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von AnatolGogol
Agent
John Carter (2012) - Andrew Stanton
Es hat schon etwas tragikomisches an sich, wenn eine von vielen Filmen schamlos geplünderte literarische Vorlage selbst verfilmt wird und sich dann an seinen “Bastarden” messen lassen muss. John Carter hat in diesem Zusammenhang einen großen Nachteil: er kam einfach zu spät. Das daraus resultierende Problem ist ein permanentes Deja-vu-Gefühl beim Zuschauer, der das alles bei Star Wars, Flash Gordon, Stargate oder auch Avatar bereits in ganz ähnlicher Art zu sehen bekommen hat. Allein dadurch wirkt John Carter schon wie ein zusammengestückeltes Potpourri vorangegangener Sci-Fi-Filme. Das mag ungerecht sein, ist aber leider so. Filmisch ist die Umsetzung ganz ok, wobei sich jedoch weder echte Spannung noch epische Stimmung während des ganzen Films über einstellt. Gut gelungen sind die Passagen der Rahmenhandlung, in welchen es dem Film sehr schön gelingt eine geheimnisvolle Atmosphäre zu erzeugen und den Zuschauer zu faszinieren. Die Haupthandlung springt dann leider in üppiger Leere zwischen den diversen krachenden Actionszenen hin- und her (in Analogie zum hüpfenden Hauptdarsteller), ohne wirkliche Höhepunkte zu liefern. Zu Gute halten muss man dem Film aber, dass er auch nie übermäßig langweilig oder schwach wird. In Summe gerade noch so ok, mehr nicht.
Was ich aber als wirklich störend empfand war die technische Umsetzung. Der aktuelle Stand der CGI-Technik schafft es immer noch nicht realistisch wirkende Charaktere zu erzeugen, folglich sehen unsere „grünen Marsmännchen“ allesamt aus wie direkt aus dem nächstbesten Computerspiel. Von natürlicher Bewegung oder Interaktion mit den „analogen“ Darstellern weit und breit keine Spur. Die Landschaften aus dem Rechner sehen zwar recht gut aus, aber sobald etwas Bewegung in die Sache kommen soll: Künstlichkeit pur. Noch schlimmer fand ich, dass die Greenscreen-Technik hier noch fast genauso gruselig wirkt wie in den schlimmsten OP- und AVTAK-Szenen. Man sieht eigentlich immer, dass im Studio vor einer Greenscreen aufgenommene Darsteller vor einem digitalen Hintergrund agieren. Diese Künstlichkeit liess ein Eintauchen in die Fantasiewelt und –geschichte bei mir zu keinem Zeitpunkt zu, es war wie eine digitale Wand. Es ist, als ob man ein zweistündiges Computerspiel anschaut, in welches man nicht eingreifen kann - etwas was ich wirklich nicht brauche. Die aktuelle Tendenz bei Special Effects ist in meinen Augen ein Riesen Rückschritt zum Stand vor 20 Jahren, da man nur noch anstrebt möglichst viele nie gezeigte Sachen umzusetzen, aber eine realistische Wirkung demgegenüber völlig in den Hintergrund tritt. Vielleicht werden computeranimierte Figuren irgendwann mal wirklich realistisch wirken (vor allem in ihrem Bewegungsablauf) und es gelingt dann auch echte Darsteller nahtlos einzubinden - ich bin mir aber sicher, dass dann Filme wie John Carter aufgrund ihrer technischen Unzulänglichkeiten noch antiquierter wirken werden als es heute Harryhausens rührenden Stop-Motion-Tricks tun.
Wertung: 6 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"