Re: Zuletzt gesehener Film

10608
Maibaum hat geschrieben: 23. April 2014 13:33 Der Name der Rose ist nicht langweilig, aber platt schon. Der Roman ist eines der spannendsten und unterhaltsamsten Bücher daß ich je gelesen habe, und eine Verfilmung sollte schon etwas mehr zu bieten haben als alles was großartig ist wegzulassen, oder soweit zu vereinfachen daß nur noch ein konventioneller Krimi übrig bleibt. Und selbst als solcher ist er nichts Besonderes. Da der Roman damals eines der erfolgreichsten Bücher war, hatte er ja schon bewiesen daß man auch mit Intelligenz und Cleverness viel Publikum erreichen kann. da muß man ihn nicht so verfilmen wie Hollywood das gerne macht.
Selbst solche Matchbälle wie die Bibliothek, die als komplexes Labyrinth angelegt ist in dem man sich unweigerlich verirrt (außer wenn man quasi Sherlock Holmes ist), und irgendwo einen geheimen Raum verbirgt in dem die verbotenen Früchte untergebracht sind, ist im Film jämmerlich vergeigt worden. Und dann wäre noch die lahme Banalisierung des Endes. Und, und , und ...

Kann sein daß ich den Film wegen der gigantischen Fallhöhe etwas negativer sehe als nötig, er ist auch an sich wesentlich besser als Smilla (aka die Katastrophe), aber es ist auch unabhängig vom Buch nichts Besonderes. 4/10
Ich greife das einfach mal auf. Der Roman ist in der Tat eines meiner absoluten Lieblinge, und ja, da kommt der Film nicht heran, davon ist er sehr weit entfernt. Und ja, das Ende, das Ende geht eigentlich gar nicht, denn das widerspricht ja nicht nur der Intention des Romans auf brutale Weise komplett, es ist zudem auch nur auf den Film selbst bezogen ein überhastet unschöner Schluss – insbesondere der Verbleib von F. Murray Abraham wirkt gar, als habe man sich das an dem Drehtag mal schnell ausgedacht, weil Eichinger es haben wollte. Aber es ist nicht nur das, auch die Auflösung des Krimifalls selbst lässt einige der schönsten Ideen der Vorlage hintenüberfallen (Welchen Bezug die Morde jetzt zur drohenden bibilischen Apokalypse hatte, wird zum Beispiel gar nicht mehr erläutert, dabei ist das doch so ein ganz toller Gedanke, den Umberto Eco da hatte).

Aber ansonsten ist der Film ziemlich in Ordnung. Das Mittelalter ist hier wirklich richtig schön dreckig und widerlich und genauso, wie es viel zu selten dargestellt wird in solchen Produktionen. Eco ist ja als Autor vor allem ein Meister der Atmosphäre und der Film hat hübsche (extrem dunkle!) Bilder, die Stimmungen erzeugen. Der Cast ist zudem überragend: Sean Connery ist die Idealbesetzung für William von Baskerville und bringt nicht nur die sympathische intellektuelle Eitelkeit der Figur superb rüber, er hat auch massig Chemie mit dem jungen Christian Slater. Und zudem guckt man in den zwei Stunden einem Haufen Charaktergesichter zu, wie F. Murray Abraham, Ron Perlman, Elya Baskin, Michael Lonsdale, Fjodor Schaljapin, William Hickey … das ist schon toll, wie viele starke Darsteller sich da im Kloster tummeln, die auch alle sehr passend besetzt sind. Ich finde die Verknappung auf den Krimiteil sogar für eine Filmadaption per se ganz vernünftig, da sehr vieles von dem, was Eco an theologischen und kunstgeschichtlichen Philosophien und Konflikten im Roman erzählt, sich nur schwer in die visuelle Draufsicht transportieren lässt.

