Re: Das Filmstudio "A24"

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Casino Hille hat geschrieben: 19. August 2023 12:08 Warum hat dieses "Filmstudio" einen eigenen Thread?
Hmm. Keine Ahnung. Lass uns mal ein mehrstündiges Meeting über die Zukunft dieses Threads ansetzen.
HCN007 hat geschrieben: 19. August 2023 12:01 iHaveCNit: Past Lives (2023) – Celine Song – A24 / Studiocanal
so bodenständig, ehrlich, erwachsen, unkitschig, lebensnah und auch philosophisch geht der Film mit den existenziellen Themen wie Liebe und der Lebensgestaltung um.

„Past Lives“ - My Second Look – 10/10 Punkte.
In der Zwischenzeit stimme ich mal hier mit ein. Weiss nicht, ob es 10 Punkte sind, aber es können kaum weniger als 9 sein. Nichts an dem Film wirkt in irgendeiner Weise gespielt, alles wirkt völlig aus dem Leben gegriffen, all die oben genannten Adjektive halt, und das auf eine sehr faszinierende, einvernehmende Art. Ich hatte einen grossartigen Abend im Kino, wirklich fantastisch.
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Re: Das Filmstudio "A24"

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GoldenProjectile hat geschrieben: 22. August 2023 17:39
HCN007 hat geschrieben: 19. August 2023 12:01 iHaveCNit: Past Lives (2023) – Celine Song – A24 / Studiocanal
so bodenständig, ehrlich, erwachsen, unkitschig, lebensnah und auch philosophisch geht der Film mit den existenziellen Themen wie Liebe und der Lebensgestaltung um.

„Past Lives“ - My Second Look – 10/10 Punkte.
In der Zwischenzeit stimme ich mal hier mit ein. Weiss nicht, ob es 10 Punkte sind, aber es können kaum weniger als 9 sein. Nichts an dem Film wirkt in irgendeiner Weise gespielt, alles wirkt völlig aus dem Leben gegriffen, all die oben genannten Adjektive halt, und das auf eine sehr faszinierende, einvernehmende Art. Ich hatte einen grossartigen Abend im Kino, wirklich fantastisch.
Ich weiß ganz sicher, dass es keine 10 Punkte sind, bin aber durchaus auch angetan von den vergangenen Leben und würde ich noch Punkte vergeben, wären es schwache 8 Punkte, und damit einer der wenigen richtig guten Filme dieses Jahr bislang. Mich hat das Treiben auf der Leinwand durchaus bezaubert und die drei Hauptdarsteller haben eine ganz wunderbare Chemie zusammen, irgendwie sind sie alle sehr niedlich in ihren Verhaltensweisen. Was dem Film wirklich gelingt, ist dieses "Liebeschaos" der drei Figuren sehr unaufgeregt darzustellen. Celine Song weicht in ihrem Debüt den Klischees sehr gekonnt und wohlüberlegt aus, da steckt eine wahnsinnige Bedachtheit drin. Klischees finden sich gar nicht, die Abläufe sind nicht die gewohnten, aber es gelingt ihr trotzdem, Dramatisierungen zu finden, Zuspitzungen zu schaffen. Genau das lässt den Film real wirken. Der Effekt, man schaue hier etwas, was "völlig aus dem Leben gegriffen" wirkt, entsteht genau dadurch. Da beweist Song viel von der Qualität, die man sonst allgemein Richard Linklater attestiert, wie "Past Lives" generell etwas durch "Before Sunrise / Sunset / Midnight" inspiriert wirkt.

