vodkamartini hat geschrieben: Genaus so kst es. Im Deutschen konnotiert man mit "häßlich" viel mehr das Äußere (was hier nicht gemeint ist),

Tut man das anderswo nicht?

Aber ich denke schon daß hier vor allem auch das Äußere von Tuco gemeint ist. Er ist an sich schon eine widerliche Kreatur, äußerlich wie auch innerlich. Und das Leone diesen extremen Unsympath zu einem charismatischen Protagonisten macht, den die meisten Zuschauer eher lieben ist schon mal eine der Leistungen des Films. Aber er ist ja auch der einzig wirklich menschliche der 3. Die anderen beiden sind im stärkeren Maße Kunstfiguren, aber nicht nur.

Maibaum hat geschrieben:Er ist an sich schon eine widerliche Kreatur, äußerlich wie auch innerlich.

Woran machst du das äusserlich konkret fest? Wie schon gesagt ist Wallach jetzt kein unattraktiver Typ gewesen und wurde für die Rolle jetzt auch nicht bewusst auf abstossend geschminkt oder in Szene gesetzt (mit Ausnahme der von dir genannten gefreezten Einstellung bei seiner Einführung).

AnatolGogol hat geschrieben:Verstehe diese Aussage nicht, vor allem weil im Konjunktiv. In der deutschen Fassung (mit deutschen Titeln) wird Van Cleef als "der Böse" ausgewiesen, warum also die Vertauschungs-Vermutung?

In der englischen Fassung ist auch Van Cleef "Bad" und Wallach "Ugly" bei den Titeleinblendungen. Also ganz klar nur ein Fehler des Trailers.

AnatolGogol hat geschrieben:welcher Filmstar ist denn wirklich unattraktiv?

Steve Buscemi!

An allem.

Er hat so einen Rattenblick, ist so schmutzig daß er wahrscheinlich zum Himmel stinkt (seine weißen makellosen Hollywood-Zähne sind ein monströser Continuity Error), hat keine Manieren, kratzt sich, frißt, usw

Also genau die Typen die ich in Western liebe, während ich ihnen im richtigen Leben begeistert und im großen Bogen ausweichen würde.

GoldenProjectile hat geschrieben:

AnatolGogol hat geschrieben:welcher Filmstar ist denn wirklich unattraktiv?

Steve Buscemi!

Und ausgerechnet in einem Film deines Lieblingsregisseurs meint Nick Nolte neidvoll über Steve Buscemi "sieht aber auch verdammt gut aus der Knabe" - und das wohl gemerkt ohne Ironie.

Maibaum hat geschrieben:An allem.

Er hat so einen Rattenblick, ist so schmutzig daß er wahrscheinlich zum Himmel stinkt (seine weißen makellosen Hollywood-Zähne sind ein monströser Continuity Error), hat keine Manieren, kratzt sich, frißt, usw

Also genau die Typen die ich in Western liebe, während ich ihnen im richtigen Leben begeistert und im großen Bogen ausweichen würde.

Aber Maibaum, wer in einem Leone-Western ist denn nicht himmelschreiend schmutzig?

AnatolGogol hat geschrieben:Und ausgerechnet in einem Film deines Lieblingsregisseurs meint Nick Nolte neidvoll über Steve Buscemi "sieht aber auch verdammt gut aus der Knabe" - und das wohl gemerkt ohne Ironie.

Wo denn?

AnatolGogol hat geschrieben:Aber Maibaum, wer in einem Leone-Western ist denn nicht himmelschreiend schmutzig?

Old Clint, Jill McBain...

GoldenProjectile hat geschrieben:Wo denn?

in dem höchst empfehlenswerten New York Stories Segement Life Lessons: Rosanna Arquette ist hoffnungslos in den attraktiven jungen Künstler Steve Buscemi verschossen und hat keine Augen mehr für den ihr permanent nachstellenden alten Malerzausel Nick Nolte (liesst sich wie unglaubwürdigste Science Fiction, funktioniert aber bestens, auch weil Nolte über weite Strecken wie aus einem Sergio Leone-Western entsprungen ausschaut ).

GoldenProjectile hat geschrieben: Old Clint, Jill McBain...

