Re: Die Filme des Peter Berg

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vodkamartini hat geschrieben:Tja, Eric, das überrascht nicht wirklich, hättst du dir sparen können. Vermutlich hätte ich ihm 6/10 gegeben, ich mag Wahlberg. :)
Ich eigentlich auch, aber ich kriege immer mehr den Eindruck dass ein Grossteil dessen was ich an Wahlberg mag/mochte in Wirklichkeit Scorsese ist. Kurze Zusammenfassung seiner Funktion in Deepwater: Autopilotdarstellung in einer Autopilotrolle als heroischer Bauarbeiter Bob.
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Re: Die Filme des Peter Berg

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HCN007 hat geschrieben:Wird sich jemand von euch "Boston" anschauen ? Ich schau ihn mir morgen abend an und kann euch dann schonmal berichten !
Ich auch. Dabei habe ich doch gerade eben erst den letzten Berg-Pathos im Kino gesehen. Seltsam... Aber naja, egal. :)
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Re: Die Filme des Peter Berg

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Ich werde morgen um 20:15 in eine Vorstellung gehen - ging nicht früher in meinem Wiesbadener Kino - aber hier kann ich wenigstens durch Kinotag sparen, was ich im meinem Multiplex nicht kann. Und jeder Saal hat seinen eigenen Charme. Das wird ein entspannter Feierabend, den ich entsprechend spät wählen kann, aber dafür bin ich am Ende durch die Öffis erst so gegen 0 oder 1 Uhr daheim so dass meine Review erst am Freitag Abend folgt. Aber die Zeit zwischen Feierabend und Kino kann ich ja noch durch neue Releases auffüllen, die Flaute von Februar ist endlich vorbei. Holen tu ich mir "Swiss Army Man" ; "Inferno" ; "War Dogs" ; "Der Sturm - Life On The Line" und "Train To Busan". Und am Samstag gehe ich in "Lion" und am Sonntag zur Einstimmung auf die Oscars mein First Look von "Braveheart" - aber nun genug Off-Topic.
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Re: Die Filme des Peter Berg

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iHaveCNit: Boston (2017)

Am 15. April 2013, dem Patriots Day, explodieren am traditionellen Boston-Marathon in der Zieleinlaufzone zwei Bomben und hinterlassen 3 Tote und hunderte Verletzte. Das Ereignis hat nicht nur Boston, sondern das ganze Land erschüttert und ins Mark getroffen. Dieser Tag und die Darauffolgenden sind jedoch ein Zeichen, wie man mit vereinten Kräften die Attentäter zur Rechenschaft zieht. Inmitten des Zieleinlaufs wird der Polizist Tommy Saunders Zeuge der Bombenanschläge und versucht die verzweifelte Lage unter Kontrolle zu bringen. Er ist auch mittendrin, als die Ermittlungen über die Attentäter zwischen FBI und der Polizei sehr konfliktbehaftet verlaufen.

Peter Berg scheint seine Nische letztendlich gefunden zu haben, nachdem er drohte, sich mit „Battleship“ in die Nähe eines Michael Bay zu begeben. Filme, die auf wahren Begebenheiten beruhen und bisher noch nicht verfilmte Storys über amerikanische Helden als Grundlage nutzen scheinen so langsam seine Nische zu werden. Nun arbeitet er nach „Lone Survivor“ und „Deepwater Horizon“ das dritte Mal in Folge mit Mark Wahlberg zusammen, der dieses Mal in seine Paraderolle als Polizist schlüpfen darf und hier in einigen Momenten eindrucksvoll zeigen kann, was er darstellerisch zustande bringen kann. Sein Tommy Saunders ist eine der Schlüsselfiguren des Films und man ist immer hautnah an ihm dran. Darüberhinaus ist der Film ein Ensemblefilm, der mit John Goodman, Kevin Bacon, Michelle Monaghan, Melissa Benoist und J.K. Simmons noch ein paar weitere bekannte Gesichter zu bieten hat.