Nur die letzten 15 Minuten, ja, die sind nicht gut, da kommt dann ein sehr konventioneller und versöhnlicher Schluss, bei einer Vorlage, die eigentlich wirklich pessimistisch endet und das war im Buch ein Ende, durch das die ganze Erzählung zuvor dann nochmal eine neue Ebene erhalten hat.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10609
Sehe ich ähnlich wie Mr. Hille, als Krimi funktioniert der Film sehr gut und der Cast ist großartig, auch wenn es Abweichungen zu dem Roman gibt.
Eco hat mit diesem Werk, Baudolino und Das Foucaultsche Pendel Meisterwerke geschaffen, leider kommen spätere Werke wie Der Friedhof in Prag oder Königin Loana m.E. nicht mehr ganz an die früheren Werke heran, zumindest finde ich da nicht so den Zugang.
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Früher war mehr Atombombe

Re: Zuletzt gesehener Film

10610
DonRedhorse hat geschrieben: 2. Juni 2023 09:50 Eco hat mit diesem Werk, Baudolino und Das Foucaultsche Pendel Meisterwerke geschaffen
Oh ja, das Pendel, großartig. Eco selbst hält den Namen des Dornengewächs ja mittlerweile für sein schwächstes Buch (ok, mittlerweile ist er natürlich vor allem damit beschäftigt, tot zu sein – aber er hat sich zumindest später im Leben mal eher selbstkritisch zum Mönchskrimi geäußert), aber ich finde auch, dass er eher nach hinten raus ein bisschen nachgelassen hat, etwas zu verkopft wurde als Erzähler. Und ja, genau, der Film ist sehr gut und bekommt die Essenz Ecos trotz der Verknappung auf das Krimigenre sehr überzeugend rübergebracht, nur das versöhnliche Geht-gar-nicht-Ende hätte man so besser nicht gemacht.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10612
Ich bin da literarisch recht unbefangen, da ich als Banause das Buch nicht kenne. :D Und als solcher finde ich den Film richtig stark. Wirkliche Kritikpunkte habe ich da tatsächlich nicht, auch das angesprochene Ende finde ich stimmig und gut umgesetzt. Die Kritik am Bibliothekslabyrinth bzw. dass es nicht effektiv umgesetzt/eingesetzt wurde kann ich auch nicht teilen, ich finde gerade diese Passagen sehr atmosphärisch und das Setdesign klasse. Über allem thront aber eh unser aller Sean und der ist hier mal wieder so grandios, dass reicht eh schon für den Ritterschlag des Films. :) Aber auch mal abseits blinder (nein: SEHENDER und ERKENNENDER!) Connery-Vergötterung finde ich den Film wirklich toll. Aber ich mag ja auch (ebenfalls in Unkenntnis der Vorlage) die Smilla sehr gern (wenn auch nicht ganz so gern wie die Rose). Banause halt. :D
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Re: Zuletzt gesehener Film

10613
AnatolGogol hat geschrieben: 2. Juni 2023 10:39 Wirkliche Kritikpunkte habe ich da tatsächlich nicht, auch das angesprochene Ende finde ich stimmig und gut umgesetzt.
Interessant. Ich muss jetzt einmal schnell spoilery werden, wer Film und Buch nicht kennt, klickt bitte nicht drauf. Verderbt euch die tollen Überraschungen nicht, die die Geschichte zu bieten hat.
Spoiler
Kommt dir dieser Befreiungsaufstand der Dorfleutchen nicht etwas zu sehr aus dem Nichts? Ich verstehe schon, warum der Film es macht, wie er es macht (u.a. soll Adsons Holde halt überleben und nicht abfackeln – und noch wichtiger: F. Murray Abraham soll seinem Schöpfer begegnen). Und vermutlich war die Idee, es mit der "Ideologie" der Franziskaner zu verknüpfen, denn die Armen und die Schwachen sind ja deren wichtigstes Anliegen. Trotzdem: Wir kennen die Leute da eigentlich gar nicht und dann entscheiden sie sich mal eben, die Kirche anzugreifen und schubsen Mozarts Erzfeind den Abhang runter … joa, ich weiß ja nicht. Aber vielleicht ist mir da auch die Buchkenntnis im Weg. Ich hätte es wohl besser gefunden, man hätte sich hier an die Vorlage gehalten und Abraham einfach entkommen lassen. Das Mädel kann man meinetwegen retten, es passt zwar nicht wirklich zu Eco und seiner Geschichte, für den Film könnte ich (wäre es nur das) aber damit leben.

