@GP: das mit meiner von dir gut beobachteten Begeisterung für obskure deutsche Verleihtitel ist in Wahrheit eher ein aus der Not geborener Galgenhumor. Wobei ich zugeben muss, dass ich wirklich bescheuerte deutsche Titel in ihrer vergnüglichen Unbedarftheit fast schon brillant finde (gern denke ich hier an die Lethal Weapon-Reihe, an zahlreiche reisserische Italo-Western a la „Noch warm und schon Sand drauf“ oder an grammatikalische Sternstunden wie bei dem Trashmeisterwerk „Mad Foxes - Feuer auf Räder“). Oft ist es aber eher zum davonrennen. Die aktuelle Tendenz nahezu jeden Titel immer und überall auf englisch zu belassen (natürlich immer um solch störende Kleinigkeiten wie den englischen Artikel beraubt) finde ich aber ganau so dämlich. Das ist dann das andere Extrem, in dem die deutsche Sprache offensichtlich nicht mehr „cool“ genaug ist und zwingendermaßen aus dem vernünftigen deutschen Buchtitel „Der Wolkenatlas“ dann unbedingt das englische „Cloud Atlas“ werden muss. Oder wenn nicht wirklich übersetzbare englische Titel a la „Trouble with the Curve“ dann gegen einen fürs deutsche Publikum vermeintlich gebräuchlicheren englischen (!) Titel wie „Back in the Game“ getauscht werden. Gruselig.
Spiel mir das Lied vom Tod oder Zwei glorreiche Halunken empfinde ich in diesem Zusammenhang aber nicht wirklich als problematisch. Ersterer klingt halt mal richtig gut und eine deutsche 1:1 Übersetzung „Es war einmal im Wilden Westen“ wäre vermutlich kein praktikabler deutscher Titel gewesen, da „Es war einmal“ im deutschen Sprachgebrauch sehr stark mit Kindermärchen verknüpft ist und ein potenzielles Zielpublikum, dass eben die möglichst reisserischen deutschen Titel von Italowestern gewöhnt war, davon wohl eher abgeschreckt oder völlig kalt gelassen hätte. Dass man dann die Schlüsselzeile des Films dem deutschen Titel entsprechend verändert hat finde ich ebenfalls legitim, da ja dennoch die Stimmung und der Kontext des Films davon unberührt bleibt. Gleiches gilt eigentlich auch für alle anderen veränderten oder hinzugedichteten Passagen dieser Synchro – sie verändern den Film nicht wirklich, sondern erlauben sich nur eine etwas freiere Interpretation des Originals – wobei man das bei einer prinzipientreueren Einstellung natürlich auch ganz anders sehen kann.
Bei „Zwei glorreiche Halunken“ mutet der Titel angesichts der Tatsache, dass der Film sich ja eigentlich um drei statt um zwei Protagonisten dreht etwas skurril an. Andererseits muss man fairerweise auch erwähnen, dass die Gewichtung innerhalb der Handlung eindeutig stärker auf Eastwoods Blondem und Wallachs Tucco liegt als auf dem eher sporadisch auftretenden von Van Cleef gespielten Sentenza. So gesehen steckt doch ein gewisser Sinn im Titel. Durch die Tatsache, dass es sich hierbei wie Maibaum ja schon sagte um die wörtliche Übersetzung des ursprünglichen Originaltitels handelt finde ich „Zwei glorreiche Halunken“ deutlich akzeptabler als viele dem deutschen Titelirrsinn zum Opfer gefallene Filme (zu denen 2GH ja eh nicht gehört, da wie gesagt eine werktreue Übersetzung des Italienischen (Ur-)Titels). Zumal eine wörtliche oder weitgehend sinngemäße Titelübersetzung a la „Der Gute, der Böse und der Grässliche“ im deutschen einfach auch nicht wirklich gut klingt. Und last not least ist gerade bei diesem Film der Titel ohne Zweifel das kleinste Problem der deutschen Version, die deutlich mehr unter den vielen Kürzungen der deutschen Kinofassung und den dadurch entstandenen vielen Brüchen in der Synchro der rekonstruierten Langfassung leidet (da hilft auch ein reaktivierter, aber in den nachsynchronisierten Passagen schon sehr krank und gebrechlich klingender GGH nur bedingt).
Leones Amerika-Trilogie empfinde ich übrigens aufgrund der recht ähnlichen Stilistik der Filme und dem jeweils zugrunde liegenden Kerngedanken entscheidende, umwälzender Momente in der Entstehung Amerikas zu thematisieren durchaus als zusammenhängenden Filmzyklus. Obwohl die beiden ersten Filme ja gemeinhin dem Westerngenre zugerechnet werden hat sich Leone meinem Empfinden nach hier schon recht deutlich von dem eigentlichen Genre gelöst und nutzt viele Aspekte des Westerns nur noch als Aufhänger oder Backdrop für seine Geschichten und Figuren. Das war bei seiner Dollar-Trilogie noch deutlich anders, da er sich hier wesentlich enger an die Genregesetzmäßigkeiten hielt. Auch deshalb empfinde ich die Amerikatrilogie als zusammehängendes Werk, da ich sie genremäßig eher als epische Dramen einstufen würde.