Re: Zuletzt gesehener Film

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dernamenlose hat geschrieben: 9. Oktober 2025 14:14
Casino Hille hat geschrieben: 9. Oktober 2025 12:17 und seine extrem in den Fokus gerückte "Rassismus"-Kritik ist ... okay, aber etwas arg preachy.
Zumal ich gar nicht finde, dass die Rassismus-Kritik in den Fokus gerückt ist. Sie ist stärker im Film enthalten als der Plot es benötigt hätte, der Fokus liegt aus meiner Sicht aber nicht darauf.
Aber ... die ist doch die Grundlage für fast alles im Plot? Der ganze Mittelteil dreht sich darum, wie diese vermeintlich tolerante Familie nach und nach demaskiert wird in ihrem Verhalten gegenüber der Ana de Armas Rolle. Da wird dann sogar in einer Rückblende mehrere Minuten über Trumps Einwanderungspolitik diskutiert und Don Johnson zitiert aus "Hamilton" - er könnte an der Stelle auch sagen: "Ich, Rassist? Aber ich hab doch schwarze Freunde!"
"Knives Out" ist nicht weniger ein spießbürgerlichen Rassismus anprangernder Film als "Get Out". :)

Das Schlussbild des Films, also die letzte Einstellung, funktioniert komplett über dieses Motiv. Die Katharsis des Plots liegt darin, dass die von allen Seiten diskriminierte Einwanderer-Tochter am Schluss über den weißen Schnöseln thront. Man könnte sogar sagen: das Erzählinteresse des Films liegt vor allem darin, weit mehr als im Murder Mystery (das ja auch für weite Strecken fallengelassen wird zugunsten einer Perspektivverschiebung).

Ich weiß nicht, ob man diesen Film drehen und das Thema NOCH STÄRKER in den Fokus rücken könnte. Und "Glass Onion" hat ja genau da weitergemacht und das Murder Mystery als bestenfalls losen Aufhänger für eine Eat the Rich Satire missbraucht. Immerhin kann man Johnson wohl nicht vorwerfen, seine Sendungsabsicht wäre nicht überdeutlich kommuniziert.
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Re: Zuletzt gesehener Film

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Casino Hille hat geschrieben: 9. Oktober 2025 14:31
dernamenlose hat geschrieben: 9. Oktober 2025 14:14
Casino Hille hat geschrieben: 9. Oktober 2025 12:17 und seine extrem in den Fokus gerückte "Rassismus"-Kritik ist ... okay, aber etwas arg preachy.
Zumal ich gar nicht finde, dass die Rassismus-Kritik in den Fokus gerückt ist. Sie ist stärker im Film enthalten als der Plot es benötigt hätte, der Fokus liegt aus meiner Sicht aber nicht darauf.
Aber ... die ist doch die Grundlage für fast alles im Plot?
So ist es.
Und ich finde es wunderbar.
Die letzte Einstellung mit der Kaffeetasse ist doch eine perfekte Pointe.

