Re: Thema, Story, Drehbuch

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Casino Hille hat geschrieben: 22. Juni 2018 17:13 Sonst könnte ich genauso auch sagen, dass Connery in GF ja bereits Rache für Jill Masterson nehmen will und damit eine Psychologisierung erfährt, was man mir völlig zurecht als Blödsinn vorwerfen würde. :)
In Nuanchen war das tatsächlich immer wieder vorhanden.
DN: Honey Ryder will sich für ihren Vater rächen
OHMSS ist klar
TMWTGG: Der ganze Flilm dreht sich quasi nur darum, dass der Bösewicht angeblich nach Bonds leben trachtet.
ich lönnte noch viele weitere Beispiele nennen


Trotzdem: Der harte Cut kam erst mit CR

Re: Thema, Story, Drehbuch

1187
Es geht doch nicht um das Motiv der Rache an sich, sondern um die Art und Weise wie ein solches Geschehen Bonds Denken und Handeln beeinträchtigt, und wie das dramaturgisch und filmisch umgesetzt wird.
Hätte der Craig-Bond in CR nur "The bitch is dead" gesagt, ohne eine einzige Emotion zu zeigen, hätte es QoS gar nicht gegeben. Mindestens seit CR - oder wie Hille bereits ganz richtig konstatierte, seit der späten Brosnan-Ära - reagiert Bond deutlich emotionaler auf seine Umwelt, lässt sich vom Geschehen mehr beeinflussen, agiert hitzköpfiger. So hat sich eben auch die Filmsprache bei Bond verändert, bis ins Extreme - wenn man die rasante und oft mit Absicht dezentralisierte Montagearbeit in QoS bedenkt.

Alle Filme, die du nennst, sind (bis auf OHMSS) filmästhetisch sehr klassisch gehaltene Ableger der Reihe - sprich, persönliche Motive sind lediglich Aufhänger um die jeweilige Handlung weiter zu treiben und nicht das Kernstück der Filme um das sich alles dreht.
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"Doch wer sich bückt nach dem schmalen Taler, verpasst das große Bündel."

Re: Thema, Story, Drehbuch

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Casino Hille hat geschrieben: 22. Juni 2018 17:13Die Reihe hat mit CR einen recht harten Cut gemacht im Bezug auf die psychologische Charakterisierung der Figuren bei Bond (und besonders auch bezogen auf die Darstellung von Bond selbst).
Der Cut musste aus meiner Sicht (und offenbar auch aus Sicht der Produzenten) nach DAD natürlich so erfolgen, steht jedoch in der Tradition des mit TLD eingeschlagenen (und auch von P&W vertieften) Weges. Dass Craig diesen Weg als Schauspieler glaubwürdiger verkörpern kann als z. B. Brosnan steht wieder auf einem anderen Blatt, aber diese Psychologisierung kommt seit TLD in jedem Bondfilm vor und fällt mal mehr (z. B. CR) und mal weniger gelungen (z. B. LTK) aus.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

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Samedi hat geschrieben: 23. Juni 2018 13:51
Casino Hille hat geschrieben: 22. Juni 2018 17:13Die Reihe hat mit CR einen recht harten Cut gemacht im Bezug auf die psychologische Charakterisierung der Figuren bei Bond (und besonders auch bezogen auf die Darstellung von Bond selbst).
Der Cut musste aus meiner Sicht (und offenbar auch aus Sicht der Produzenten) nach DAD natürlich so erfolgen, steht jedoch in der Tradition des mit TLD eingeschlagenen (und auch von P&W vertieften) Weges. Dass Craig diesen Weg als Schauspieler glaubwürdiger verkörpern kann als z. B. Brosnan steht wieder auf einem anderen Blatt, aber diese Psychologisierung kommt seit TLD in jedem Bondfilm vor und fällt mal mehr (z. B. CR) und mal weniger gelungen (z. B. LTK) aus.
Ehm, nein? Wo gibt es denn in TLD, GE, TND, DAD irgendeine Psychologisierung Bonds, die über das obligatorische narrative MIndestmaß an menschlicher Annäherung hinausgeht? In allen soeben genannten Filmen steht Bond immer über dem Geschehen oder seinen Gegnern. Sogar in DAD ist er nach 20 Filmminuten wieder ganz der Alte.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

