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Star Trek - The Motion Picture
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Star Trek VI - The Undiscovered Country
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Star Trek: Into Darkness
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Star Trek: Beyond
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Star Trek - Enterprise [Serie]
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Star Trek - Discovery [Serie]
Insgesamt abgegebene Stimmen: 1 (3%)
Insgesamt abgegebene Stimmen: 36

Re: Star Trek - Der Thread

1113
Star Trek – Nemesis (2002) – Stuart Baird

Der neunten Kino-Inkarnation von Star Trek war es nicht wirklich gelungen das durch seinen Vorgänger Der erste Kontakt erzeugte Momentum zu nutzen und verlor sowohl umsatzseitig als auch in Bezug auf die kritische Ressonanz deutlich an Boden. Grund genug für Studio und Produzenten eine weitere Kurskorrektur für den anstehenden zehnten Teil vorzunehmen, zumal seinerzeit mit George Lucas Star Wars Prequels der große SciFi-Konkurrent wieder im Spiel um die Zuschauergunst mitmischte. Daher lag es nahe den Fokus mehr in Richtung Action- und Effektspektakel zu verschieben und sich damit weg vom in typischer Serientradition eher verkopft-philosophisch angehauchten Pfad des Vorgängers zu bewegen. Denn was konnte schon schief gehen mit einer Mischung, die bei George Lucas trotz zum Teil heftiger Kritik letztlich an der Kinokasse so formidabel funktionierte?

Ein deutlicher Fingerzeig für den intendiert massentauglicheren Ansatz des letztlich als „Nemesis“ betititelten ST X war die Verpflichtung von Stuart Baird für den Regiesessel. Baird, einer der Top-Cutter Hollywoods, hatte sich mit seinen beiden ersten Regiejobs „Einsame Entscheidung“ und dem Auf der Flucht-Sequel „Auf der Jagd“ als solider Mainstreamregisseur empfohlen, dessen Filme (dem zweiten mehr als dem ersten) zwar das besondere etwas fehlten, die aber zielsicher die Erwartungen des Publikums bedienten. Scheinbar also der ideale Mann für die gewünschte Neuausrichtung des ST-Franchise, nur hatte man dabei offenbar übersehen, dass Bairds Filme in ihrer kommerziellen Oberflächlichkeit quasi den Gegenentwurf zum sich oftmals betont intellektuell gebenden Star Trek war. Und so kann man Bairds Inszenierung von Nemesis unter diesen Gesichtspunkten eigentlich auch nur wenig vorwerfen, da sie genau die aus seinem Vorwerk bekannten und zu erwartenden Eigenschaften erfüllt. Denn so kompetent und hochglänzend Bairds Regie auch ist, so leer und konturlos ist der Film unter der Oberfläche leider auch. Zumal der Spagat zwischen der gewünschten Prioritätenverschiebung in Richtung Actionspektakel bei gleichzeitiger Beibehaltung von charakterinternen Konflikten nicht wirklich gelingt, was teilweise Bairds Regie, in erster Linie aber dem von John Logan verfassten Drehbuch anzulasten ist.

Genau wie in seinen späteren Arbeiten für die Bondfilme SF und SP liegt Logans Interesse auch beim Drehbuch zu Nemesis eindeutig auf charakterlichen Konflikten und weniger am diese ummantelnden externen Szenario. Dies wäre prinzipiell noch kein Problem, wird im Falle von ST X aber zu einem solchen, da die nominelle Haupthandlung (Romulanische Extremisten wollen mit Hilfe eines Picard-Klons die Erde angreifen und damit die Föderation besiegen) nicht nur schwach motiviert sondern noch schwächer entwickelt ist. Tatsächlich dient sie nur als Rahmen und Katalysator, um Logans eigentlichen Schwerpunkt (die Frage, wie bzw. ob der Charkater eines Menschen durch äussere Rahmenbedingungen sich grundlegend ändert sowie die daraus gezogene Erkenntnis, dass jede Entscheidung persönlich zu verantworten ist, ungeachtet der Umstände) in die gewünschte Position zu befördern. Das wird vor allem daran deutlich, dass Nemesis in seiner zweiten Hälfte sich inhaltlich kaum mehr weiterentwickelt, da diese praktisch komplett für eine großangelegte Raumschlacht verwendet wird. Zwar gibt es in mitten des Schlachtengetöses einige kleinere Subplots, die in bewährter Manier (Der erste Kontakt lässt grüßen) parallel verlaufen (etwa Rikers Verfolgung von Shinzons remanischem Stellvertreter durch die Innereien der Enterprise), wodurch der Film zumindest ansatzweise noch etwas Bewegung hat, aber streng genommen ist die zweite Filmhälfte nichts anderes als ein gleichzeitiges Aufeinandertreffen von Raumschiffen und den Egos ihrer Kapitäne.

