Der Stanley Kubrick Thread
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Für mich einer seiner Besten, aber das wisst ihr ja. Wenn Kubrick einen vernünftigen Hauptdarsteller (oder halt einen mit zumindest einem Anflug von Ausstrahlung oder Charisma) gewählt und nicht den Soundtrack in repitativer Endlosschleife hätte laufen lassen, dann wäre der sogar noch besser.
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Du hast wohl etwas falsch gemacht, ich hatte drei Stunden Spass und ging danach schlafen.vodkamartini hat geschrieben: ↑30. Januar 2024 14:58 Also sperrig ist der nirgends, mal schläft seligst ohne irgendwelche Störungen. Dem Kerzenlicht sei Dank. Das ist so beruhigend.
Der hat genauso den Kubrick-Touch wie 2001, Clockwork Orange, The Shining oder Eyes Wide Shut. Ich habe keine Ahnung, wen man sonst dahinter vermuten könnte.Casino Hille hat geschrieben: ↑30. Januar 2024 15:17 Kubricks größte Schlaftablette. Wüsste ich es nicht besser, würde ich den Großmeister nicht unbedingt dahinter vermuten.
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Stimmt, aber in "Barry Lyndon" kommen alle schlechten Eigenschaften von Kubrick (soll heißen: Alles was ich (als Kubrick-Fan) an einigen seiner Filme nicht so mag) durch. Pauline Kael hat es sehr hübsch formuliert:
"Kubrick doesn’t want characterizations from the actors. It’s his picture, in the same sense that Fellini‘s pictures have become his. Where Fellini, the caricaturist, hypercharges his people, makes them part of his world by making them grotesque, superabundant. Kubrick, the photographer, turns actors into pieces of furniture."
Und so empfinde ich "Barry Lyndon". Du könntest mir auch eine dreistündige Dia-Show über die historische Epoche zeigen, es käme für mich auf ungefähr denselben Unterhaltungswert hinaus. Der Film sieht schön aus, sogar atemberaubend schön, aber die Bilder fliegen an mir vorbei.
"Kubrick doesn’t want characterizations from the actors. It’s his picture, in the same sense that Fellini‘s pictures have become his. Where Fellini, the caricaturist, hypercharges his people, makes them part of his world by making them grotesque, superabundant. Kubrick, the photographer, turns actors into pieces of furniture."
Und so empfinde ich "Barry Lyndon". Du könntest mir auch eine dreistündige Dia-Show über die historische Epoche zeigen, es käme für mich auf ungefähr denselben Unterhaltungswert hinaus. Der Film sieht schön aus, sogar atemberaubend schön, aber die Bilder fliegen an mir vorbei.
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Da mag was wahres dran sein. Aber auf diese Art kannst du jeden von Kubricks Filmen durch den Kakao ziehen. Ich finde nicht, dass Kubricks distanzierte Charakterzeichnung Barry Lyndon schadet. Es ist in meinen Augen jedenfalls kein relevanter Schwachpunkt, wohingegen Kubricks enormer Aufwand bei der Bildgestaltung eine echte Stärke ist. Was ich sagen will ist: Kael gefällt es nicht, wunderbar. Aber ihr Kritikpunkt ist nicht per se eine Schwäche, schon gar nicht wenn der ganze Film darauf aufbaut. Oder anders gesagt: Figuren wie Möbelstücke muss nicht schlecht sein, wenn der ganze Rest wunderbar funktioniert bzw. die Möbelstücke im Gesamtkontext Sinn ergeben und funktionieren.Casino Hille hat geschrieben: ↑30. Januar 2024 16:11 "Kubrick doesn’t want characterizations from the actors. It’s his picture, in the same sense that Fellini‘s pictures have become his. Where Fellini, the caricaturist, hypercharges his people, makes them part of his world by making them grotesque, superabundant. Kubrick, the photographer, turns actors into pieces of furniture."
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Kubrick erlaubt seinen Darstellern kein expressives Spiel und nutzt sie nur als Möbelstücke? Kael hat Sellers in Dr. Strangelove, McDowell in Clockwork Orange und Nicholson in Shining aber schon gesehen, oder?
