film nicht bei "kleinen" Konsequenzen, wie der Verlust seines Hundes, Hauses oder der Mitgliedschaft im Continental für John Wick bleiben wird, sondern dass das Geschehen auf die ultimative Konsequenz zuläuft.
Man könnte natürlich argumentieren, dass John durch ein erfolgreiches Duell auch ohne seinen Tod die Freiheit erlangt hätte, da sie ihm von der Hohen Kammer versprochen war. Doch selbst wenn wir sämtliche Aussagen aus allen vier Filmen ignorieren, die sich damit befassen, dass John Wick ohne die Gewalt nicht leben kann, zeigt Chapter 4 selbst, dass genau das in dieser Welt eben nicht möglich ist. Denn auch wenn es nach dem Finale so scheint, als habe John durch sein Opfer das Töten beendet, und für Caine und Winston das Leben zurückgeholt, dass sie vor seinen Taten hatten, bzw. Caine sogar von seiner Verpflichtung gegenüber der Hohen Kammer befreit, so zeigt die Post Credit Scene, dass sein Vermächtnis auch ein anderes ist: Nämlich ein neuer rachsüchtiger Killer in Form von Akira, die Konsequenz des Handels von John und Caine, die letzterer nun zu spüren bekommt. Für Leute wie John und Caine, die sich bei ihrem Gespräch in der Kirche als verdammt bezeichnen, gibt es keine andere Freiheit, als den Tod.
Du hast selbstverständlich recht, dass es in den drei Filmen genug Momente gab, in denen Johns Tod aus medizinischer Sicht weitaus wahrscheinlicher gewesen wäre. Aber die Reihe funktioniert nun mal auf einer anderen Ebene. Auf einer Ebene von Symbolik und durchgehenden Motiven. Und die führen vom Monolog des Bowery Kings in der allerersten Szene bis zu seinem Tod durch den er wieder mit Helen vereint ist.
Es reicht vermutlich nicht, diesen Film nur einmal zu sehen um zum einen das allgegenwärtige Foreshadowing auf Johns Tod und zum anderen die zahlreichen Anlehnungen an klassische und Antike Literatur und Mythologie in einzelnen Szenen oder sogar der Grundstruktur des Films zu bemerken. Ich habe bei meiner ersten Sichtung jedenfalls nur einen Bruchteil davon gesehen...
Casino Hille hat geschrieben: 10. Mai 2023 23:10
Joa ... Das wirkt aber auf mich mehr wie Unfähigkeit als Arroganz. Ich war die ganze Szene irritiert, und musste nur daran denken, dass Wick ja noch schießen kann - und dann lässt sich der Obermufti von ihm wegpusten? Nö, das kauf ich dem Film nicht ab. Arroganz hin oder her, so blöd kann der Typ nicht sein.
Danke, dass du damit Leute wie mich und vermutlich den Großteil der Kinogänger für blöd erklärst. Mir ist nicht aufgefallen, dass John nicht geschossen hat. Ich habe genauso wie davor nur einen Knall gehört. Bei 30 und 20 Schritten haben beide in exakt der gleichen Sekunde geschossen, das klang bei den 10 Schritten exakt gleich. Der Marquis hätte das durch seine Position vermutlich besser hören müssen, aber es ändert nichts daran, dass diese Szene nicht auf Blödheit, sondern Arroganz, Aufgeblasenheit und Egozentriertheit hinausläuft.
Ich bin mir auch absolut sicher, dass du diese Szene in einem Film, der dich insgesamt erreicht hätte auch absolut verteidigen würdest. Mit ähnlichen Argumenten. Was natürlich irgendwo verständlich ist, mir ging es bei vielen Filmen, wo du eine Szene auf eine ähnliche Art und Weise legitimierst genauso wie dir jetzt: Ich konnte das schlichtweg nicht nachvollziehen, weil mich die jeweiligen Filme nicht auf dieser Ebene packen konnten und ich dann logischerweise auch den nötigen Zugang nicht hatte.