Andere Frage: Stört es dich nicht, wie der Krimifall aufgelöst wird? Der Film verschwendet ja einiges an Zeit dafür, die Parallelen zwischen den Morden (bzw. den Fundorten der Leichen) und der Offenbarung des Johannes herauszustellen. Aber in der Auflösung wird gar nicht mehr darauf eingegangen. Bei den letzten zwei Morden bekommt man die Parallelen zur Offenbarung sogar kaum noch mit (okay, Malachias erwähnt die Skorpionstiche wenigstens kurz … ). Im Roman ist das eine tolle Erkenntnis, da William lange vermutet, dass der Serienmörder bewusst auf die Bibelpassage und die Vorboten der Apokalypse anspielt, letztlich aber feststellen muss, dass all diese Parallelen nur Zufall waren – was der blinde Jorge als Bestätigung für seine Taten ansieht, so als sei alles göttliche Vorsehung gewesen. Diesen Teil wegzulassen empfinde ich schon als merkwürdige Entscheidung, denn jetzt gibt es überhaupt keine Auflösung für diese Bibelparallelen, die der Film ja trotzdem anfangs noch deutlich betont.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10614
Das Drumherumm ist alles gut, Schauspieler, Kostüme, Atmosphäre, das Setting , und das ist dann schon etwas leichtfertig, da so wenig draus zu machen. Es ist ja auch so, daß ich ihn jedesmal noch schwächer finde, wenn ich es noch einmal probiere.

Vielleicht wäre Orson Welles dafür der perfekte Regisseur gewesen, oder ein ähnlicher.

Re: Zuletzt gesehener Film

10615
Casino Hille hat geschrieben: 2. Juni 2023 11:17
Interessant. Ich muss jetzt einmal schnell spoilery werden, wer Film und Buch nicht kennt, klickt bitte nicht drauf. Verderbt euch die tollen Überraschungen nicht, die die Geschichte zu bieten hat.
Spoiler
Kommt dir dieser Befreiungsaufstand der Dorfleutchen nicht etwas zu sehr aus dem Nichts? Ich verstehe schon, warum der Film es macht, wie er es macht (u.a. soll Adsons Holde halt überleben und nicht abfackeln – und noch wichtiger: F. Murray Abraham soll seinem Schöpfer begegnen). Und vermutlich war die Idee, es mit der "Ideologie" der Franziskaner zu verknüpfen, denn die Armen und die Schwachen sind ja deren wichtigstes Anliegen. Trotzdem: Wir kennen die Leute da eigentlich gar nicht und dann entscheiden sie sich mal eben, die Kirche anzugreifen und schubsen Mozarts Erzfeind den Abhang runter … joa, ich weiß ja nicht. Aber vielleicht ist mir da auch die Buchkenntnis im Weg. Ich hätte es wohl besser gefunden, man hätte sich hier an die Vorlage gehalten und Abraham einfach entkommen lassen. Das Mädel kann man meinetwegen retten, es passt zwar nicht wirklich zu Eco und seiner Geschichte, für den Film könnte ich (wäre es nur das) aber damit leben.

Andere Frage: Stört es dich nicht, wie der Krimifall aufgelöst wird? Der Film verschwendet ja einiges an Zeit dafür, die Parallelen zwischen den Morden (bzw. den Fundorten der Leichen) und der Offenbarung des Johannes herauszustellen. Aber in der Auflösung wird gar nicht mehr darauf eingegangen. Bei den letzten zwei Morden bekommt man die Parallelen zur Offenbarung sogar kaum noch mit (okay, Malachias erwähnt die Skorpionstiche wenigstens kurz … ). Im Roman ist das eine tolle Erkenntnis, da William lange vermutet, dass der Serienmörder bewusst auf die Bibelpassage und die Vorboten der Apokalypse anspielt, letztlich aber feststellen muss, dass all diese Parallelen nur Zufall waren – was der blinde Jorge als Bestätigung für seine Taten ansieht, so als sei alles göttliche Vorsehung gewesen. Diesen Teil wegzulassen empfinde ich schon als merkwürdige Entscheidung, denn jetzt gibt es überhaupt keine Auflösung für diese Bibelparallelen, die der Film ja trotzdem anfangs noch deutlich betont.
Spoiler
Zum ersten Punkt: ja, der Aufstand der Dorfler ist tatsächlich nicht sonderlich glaubwürdig und kommt etwas aus dem Nichts. F. Murrays Ende dagegen finde ich eigentlich ganz ok, er taucht ja auch erst sehr spät praktisch aus dem Nichts auf und sein überstürzter, "feiger" Abgang passt da ganz gut.