Barry Lyndon mag nicht der am meisten charakter-orientierte Film der Welt sein, aber das ist z.B. 2001 auch nicht, und da ist das auch kein Kritikpunkt für mich, da erfüllt Keir Dullea/Dave Bowman auch voll und ganz seinen Zweck, und genauso ist es bei Barry Lyndon, ich sehe das wie Anatol. Und Ryan O'Neal mag keine Charisma-Granate sein und ein anderer hätte da womöglich mehr rausgeholt, aber der Film ist dann trotz allem eine "Lebensgeschichte" (hehe, wenn Barry real gewesen wäre müssten wir jetzt wieder die Biopic-Definition diskutieren) die ihren Protagonisten wirkungsvoll begleitet und auch charakterisiert, wenn auch sicher nicht immer im besten Licht, aber das ist auch gar nicht das Ziel.
Übrigens ist mir erst im Abspann aufgefallen dass Kubrick, von dem ich abgesehen von den frühen Sellers- und Douglas-Kollaborationen nie wirklich als Regisseur, der Schauspieler wiederholt einsetzt, gedacht habe, hier ja die halbe Besetzung aus Clockwork Orange wiederverwertet. Patrick Magee und Steven Berkoff sind hinter viel Makeup versteckt aber mindestens Godfrey Quigley hätte ich eigentlich erkennen müssen. Der spielt in Barry übrigens eine durchaus sehr charismatische Nebenrolle, schade dass er sterben musste, weil niemand im Regiment auf die Idee kam, schneller als im Schritttempo auf die Franzosen loszustürmen. Pat Roach habe ich übrigens auch gar nicht erkannt, auch wenn es rückblickend natürlich glasklar er ist.
Barry Lyndon mag nicht der am meisten charakter-orientierte Film der Welt sein, aber das ist z.B. 2001 auch nicht, und da ist das auch kein Kritikpunkt für mich, da erfüllt Keir Dullea/Dave Bowman auch voll und ganz seinen Zweck, und genauso ist es bei Barry Lyndon, ich sehe das wie Anatol. Und Ryan O'Neal mag keine Charisma-Granate sein und ein anderer hätte da womöglich mehr rausgeholt, aber der Film ist dann trotz allem eine "Lebensgeschichte" (hehe, wenn Barry real gewesen wäre müssten wir jetzt wieder die Biopic-Definition diskutieren) die ihren Protagonisten wirkungsvoll begleitet und auch charakterisiert, wenn auch sicher nicht immer im besten Licht, aber das ist auch gar nicht das Ziel.
Übrigens ist mir erst im Abspann aufgefallen dass Kubrick, von dem ich abgesehen von den frühen Sellers- und Douglas-Kollaborationen nie wirklich als Regisseur, der Schauspieler wiederholt einsetzt, gedacht habe, hier ja die halbe Besetzung aus Clockwork Orange wiederverwertet. Patrick Magee und Steven Berkoff sind hinter viel Makeup versteckt aber mindestens Godfrey Quigley hätte ich eigentlich erkennen müssen. Der spielt in Barry übrigens eine durchaus sehr charismatische Nebenrolle, schade dass er sterben musste, weil niemand im Regiment auf die Idee kam, schneller als im Schritttempo auf die Franzosen loszustürmen. Pat Roach habe ich übrigens auch gar nicht erkannt, auch wenn es rückblickend natürlich glasklar er ist.
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Ich nehme an sie hat das nur auf Barry Lyndon bezogen.GoldenProjectile hat geschrieben: ↑30. Januar 2024 17:09 Kubrick erlaubt seinen Darstellern kein expressives Spiel und nutzt sie nur als Möbelstücke? Kael hat Sellers in Dr. Strangelove, McDowell in Clockwork Orange und Nicholson in Shining aber schon gesehen, oder?
Tatsächlich fällt auf daß Kubrick einige Filme gedreht hat in dem die Hauptdarsteller kräftig übertreiben, und andere in denen sie wenig bis gar nicht spielen.
