Maibaum hat geschrieben:Wenn ich davon ausgehe daß Leone von einem anderen Komponisten eine ähnliche Musik bekommen hätte, dann ist auch Moricone austauschbar.
Mit dieser Argmentation kannst du aber grundsätzlich alles und jeden austauschen. Praktisch ist dies aber wohl kaum möglich, da du dieselben Fähigkeiten (und wir sprechen hier von absoluter Weltspitze) nicht 1:1 ersetzt bekommst. Es gibt sicherlich wandelbare Allrounder – egal auf welchem Gebiet – die sich den Stil eines anderen gut „draufschaffen“ können und entsprechend ähnliche Ergebnisse liefern können. Die Erfahrung zeigt aber, dass diese in den meisten Fällen der „Vorlage“ unterlegen sind, teilweise sogar deutlich. Gerade Morricone ist ein Filmkomponist, der wie du es ja auch schon schriebst einen sehr eigenen Stil geschaffen und sich dabei weit abseits der damals „normalen“ Pfade der Filmmusik bewegt hat. Gerade das (neben der herausstechenden Qualität) hat auch seinen Ruf als einer der größten Filmkomponisten geprägt. Ein Austausch von Morricone durch einen anderen Komponisten hätte sicherlich ein deutlich anderes Gesamtpaket Film mit sich gebracht. Wir wissen nicht, ob es nicht vielleicht sogar besser geworden wäre, angesichts der herausragenden Qualität seiner Arbeit und des großenanteils seine Musik an GBU ist dies aber zumindest stark fraglich. Es gibt für mich nur wenige Filme, deren herausragende Qualität so eng mit ihrem Soundtrack verbunden sind wie GBU.
Maibaum hat geschrieben:
Morricone wollte ja für Für eine Handvoll Dollar einen konventionellen Western-Score komponieren, ähnlich seiner vorherigen Scores, darunter auch für einen parallel produzierten Western der Produzenten. Es war Leone der stattdessen einen Pop Song von Morricone als Referenz für den von ihm gewünschten Score nannte, als Beispiel wie er sich den Score vorstellte, so daß dann eine vollkommen neuartige Art von Filmmusik entstand. So zumindest hier und da nachzulesen.
Das ändert aber trotzdem nichts daran, dass es Morricone war, der die Musik entwickelt und geschrieben hat. Mag sein, dass Leone die Inspiration war oder den Anstoss gegeben hat, die eigentliche Arbeit und damit das Schaffen des Werkes hat aber Morricone geleistet.
Maibaum hat geschrieben:
Morricones Arbeiten für Leone sind natürlich sehr speziell, und sicher das nach Leone eigenwilligsten Element seiner Filme, aber es gab damals auch andere Komponisten die tolle Musik für Western geschrieben haben.
Dann möchte ich jetzt aber bitte auch Beispiele genannt haben, welche zeitgenössischen Filmkomponisten eine ähnlich prägnante Wirkung wie Morricone erzielen hätten können – und zwar wohlgemerkt in einem halbwegs artverwandten Musiktstil. Klar hat sagen wir mal Tiomkin herausragende Westernfilmmusiken geschrieben, aber sein klassischer orchestraler Sound hätte Leones rüde Spaghettioper nicht halb so gut ergänzt wie Morricones eigenwilliger Stil. Bruno Nicolai hat sich ja nichtzuletzt als musikalischer „Morricone-Doppelgänger“ (es kursierte ja lange auch das Gerücht, Morricone und Nicolai seien ein und die selbe Person, nicht zuletzt auch deshalb, da Nicolai viel Orchestrierungen für Morricone gemacht hat) gemacht, aber auch sein Stil hat sich erst nach Morricone in eine ähnliche Richtung entwickelt, es ist daher eher unwahrscheinlich, dass er einen stilistisch ähnlichen Score geliefert hätte.
Maibaum hat geschrieben:
Ich möchte auch nichts ausgetauscht haben, aber gerade bei den Darstellern wären auch sehr viel andere in Frage gekommen die ähnlich gut hätten sein können, oder, warum nicht, auch noch besser. Das gilt aber für jeden Film.
Ich würde auch gerne hier ein paar realistische Alternativen genannt bekommen, die die Rolle in einer vergleichbaren Art und Weise gespielt hätten.
Bitte das folgende nicht falsch verstehen: es fällt mir auf, dass bei deiner Gewichtung eines filmischen Werkes die Inszenierung über allem anderen thront. Das ist zwar bei mir nicht anders, aber Darsteller, Musik, Schauwerte, Setdesign, Effekte usw. sind für mich dennoch ebenfalls sehr wichtige Komponenten, die manchmal durchaus auch aus nicht unbedingt herausragend inszenierten Filmen einen großen Spass machen können. Ein schwach inszenierter Film ist so zwar auch nicht zu retten, aber es gibt diverse Filme, wo zB bärenstarke Darstellerleistungen eine an sich eher zweckdienliche Inszenierung problemlos vergessen lassen, spontan fällt mir Glengary Glen Ross als Beispiel ein. Ich kann mich täuschen, aber ich habe den Eindruck dass dich ein Film nicht begeistern kann, wenn dich die Inszenierung nicht vom Hocker reisst. Jedenfalls kann ich mich in all den Jahren nicht daran erinnern, dass du mal enthusiastisch über einen Soundtrack oder Darstellerleistungen geschrieben hättest, über die Inszenierung aber schon. Korrigiere mich bitte, wenn ich da falsch liege. Wie gesagt, nicht falsch verstehen, ich meine das in keinster Weise wertend, ich versuche nur herauszuarbeiten, wie unterschiedlich die Herangehensweise an filmische Werke sein können – und dann logischerweise auch zu recht konträren Einschätzungen führen.