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craigistheman hat geschrieben: 23. Juni 2018 15:00Wo gibt es denn in TLD, GE, TND, DAD irgendeine Psychologisierung Bonds, die über das obligatorische narrative MIndestmaß an menschlicher Annäherung hinausgeht? In allen soeben genannten Filmen steht Bond immer über dem Geschehen oder seinen Gegnern.
Wir sprechen hier offenbar von zwei verschiedenen Sachen. Eine Psychologisierung kann zwar als Folge haben, dass Bond nicht (mehr) den Überblick über das Geschenen hat, aber das ist doch nicht die Bedingung bzw. das einzige Merkmal einer Psychologisierung.

Aber selbst wenn man nur diesen einen Aspekt heranziehen wollen würde, so gab es auch das vor Craig schon etliche Male, siehe z. B. Bonds Beziehung zu Elektra King.

Der entscheidende Unterschied in der Craig-Ära besteht darin, dass die Filme (bis auf SP) nicht damit enden, dass Bond mit seiner Eroberung davonfährt, davonfliegt oder in den Sonnenuntergang reitet.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

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Samedi hat geschrieben: 23. Juni 2018 15:21
craigistheman hat geschrieben: 23. Juni 2018 15:00Wo gibt es denn in TLD, GE, TND, DAD irgendeine Psychologisierung Bonds, die über das obligatorische narrative MIndestmaß an menschlicher Annäherung hinausgeht? In allen soeben genannten Filmen steht Bond immer über dem Geschehen oder seinen Gegnern.
Wir sprechen hier offenbar von zwei verschiedenen Sachen. Eine Psychologisierung kann zwar als Folge haben, dass Bond nicht (mehr) den Überblick über das Geschenen hat, aber das ist doch nicht die Bedingung bzw. das einzige Merkmal einer Psychologisierung.

Aber selbst wenn man nur diesen einen Aspekt heranziehen wollen würde, so gab es auch das vor Craig schon etliche Male, siehe z. B. Bonds Beziehung zu Elektra King.

Der entscheidende Unterschied in der Craig-Ära besteht darin, dass die Filme (bis auf SP) nicht damit enden, dass Bond mit seiner Eroberung davonfährt, davonfliegt oder in den Sonnenuntergang reitet.
Jetzt ziehst du dich aber wieder einmal sehr unschön aus der Affäre. Es war von vorne herein von jenen Filmen die Rede, in denen Bond seelisch angegriffen wird - sei es durch den Tod einer geliebten Person oder einem sonstigen Verlust, oder durch Geister der Vergangenheit etc.. Und das gibt es in dieser konsequenten Form nur seit Craig. Wäre DAF auf den Tod Tracys eingegangen, hätte man sagen können dieses Phänomen hätte schon früher begonnen. In OHMSS hat Bond nicht wirklich Zeit zu trauern oder sich zu rächen, weil Hunt (glücklicherweise) die Szene ganz an das Ende des Filmes gesetzt hat. Die Botschaft ist eindeutig: Es geht eben weiter wie bisher.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

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craigistheman hat geschrieben: 23. Juni 2018 23:47 Es war von vorne herein von jenen Filmen die Rede, in denen Bond seelisch angegriffen wird - sei es durch den Tod einer geliebten Person oder einem sonstigen Verlust, oder durch Geister der Vergangenheit etc..
Dalton ist irgendwie immer seelisch angegriffen. Zumindest wirkt es so. Vor allem natürlich in LTK. Brosnan muss in GE gegen seinen ehemaligen Partner kämpfen. In TND stirbt seine (Ex-)Geliebte und in TWINE täuscht er sich in der Hauptschurkin, aber dort wird auch die Rolle von M massiv psychologisiert.