Wobei es Logans Drehbuch wie allen seinen Arbeiten sicherlich nicht an Ambition mangelt. Die Idee des „bösen“ Picard-Klons wie auch das sich durch den ganzen Film ziehende Thema von Spiegelbildern (Picard/Shinzon, Data/Bevor, Riker/remanischer Stellvertreter Shinzons) sind vielversprechend und ansatzweise auch gut herausgearbeitet, erweisen sich unterm Strich aber als zu dünn, um den mangelnden Inhalt der Haupthandlung komplett auffangen zu können. Unangenehm fallen zudem diverse vom Drehbuch sehr bequem intergrierte Elemente auf, die allzu offensichtlich nur für spätere „Überraschungen“ eingebaut sind, etwa die ungewöhnlich breiten Korridore auf Shinzons Schiff, die Übertragung von Datas Gedächtnis auf Bevor oder der geistige Missbrauch von Troi. Wobei gerade letzteres für sich genommen eine der besten Szenen des Films ist, allerdings wirkt ihre spätere Bedeutung für die Weiterentwicklung der Handlung dann allzu konstruiert.

Vor allem die Einbindung von Bevor lässt den finalen „Coup“ des Films dann auch weit weniger überraschend erscheinen.
Spoiler
Zwar unverkennbar angeleht an den vermutlich größten Moment der ST-Geschichte, Spocks Tod in ST II, ist Datas aufopferungsvolles Ende glücklicherweise dann aber doch eigenständig genug, um nicht als kompletter Rehash zu erscheinen. Im Gegensatz zu Spocks Ende ist Datas Tod kein langsames Dahinscheiden und entsprechend kein schmerzhaftes Abschiednehmen. Durch die Kürze des Moments entsteht dann trotz der diversen zuvor gewunkenen Zaunpfähle immerhin noch ein kurzer „Oh“-Moment, durch den auch der Verlust der beliebten Figur sehr spürbar wird. Da hätte es den teilweise etwas aufgesetzt wirkenden Epilog mit der trauernden Crew eigentlich gar nicht bedurft, wobei man die „Wake of Death“ mit Rikers sentimentaler Erinnerung aber auch nicht missen möchte. Es ist zwar verständlich, dass man den Film mit einer positven Note beenden will und daher Data quasi in Bevor weiterleben lässt, allerdings ist gerade dies eine der „bequemen“ Lösungen des Drehbuchs und „entwertet“ Datas Ende auch etwas (da er in gewisser Weise einfach durch eine Replik ersetzt wird).


Die Action in Nemesis ist aufwändig und großangelegt, bleibt oftmals aber auch merkwürdig oberflächlich und teilnahmslos. Wobei das eigentlich nicht allzu merkwürdig ist, da wie bereits erwähnt die Inszenierung hier doch sehr Bairds Vorwerk ähnelt (vor allem Auf der Jagd). Auch hilft es hier wenig, dass mit Ausnahme der frühen (recht offensichtlich den Mad Max-Filmen entliehenen) Autoverfolgung die gesamte Action des Films sich aus dem Zusammenstoss der Raumschiffe in der zweiten Hälfte rekrutiert. Hier gibt es dann auch sehr viel CGI-Einsatz zu bewundern, der zumeist überzeugend getrickst ist, im Vergleich mit der überlegenen, früheren Modellarbeit aber auch seinen Beitrag zur empfundenen Oberflächlichkeit des Films beiträgt. Denn Detaillierungsgrad und Auflösung der Raumschiffe sind erkennbar niedriger als bei ihren analogen Vorgängern, was sie zwar nicht daran hindert immer noch gut auszuschauen, aber eben weit weniger realistisch. Die Unterlegenheit der digitalen Effekte wird vor allem in der Raumdock-Szene überdeutlich, die der über zwei Jahrzehnte älteren Passage in TMP in keiner Weise das Wasser reichen kann. Auch leiden die Schlachtszenen darunter, dass ihre Dramaturgie nicht überzeugend genug ist (u.a. das bereits erwähnte Dilemma der konstruiert wirkenden Einbindung von Troi) wodurch die fortwährenden Angriffe auf ein Raumschiff (noch dazu ein getarntes und beschildetes) dann nur bedingt spektakulär und kaum abwechslungsreich sind.