Es sind dann allerdings doch ein paar Schlenker drin, in denen man die Feder der Autorin spürt, um es mal so zu formulieren. Gerade Filme, die sich bemühen, so real und "aus dem Leben gegriffen" wie möglich zu wirken, müssen immer aufpassen, dass sie nicht zu sehr auf Mittel zurückgreifen, in denen die Erzählung als solche enttarnt wird. Ungünstig fand ich da die Eröffnungsszene, die eine Art "thematische Vorwegnahme" der wichtigsten Motive des Plots darstellt und zu sehr eine Drehbuchkonstruktion ist. Später gibt es noch eine Szene an der Freiheitsstatue, da ist mir das Schauplatz als solcher in Kombination mit den Dialogen vor Ort zu deutlich darauf abzielend, dem Zuschauer zu verdeutlichen, "worum es eigentlich geht". Da hört man den Kugelschreiber klickern und die PC-Tastatur tippen. Diese Momente hat Linklater nicht, und da fehlt Song in ihrem Debüt vielleicht noch ein wenig die Souveränität.

Gleichzeitig ist trotzdem klar, wenn man eine Ader fürs romantische Kino hat, ist "Past Lives" bislang die beste Empfehlung des Jahres. Da stecken viele kluge Beobachtungen drin, die in klugen Bildern verpackt werden, mit sympathischen Figuren, die toll gespielt werden, und es endet mit einem wunderbaren Rausschmeißer, der mich tief berührt hat. Das ganz große Meisterwerk, von dem ich in vielen Kritiken gelesen habe, das habe ich im Kino nicht gefunden, Spaß gemacht hat es aber allemal.
https://filmduelle.de/
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Re: Das Filmstudio "A24"

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GoldenProjectile hat geschrieben: 22. August 2023 17:39
Casino Hille hat geschrieben: 19. August 2023 12:08 Warum hat dieses "Filmstudio" einen eigenen Thread?
Hmm. Keine Ahnung. Lass uns mal ein mehrstündiges Meeting über die Zukunft dieses Threads ansetzen.
Den Thread habe ich seinerzeit damals eröffnet - Im Grunde könnte man sofern die Eröffnung dieses Threads diskutabel ist, genug andere Threads einstampfen, in denen es um "Filme von Filmemacher Hinz und Kunz" geht.

iHaveCNit: The Inspection (2023) – Elegance Bratton – A24 / Warner
Deutscher Kinostart: 24.08.2023
gesehen am 04.09.2023 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Kleine Harmonie – Reihe 4, Platz 7 – 18:30 Uhr


Ebenfalls nach meiner durch eine Reise bedingten Kinopause wollte ich noch von den Starts des 24.08.2023 Elegance Brattons „The Inspection“ nachholen, weil mich das Thema des Films interessiert und auch der Trailer interessant gewirkt hat. Zum Glück wurde mir nach meiner Reise noch eine passende Kinovorstellung angeboten, die leider für den Film für mich die letzte Möglichkeit gewesen ist.

Der junge Ellis French lebt verwahrlost und obdachlos in den Straßen New Yorks. Er ist homosexuell, seine Mutter, die streng religiös ist, hat ihn verstoßen. Seine einzige Hoffnung sieht er darin, bei den Marines einzusteigen. Wohlweislich, dass die dortige toxische und homophobe Umgebung das Bootcamp für ihn zur persönlichen Hölle werden lässt.

Regisseur Elegance Bratton hat mit diesem vermutlichen Herzensprojekt eine wichtige Station seines eigenen Lebens inszeniert. Der von Jeremy Pope toll dargestellte Ellis French ist hier stellvertretend für die Position des Regisseurs. Der Film macht es sich bei seiner Darstellung in seinen durchaus auch länger wirkenden 95 Minuten nicht einfach, denn das Thema von Homophobie und auch Einflüssen toxischer Männlichkeit im US-Militär und auch Militär allgemein ist durchaus keine leichte Kost. Bedrückend, intensiv und auch teils verstörend werden wir Zeuge des harten Bootcamps von French und den Schikanen, denen er sich tagtäglich ausgesetzt sieht. Wir sehen seinen Kampf, seinen Ehrgeiz, mit dem er alles erträgt und über sich hinauswächst. Dabei ist der Film ähnlich bedrückend wie der erste Abschnitt von Stanley Kubricks „Full Metal Jacket“. Der Film wirkt dabei in mehreren Richtungen sehr ambivalent – sei es zum Beispiel die Rolle des Militärs – sei es zum Beispiel das Thema von Homosexualität im Militär. Gerade im Hinblick auf den Film stellt sich für mich die Frage, ob feindliche und toxische Strukturen und Umgebungen nicht auch positiv sein können, wenn es darum geht, über sich selbst hinauszuwachsen, den harten Weg gehen zu müssen und daraus gestärkt hervorzugehen. Unter Druck entstehen ja auch Diamanten. Selbst wenn der Film nicht so einen Feinschliff wie ein Diamant hat, ein kleines Edelsteinchen ist Elegance Bratton damit schon gelungen.