Dr. Strangelove, Clockwork und Shining gehören offensichtlich zur ersten Gruppe, und 2001 und Lyndon eindeutig zur Zweiten. Bei Full Metal Jacket ist es etwas verzwickter, aber Cruise in Eyes Wide Shut gehört wieder eher zur letzten Gruppe.
Ich habe gerade The Shining noch einmal geschaut, die kurze bessere Fassung, die aber auch eher noch etwas zu lang ist, und Jack Nicholson ist irgendwann kaum noch zum Aushalten, so elendig chargiert er. Deswegen bleibt der Film am Ende doch wieder bei 8/10 hängen.
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Ich denke zwar wie Maibaum auch, dass Kael dies nur auf Barry Lyndon im Speziellen bezogen hat, nicht auf seine Filme im Allgemeinen (ihre Barry Lyndon Rezension erwähnt andere Kubricks im Vergleich auch positiv), trotzdem sehe ich in ihrem Zitat eine wesentliche "Schwäche" bei Kubrick: Er war immer ein "kalter" Regisseur, keiner, der einem Figuren hinstellen konnte, in die ich mich einzufühlen vermochte. Und das ist bei einem 2001 oder einem Dr. Strangelove sicherlich kein Problem, bei einem Charakterdrama wie dem Lyndon, Barry aber dann schon.AnatolGogol hat geschrieben: ↑30. Januar 2024 16:24Da mag was wahres dran sein. Aber auf diese Art kannst du jeden von Kubricks Filmen durch den Kakao ziehen.Casino Hille hat geschrieben: ↑30. Januar 2024 16:11 "Kubrick doesn’t want characterizations from the actors. It’s his picture, in the same sense that Fellini‘s pictures have become his. Where Fellini, the caricaturist, hypercharges his people, makes them part of his world by making them grotesque, superabundant. Kubrick, the photographer, turns actors into pieces of furniture."
Ich finde den Möbelstücke-Spruch übrigens auch auf Nicholson in Shining oder McDowell in Clockwork Orange passend, in dem Sinne, als dass auch diese Figuren für mich nie tatsächlich menscheln, sondern die Darsteller immer nur Personifizierte Ideen und Erzählgegenstände verkörpern, sie dienen Kubrick zur Ausstellung von Ideen, an ihren Charakteren zeigt er kein Interesse.
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Ich habe das Kael-Zitat auch nur auf BL bezogen verstanden, dachte beim Schreiben aber genau das gleiche wie du, gerade auch hinsichtlich McDowell und Nicholson. Dennoch würde ich beide Darsteller respektive ihre Rollen (hier verschwimmen die Grenzen) ganz klar als Zentrum ihrer Filme ansehen. Das mag von Kubrick vielleicht nicht so konzipiert gewesen sein, aber mit so charismatischen und ausdrucksstarken Darstellern mit enormer Leinwandpräsenz (vor allem Jack) war dies unvermeidlich. Diesen "Fehler" hat er dann in BL vermieden und bewusst oder unbewusst einen Hauptdarsteller gewählt, der seiner Inszenierung nichts eigenes hinzuzufügen wusste. Insofern unterscheidet sich BL dann tatsächlich von vielen anderen Kubricks, in denen die Hauptdarsteller und damit letztlich auch ihrer Figuren wesentlich präsenter und zentraler sind. Allerdings könnte man unter diesem Gesichtspunkt gerade BL auch als lupenreinen Kubrick ansehen aus den genannten Gründen. Jedenfalls standen seine Vision und Inszenierung ansonsten wie ich finde lediglich noch in 2001 so sehr im Mittelpunkt der jeweiligen Filme. Ungeachtet dessen empfinde ich Kubrick aber ebenfalls generell als hinsichtlich der Figuren sehr distanzierten und kühlen Regisseur.Casino Hille hat geschrieben: ↑30. Januar 2024 22:06 Ich finde den Möbelstücke-Spruch übrigens auch auf Nicholson in Shining oder McDowell in Clockwork Orange passend, in dem Sinne, als dass auch diese Figuren für mich nie tatsächlich menscheln, sondern die Darsteller immer nur Personifizierte Ideen und Erzählgegenstände verkörpern, sie dienen Kubrick zur Ausstellung von Ideen, an ihren Charakteren zeigt er kein Interesse.