Zum zweiten Punkt: da ich das Buch nicht kenne, fehlt mir da tatsächlich nichts. Die Parallelen zur Offenbarung sind interessant, aber ob die durchgängig sind oder nicht bzw. ob sie es sein sollten, das habe ich mich nie gefragt. Für mich trägt das mehr zur Atmosphäre und zur unheimlichen Grundstimmung bei (wie auch die Frage, ob da irgendwas übersinnliches mitmischt), als dass es inhaltliche Relevanz hätte. Ich denke, da kommt mir wirklich meine Vorlagenunkenntnis zu Gute. :)

Maibaum hat geschrieben: 2. Juni 2023 12:59 Das Drumherumm ist alles gut, Schauspieler, Kostüme, Atmosphäre, das Setting , und das ist dann schon etwas leichtfertig, da so wenig draus zu machen. Es ist ja auch so, daß ich ihn jedesmal noch schwächer finde, wenn ich es noch einmal probiere.

Vielleicht wäre Orson Welles dafür der perfekte Regisseur gewesen, oder ein ähnlicher.

Es kann aber halt niemand was dafür, dass du das Buch gelesen hast. :mrgreen:

Aber ohne Flachs: ich kann das schon nachvollziehen, denn viele finden Spielbergs Tintin ja auch einen ganz guten Film, ich finde ihn in bester Kenntnis der Vorlage aber unterirdisch. Weniger handwerklich, als mehr deswegen, weil er die Figuren und den Geist der Vorlage völlig verzerrt und offensichtlich nicht verstanden hat. Da dann einfach einen animierten Quasi-Indiana Jones-Film draus zu machen ist für mich vermutlich ähnlich schmerzhaft, wie für dich was Eichinger und Annaud mit Ecos Roman gemacht haben.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10616
Nein, es liegt ganz sicher nicht an dem Buch, sowas kann ich gut trennen. ich finde ihn einfach schwach inszeniert und schlecht erzählt. Vom Buch her habe ich aber jede Menge Steilvorlagen was man hätte besser machen können, aber auch da hätte ich ohne Buch Ideen zu gehabt.

Spielbergs Tintin ist da viel besser, man muß ihn halt als Indy Variante sehen, und nicht als Tintin Verfilmung, da flutscht der ganz gut.

Jedoch, zugegeben, Herges Comics finde ich nur mäßig interessant. Die haben mir schon als Jugendlicher nicht so zugesagt.

Re: Zuletzt gesehener Film

10617
Maibaum hat geschrieben: 2. Juni 2023 13:18 Jedoch, zugegeben, Herges Comics finde ich nur mäßig interessant. Die haben mir schon als Jugendlicher nicht so zugesagt.
Ich denke, genau das ist der Punkt. Je höher die Begeisterung für eine Vorlage, desto höher auch die Ansprüche und Erwartungen an eine filmische Umsetzung. Genau deshalb...

Maibaum hat geschrieben: 2. Juni 2023 13:18 Spielbergs Tintin ist da viel besser, man muß ihn halt als Indy Variante sehen, und nicht als Tintin Verfilmung, da flutscht der ganz gut.
... ist das dann auch nicht wirklich eine Option. Denn als hochunterhaltsamer, sehr professionell produzierter Mittelalterthriller flutscht die Rose sehr gut - glaub mir. Aber mir ist halt auch das Buch komplett egal - in Unkenntnis des selbigen.

>> wobei ich dir durchaus zugestehe, dass dir Annauds Umsetzung auch ohne Bezug zur Vorlage nicht taugt. Ich glaube aber trotzdem, dass man - selbst wenn man es bewusst versucht - sich nie gänzlich frei machen kann von einer durch eine literarische Vorlage erzeugten Erwartungshaltung.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10618
AnatolGogol hat geschrieben: 2. Juni 2023 13:06
Spoiler
ja, der Aufstand der Dorfler ist tatsächlich nicht sonderlich glaubwürdig und kommt etwas aus dem Nichts. F. Murrays Ende dagegen finde ich eigentlich ganz ok, er taucht ja auch erst sehr spät praktisch aus dem Nichts auf und sein überstürzter, "feiger" Abgang passt da ganz gut
Also auf dieses Tintin-Bashing gehe ich nicht ein. Anatol, das schmerzt, warum musst du in dieser Wunde bohren? :wink:

Aber zum Spoiler-Bereich nochmal:
Spoiler
Ganz böser Vergleich, den ich gar nicht so hart meine: Kennst du das erweiterte alternative Ende von "Vertigo", in dem noch schnell im Radio erwähnt wird, dass der Schurke natürlich erwischt wurde und seine gerechte Strafe bekommen hat?