„The Inspection“ - My First Look – 8/10 Punkte.
"Weiter rechts, weiter rechts ! ..... "

Re: Das Filmstudio "A24"

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HCN007 hat geschrieben: 5. September 2023 11:26 Den Thread habe ich seinerzeit damals eröffnet - Im Grunde könnte man sofern die Eröffnung dieses Threads diskutabel ist, genug andere Threads einstampfen, in denen es um "Filme von Filmemacher Hinz und Kunz" geht.
Diskutabel ist es nicht, aber man wird ja mal (hinter-)fragen dürfen … :wink:

Ich finde es schon gut, wenn es Threads gibt, in denen Diskussionen gebündelter auftreten als es im Zuletzt gesehener Film Bereich möglich ist. Ich weiß nur nicht ganz, ob wirklich allzu viele im Zweifel mit Studionamen à la A24 anfangen können. Oder ich erkläre mal so: Bei einem Regisseur verstehe ich ja, warum wir solche Sammelthreads haben, weil man da auch ganz gut dann nicht nur die einzelnen Filme, sondern auch zum Beispiel dessen Entwicklung, dessen Art, dessen Stil etc. diskutieren kann. Bei A24 gibt es ja in dem Sinne keinen Zusammenhang, außer das die Filme von derselben Geschäftsstelle bezahlt werden. Weißt du, was ich meine? :D

Mir ist es wurscht, der Thread kann ruhig bleiben, wo er halt ist und man kann den ruhig nutzen, um die einzelnen A24 Filme zu besprechen. Wir haben ja auch einen Disney-Thread.
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Re: Das Filmstudio "A24"

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iHaveCNit: The Iron Claw (2023) – Sean Durkin – A24 / Leonine
Deutscher Kinostart: 21.12.2023
gesehen am 23.12.2023 in OmU
Arthouse-Kinos Frankfurt – Große Harmonie – Reihe 6, Platz 9 – 18:00 Uhr


Wrestling ist eine besondere Kunstform – Die Mischung aus athletischem, artistischen und choreographierten Kampfsport und dem Erzählen von auch mitreißenden Geschichten übt auf mehrere Millionen Fans weltweit eine gewisse Faszination aus. Ich gehöre zum Teil auch zu diesen Personen und hätte ich die notwendige Zeit übrig, wäre ich auch ins gesamte tägliche Geschehen der großen Promotions WWE und AEW investiert. So riskiere ich auch heute noch immer gerne einen Blick auf die Großveranstaltungen beider Promotions. Bevor zum Beispiel beim Wrestler Cody Garrett Runnels Rhodes, besser bekannt unter „The American Nightmare“ Cody Rhodes das Theme „Kingdom“ von Downstait ertönt, wird sein Zitat „Wrestling has more than one royal family“ eingespielt. Familie und Wrestling ist ein Generationen übergreifendes Thema und so hat das Wrestling viele Familienbündnisse zu bieten. Sei es zum Beispiel die Familie vom erwähnten Cody Rhodes, der gesamte samoanische Stammbaum, aus dem der aktuelle Undisputed WWE Champion Roman Reigns und auch der große Hollywoodstar Dwayne Johnson hervorgehen, wie auch die McMahon-Familie, die eng mit der Führung der großen WWE verbunden sind. Genauso wie Familie ein Thema im Wrestling ist, ist Wrestling auch mit tragischen Verlusten verbunden. Zuletzt vor allem durch die Tode von Jon Huber „Brodie Lee“, Windham Rotunda „Bray Wyatt“ und Jay Briscoe – aber auch zum Beispiel die von Eddie Guerrero und Chris Benoit. Bei einer legendären Familie im Wrestling war das Thema von tragischen Verlusten auch stets präsent – der aus Texas stammenden Familie Adkisson, besser bekannt unter ihren Ringnamen – den Von Ehrichs. Regisseur Sean Durkin, der sich bereits in „The Nest“ unheilvollen Familiendynamiken widmete, hat nun mit „The Iron Claw“ den wichtigen Teil der Tragödie um die „Von Ehrichs“ inszeniert und damit für mich aus meiner Sicht ein schönes Highlight zum Ende des Jahres geschaffen.

