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von AnatolGogol
Agent
DAF ist nicht zu unrecht einer der am meisten kritisierten Bondfilme, wirken viele Teile des Films doch seltsam lustlos und in anderer Form schon mal dagewesen. Nichtsdestotrotz kann man mit DAF jede Menge Spass haben, sofern man bereit dazu ist sich auf den „Zirkus“ der da veranstaltet wird einzulassen. Die Aspekte Ernsthaftigkeit und Realismus wurden ja bereits ab GF zunehmend zurückgefahren (mit Ausnahme des in vielerlei Hinsicht besonderen OHMSS), aber mit DAF wurde dann endgültig das überbordende Bondspektakel eingeführt, welches unter Moore die kompletten 70er Jahre hindurch zelebriert wurde. Daher war für mich DAF eigentlich immer schon mehr ein „Moorebond“ als ein Connerybond in der Tradition der 60er Jahre. Das beginnt schon mit dem Hauptdarsteller selbst. Connery war zurück, aber er legte seine Rolle weit ironischer an als zuvor, was teilweise fast schon einer Parodie gleichkam. Sein oft kritisiertes Äußeres (Übergewicht, recht untrainierte Gesamtverfassung, buschigere Augenbrauen, unvorteilhaftes Toupet) trug seinerseits zur neuen Rolleninterpretation bei. Es war zwar immer noch Connery in der 007-Rolle, aber irgendwie eine trägere und sattere Version.
Dennoch bin ich mir sicher, dass zum damaligen Zeitpunkt die Entscheidung Connery durch massiven monetären Überredungseinsatz zu einem Comeback zu überreden die einzig richtige war. Moore war vertraglich gebunden, Lazenby kam aufgrund der Ereignisse um OHMSS nicht mehr in Frage. Und ob der bereits für die Rolle vertraglich verpflichtete John Gavin es in der damals doch recht prekären Situation der Serie geschafft hätte, sich in der Rolle zu etablieren ist fraglich. Gavins große Zeit in Hollywood mit Filmen wie „Mitternachtsspitzen“, „Zeit zu Leben und Zeit zu sterben“ „Psycho“ und „Spartacus“ war bereits seit einem Jahrzehnt vorbei, sein Stern in den Staaten schon seit geraumer Zeit im Sinken. In vielerlei Hinsicht erinnert die Rollenvergabe an ihn an die Verpflichtung von Lex Barker und Stewart Granger durch Horst Wendlandt für die Karl-May-Verfilmungen: ehemals bekanntere Hollywoodmimen, deren Glanzzeit bereits seit einiger Zeit vorüber war wurden als Kassenmagneten für den europäischen Markt eingekauft. Auf dem für die Bondserie so wichtigen US-Markt hätte das aber mit ziemlicher Sicherheit nicht funktioniert. Von daher wage ich zu behaupten, dass Gavin wohl nur ein einmaliges Gastspiel gegeben hätte bis Moore zur Verfügung gestanden hätte. Wir hätten also noch einen Übergangsbond bekommen und Moore hätte die Serie vermutlich in einer weit schlechteren Verfassung übernehmen müssen. So aber wurde allein durch Connerys Präsenz die Serie wieder in ruhigere Fahrwasser gebracht.
Wie schon erwähnt will bei DAF vieles nicht so ganz passen. Das Drehbuch wirkt wie eine merkwürdige Kombination aus GF- und YOLT-Elementen. Beginnt der Film noch recht straff und durchaus vielversprechend (die Einführung der Handlung durch Sir Donald, die Beseitigung der Schmuggelbeteiligten, die Szenen in Amsterdam inklusive der legendären Aufzugsschlägerei), wechselt der Stil des Film in Las Vegas dann vom ironischen Thriller zum parodistischen Zirkus. Ein merkwürdiger Bruch, da der Beginn ja tatsächlich wie eine Art GF-Remake daher kam. Ab Las Vegas ist davon dann aber nichts mehr zu spüren. Besonders unangenehm fällt ab hier auf, dass nahezu alle folgenden Actionszenen doch recht uninspiriert daherkommen. Die Autoverfolgungsjagd durch Las Vegas inklusiver jeder Menge verschrotteter Polizeiautos ist nun wahrlich nichts neues. Hier erinnert der Film eher an eine Burt Reynolds-Klamotte oder gar an Blues Brothers als an einen Bondfilm. Die Mondbuggy-Vefolgung und die Bambi-Klopfer-Keilerei sind zwar skurril, aber auch nichts wirklich neues und schon gar nicht spannend. Die finale Schlacht auf der Bohrinsel setzt dem ganzen als schlechte YOLT- oder OHMSS-Kopie dann die Krone auf. Statt einem phantasievollen Adam-Set bekommen wir hier ne stinknormale Öl-Bohrinsel mit ein bisschen Feuerwerk geboten.
Das der Film trotz allem dennoch viel Spass macht und recht kurzweilig daher kommt liegt vor allem daran, dass scheinbar kein Beteiligter den Film wirklich ernst genommen hat. Gerade die Skurrilität des Ganzen in Kombination mit geradezu grotesken Dialogen ist es, was DAF dann doch wieder besonders innerhalb der Serie macht. Kaum ein anderer 007-Film hat derart viele skurrile Charaktere wie DAF. Beginnend mit dem grandiosen Killerpärchen Wint und Kidd, die praktisch alleine schon durch ihre Überzeichnung den Film retten. Jill St. John nimmt mit ihrer Rolle die gleiche Entwicklung wie der gesamt Film, zu Beginn in Amsterdam noch die coole, überlegene Schmugglerkönigin, ab Las Vegas dann mehr und mehr das rote Dummchen. Aber auch die kleineren Rollen sorgen mit ihrer völlig von Realität und Ernsthaftigkeit losgelösten Darstellung für jede Menge Spass: der widerlich-zynische Shady Tree, der schleimig-liebenswerte Mr. Slumber, die debil-freundlichen schwarzbehüteten Slumber-Killer, der sächselnde Professor Metz, der gutgläubige Klaus Hergesheimer und und und. Als Krönung des ganzen bekommen wir dann einen Blofeld als Dragqueen und dessen (mögliches) Ende in Form einer Slapstickeinlage. Wer jetzt noch den Film ernst nimmt, der hat wohl wirklich etwas falsch verstanden…
Ein wahrlich merkwürdiger Mix, der uns da als James-Bond-Film geboten wird. Aufgrund der unverkennbaren Schwächen des Films ist es wirklich nicht verwunderlich, dass er für viele Fans eine Enttäuschung ist. Ich persönlich kann dem Film aber nicht wirklich böse sein, da er aufgrund seiner herrlichen Skurrilität wahrlich eine Ausnahmestellung innerhalb der Serie einnimmt. Diese Skurrilität ist es auch, die den Film letztlich aus der belanglosen Mittelmäßigkeit herausreißt und ihn zu einem kunterbunten, unterhaltsamen und guten Spektakel macht. Für mich: 6,5 / 10.
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"