Re: Zuletzt gesehener Film

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Casino Hille hat geschrieben: 9. Oktober 2025 14:31 Aber ... die ist doch die Grundlage für fast alles im Plot? Der ganze Mittelteil dreht sich darum, wie diese vermeintlich tolerante Familie nach und nach demaskiert wird in ihrem Verhalten gegenüber der Ana de Armas Rolle.
Nur das genau das für den Plot die meiste Zeit absolut irrelevant ist. Erst als sie als Alleinerbin verkündet wird, was schon weit in der zweiten Hälfte sein dürfte entwickelt das eine Relevanz für den Plot. Davor läuft dieser Punkt und auch die von dir genannte Diskussion neben dem Plot. Die Beziehung der Familie zu Martha spielt für den Plot eine relativ untergeordnete Rolle. Die Beziehungen von Thromby zu seinen Kindern einerseits und zu Martha andererseits ist um ein vielfaches relevanter um nicht zu sagen das klar dominierende Element. Und in diesen Beziehungen spielt Rassismus überhaupt keine Rolle. Da geht es um Egoismus auf der einen Seite und ein gutes Herz auf der anderen. Und das ist es auch, was mich am Ende emotional viel mehr catched. Du kannst die ganze Rassismussache aus dem Skript streichen und musst nur das Gesetz ändern, das Martha zum Verhängnis werden könnte und der Plot verläuft exakt gleich. Natürlich hast du dann einen anderen Film mit zumindest in Teilen anderer Message, aber der Plot funktioniert genauso gut.
Casino Hille hat geschrieben: 9. Oktober 2025 14:31 Das Schlussbild des Films, also die letzte Einstellung, funktioniert komplett über dieses Motiv. Die Katharsis des Plots liegt darin, dass die von allen Seiten diskriminierte Einwanderer-Tochter am Schluss über den weißen Schnöseln thront.
So schaust du vielleicht Filme, der Großteil der Kinogänger aber kaum. Die letzte Einstellung funktioniert in meinen Augen vor allem als Klammer mit der ersten Einstellung, wo wir die Tasse ebenfalls zu sehen bekommen. Und eben weil die Figur, mit der man logischerweise mitfiebert am Ende triumphiert - ohne es jemals darauf angelegt zu haben. Und dass die Kotzbrocken aus der Familie verlieren. Wegen ihres Rassismus, ihrer Überheblichkeit, ihres Egoismus, etc..
Casino Hille hat geschrieben: 9. Oktober 2025 14:31 Man könnte sogar sagen: das Erzählinteresse des Films liegt vor allem darin, weit mehr als im Murder Mystery (das ja auch für weite Strecken fallengelassen wird zugunsten einer Perspektivverschiebung).
Ja, der Murder Mystery wird zu gunsten eines Hitchcock-Thrillers fallen gelassen. Und Hitchcock verbinde ich jetzt nicht unbedingt mit moralisierenden Geschichten, sondern mit Suspense. Und das gelingt hier hervorragend. Durch die frühzeitige scheinbare Auflösung des Murder Mysteries lässt sich der Zuschauer auf den Hitchcock-Thriller ein und merkt gar nicht, dass er sich immer noch in einem Murder Mystery befindet. Weil er - um es mit Blances Worten zu sagen - sich in seinem Donut Hole befindent.
Casino Hille hat geschrieben: 9. Oktober 2025 14:31 Ich weiß nicht, ob man diesen Film drehen und das Thema NOCH STÄRKER in den Fokus rücken könnte.
Natürlich könnte man das. Eben indem es tatsächliche Relevanz für den Plot hätte und zwar durchgehend. Indem der Rassismus zum handlunsgtreibenden Motiv wird. Das ist hier nämlich nie der Fall. Das handlungstreibende Motiv sowohl von Ransom, als auch vom Rest der Familie ist durchgehend Egoismus und nicht Rassissmus.
"You only need to hang mean bastards, but mean bastards you need to hang."

Re: Zuletzt gesehener Film

11062
Ich habe den gleichen Film wie Nami gesehen.
Für mich war das ein wunderbarer who/how-dunnit, mit einem doppelten Boden bzw. Twist.

Das Rassismus Thema fand ich aber total unterhaltsam eingearbeitet.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Zuletzt gesehener Film

11063
Im Kino: Tron: Ares

Auch der dritte TRON-Film ist ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk, bei dem die redundante und wenig tiefschürfende Science-Fiction-Handlung kaum stört. Die Industrial-Rocker Nine Inch Nails liefern einen fantastischen Score, der den temporeichen Film kongenial vertont und vorantreibt. Ein Film für Fans und die große Leinwand.


Der griechische Kriegsgott Ares gilt gemeinhin als rüpelhafter Rabauke. Ähnliches assoziiert man auch mit dem Musiker und Schauspieler Jared Leto, der durch bizarres Verhalten an diversen Filmsets und auf Konzertbühnen eine nicht unerhebliche Zahl an Hatern anhäufte. Im neuesten Ableger des Kult-Franchise TRON steht „Ares“ für ein Mensch gewordenes Computerprogramm, mit dem ein finsterer Software-Mogul noch finsterere Dinge plant. So gesehen scheint die Besetzung mit dem polarisierenden Leto durchaus stimmig. Zumal die Roboter-DNA der Ares-KI sehr gut mit Letos entrücktem und starrem Spiel korrespondiert. Aber dann entwickelt Ares ein Bewusstsein, wendet sich gegen seinen Schöpfer und wird somit zur doppelten Gefahr, nämlich sowohl innerhalb wie auch außerhalb des Films.

Film-immanent spielt TRON: ARES mit dem gängigen Science-Fiction-Motiv einer außer Kontrolle geratenen künstlichen Intelligenz. Ähnlich wie in den Subgenre-Klassikern TERMINATOR 2 (1991) oder BLADE RUNNER (1982) beginnt ein künstlich erschaffenes Wesen eine eigene Identität zu entwickeln und sich gegen seine Programmierung aufzulehnen. Ares wurde von Software-CEO Julian Dillinger (Evan Peters) als ultimativer Soldat der Zukunft entwickelt, der nie ermüdet, keine Nahrung braucht, keine Fehler macht und kinderleicht zu reproduzieren ist. Einziges Manko: Zwar kann er in der realen Welt als materialisierter Körper existieren, zerfällt aber nach 29 Minuten in Bits und Pieces ...

https://www.ofdb.de/film/396363,975469, ... vNFhrDdWvQ
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Zuletzt gesehener Film