So schlimm ist die Szene im Namen der Rose sicher nicht, nicht mal annähernd. Aber mein Problem mit der Szene ist gar nicht unbedingt für sich genommen, dass sie das Buch nicht erfüllt. … Wobei: Schwierig so zu argumentieren, denn ich kenne das Buch halt und natürlich prägt das in irgendeiner Form die Erwartungshaltung, weil ich quasi "weiß, was passieren muss". Aber dennoch: Dieser Tod von Abrahams Figur passiert so im Vorbeigehen, so am Rande eigentlich, und ist so schnell nebenbei abgehakt, dass es sich für mich nach einem Hollywood-Kompromiss anfühlt, denn der Böse darf auf keinen Fall entkommen, er muss zumindest schnell sterben, damit wir eine Erlösung fürs Publikum haben.

Ich glaube, obwohl er im Buch entkommt (und das für die Geschichte in meinen Augen mehr Sinn ergibt), ich könnte mit seinem Tod besser leben, wenn die Szene nicht so "schnell hingeschludert" (was wieder härter klingt als es gemeint ist) wäre. Wenn sie sich da zumindest noch eine tolle Idee ausgedacht hätten, als dass er da einfach plump in die Schlucht fällt. Ich sehe deinen Punkt, dass sein feiges schnelles Abzischen gut zur Figur passt, aber für den Tod hätten sie sich aus meiner Sicht etwas besseres, befriedigenderes überlegen müssen. Wie das dann ausgesehen hätte, kann ich gar nicht beschreiben. Ich weiß nur, dass es in der jetzigen Form auf mich wie eine Szene wirkt, die man bei einem Nachdreh auf Wunsch des Studios noch flott einbaut, damit der moralische Kompass am Ende in sicheren Gefilden verbleibt.
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Re: Zuletzt gesehener Film

10619
Nur ein paar kurze Einwürfe.

Tintin ist für mich ein ok Film, nicht mehr, nicht weniger. Das Motion Capture Verfahren hat mir nie gefallen und es tut es auch hier nicht. Es wirkt auf mich steril, seelenlos, glatt. Zudem hat man zwei der schwächeren Comics fusioniert um Haddock dabei haben zu können. Das Ganze erinnert an Indiana Jones, ja, aber ohne da auch im Ansatz hin zu kommen. Der künstliche Look lässt mich als Zuschauer außen vor, die Figuren werden nie plastisch oder mehrdimensional, kurz sie sind mir egal. Dazu kommt das aus den Comic-Verfllmunen bekannte Problem, dass der Computer jeden noch so verrückten Stunt hinbekommt, ich als Zuschauer mich dabei aber langweile.
Die Comics mochte ich als Jugendlicher auch nur so la la. Asterix fand ich viel unterhaltsamer, spannender, lustiger, hintersinniger. Einfach in allen Belangen besser.

Zum Namen der Rose.
Habe auch das Buch gelesen und da speckt der Film gewaltig ab (Vieles ist aber auch filmisch nicht umsetzbar, ich erinnere mich an lange Latein-Passagen, die für eine Filmhandlung kaum taugen). Das muss aber kein Problem sein. Klar, er reduziert das ganze auf die Thriller-Handlung und das Mittelaltersetting. Teilweise sieht mir das alles zwar zu sehr nach European Dungeon aus, heißt, man bedient hier die dreckigen Mittelalterklischees, dennoch ist das atmosphärisch enorm dicht und Connery hält das alles überaus souverän zusammen.
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http://www.vodkasreviews.de