Ob man das in diesen Filmen gelungen findet oder nicht, das ist eine andere Frage, aber psychologisiert wird hier überall.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

1193
Oh Gott, wenn das schon Psychologisierung ein soll, dann gibt es ja fast keinen Genre Film in dem nicht massiv psychologisiert wird ...

... das ist dann ähnlich wie mit dieser oberflächlichen Anti-Helden Definition, bei der dann jeder Held schon zum Anti-Helden wird, wenn er nicht komplett edel und selbstlos ist.

Nee, keiner der alten Bonds psychodingst den Jameser auch nur im Geringsten. LTK tut ein wenig so, ohne daß da viel bei passiert, und bei Brosnan kommt da gar nichts.

Das Problem der Mendes Bonds ist weniger, daß er versucht zu psychodingsen, sondern daß das alles nur so pseudo ist, daß es oberflächlich und vor allem inkonsequent bleibt.

Re: Thema, Story, Drehbuch

1194
Danke Maibaum,

dem kann ich nur zustimmen. Das ist auch meine Einschätzung der Mendes-Bonds. Hinzu kommt diese möchtegern artsy und prätentiöse Filmsprache - allen voran in SP - die absolut kontraproduktiv ist, da das Geschehen von vorne bis hinten nicht wirklich überzeugt oder packt. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass Mendes gerne den kruzialen Mangel an Plot und Geist einfach mit optischen Stilmitteln zu kaschieren versucht. Deshalb strahlen seine Filme auf mich zumindest eine schwer zu ertragende und überhebliche Süffisanz aus. Ich mag es ganz einfach nicht, wenn Filmemacher das Publikum für dümmer halten als es ohnehin ist.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

1195
Mendes ist durchaus ein guter Regisseur, aber seine beiden Bonds bleiben auch stilistisch Stückwerk, wirken auch da unentschlossen. Das passt dann antürlich zu den Charakterisierungen und den undurchdachten Geschichten, wird vielleicht auch dadurch bedingt.

Ich habe kürzlich noch einmal größere Teile von Road to Perdition gesehen. Sicherlich etwas zu gediegen für meinen Geschmack, aber das ist geschlossen inszeniert, da passt alles zusammen, und da sind auch richtig starke Szenen drin, das funktioniert.

Ob Boyle mit Bond klar kommt wird sich zeigen. Fakt ist daß ich bislang mit den meisten Filmen von Boyle nach Trainspotting nicht viel anfangen konnte, daß sie meist weit hinter ihren Möglichkeiten (jedenfalls das was ich als Möglichkeiten in ihnen gesehen habe) zurückblieben. Nur der überdrehte Trance war dann überraschend gut.

Aber es lohnt kaum da jetzt schon all zu viel drüber zu spekulieren. Ein QoS war von Forster auch nicht zu erwarten aufgrund seiner vorherigen Filme, nicht mal ansatzweise. Und von Mendes hatte ich mir durchaus so einiges erhofft, aber nach 20 Min SF war mir weitgehend klar, daß das wahrscheinlich nichts mehr wird, und so blieb es dann auch.
Ich bin zumindest gespannt.

Re: Thema, Story, Drehbuch

1196
Ich kann mir vorstellen, dass Boyle und Hodge eine politische Stellungnahme abgeben werden (und ja, das kann auch sehr subtil gelöst werden, wenn es denn richtig angegangen wird). Im Grunde genommen ist jeder Film "politisch", allerdings hat das in den meisten Fällen mehr mit Filmrezeption als mit ursprünglicher Absicht zu tun. Seit SP hat sich die Welt verändert, so erachte ich diesen "Überwachungsstaat-Diskurs" als veraltet. Eigentlich ist dieses Thema im Film spätestens seit "1984" "abgehandelt", mir ist aber klar, dass es nicht oft genug angesprochen werden kann.
Mittlerweile wird diese Kontrolle von einer Mehrheit trivial in Kauf genommen.
Es wird wahrscheinlich mehr darum gehen, wie all diese neuen Medien und Kommunikationsmittel genutzt werden. Der amtierende US-Präsident liefert natürlich ohne größere Bemühungen eine ideales Beispiel der Informationsmanipulation und Wahlbeeinflussung.
Es könnte also durchaus wieder in Richtung TND gehen - schade, dass der Film seinen immer noch brandaktuellen thematischen Ansatz bis ins Groteske überzeichnet.