11064
Da scheinst du ja die große Ausnahme zu sein. Die bisherigen Kritiken sind bemerkenswert negativ.

Ich hab vor wenigen Tagen erstmals das "Tron"-Original gesehen und habe es mit den Fortsetzungen dementsprechend nicht wirklich eilig. Das ist schon ein für seine Zeit beachtlich gemachter, imaginativer Sci-Fi-Film mit dem wie immer vergnüglichen Jeff Bridges in der Hauptrolle, aber seine enorme kreative Leistung (letztlich antizipierte man dort mit erstaunlicher Präzision virtuelle Realitäten, Künstliche Intelligenz per Sprachmodell, digitale Avatare usw.) kann bei aller Bewunderung nicht verhehlen, dass das Skript nur platte Heldenreise-Klischees aneinanderreiht und teilweise einfach keinen großen Sinn ergibt. Ich war gleichzeitig beeindruckt und gelangweilt ... gut, auch das muss man sicher erstmal schaffen.
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Re: Zuletzt gesehener Film

11065
Die TRON Filme wurden bei Erscheinen von der Kritik nie sonderlich positiv aufgenommen. (Legacy steht aktuell bei Rotten immer noch bei 51% und das inzwischen als Kultfilm geltende Original bei mäßigen 61). Das Original fiel damals auch beim Publikum durch. Im aktuellen Fall kommt noch der polarisierende Leto dazu. Ich hatte gestern richtig Spaß, mag aber auch die Nine Inch Nails und bin ein TRON Fanboy. Der Film ist nicht besser oder schlechter als das Kosinski Sequel. Stylisch bis zum Abwinken, was ich aber positiv meine.
http://www.vodkasreviews.de


https://www.ofdb.de/autor/reviews/45039/

Re: Zuletzt gesehener Film

11066
Diese Woche habe ich Master & Commander (2003) von Peter Weir gesehen (warum heisst der auf Deutsch nicht "Meister und Kommandant: Am Ars*h der Welt"?). Als grosser Freund historischer Seefahrergeschichten, der auch Romane gerade über die Zeit Bonapartes gelesen hat, war das natürlich genau mein Ding - vor allem auch, weil die Umsetzung wenig Wünsche übrig lässt. Der Film sieht spektakulär und authentisch aus und ist bezüglich des Lebens auf See und des Ablaufes von Seeschlachten reich an lebendigen Details. Im Mittelpunkt steht trotz des grossen Aufwandes und Spektakels aber die Dynamik der beiden Hauptfiguren und daraus der grössere Themenkomplex rund um Reisen und Entdeckung als Mittel für Wissenschaft und Faszination auf der einen (Maturin), und Krieg und Dienst auf der anderen (Aubrey) Seite. Crowe und Bettany meistern ihre Rollen grossartig, sowohl thematisch als auch im Sinne zweier Haudegen, denen bei ihrem Treiben auf See zuzuschauen einfach Spass macht. Ich sehe jedenfalls, woher die Kollegen Hille und Gogol die Faszination für den Film nehmen, verbleibe aber nach der Erstsichtung mal mit konservativen 9/10.

Dann hab ich noch Black Bag (2025) von Steven Soderbergh nachgeholt, der mir wegen Urlaub im Kino durch die Lappen gegangen war (warum heisst der auf Deutsch nicht "Das Geheimnis der Schwarzen Tasche"?). Ein Agententhriller, der eigentlich mehr eine Detektivgeschichte im Geheimdienst-Milieu ist, und vermutlich ein vergleichsweise realistisches Bild zeichnet, wie es in den vier Wänden des MI6 zu und her geht (was man gerne auch mal bei 00 als Ausgangslage nehmen dürfte, denn weiter eskalieren kann es dann ja immer noch - in Romanform war ja Carte Blanche vor fast 15 Jahren schon in die Richtung gegangen). Der Film ist kühl, distanziert und sachlich, aber nie langweilig, weil er seine knackige Geschichte sehr figurenorientiert anlegt und viel über langen, charaktergetriebenen Ensembleszenen erzählt. Alles in allem eine sehr runde und stimmige Sache. Flötenbender funktioniert in der Rolle, obwohl bzw. vielleicht gerade weil er für ihn nicht wirklich neu oder anders spielt, aber erst das frische Ensemble aus der freundschaftlich verschworenen, aber mit Geheimnissen und Eigeninteressen ausgestatteten Kollegenschaft des Geheimdiensts (Marisa Abela, Tom Burke, Naomie Harris, Regé-Jean Page) bereichert das Ganze ungemein. Brosnan war vor Ort, er ist am Set erschienen und hat seine Szenen gedreht. 8/10
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Re: Zuletzt gesehener Film

11068
Interessant, welchen Stellenwert Master and Commander bei euch hat. Ich habe den Film damals im Kino gesehen. Ich habe nahezu keine Erinnerung da dran und seitdem auch wenig Verlangen danach gehabt, ihn jemals wieder zu sehen. Ich würde sogar sagen, ich fand ihn wahrscheinlich sehr langweilig.
Da muss ich mir wohl noch mal die Zeit nehmen 🤔.
Ich bin mehr, als ich scheine
In mir steckt alle Kraft und Stärke der Welt