danielcc hat geschrieben: 22. Juli 2024 14:52
Spannende Zeiten. Stimme Hille zu, dass die Medien die wirklich VOLL auf den Trump-Propaganda Zug aufgesprungen sind was "Sleepy-Joe" angeht. Ich habe mich da am Ende gefragt, wie viele Journalisten eigentlich das ganze Duell gesehen haben, denn immer wieder wurde die gleiche Szene gezeigt! Es ist absolut bekannt, dass der Mann im ganzen Körper Rheuma (oder sonst was) hat, weswegen er so steif ist. Es ist auch bekannt, dass er seit seiner Kindheit stottert, und deshalb immer "verwaschen" spricht und manchmal nicht die richtigen Worte findet.
Dem würde ich widersprechen. Es gab schon genug Berichte darüber, wie Biden sein Stottern "besiegt" hat und man braucht auch nur seine Auftritte von 2020 mit denen von 2024 zu vergleichen um da eine große Diskrepanz zu sehen. Man könnte das ganze auch umgekehrt sagen. Große Teile der Medienlandschaft haben über Monate die regelmäßigen Aussetzer Bidens heruntergespielt. In den USA war die Überraschung ziemlich groß als er in diesem Jahr eine wirklich starke Rede zur Lage der Nation gehalten hat, wo er frisch, schlagfertig und kämpferisch wirkte. Das war da nämlich schon eine ziemliche Ausnahme. Bei den kleineren Auftritten häuften sich sich Aussetzer seit vielen Monaten. Er hätte niemals erneut antreten dürfen.
Ich habe das gesamte Duell gesehen und fand den Auftritt erschreckend. Sicher wurde immer der Tiefpunkt des Ganzen gezeigt, aber auch der Rest des Duells war zu großen Teilen äußerst schwach. Es gibt schon einen Grund, warum bei den Demokraten bereits während des Duells die Debatten um einen Kandidatenwechsel losgingen. Da brauchte es die Medien gar nicht zu.
danielcc hat geschrieben: 22. Juli 2024 14:52
Es ist ein absolutes Armutszeugnis für dieses Land, dass es nur zwei Parteien gibt, und selbst die es nicht schaffen, fähige und fitte Kandidaten zu finden.
Dem wiederum stimme ich uneingeschränkt zu. Das ist wirklich ein Armutszeugnis.
danielcc hat geschrieben: 22. Juli 2024 14:52
Was mich aber total freut ist, dass Trump alles auf die Karte "sleepy Joe" gesetzt hat, und er jetzt auf ein mal der alte Opi ist, der wahrscheinlich 20 Jahre älter ist als sein/seine Kontrahent/in.
Dem würde ich dagegen wieder widersprechen. Die Bezeichnung "Sleepy Joe" stammt noch aus dem letzten Wahlkampf und ist von Trump in diesem Jahr recht selten verwendet worden. In letzter Zeit war es eher "The crooked Joe Biden". Außerdem haben einige Republikaner den Wechsel von Biden auf Harris mitten im Wahlkampf bereits vor zig Monaten an die Wand gemalt. Zwar nicht so, wie es jetzt passiert ist, sondern als abgekartetes Spiel um Harris möglichst lange nicht in direkte Konfrontation mit Trump zu bringen, aber die Gedankenspiele gab es dort schon länger. Und Trump selbst rechnet wohl ungefähr seit dem TV-Duell damit. Vor wenigen Tagen wurde doch ein Video von ihm in seinem Golf Cart geleakt, wo er sich über die Folgen des Duells äußert. Die abfällige Art und Weise, wie er sich über Biden und Harris in halbprivatem Umfeld äußert ist zwar erschreckend und ein weiterer Beweis für seine charakterliche Unzulänglichkeit, aber sie zeigt auch, dass er schon mehr als nur 5 Meter geradeaus denkt und man ihn in dieser Hinsicht nicht unterschätzen sollte.
danielcc hat geschrieben: 22. Juli 2024 14:52
In jedem Falle ist das Rennen völlig offen. Ich frage mich da auch immer, warum die Medien (...) so doof sind und ständig diese absolut nichtssagenden landesweiten Umfragen zitieren. Am Ende des Tages geben ein paar Tausend Leute in einer Handvoll Staaten den Ausschlag.
Auch da machst du es dir etwas zu einfach. Erstens ist es schon bemerkenswert, wenn ein Trump in den landesweiten Umfragen führt, was ihm weder bei seiner Wahl 2016, noch bei seiner Abwahl 2020, bei der lediglich eine Handvoll Stimmen (45 000 in drei Staaten) gefehlt haben um ihm die Wiederwahl zu sichern, gelungen ist. Und zweitens wird sowohl in amerikanischen, als auch in den deutschen Medien regelmäßig auf die Swing Staates eingegangen. In den deutschen Medien meistens nicht im Detail, in den amerikanischen teilweise schon. Und da sieht es ja nicht besser aus. Spätestens seit dem TV-Duell führte Trump in jedem Swing State, davor waren die Rust Belt Staaten Wisconsin, Michigan und Pennsylvania abwechselnd zumindest umkämpft. In den letzten Wochen sind allerdings auch ehemals als sehr sicher geltende demokratische Staaten wie Missouri, Virginia, New Hampshire und Maine zu Sing Staates geworden. Ohne einen ganz großen politischen Erfolg oder sonst ein einschneidendes Ereignis hatte Biden keine Chance mehr die Wahl zu gewinnen. Seine Chancen standen noch nie besonders gut (wenn man bedenkt, dass die meisten Umfragen in den vergangenen Jahren die Republikaner unterschätzt haben erst recht), inzwischen waren sie nahezu erloschen.
Mit Harris könnte sich da aber noch einiges ändern. In den Umfragen, die es vor dem Rücktritt Bidens gab schnitt sie im Duell mit Trump zwar kaum besser, teilweise sogar schlechter ab, aber da es zum damaligen Zeitpunkt auch nur Umfragen zu einer hypothetischen Konstellation waren, würde ich dem aktuell noch nicht zuuu viel Wert beimessen.
ollistone hat geschrieben: 22. Juli 2024 15:00
Andererseits auch bezeichnend für ein Land, das in der Hand von altersstarrsinnigen, vergreisten Senatoren und Bundesrichtern jenseits der 80 ist. Das habe ich nie verstanden.
Das ist halt echt fragwürdig. Ich muss sagen, dass ich es in dem Zusammenhang auch ziemlich vermessen von Nancy Pelosi finde, Biden zum Rücktritt zu drängen, während sie mit ihren 84 Jahren erneut fürs Repräsentantenhaus antritt. Bernie Sanders tritt mit 82 nochmal für eine sechsjährige Senatorenamtszeit an. Und die Republikaner haben bereits jetzt einen Senator der 90 ist. Ich hab ja kein Problem damit, wenn man in dem Alter noch politischer Berater oder so ist, die haben ja viel Erfahrung, Wissen und oftmals große Netzwerke. Aber für ein tatsächliches Amt ist man irgendwann halt auch einfach zu alt.