Der Film selbst beginnt etwas chaotisch, so dass man sich die Frage stellt: Was ist hier los und wo will das Ganze hin ? In episodenhaft anmutenden Szenen werden uns wichtige Charaktere der Handlung präsentiert. Die Fäden werden jedoch entsprechend im Laufe der Handlung zu einem komplexen Netz verflochten. Die Konflikte zwischen Polizei und FBI im Laufe der Ermittlungen selbst sind auch super gewesen und es gab viele spannende Momente, die dem Film richtig gut getan haben.Interessant ist auch die Inszenierung. Wenn man originale Aufnahmen aus dem Fernsehen oder von Überwachungskameras von damals direkt verwendet oder für den Film nachstellt ist das schon interessant und verleiht der minutiösen Aufarbeitung der Tatsachen einen noch stärkeren dokumentarischen Stil, der jedoch aus inszenatorischer Sicht leicht befremdlich und inkonsequent sein kann. Wenn man amerikanische Tatsachenberichte verfilmt, in denen Amerikaner gemeinsam einen Konflikt bewältigen und lösen müssen, kommt einem bei dem da entstehenden Wir-Gefühl der leicht befremdliche Eindruck auf, dass sich Amerikaner als Helden feiern müssen. Diesen Eindruck kann auch ein „Boston“ nicht vollends abschütteln und sorgt teilweise sogar dafür, die Pathos- und Patriotismus-Faust einem direkt in die Fresse zu schlagen. Etwas, was diesen Eindruck sogar noch untermauert ist eine unnötige Charakterisierung der beiden Attentäter, die zwar nachvollziehbare Motivationen und eine kleine Hintergrundgeschichte spendiert bekommen, doch durch einen Dialog über Ansichten zu vergangenen Anschlägen offenbart sich, wie dumm, oberflächlich und plakativ ein Bild von dummen, manipulierten, extremistischen Islamisten kreiiert wird, um die Sympathien des Films klar auf die Bostoner Bevölkerung zu legen. Das ist genauso manipulativ wie das verdrehte Weltbild, was den sozial ungefestigten Islamisten eingetrichtert wird.
Ich finde das richtig ärgerlich, weil das den Film unter anderem davor hindert, in meinen Augen besser zu sein als mein Lieblingsfilm von Peter Berg, „Deepwater Horizon“.

„Boston“ - My First Look – 8/10 Punkte.
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Re: Die Filme des Peter Berg

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Ich habe den Patriotentag ebenfalls gesehen und fand ihn in Summe besser als Bergs letzten filmischen Moralzeigefinger Deepwater Horizon - dessen abschliessendes Memorial der Katastrophenopfer er übrigens diesmal abgesehen von angepassten Bildern und Namen eins zu eins übernommen hat. Dafür verzichtet Wahlberg vor dem Abspann auf sein beim Bohrinselfilmchen noch unverzichtbares Gruppengebet, und das ist stellvertretend für die Gesamtheit des Films ein wichtiger Indikator dafür weshalb Patriots Day wesentlich schmerzfreier anzuschauen ist als sein Vorgänger.

Dabei verspürte ich in den ersten vierzig Minuten noch das dringende Bedürfnis, den Saal zu verlassen. Exposition von Handlung und Charakteren rauschten nur so an einem vorbei, völlig uninspiriert und ohne Gefühl für Timing und Dramaturgie, dazu kam eine beinahe schon schmerzhafte Bildinszenierung. Natürlich muss nicht jeder Film so aussehen als wäre er von Kubrick gedreht worden, aber wie beliebig, unroutiniert und schlampig Berg da teilweise mit Kameraschwenks, Zooms, Luftaufnahmen und Schnitten hantiert ist gelinde gesagt hässlich und wirkt beinahe schon unprofessionell. Klar passt dieses Chaos als Stilmittel der visuellen Desorientierung gut in die Szenen des eigentlichen Bombenanschlags, in alle anderen dafür eben nicht.

Sobald die Bombe dann im wahrsten Sinne geplatzt ist wird es aber nur noch besser, da der Film ab diesem Punkt mit den Ermittlungen einen effektiven dramaturgischen Aufhänger zu bieten hat statt sich nur auf seinen völlig unterentwickelten Polizeicharakteren auszuruhen (Goodman und Simmons werden als Statisten verheizt und Wahlbergs Rolle fand ich bestenfalls mittelmässig - einige der kleinsten Nebenrollen wie z.B. der MIT-Securitymann und sein potenzielles Date waren da noch vielschichtiger herausgearbeitet). Berg kriegt die Kurve und sein Film reift mehr und mehr zu einem soliden Actionthriller, den man auch ungeachtet sämtlicher historischer Hintergründe sehen kann, besonders im längeren Handlungsstrang um die Geiselnahme und anschliessende Flucht, die in Echtzeit konzipiert ist, kommt richtige Spannung auf, bemerkenswert ist ausserdem dass Berg den zweiten Teil dann überwiegend auch viel besser filmt. In Summe also ein zwiespältiges Erlebnis, das sehr schwach anfängt und dann immer besser wird, aber nie ganz frei von Makeln bleibt. Für irgendwo zwischen 5 und 6 Punkten.
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