https://ssl.ofdb.de/view.php?page=poste ... Kat=Review

Re: Zuletzt gesehener Film

10620
Casino Hille hat geschrieben: 3. Juni 2023 01:04 Also auf dieses Tintin-Bashing gehe ich nicht ein. Anatol, das schmerzt, warum musst du in dieser Wunde bohren? :wink:
Was musst du auch die falschen Filme mögen? :D Zur Relativierung sei allerdings nochmals erwähnt, dass sich meine Kritik weniger auf den handwerklichen Aspekt des Films bezieht (obwohl ich den persönlich jetzt auch nur so la la finde, etwa auf dem Niveau des Kristallschädels, den ich aber nicht als die Katastrophe erachte, als die er in Fankreisen gerne hingestellt wird), sondern auf die Umsetzung der Vorlage. Und diesbezüglich finde ich hat Spielberg halt wirklich komplett an Hergés Vorlage vorbeigefilmt. Vor allem die Tiefe der Figuren und die dramaturgische Reichhaltigkeit der Geschichten bleibt komplett auf der Strecke zugunsten eines kindgerechten Animationsfilms mit deutlich zu viel Schwerpunkt auf turbulente Action (die es in den Comics zwar auch gibt, aber eben als Bereicherung, nicht als Schwerpunkt). Ich könnte - gerade aufgrund meiner absoluten Begeisterung für Hergés Arbeit - da noch endlos referieren, warum Spielberg die Vorlage ganz offensichtlich überhaupt nicht verstanden hat, aber letztlich war mein Punkt ja eigentlich nur der, dass je mehr man von einer literarischen Vorlage begeistert ist, desto schwieriger ist zu akzeptieren, wenn Verfilmungen sich hier Freiheiten herausnehmen. Und das ist am Ende dann noch nicht mal zwangsläufig eine Frage der Qualität. So halte ich die Clancy-Verfilmung The Sum of all Fears/Der Anschlag rein als Film für durchaus gelungen. In Kenntnis der Vorlage ist es aber trotzdem immer ein Stich ins Herz, weil da so viel mehr möglich gewesen wäre als diese durchaus brauchbare freie Grob-Destillation.
Casino Hille hat geschrieben: 3. Juni 2023 01:04
Spoiler
So schlimm ist die Szene im Namen der Rose sicher nicht, nicht mal annähernd. Aber mein Problem mit der Szene ist gar nicht unbedingt für sich genommen, dass sie das Buch nicht erfüllt. … Wobei: Schwierig so zu argumentieren, denn ich kenne das Buch halt und natürlich prägt das in irgendeiner Form die Erwartungshaltung, weil ich quasi "weiß, was passieren muss". Aber dennoch: Dieser Tod von Abrahams Figur passiert so im Vorbeigehen, so am Rande eigentlich, und ist so schnell nebenbei abgehakt, dass es sich für mich nach einem Hollywood-Kompromiss anfühlt, denn der Böse darf auf keinen Fall entkommen, er muss zumindest schnell sterben, damit wir eine Erlösung fürs Publikum haben.

Ich glaube, obwohl er im Buch entkommt (und das für die Geschichte in meinen Augen mehr Sinn ergibt), ich könnte mit seinem Tod besser leben, wenn die Szene nicht so "schnell hingeschludert" (was wieder härter klingt als es gemeint ist) wäre. Wenn sie sich da zumindest noch eine tolle Idee ausgedacht hätten, als dass er da einfach plump in die Schlucht fällt. Ich sehe deinen Punkt, dass sein feiges schnelles Abzischen gut zur Figur passt, aber für den Tod hätten sie sich aus meiner Sicht etwas besseres, befriedigenderes überlegen müssen. Wie das dann ausgesehen hätte, kann ich gar nicht beschreiben. Ich weiß nur, dass es in der jetzigen Form auf mich wie eine Szene wirkt, die man bei einem Nachdreh auf Wunsch des Studios noch flott einbaut, damit der moralische Kompass am Ende in sicheren Gefilden verbleibt.
Spoiler
Ja, der Vergleich mit Vertigo ist eigentlich schon fast unzulässig, weil das ist in Bezug darauf, wie man einen perfekten Film mit der Schlussszene noch an die Wand fahren kann, ja nun wirklich die absolute Spitzenklasse darstellt. :D Aber ich kann deine Einwände absolut verstehen und teile sogar deine Einschätzung, dass es eigentlich sinniger gewesen wäre, den ollen Bernado Gui einfach mit seiner Kutsche davonfahren zu lassen (und dabei am besten noch ein paar vom Dorf-Pöbel überfahren zu lassen :mrgreen: ). Aber auch so wie es ist stellt es für mich kein Problem dar. Der sich sehr unmotiviert anfühlende Aufstand der Dörfler ist für mich da die grössere Kröte, obwohl auch das nicht wirklich ins Gewicht fällt, da für mich dafür der Fokus des Films viel zu sehr auf William und die Szenen im Turm liegt.
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