Also die Cardinale lass ich mal durchgehen (schliesslich weiss sie bzw ihre Jill ja auch, dass ein heisses Bad Wunder wirkt), aber den ollen Clint halte ich jetzt nicht gerade für einen potenziellen Weisser Riese-Werbestar (höchstens für die "Vorher"-Szene):

http://www.billboard.com/files/styles/a ... rd-650.jpg

Maibaum hat geschrieben:Aber er ist ja auch der einzig wirklich menschliche der 3.

Findest du? Ich will ja eigentlich wirklich nicht nörgeln (ich fand den Film ja nicht schlecht), aber Tuco ist mindestens genauso reißbretthaft, wie die anderen beiden, wenn nicht noch mehr. Seinen Rollentypus hat man in Filmen, Büchern, Comics, etc. schon zig mal gesehen. Da finde ich Senteza interessanter, der manchmal nicht so recht einschätzbar ist, vor allem, weil er zwar meist sehr überlegen dargestellt wird, gegen Ende dann aber gelichzeitig auch dem Blonden unterlegen scheint. Finde ihn ehrlich gesagt von der Figur her am interessantesten, und hätte auch gerne mehr von ihm gesehen.

AnatolGogol hat geschrieben:Also die Cardinale lass ich mal durchgehen (schliesslich weiss sie bzw ihre Jill ja auch, dass ein heisses Bad Wunder wirkt), aber den ollen Clint halte ich jetzt nicht gerade für einen potenziellen Weisser Riese-Werbestar (höchstens für die "Vorher"-Szene):

http://www.billboard.com/files/styles/a ... rd-650.jpg

Die Cardinale ist sowieso mit das bezauberndste was in den 60ern durch die Lichtspielhäuser gehuscht ist.

Und zwischen wie du sagst "himmelschreiend schmutzig" und "Weisser-Riese-Werbestar" gibt es dann ja doch noch ein paar Zwischenstufen. Klar, vorbildlich sauber und zurechtgemacht ist im (filmischen) Westen niemand, auf jeden Fall kein reisender Abenteurer wie Blondie, aber verglichen mit einem Tuco, Cheyenne, Van Cleef und überhaupt dem Grossteil dessen was in Leones Filmen rumrennt ist er in der Regel doch schon ziemlich gepflegt. Hat übrigens auch ziemlich schicke Haare. Hehe.

dernamenlose hat geschrieben:

Maibaum hat geschrieben:Aber er ist ja auch der einzig wirklich menschliche der 3.

Findest du? Ich will ja eigentlich wirklich nicht nörgeln (ich fand den Film ja nicht schlecht), aber Tuco ist mindestens genauso reißbretthaft, wie die anderen beiden, wenn nicht noch mehr. Seinen Rollentypus hat man in Filmen, Büchern, Comics, etc. schon zig mal gesehen. Da finde ich Senteza interessanter, der manchmal nicht so recht einschätzbar ist, vor allem, weil er zwar meist sehr überlegen dargestellt wird, gegen Ende dann aber gelichzeitig auch dem Blonden unterlegen scheint. Finde ihn ehrlich gesagt von der Figur her am interessantesten, und hätte auch gerne mehr von ihm gesehen.

Die anderen Beiden sind meist so beherrscht daß es eher unmenschlich ist, sind vor allem Kinofiguren. Tuco dagegen ist das pralle Leben. Dieser Kontrast taucht dann auch wieder in den beiden Folgefilmen auf.

Tuco reißbrettartig? Hmm, du machst hier in einem durch die seltsamsten Beobachtungen die ich in der Neuzeit zu diesem Film, und dann noch so gebündelt, gelesen habe.
Vielleicht einfach noch mal mit kalibriertem Focus schauen, und dann all das genießen was hier alle genießen?

Das erscheint mir auch merkwürdig. Tuco würde ich genau wie Maibaum sehen, er ist in der Tat am wenigsten das, was Maibaum Kunstfigur nannte.

Maibaum hat geschrieben:Tuco reißbrettartig? Hmm, du machst hier in einem durch die seltsamsten Beobachtungen die ich in der Neuzeit zu diesem Film, und dann noch so gebündelt, gelesen habe.

