Ja, das habe ich. Ich habe alle Best Picture nominierten Filme gesehen, einige davon sogar mehrfach. Und von all denen ist Green Book der typischste Oscar-Bait-Film, ein simples, konservatives Moraldrama in Gestalt der Buddy-Komödie, dass niemandem weh tun will und sich selbst als harmloser Crowdpleaser versteht. Den Film als Rassismus-Drama zu bezeichnen, ginge entschieden zu weit, da haben sogar Black Panther und BlacKkKlansman mehr zum Thema zu sagen (und auch die beiden bleiben größtenteils nur an der Oberfläche, es ist halt Hollywood). Nicht falsch verstehen: Green Book macht Spaß, sieht gut aus und ist zumindest von Ali toll gespielt (Mortensen bleibt blass), man kann den gut runter gucken, aber als Wahl für Best Picture ist er so mutlos und enttäuschend wie seit Jahren kein anderer Film mehr. BlacKkKlansman, Roma und Bohemian Rhapsody haben mir allesamt weniger gefallen als Green Book und doch wäre jeder von ihnen ein interessanterer Gewinner gewesen. Immerhin war Green Book, obwohl so sehr ein typischer Oscar-Film, dieses Jahr dennoch eine kleine Überraschung und das heißt schon etwas. Mit Green Book endet nämlich jetzt erstmal eine längere Serie an sehr beachtlichen Best Picture Siegern, die nicht so ganz in übliche Academy-Klischees passten.
Nichts desto trotz war 2018 auch ohne diese schwache Konzessionsentscheidung unterm Strich ein wenig ergiebiges Kinojahr, wobei ironischerweise der vielleicht beste Film des Jahres (Widows!) bei allen größeren Preisen komplett übergangen wurde. Was aber irgendwo auch gar nicht so schlimm ist, da hier die alte Weisheit gilt, dass wirklich gute Filme eigentlich doch eh keine Preise brauchen.
