Eins vorweg: Ich vermiese mir den Film durch meine Blofeld-Kritik weniger, als ich manche hier denken. Für mich ist das nur eine Enttäuschung, die mehr zu der ganzen Darsteller-Ära gehört als zu Spectre. Da wurden 50 % schon vorneweg versiebt. Trotzdem: Das hätte man alles viel, viel besser schreiben können!! Was nutzt eine epische Einführungsszene, wenn Blofeld nichts, aber auch gar nichts von seiner proklamierten Macht und Einflussmöglichkeiten einlösen darf. Silva wirkt wie ein von der Kette gelassener Psychopath, Oberhauser wie ein Poser, der nur deshalb Syndikatsboss sein darf, weil es das Drehbuch so vorschreibt. Es fehlt an Dämonie, an zu Schau gestellter Überlegenheit, an Taten. Oberhauser wirkt nur wie ein 0815-Schurke, sorry. LeChiffre und Silva waren einfach eindruckvoller und das darf, wenn man schon nachträglich so eine Pyramiden-Hierarchie installiert, wirklich nicht passieren.
Casino Hille hat geschrieben:Ich meine, wenn man selbst schon sagt, der Film wäre besser, würde Waltzs Figur einfach Oberhauser heißen, warum hängt man sich dann so sehr an diesem Namen auf.
Ganz einfach, weil mit dem Namen einen Erwartungshaltung mitschwingt. Wieso jemanden Blofeld nennen, nur der Coolness halber oder weil man es jetzt rechtlich darf. Blofeld hat einen anderen Status als andere Bösewichter, finde ich. Mich stört, dass man jetzt auf einmal nur den Namen in den Raum wirft, ohne für den nötigen Unterbau zu sorgen. Das gilt auch für Spectre. In Casino Royale "unsere Organisation", dann "Quantum", jetzt "Spectre"; "ach übrigens, Quantum und Silva gehörten auch zu unserem Verein, nur damit du es weist, James." Ich finde es komisch, dass viele Bondfans sich solche Schlampereien völlik kritiklos schönreden. Anscheinend gilt die alte Regel wirklich. Bei Bond kann man machen, was man will; wird doch eh immer ein Hit.
@GoldenProjectile
Das habe ich ja geschrieben, dass es nicht an Waltz, sondern komplett am Script liegt. Die Sache mit der Besetzung ist mehr so ein persönliches Ding. Ich erwarte da mehr Überraschung und Mut. Manche tollen, aber unbekannten Schauspieler kann man auf diese Weise entdecken. Das kann aus Sicht der Macher natürlich auch schief gehen; keine Frage. Herzog war nur so ein Beispiel. Ich fand die Idee, den als Bösewicht zu besetzen bei Jack Reacher toll, weil dieses Manisch-Extreme ja zum Ruf und der Selbstdarstellung von Herzog wunderbar passte. Seine Figur dort hätte direkt aus einem Herzog-Film stammen können. Als Blofeld wäre er sicher nicht so gut gewesen. Da passte Waltz sicher besser.
Invincible1958 hat geschrieben:Die drei Auftritte, die er hat, spielt er gut, finde ich.
Was hätte Waltz da groß anders machen können?
Ich finde Pleasence gar nicht so schlecht. Sein Problem waren vor allem die alberne Narbe und Gilbert lasche Regie. Aber du hast recht. Waltz ist schon besser und charismatischer als Pleasence und Gray, aber Savalas gefällt mir besser. Ich schrieb ja schon, dass Waltz nicht das Problem ist, sondern die mangelhafte Charakterausarbeitung.
Invincible1958 hat geschrieben:Wollen sie nicht. Haben sie noch nie gemacht.
Bond ist immer eine Film-für-Film-Reihe gewesen.
Ein neuer Film kann Bezug auf frühere Filme nehmen.
Aber es war noch nie so, dass ein Film einen Hinweis auf zukünftige Filme gibt.
Aber heute lieben die Zuschauer doch diese Kontinuitäten, Verweise und Aha-Momente. Da findet sich das fortsetzende Element mittlerweile viel häufiger in Filmreihen, was ich dem Erfolg der ganzen amerikanischen Event-TV-Serien zuschreiben würde. Von daher wäre es von den Produzenten nicht dumm diese Sicht zu überdenken. Außerdem hat man doch Spectre mit Blofeld als Schattengestalt in den Sechzigern über diverse Filme hinweg aufgebaut. Da hatte man Weitblick. In den Romanen James Bond jagt Dr. No, Liebesgrüße aus Moskau und Diamantenfieber kamen weder Spectre noch Blofeld vor. Trotzdem hat man gleich mit dem ersten Film eine klare Linie etabliert.