Was dem Film zudem fehlt – gerade angesichts seiner Konzeption als charakterlicher Spiegel – ist ein wirklich starker Antagonist. Der junge Tom Hardy spielt seinen Picard-Klon dabei zwar durchaus ordentlich, seine Darstellung leidet aber unter der Eindimensionalität seiner Figur. Sein Shinzon ist durchgängig böse und sinister und darüberhinaus (was eigentlich das größere Problem darstellt) weitgehend konturlos. Kein Over-the-Top-Gehabe eines Khan, keine theatralische Manerismen eines Chang, keine emotionale Intensität eines Ru’afo. Und so bleibt von Shinzon trotz seiner gemessen an anderen Franchise-Beiträgen vergleichsweise üppigen Screentime nur wenig in Erinnerung. In diesem Zusammenhang ist es umso bedauerlicher, dass ein charismatischer Charakterkopf wie Ron Perlman als Shinzons Stellverteter aufgrund der massiven Maskierung praktisch unkenntlich bleibt. Im Gegensatz zum großartigen MakeUp des Vorgängers Der Aufstand, unter welchem Mimik und Gesichtscharakteristik nachwievor erhalten blieben, verschlucken die „Nosferatu-meets-Ork“-Masken der Remaner jegliche darstellerische Nuancen.


Auch wenn ST X mehr noch als seine Vorgänger eine Picardsche One-Man-Show ist, so bemüht sich der Film aber dennoch redlich dem Rest der bewährten Crew ihre jeweils eigenen Momente zuzugestehen. Dabei kommen Geordie und Worf zwar dennoch etwas kurz, aber vor allem durch die Hochzeit von Troi und Riker gelingt es Nemesis einige schöne „intime“ Momente im zwischenmenschlichen Bereich zu erzeugen. Und selbst mit dem ungeliebten Kadetten Wesley Crusher gibt es ein kurzes Wiedersehen.

Das erhoffte Ziel der Kurskorrektur von ST X, das Franchise massenkompatibler zu gestalten, ging zumindest wenn man die Kinokasse als Maßstab heranzieht komplett in die Hose. Gerade mal etwas mehr die Hälfte seines ja auch schon eher kühl aufgenommenen Vorgängers spielte Nemesis ein, ein für Paramount inakzeptables Ergebnis und das Ende der „Next Generation“
Spoiler
, welches inhaltlich durch Datas Ableben und den Abschied von Riker und Troi aber ja ohnehin bereits vorbereitet wurde
. Der daraus zu ziehende Schluss ist wohl der, dass das Star Trek-Stammpublikum dem Film die actionlastigere Ausrichtung krumm genommen hat, während das damit hofierte Mainstreampublikum den Film dennoch links liegen liess. Wenn man so will eine Lose-Lose-Situation. Aufgrund des im Ansatz zwar ambitionierten, in der Umsetzung aber schwächelnden Drehbuchs, das zudem zu Gunsten von Charakterorientierung die Hauptstory allzu stiefmütterlich behandelt sowie einer gleichermaßen glattpolierten wie konturlosen Inszenierung gelingt es Nemesis nie dauerhaft zu überzeugen. Dabei hat der Film durchaus einige äusserst gelungene Momente wie etwa das Attentat auf den romulanischen Senat oder der (wörtlich zu verstehende) Zusammenstoss der Enterprise mit Shinzons Schiff, welche durch die zähe bzw. zeitweise kaum vorhandene Handlungsentwicklung aber immer wieder ausgebremst werden. Dank der gewohnt überzeugenden Enterpise-Crew und einem harmonischen Ende sowie des sich immerhin dauerhaft auf solidem Niveau bewegenden Unterhaltungswertes erreicht der Film dann zumindest noch soliden Durchschnitt.