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Kubrick kann wie jeder andere auch bestimmte Sachen besser und andere liegen ihm nicht so. Und zu letzterem gehört auch, daß es ihm selten gelingt wirklich lebendige Charaktere zu erschaffen, was für mich auch ein Grund ist warum für mich Lolita nicht so wirklich funktioniert.
Aber Kubrick hat sich dann auch fast durchgehend für Stoffe entschieden die seine Qualitäten zum Tragen bringen, und für die seine Schwächen wenig Bedeutung haben. Erotik ist z.b. auch nicht so sein Ding, und seine Lolita bleibt so blaß, daß ihre betörende Wirkung reine Behauptung bleibt. Aber in all seinen späteren Filmen geht es durchweg um die Abwesenheit von Leidenschaft, und da ist seine kalte distanzierte Art perfekt um seelenlosen Plastik-Sex zu illustrieren.
Und doch gelingen ihm in Eyes Wide Shut auch ein paar sinnliche Passagen an den richtigen Stellen, die gut kontrastieren zu der eher unerotischen "Orgie".
Und in Barry Lyndon sehe ich die durchgehende Ausdruckslosigkeit von O'Neal als bewußt eingesetztes Stilmittel an. Er ist tatsächlich nur ein Ausstattungsstück in diesem kalt durchkomponierten Film. Für mich funktioniert das gut, aber es begeistert mich weitaus weniger als in dem all überragenden 2001.
Aber Kubrick hat sich dann auch fast durchgehend für Stoffe entschieden die seine Qualitäten zum Tragen bringen, und für die seine Schwächen wenig Bedeutung haben. Erotik ist z.b. auch nicht so sein Ding, und seine Lolita bleibt so blaß, daß ihre betörende Wirkung reine Behauptung bleibt. Aber in all seinen späteren Filmen geht es durchweg um die Abwesenheit von Leidenschaft, und da ist seine kalte distanzierte Art perfekt um seelenlosen Plastik-Sex zu illustrieren.
Und doch gelingen ihm in Eyes Wide Shut auch ein paar sinnliche Passagen an den richtigen Stellen, die gut kontrastieren zu der eher unerotischen "Orgie".
Und in Barry Lyndon sehe ich die durchgehende Ausdruckslosigkeit von O'Neal als bewußt eingesetztes Stilmittel an. Er ist tatsächlich nur ein Ausstattungsstück in diesem kalt durchkomponierten Film. Für mich funktioniert das gut, aber es begeistert mich weitaus weniger als in dem all überragenden 2001.
Möbelstücke passt da nicht so gut, dafür sind sie zu lebendig, zu agil.Casino Hille hat geschrieben: ↑30. Januar 2024 22:06
Ich finde den Möbelstücke-Spruch übrigens auch auf Nicholson in Shining oder McDowell in Clockwork Orange passend, in dem Sinne, als dass auch diese Figuren für mich nie tatsächlich menscheln, sondern die Darsteller immer nur Personifizierte Ideen und Erzählgegenstände verkörpern, sie dienen Kubrick zur Ausstellung von Ideen, an ihren Charakteren zeigt er kein Interesse.
Aber ich sehe da doch noch einige Unterschiede, McDowell entwickelt schon in seiner sehr starken Präsenz menschliche Züge, während Nicholson wirklich reines Konstrukt bleibt. Da hätte Kubrick tatsächlich mehr herausgeholt, wenn er den zunehmenden Wahnsinn viel subtiler entwickelt hätte, aber Nicholson grimassiert fast von Anfang an. Da wäre der Chinatown Nicholson viel faszinierender gewesen als der aus dem Kuckucksnest. Nicholson hat hier dann seine schon vorher vorhandenen Manierismen so weit entwickelt, daß er danach für mich weitgehend verloren war. Außer wenn er es dann doch noch mal geschafft hat sich zurück zu nehmen. Aber mit Duvall und dem jungen gelingen ihm auch keine wirklich lebendigen Charaktere, und ich denke auch das wäre für Shining besser gewesen.