Besser spät als nie, hier meine Statement zu Goldeneye:
Durch GoldenEye wurde ich zum Bond-Fan. Es war mein erster Bond-Film, jedoch nur auf VHS, umso mehr hatte ich die Möglichkeit, den Streifen zu bewundern. Es ist wohl bis heute mein meistgeschauter Film und auch bei Freunden sehr beliebt und allgemein als bester Bond in der Brosnan-Ära anerkannt.
Der Beginn des Films ist relativ direkt - ohne grosse Umschweife gehen 006 und 007 ihrer Arbeit nach und jagen irgendetwas, in diesem Falle eine sowjetische Fabrik, in die Luft, jedoch spektakulärer als z.B. in der Pretitle-Sequenz in Goldfinger. Der Einstieg, ein schnaufender Bond, rennend über die Staumauer des Sees im Verzcascatal im Tessin (im Film Archangelsk) und schliesslich mit diesem satten Sprung in die Tiefe. Keine Vorstellung des neuen Darstellers als neuer James Bond, sondern ein trockener Spruch, ein paar Schläge, erinnert an die gute alte Zeit des Roger Moore (auch wenn es bei ihm weniger "hart" zur Sache ging). Tim Dalton als Nachfolger Moores resp. Vorgänger Brosnans schien wie nie dagewesen, inbesondere wenn man bedenkt, dass die Pretitle zu GoldenEye 1986, neun Jahre vor dem eigentlichen Handlungsstrang spielt und sich somit nahtlos an die Roger Moore Ära anfügt. Doch plötzlich scheint die Mission den Bach runter zu gehen. Wo bei Moore noch Ironie und Unbesiegbarkeit war, kehrte mit dem Mord an 006 die rauhe Welt aus der Connery-Zeit wieder zurück. Was kommen sollte, war schliesslich eine Steigerung des Bekannten, Tollkühnes, Revolutionäres und Ironisches wurde durch Wahn- und Aberwitziges ersetzt (Bonds Flucht feat. "Verfolgung" des Flugzeugs und anschliessender Rettung).
Stop - hervorragender Titelsong von Tina Turner, geschrieben von Bono. Eine Hommage an die alte Zeit, im Stile eines Tom Jones, deutlich distanziert zu den Titelsongs der Roger Moore Filme, welche immer softer daherzukommen schienen (und wohl ihre Spitze mit All Time high erreichten, ausgenommen natürlich A View to a Kill).
Schliesslich folgte der Übergang in den Film - anders als früher im Büro von M, auf der Strasse, förmlich auf dem Asphalt, fulminant und schnell. Der Aston Martin war zurück, und wie, passend mit Monte Carlo als Location. Bond während einer Bewertung durch eine junge und sichtlich betörte Mitarbeiterin des Secret Service. Daraufhind eine obligate Verfolgungsjagd mit Ferrari, dessen Fahrerin zufälligerweise eine hübsche und sichtlich osteuropäische Frau war. Während Roger Moore mit einem ironischen Spruch die Szenerie aufgelockert hätte, überzeugt Pierce Brosnan schliesslich als englischer Gentleman mit zwei Gläsern und einer kleinen Flasche Champagner, elegant verstaut im Kästchen zwischen den Sitzen - Bond pur.
Dann die Casino Szenen, die klassische Partie mit dem Feind, welchen Bond am Nachmittag noch in einer anderen Disziplin duelliert hatte. Kommt nicht ganz an die Baccaratpartie zwischen Largo und Bond in Thunderball heran, aber vermittelt ein klassisches Bondgefühl und eine Vorfreude, welche mich als damaligen Bond Newby auf die alte Fan-Garde eifersüchtig macht.
Die Tiger-Szenen, Severnaya, eine bisher unbekannte Massen-Brutalität von Onatopp. Die Bond Filme sind erwachsen geworden und zollen ihren Tribut gegenüber Schwarzengger-, Willis- oder Stallone-Produktionen, mehr noch als Tim Dalton in TLD als "Rambond". In einem Film, in welchem der "richtige" Feind und die wahren Absichten erst später offensichtlich wurden, ein willkommenes Mittel zum Zweck, die Spannung aufrechtzuerhalten.
Bond back in London - Moneypenny wurde zur Frau des 21. Jahrhunderts, M war weiblich und titelte Bond zum "Relikt des kalten Krieges". Spätestens in diesem Moment war auch bei Bond der eiserne Vorhang gefallen. Die knisternde Atmosphäre zwischen Bond und seinem Chef, bereits seit jeher bekannt, bekommt durch das Geschlecht von M und der Nostalgie Bonds (Ihr Vorgänger hatte Cognac im Schrank) eine neue Dimension. Später der Q-Branch, Desmond Llewelyn wie gewohnt, obwohl man ihm den Waffenmeister mit dem technischen Verständnis nicht mehr ganz abnahm sowie eines BMW-Z3's, welcher die Wandelung des Briten in einen Euro-Bond komplett gemacht hatte. Für mich immer noch der Schwachpunkt des Films, einerseits Stinger Raketen hinter den Frontscheinwerfern sowie einem Röntgen-Dokumentenscanner, welche beide nie benutzt worden sind (anscheinend gab es ja Drehbuchüberschnitte mit True Lies, ob man hier wohl das erste mal etwas davon merkt?)