Wertung: 5,5 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Star Trek - Der Thread

1114
Langer Text... Aber dadurch kann ich mir eine eigene Kritik sparen. Stimme Anatol 100% zu.

In Nemesis passt so ziemlich gar nix und das beginnt wie immer mit dem Drehbuch und endet hier mit einer seelenlosen Regie. Der ganze Film wirkt nicht wie Star Trek und es ist schon grauenhaft mit anzusehen wie der erstmals thematisierte Kampf gegen das romulanische Imperium so dermassen sträflich vernachlässigt wird und wie eine Hauptfigur nahezu bedeutungslos geopfert wird
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Star Trek - Der Thread

1117
Ein Vergleich zu SP bietet sich aufgrund der Beteiligung von Logan wirklich an zumal einige Schwächen ähnlich sind aber andererseits ist nicht so leicht zusagen wofür Logan bei SP verantwortlich zeichnet.
Aber man kann vielleicht sehen welchen Unterschied ein Top Regisseur aus einem mittelmaessigen Script machen kann
"It's been a long time - and finally, here we are"

Trekathlon Diez: Die unpolierte Seite der Medaille

1118
Star Trek: Nemesis

Jede Generation muss einmal zu Ende gehen. Und am Ende von "Star Trek: Nemesis", dem insgesamt zehnten Ableger der einflussreichen Sci-Fi-Kinoreihe, mag nicht nur der Hardcore-Trekkie einen wehmütigen Seufzer von sich geben. Schon in der TV-Serie "Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert" hatte die Besatzung rund um unter anderem Patrick Stewarts Captain Jean-Luc Picard, Michael Dorns klingonischen Commander Worf, Jonathan Frakes erstem Offizier Riker und Brent Spiners Androiden Data 1987 eine einmalige Qualität gewiesen: Die Crew der Enterprise harmonierte sowohl auf Seiten der Darsteller wie auf Seiten der Charaktere hervorragend miteinander und agierte in smarten, philosophischen und gesellschaftskritischen Handlungen, die von Pazifismus, Aufklärung und Toleranz des Fremden erzählten. 15 Jahre, 7 Staffeln und 3 Kinofilme später ist "Nemesis" ihr Schwanengesang, alle Zeichen stehen auf Abschied, doch für Ruhestand bleibt keine Zeit: Data begegnet einem Artgenossen, Picard trifft auf seinen eigenen Klon und die Romulaner sowie die ominösen Remaner lassen die Säbel rasseln.

Actionfilm-Cutter Stuart Baird, als Regisseur mit "Star Trek" reichlich unbewandert, setzt in "Nemesis" von der Eröffnungsszene an mit wenigen Ausnahmen auf eine äußerst sinister gehaltene, pechschwarze und düstere Grundausrichtung. Hatten selbst die ernstesten Vorgänger der Reihe, etwa Nicholas Meyers "Der Zorn des Khan" oder Jonathan Frakes' "Der erste Kontakt", stets eine genügend große Anzahl an humoristischen Auflockerungen zu bieten, lebt "Nemesis" geradezu von seiner theatralischen Schwere und Dramatik. In opulent getricksten Effektszenen verlagert "Nemesis" beinahe seine gesamte Handlung in die schwarzen Tiefen des Weltalls. Menschliche Interaktionen verkommen zum Nebenzweck, die Konfrontationen leben die Dringlichkeit einer besonders exzentrischen Shakespeare-Aufführung. Und erstaunlicherweise gelingt Baird dieses entfesselte Actioninferno in handwerklicher und inszenatorischer Perfektion. Über weite Teile ist "Nemesis" ein Biest von einem Sci-Fi-Actioner. Beeindruckende Stunts (etwa bei einer äußerst gewagten Buggy-Verfolgungsjagd auf einem kargen Wüstenplaneten in der ersten Hälfte) und gigantische Action-Setpieces drücken mit dem fantastischen Sound den Zuschauer tief in den Kinositz. In Anlehnung an den beliebten "Khan"-Vorgänger zollt Baird im über 30-minütigen Showdown der umfangreichen "Star Trek"-Historie den ihr nötigen Respekt: im galaktischen "Nebel" bäumt sich die Enterprise ein letztes Mal gegen ihren überdimensionalen Verfolger auf und die nun entfesselte Raumschlacht ist die physikalisch bislang glaubwürdigste und einnehmendste ihrer Art.