Sollte der Film tatsächlich größtenteils in UK spielen, könnte z.B. ein ausgerufener Ausnahmezustand interessant sein.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

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craigistheman hat geschrieben: 24. Juni 2018 20:11 Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass Mendes gerne den kruzialen Mangel an Plot und Geist einfach mit optischen Stilmitteln zu kaschieren versucht.
Wäre es dir lieber, ein Regisseur würde ein aus deiner Sicht schlechtes Drehbuch dann gleich mit einer schlechten Optik verfilmen, weil es ja jemanden geben könnte, dem das Drehbuch nicht passt und man deshalb nicht unnötig Geld für gute Kameraleute wie Roger Deakins auszugeben braucht?
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Re: Thema, Story, Drehbuch

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Samedi hat geschrieben: 25. Juni 2018 00:50
craigistheman hat geschrieben: 24. Juni 2018 20:11 Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass Mendes gerne den kruzialen Mangel an Plot und Geist einfach mit optischen Stilmitteln zu kaschieren versucht.
Wäre es dir lieber, ein Regisseur würde ein aus deiner Sicht schlechtes Drehbuch dann gleich mit einer schlechten Optik verfilmen, weil es ja jemanden geben könnte, dem das Drehbuch nicht passt und man deshalb nicht unnötig Geld für gute Kameraleute wie Roger Deakins auszugeben braucht?
Bei Mendes hätte ich es mir gewünscht, ja. Denn dann hätten all diejenigen, die ihn, SF und SP jubelnd in den Himmel loben, QoS dafür permanent bashen, gemerkt, was für ein Blender er doch ist. Das bezieht sich jetzt nur auf seine Bondfilme, nicht auf seine restlichen Filme, die ich durchaus schätze.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

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craigistheman hat geschrieben: 25. Juni 2018 02:31
Samedi hat geschrieben: 25. Juni 2018 00:50 Wäre es dir lieber, ein Regisseur würde ein aus deiner Sicht schlechtes Drehbuch dann gleich mit einer schlechten Optik verfilmen, weil es ja jemanden geben könnte, dem das Drehbuch nicht passt und man deshalb nicht unnötig Geld für gute Kameraleute wie Roger Deakins auszugeben braucht?
Bei Mendes hätte ich es mir gewünscht, ja. Denn dann hätten all diejenigen, die ihn, SF und SP jubelnd in den Himmel loben, QoS dafür permanent bashen, gemerkt, was für ein Blender er doch ist. Das bezieht sich jetzt nur auf seine Bondfilme, nicht auf seine restlichen Filme, die ich durchaus schätze.
Dann hältst du aber das Publikum für dümmer als es ist. Denn man kann die verschiedenen Aspekte eines Films (also Regie, Drehbuch, Schauspiel, Kamera, Produktionsdesign, etc) sehr wohl auseinanderhalten und für sich beurteilen.

Und den Verweis auf QOS verstehe ich an diesem Punkt auch nicht.
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Re: Thema, Story, Drehbuch

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Es ist doch völlig egal, ob Mendes ein "Blender" ist. Die Qualität eines Filmers beurteile ich rein subjektiv. Wenn mir SF und SP gefallen, dann ist es doch völlig egal, woran das liegt. Die Filme haben mich gut unterhalten und tun es auch heute noch. Selbst wenn das nur an der Optik liegt, ändert das nichts daran, dass mir die Filme gefallen haben und immer wieder gefallen. Völlig irrelevant ist, ob das nun an der Optik, am Drehbuch oder an sonstwas liegt. Das Gesamtbild ist stimmig.

Umgekehrt kann ich mit Filmen wie QOS nicht viel anfangen. Einige (optische) Sachen mögen gut auf die Story bezogen sein, die Story kann auch gut sein, aber das Gesamtbild ist nicht stimmig. Viel zu anstrengend, den Film zu gucken.