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von Casino Hille
'Q Branch' - MODERATOR
Ruben Östlund ist ein starker Regisseur. "The Square" ist bissig, böse, witzig. "Triangle of Sadness" war dann sogar noch besser und zeigt der wohl überschätztesten Serie der letzten Jahre, dem hochgejubelten "Reiche unter sich"-Drama "Succession", mal ganz locker, wie man die Wohlsituierten der High Society wirklich vorführt, ohne in plumpe Narrative zu verfallen oder schlimmstenfalls apologisierend aufzutreten (wie es "Succession" zu oft tut). "Triangle of Sadness" ist die Art von Satire, wie sie quasi nur alle paar Jahre gedreht werden, und gerade deshalb ein wirklich wertvoller Film. Von Plattheit und Oberfläche keine Spur!
Bei Bond sehe ich ihn nicht, ich glaube, da wäre er um ehrlich zu sein ziemlich verschwendet. Diese Arthouse-Regisseure brauche ich nicht wirklich in diesem Franchise, genauso wenig irgendwelche gefeierten Oscar-Preisträger. Ansonsten würde ich locker flockig Andrea Arnold (Warum nicht mal eine Frau?) vorschlagen oder gar Steve McQueen, aber in beiden Fällen frage ich mich, was die nennenswertes Bond zuzufügen hätten, bzw. ob nicht zu viel ihrer Qualitäten geopfert werden müssten, um Bond zu machen. Und damit will ich nicht sagen, dass Bond "niederes Entertainment" wäre oder Arthouse-Regisseure keine Unterhaltung könnten, aber für mich stimmt da die anzustrebende ideale Symbiose aus Plattform und Performer nicht.
Um mal einen eigenen Vorschlag zu machen: Wie wäre es mit Colm McCarthy? Als Regisseur hat der im UK bislang hauptsächlich an Fernsehserien mitgearbeitet, inszenierte Folgen für "Sherlock", "Die Tudors", "Peaky Blinders", "Doctor Who" und "Krypton". Er hat viel Erfahrung, aber noch keine ganz große Kinosache (sein wohl größter Film bislang ist "The Girl With All The Gifts", der recht hübsch ist) inszeniert, er wäre sicherlich motiviert bei der Sache und würde Bond als einmalige Chance und nicht als nächstes Projekt betrachten – UND noch wichtiger, er hätte durch Bond die Chance, bekannt zu werden.
Oder – denn warum nicht mal eine Frau? – wie wäre es mit Uta Briesewitz? Die ist ein großes Talent, aber kaum jemand kennt sie bislang, weil sie hauptsächlich für Fernsehserien arbeitet. Als deutsche Kamerafrau war sie u.a. bei "The Wire" stark involviert, als Regisseurin inszenierte sie Episoden von "Orange is the New Black", "Westworld", "Jessica Jones", "The Defenders", "The Deuce", "Stranger Things" oder "Das Rad der Zeit". Meist waren ihre Episoden mit die Highlights der jeweiligen Serien. Sie hat ein tolles Auge für Bildgestaltung, hat sich aus Berlin bis nach Hollywood gekämpft, und trotzdem würde ein Bond-Film für sie den Durchbruch bedeuten.
Mir wäre es lieber, Bond als Plattform würde dazu dienen, hinter der Kamera vergleichsweise weniger bekannten Filmemachern eine Chance auf Aufmerksamkeit zu erteilen, statt die ganz großen Namen einzukaufen. Bei Marvel hat man mit Joe und Anthony Russo zwei Sitcom-Regisseure zu den großen Namen in Hollywood gemacht, zu einer eigenen Institution. Warum kann Bond das nicht? Brauchen wir echt einen Sam Mendes? Oder einen Ruben Östlund? Wozu?
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Let the sheep out, kid.