Wie bereits die Vorgänger konzentriert sich das Script vom weiteren "Star Trek"-Newcomer John Logan hauptsächlich auf Patrick Stewarts und Brent Spiners Charaktere, zweifellos im Hinblick auf deren schauspielerische Klasse verständlich. So mag "Nemesis" als tatsächlicher Schlusspunkt der "Next Generation" weniger zufriedenstellend wie noch Nicholas Meyers Ensemblefilm "Das unentdeckte Land", welches 1991 die Crew rund um Vorgänger James T. Kirk in den Ruhestand schickte und dabei deutlich mehr darauf bedacht war, allen Charakteren abschließend eine zentrale Position zuzumuten. Dennoch funktioniert Logans Script auch abseits der Verknüpfung von Actionszenen als "Star Trek"-Geschichte wunderbar: Picard-Klon Shinzon, von Tom Hardy als Villain facettenreich, gothic-artig und wahnhaft verkörpert (wenngleich ohne jede Ähnlichkeit zu Stewart), ist eine interessante Figur, die als dunkles Spiegelbild ambivalent einen alternativen Entwicklungsweg Picards aufzeigt und dem moralisch sonst so festen Sternenflotten-Captain den Gedanken aufzwängt, ob der freie Wille in Kombination mit äußeren Einflüssen alleine die treibende Kraft der individuellen Entwicklung ist oder das eigene Schicksal größtenteils im "Blut" genetisch verborgen liegt. Stewart und Hardy wissen ihre gemeinsamen Szenen mit der nötigen Dramaturgie zu verpacken, sodass die operettenhaften Gegenüberstellungen ihre Wirkung nicht verfehlen, unterstützt durch den formidablen Soundtrack von Altmeister Jerry Goldsmith, dessen fünfte und letzte Arbeit für "Star Trek" seine unauffälligste ist, in den wichtigen Momenten aber stets den richtigen Ton trifft.

Ohnehin wird "Nemesis" vom Symbol der Janusköpfigkeit dominiert. Der Heimatplanet der Remaner wird das ganze Jahr über auf ein und derselben Hälfte von der Sonne angestrahlt, sodass die Remaner selbst auf der anderen Seite in der Dunkelheit leben und als ausgestoßenes Ex-Kanonenfutter in den Dominion-Kriegen ein abscheuliches Abbild der Romulaner darstellen. Gleichzeitig avanciert Data als der "unmenschlichste" aller Protagonisten mit zunehmender Laufdauer zur am meisten emotional begründet handelnden Figur und eigentlichen Identifikationsperson und vermag schlussendlich die menschlichste aller Taten zu vollführen, wenn der sonst stets aufrechte Picard sich kaum zu rühren wagt. Doch für einen "Star Trek" Film muss "Nemesis" sich bei aller Motivspielerei leider auch vorwerfen lassen, meist nur an der Oberfläche zu kratzen. Freilich: Die Tiefe und Intelligenz der Serie konnten schon die filmischen Vorgänger nie erreichen. "Nemesis" macht es sich aber stets zu einfach, verspielt zu viele Chancen und ist zu offensichtlich am abschließenden Spektakel interessiert: Die gesamte Nebenhandlung um Data und seinen Bruder B-4 (sprich: "Before") wirkt müde eingeschoben und ist nur ein Plagiat ähnlicher Handlungen aus der TV-Serie, die Mythologie der zuvor in der Reihe sträflich vernachlässigten Romulaner bleibt völlig auf der Strecke, liebevolle Anspielungen auf den "Star Trek" Kosmos sucht man meist vergeblich, das finale Abschiednehmen von der Crew kommt zu abrupt und emotionslos. Ärgerlich gerät aber bloß eine, dafür besonders skurrile Passage: in einer surrealistischen Sequenz erleidet Counselor Troi eine Quasi-Vergewaltigung, welche im folgenden Filmverlauf ohne jede (und wenn nur emotionale) Folge bleibt.

Fazit: Wenn die "Next Generation" sich nach 15 Jahren Föderationsarbeit von ihren Fans verabschiedet, wissen diese längst, was sie an ihnen haben. In "Nemesis" lässt man es noch einmal gewaltig krachen und verabschiedet sich in handwerklicher Perfektion und bester, wehmütiger Actionunterhaltung, die in ihren stärksten Momenten an die Highlights von früher erinnert und sich am Ende das eigene Verfallsdatum kaum eingestehen mag: es wird eine Fortsetzung angedeutet. So fehlt dem Farewell in der Tat stets die letzte Konsequenz, winkt den Trekkies deshalb widerrum ein finales Mal gar versöhnlich zu.

7/10
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

Let the sheep out, kid.