Jack Adkisson stand einst unter dem Ringnamen „Fritz von Ehrich“ als Profiwrestler im Ring, doch der große NWA World Heavyweight Championship blieb im stets verwehrt. Doch genau diesen Erfolg wird er Jahre später für seine Söhne Kevin, Kerry, David und Mike einfordern, wenn er sie mit eiserner Hand zu genau diesem Erfolg bringen möchte, wohlweislich, dass scheinbar auf seiner Familie ein Fluch lastet, der mit diesem Erfolg einhergeht und auch seine Spuren in der Familie und den Söhnen hinterlassen könnte.

Wer einiges mit Darren Aronofskys „The Wrestler“, Stephen Merchants „Fighting With My Family“ , der Serie „Heels“ und auch Bennett Millers „Foxcatcher“ anfangen konnte, für den ist „The Iron Claw“ definitiv ein Film, den man sich ansehen sollte. Mit ein paar Kürzungen der tatsächlichen Geschichte um die Von Ehrichs, bei denen der älteste Sohn kurz Erwähnung findet und der jüngste Sohn überhaupt nicht im Film vorhanden ist, umschifft der Film ein wenig die Redundanz, die sich durch die bitteren Konsequenzen aus der tragischen Geschichte ergeben könnte. Wenn man die Geschichte des Films in Form eines Wrestlingmatches beschreiben würde, dann wäre der Film ein traditionelles Oldschool geworktes „Survivor Series Elimination Match“ mit 4 Teilnehmern auf jeder Seite. Im Verlauf dieses Matches können auf beiden rivalisierenden Seiten Mitglieder der Teams entsprechend durch Pin, Aufgabe oder auch Disqualifikation und Auszählen eliminiert werden. Das Gewinnerteam kann aus der vollen oder auch der reduzierten Anzahl der Mitglieder bestehen und hier als Sole Survivor das Match gewinnen. Im Falle der Von Ehrichs ist der zweitälteste Sohn Kevin hier der Sole Survivor der tragischen Geschichte, in der die Folgen des Leistungsdrucks im Sport und innerhalb der Familie wie ein eiserner, verfluchter Haltegriff, passenderweise den speziell von den Von Ehrich genutzten Aufgabegriff „The Iron Claw“, dafür sorgt, dass sich viele aus diesem Griff nicht lösen können und aufgeben müssen. Gerade hier hat mich dann am Ende aus persönlicher brüderlicher Perspektive auch jeder Verlust wie ein explosiver Spear ins Herz getroffen. Mit seinem großartigen Look, seinem tollen Ensemble und authentischen, von Chavo Guerrero Jr. konzipierten Wrestlingchoreographien im Oldschool-Stil der späten 70er und der 80er-Jahre hat mich der Film vollends begeistern können. Die „Von Ehrichs“ wurden im Jahre 2009 in die WWE Hall Of Fame aufgenommen. Filmisch gesehen hat es „The Iron Claw“ in meine Hall of Fame Class of 2023 geschafft.

„The Iron Claw“ - My First Look – 10/10 Punkte.
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