Bond reist nach St. Petersburg und trifft dort auf den neuen Felix Leiter, den volkstümlichen und mehrfach verheirateten Jack Wade. Eine nette Idee, ich mochte Wade sowohl in GE als auch in TND, abgesehen vom Leiterschen Syndrom, immer und überall zur Stelle zu sein, deshalb finde ich es ganz gut, dass er in TWINE Valentin Zukovsky sowie in DAD Falco sowie dem kubanischen Schläfer Platz machen musste.
Kurz darauf folgen die legendären Worte, selbst für solche, welche sämtliche Bond-Filme im Kino gesehen habe : "Walther PPK, 7.65mm. Ich kenne nur drei Personen, welche diese Waffe hatten, zwei davon habe ich getötet." - "Ich habe nunmal Glück". Die "Bekehrung" Valentins ist für mich immer noch nicht vollständig, obwohl Bons Erklärung wegen den Särgen o.ä. Licht ins Dunkel bringen sollte. Zukovsky war also einverstanden, brachte Bond zu Janus - schliesslich auf einen Sammelplatz kommunistischer Erbstücke. Eine Paradeszene schlechthin und der endgültige Wandel Bonds - vom Friedensbewahrer der grossen Nationen zum Kämpfer gegen den internationalen Terrorismus. Ein "Relikt des kalten Krieges" inmitten ideologischer Relikte einer verblichenen Weltanschauung.
So kehr der anscheinend längst verblichene und fast vergessene Alec Trevelyan auf, einst Agent im Secret Service ihrer Majestät. Ein weiterer Ankerpunkt in Bonds Leben, nach dem Service selbst sowie seiner Aufgabe als Friedensbewahrer, ein weiteres Objektiv seines Tuns, hatte sich verändert und gegen ihn gewendet. Bond im Zeichen der Veränderung, sowohl politisch als auch personell. Eine Parallele zu TLD, als Bond Felix Leiter, seinen langjährigen Helfer verlor, drängt sich ein wenig auf. Schlimmer: Bond wurde irre geführt, Jahre, bevor der Kalte Krieg sein Ende nahm. Hier auch wieder ein Logik- (Dramaturgie-?)fehler: Zu Beginn schoss Ourumov einen Soldaten nieder, welcher zu früh geschossen hatte und "erschoss" mit selber Waffe auch 006. Diskussionen sicherlich schon gehabt und auch wieder erwünscht!
Schliesslich folgt das Aufeinandertreffen der Erzfeinde, die Flucht aus der Kaserne sowie die atemberaubende Verfolgungsjagd mit dem russischen Panzer (und sinnfrei etwelcher Realität). Schliesslich landet Bond im Zug, Ourumov wird ausgeschaltet und Natalya und ihm gelingt mit Zieldestination im Handgepäck die Flucht - Kuba wir kommen!
Die neue Welt machte schon seit Dr. No eine wichtige Komponente des Bondfeelings aus- so auch dieses Mal. So z.B. das Standhaus, in welchem Natalya und Bond nächtigen und weitere Konzessionen ans emanzipierte Publikum gemacht werden - Die Emanzipation des Bond-Girls sowie die moderne Diskussion über Sein oder nicht sein, in diesem Sinne des Tötens oder des Getötet werden. Erstmals wird hier Bonds Rolle als "Mörder" erläutert und thematisiert sowie sein Schwarz-Weiss Denken aufgezeigt - ein Denken, welches ihm sicherlich noch Probleme bereiten dürfte.
Der Angriff auf die zweite Schüssel - stimmig angefangen von Xenia ohne Top, welche schliesslich in den Ästen eines Baumes endet bis hin zum klassischen Element des "Hauptquartier-Stürmens" und dem letzten, erbitterten Kampf zwischen Bond und seinem Herausforderer. Wo früher jedoch oftmals ganze Einsatztrupps benötigt wurden, kämpft sich Bond hier allein durch das Einsatzzentrum bis hin zur Erklimmung der Antenne. Fast einmalig ist hier schliesslich der Sieg gegen den Villain dargestellt - während sämtliche Bonds vor Brosnan meistens mit einem kühlen Spruch oder einem milden Lächeln reagierten (ausser Dalton in LTK), spürt man hier die zwiespältige Haltung Bonds, entgegen seines Naturells, einen alten Freund zu töten (wurde ja im Statuengarten schon aufgegriffen) und somit seinen Dienst über die persönlichen Interessen und Freundschaften zu stellen (an vorhergenanntem Ort von 006 ebenfalls schon bemerkt). Somit schliesst sich ein Kreis, bei welchem lediglich die Szene des tot am Boden liegenden und noch zuckenden Alecs ein wenig missfallen.
Die Marines hatten in diesem Film, genau wie der Z3, lediglich einen Auftritt als Statisten. Wenn man den Film als Ganzes betrachtet, bin ich auf jeden Fall froh, dass nicht noch eine Autojagd eingebaut wurde und so die Monte Carlo Szene zu Beginn entwertet hätte.
Vielleicht mag meine Kritik an gewissen Orten ein wenig sec daherkommen, doch ist GoldenEye für mich insgesamt der wertvollste Brosnan Bond und erinnert in gewissen Momentan stark an die Connery-Ära.
Ich würde mich freuen, mit Euch zu diskutieren und noch mehr zu schreiben (der Soundtrack z.B. habe ich hier absichtlich nicht behandelt, da dies den Rahmen wohl endgültig sprengen würde).
Bis Bald
Iceman