Re: Star Trek - Der Thread

1119
Wie immer gekonnt argumentiert und nachvollziehbar geschrieben. Am meisten unterscheidet sich unsere Wahrnehmung vermutlich hinsichtlich der Qualität der Actionsequenzen. Ich möchte Baird hier noch nicht einmal in Abrede stellen, dass diese handwerklich ein hohes Niveau bieten. Es ist für mich mehr die Wirkung, die nicht richtig funktioniert. Das liegt auch an einem gefühlten „Overkill“ in der zweiten Hälfte, die sich praktisch nur aus einer langgezogenen Raumschlacht (und einigen kleineren Actionszenen) zusammensetzt. Hier vermisse ich zum einen Dynamik, wodurch die Non-Stop-Action gefühlt höhepunktslos bleibt (wie eine Wanderung von 8000er zu 8000er ohne dabei ins Tal zu müssen – weltfremder Vergleich, für den mich Reinhold Messner vermutlich dem Yeti zum Frass vorwerfen würde, aber vielleicht wird dadurch klarer, was ich meine). Zum anderen fehlt mir innerhalb der Action hier auch der emotionale Bezug, für mich vermittelt die Inszenierung nicht effektiv genug, was für die Enterprise-Crew wirklich auf dem Spiel steht, wodurch ich die Bedrohung nicht als solche oder zumindest nicht in dem Maße, wie sie gedacht ist, empfinde.

Ich bin auch etwas weniger von der Beziehung zwischen Picard und Shinzon begeistert, was ich aber ebenfalls daran festmachen möchte, dass nach der recht ausführlichen Einführung in Hälfte eins diese im zweiten Teil des Films „auf dem Altar der Action“ geopfert wird, also zu wenig Raum zugestanden bekommt. Das ist aber auch nur ein Teil meiner Wahrheit, da ich Shinzon wohl insgesamt zu eindimensional empfinde (und wohl auch auch zu wenig interessant als Charakter), als dass ein mehr an charakterdefinierenden Szenen hier viel verändern würden (wobei, wenn er dadurch mehr Kontur gewinnen würde, wer weiss).
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Star Trek - Der Thread

1120
Frage an Hille: War Nemesis wirklich als Abgang der TNG Crew gedacht? Wenn ja, dann macht der Film noch mehr falsch als ich dachte, denn er vermittelt diesen Eindruck gar nicht so richtig - und auch das Ende mit B4 vermittelt ja eher den Eindruck, als müsse es jetzt wieder neu losgehen.

Nemesis macht aus meiner Sicht sehr vieles falsch:

- Trotz viel Action bleibt alles Höhepunkt-los und lässt mich vollkommen kalt. Schon die Bond-PTS artige Verfolgung auf dem Wüstenplaneten will so gar nicht zu Star Trek und noch weniger zu Picard und co passen; durch Star Trek Fremde Leute wie Logan und Baird nimmt Nemesis in gewisser Weise die seelenlose JJA Zeit vorweg; bester "Beweis" für das alles ist auch, dass ich mich an kaum etwas aus Nemesis erinnere selbst wenn ich den FIlm bestimmt 3 mal gesehen habe

- Die sehr bedeutungsschwangeren Dialoge und Motive ziehen nicht; auch typisch Logan: Er versucht viel und bringt viel unter, verliert sich aber und dringt nicht so recht in die Tiefe vor

- Es gibt einfach diverse lieblos zusammengewürfelte Storyelemente. (denen man dann das Janus-Motiv übergestülpt hat). Nemesis böte Potenzial für 3 hervorragende TNG Episode, leider wurden die Themen aber schon alle besser und detailierter in Episoden verarbeitet

- warum hier ausgerechnet die in den Serien so faszinierenden Romulaner herhalten mussten ist auch komisch. Offensichtlich gibt es ja im Film praktisch nur Remaner und all das was man mal spannendes über die Romulaner erzählen könnte, bleibt auf der Strecke
Jetzt wo ich so drüber nachdenke: Warum hat JJA dann weniger Jahre später mit Nero den gleichen Fehler gemacht? Auch hier müssen die Romulaner wieder herhalten, ohne dass sie wie welche aussehen oder ohne dass irgendwas über die enthüllt wird.
"It's been a long time - and finally, here we are"

Re: Star Trek - Der Thread

1124
Echt schade. Folglich werden die neuen auch nicht mehr diskutiert. Schade eigentlich. Hoffentlich sind beim nächsten Marathon alle etwas begeisterter.

Hätte übrigens gern die Diskussionen zu Nemesis gesehen von allen. Hab fast nur negatives gehört aber Hille stimmt mich positiv.