Das mag ja sein, aber dieser Rollentypus ist doch nun wirklich nix neues (Und war es auch damals nicht). In den verschiedensten Situationen immer wieder die Reaktionen von ihm , die man erwarten konnte, und so auch schon oft bei anderen, ähnlichen Figuren gesehen hat.
Das ist ja nicht zwnagsläufig schlecht. Gute Figuren kann man auch duzentfach verwenden, ohne dass es langweilig wird, und Clint Eastwoods Charakter ist ja auch relativ klischeehaft und dennoch zu keiner Sekunde langweilig. Aber wo Tuco da so vollkommen anders sein soll erschließt sich mir nicht. Klar ist er anders, als die beiden anderen Hauptfiguren. Aber trotzdem nix neues.

dernamenlose hat geschrieben:Das mag ja sein, aber dieser Rollentypus ist doch nun wirklich nix neues (Und war es auch damals nicht). In den verschiedensten Situationen immer wieder die Reaktionen von ihm , die man erwarten konnte, und so auch schon oft bei anderen, ähnlichen Figuren gesehen hat.
Das ist ja nicht zwnagsläufig schlecht. Gute Figuren kann man auch duzentfach verwenden, ohne dass es langweilig wird, und Clint Eastwoods Charakter ist ja auch relativ klischeehaft und dennoch zu keiner Sekunde langweilig. Aber wo Tuco da so vollkommen anders sein soll erschließt sich mir nicht. Klar ist er anders, als die beiden anderen Hauptfiguren. Aber trotzdem nix neues.

Kannst du mal ein paar Beispiele pre-1966 nennen, an die du da denkst? Ich halte Tuco in seiner Konzeption schon für eine echte Neuerung, da es zuvor eine solche Mischung aus gleichzeitig sympathisch wie abstossendem, lustig wie brutalem, naiv wie hinterhältigem oder schlicht gut wie bösem Hauptdarsteller eines Filmes eigentlich nicht gab, jedenfalls fällt mir keiner ein. Antihelden als Identifikationsfiguren waren zwar 1966 keine Neuerung mehr, aber in dieser Konsequenz wie es Leone mit Tuco gemacht hat war das dann schon eine ganz andere Ausprägung wie ich finde.

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Die Charakter-Grundzüge der Figur des Tuco dürften der italienischen Commedia dell’arte entliehen sein, wobei die Figur des Dieners Brighella in Teilen Pate steht.
Weitere Querverweise lassen sich der Opera buffa entnehmen in welche gerne Schwächen wie Habsucht, Gier, Begehrlichkeit und Stolz eine moralische Botschaft vermitteln. Der Sieg der Gaunerei über gesellschaftliche Privilegien soll bei dieser Form der komischen Oper die Sympathie des Publikums erringen.


Tuco stellt im Endeffekt die Weiterentwicklung einer Bühnenfigur aus dem Milieu des Theaters und der Oper(ette) dar, deren Übertragung schliesslich auf die Leinwand erfolgt ist.
Dabei sind ähnliche Archetypen oft von Louis de Funes gespielt worden, aber auch Gustaf Gründgens Portrait des Mephisto in Peters Gorskis Verfilmung von »Faust – Der Tragödie Erster Teil« (1960) bedienen in abstrahierender Form grosse Wesenszüge von Tuco.


Vielleicht lässt sich abschließend für diese Diskussion die Aussage tätigen, dass die Interpretation von Tuco Benedicto Pacífico Juan María Ramírez, genannt Tuco "Der Hässliche" für den Western eine Neu-Einführung innerhalb dieses Genre präsentierte, die Art dieser verschlagenen Type aber schon vorher existierte.


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GoldenProjectile hat geschrieben:Klar, vorbildlich sauber und zurechtgemacht ist im (filmischen) Westen niemand, auf jeden Fall kein reisender Abenteurer wie Blondie, aber verglichen mit einem Tuco, Cheyenne, Van Cleef und überhaupt dem Grossteil dessen was in Leones Filmen rumrennt ist er in der Regel doch schon ziemlich gepflegt. Hat übrigens auch ziemlich schicke Haare. Hehe.

Also Van Cleef ist bei Leone zum Teil auch sehr gefplegt. Zum Beispiel als Mortimer in "Für ein Paar Doller mehr".