Mir gefiel OP bei der letzten Sichtung auch erstaunlich gut, ganz so euphorisch wie du Connor sehe ich den Film dann aber doch nicht. Ich picke mal wieder ein paar Punkte raus:
Agent009 hat geschrieben:
Das Land wurde fantastisch genutzt und bietet Einsichten in die Kultur
In Bezug auf die sehr farbenfrohe Nutzung der Location Indien gebe ich dir absolut recht, deinen Veweis auf die Einsichten auf die lokale Kultur teile ich jedoch nicht wirklich. Meiner Meinung nach zeigt uns der Film in erster Linie eine romantisierte Vollbedienung in Sachen indischer Klischees a la Fakire, Maharadschapaläste, Großwildjagd, Schwertschlucker und (äußerst) exotischem Essen. Dies wird „abgerundet“ durch eine recht reissereische Präsentation der örtlichen Flora und Fauna. Wirklichen Einblick in die indische Kultur bekommt man aber eigentlich nicht, das ganze spiegelt eher die typische Kiplingsche Kolonialromantik wieder und steht insofern wie ich finde dann schon etwas im Kontrast zu YOLT (ich glaube Hille hat den Vergelich angestellt), wo man zwar auch eine ordentliche Ladung Klischees bekommt, darüber hinaus aber zumindest in Teilen auch etwas von der lokalen Kultur zu sehen bekommt (in erster Linie durch den Kontrast Moderne vs Tradition und in der Hochzeitszeremonie).
Agent009 hat geschrieben:
Die Verfolgungshatz durch den Jungle ist definitiv ein Highlight des Films und Perfektion was Inszenierung, Humor und Optik angeht.
Ich empfand gerade diese Passage immer als Schwachpunkt. Zwar ging die bei meiner letzten Sichtung erstaunlicherweise dann recht klaglos durch, aber gerade in Bezug auf die Inszenierung finde ich sie wirklich nicht perfekt. Auf der einen Seite wird die Gehetztheit und der Zustand der Gefahr, in der Moores 007 sich befindet gut rübergebracht und er spielt dies vor allem im letzten Teil der Szene sehr gut. Dies wird teilweise aber durch die zahlreichen Albernheiten torpediert, da Bond trotz Gehetztheit und Anstrengung immer noch jede Gelegenheit für nen Kalauer nutzt. Hier wäre weniger meher gewesen in Bezug auf die Wirkung der Szene und zur Unterstreichung der Gefahr. Ich gebe aber freimütig zu, dass ich auch lachen muss, wenn Moore bzw. Clausnitzer einen Kalauer nach dem anderen raushaut. Aber in Bezug auf die Inszenierung ist es schon etwas kontraproduktiv wie generell die ganze Szene eher den Charakter einer Nummernrevue hat denn einer perfekt durchgetakteten Sequenz (ein Beispiel für eine solche wäre für mich zB Bonds Ritt auf der goldenen Kamera-Kugel in TSWLM oder die Verfolgung von Locque).
Agent009 hat geschrieben:
Hier wurde nicht nur tolle Kameraarbeit geleistet, hier gibt es einen tollen Soundtrack, tolle Unterhaltung und Spannung.
Ich mag den Soundtrack von Barry, aber in seinem Gesamtoevre wie auch generell innerhalb der Serie würde ich ihn eher im Mittelfeld sehen. War dir Contis Soundtrack nicht zu ruhig und getragen? Genau das sind eigentlich die Attribute, die mir beim OP-Score als erstes einfallen, majestätisch könnte man noch hinzufügen. In Stellen dann aber auch etwas behäbig, wobei das negativer klingt als ich es meine. Aber beschwingt ist der Soundtrack sicher nicht (hast du nicht gesagt, aber ich erwähne es um zu zeigen, dass der OP-Soundtrack auch eher auf langsame, getragenere Stücke setzt – weit mehr als neispielsweise Contis Arbeit wie ich finde).
Agent009 hat geschrieben:
verstärkt durch den in den Score eingearbeiteten Titelsong. Letzterer ist nicht sicherlich nicht schlecht, gehört für mich aber zum Mittelfeld der Bondfilme
Für mich auch, der ist nett aber wirklich nix besonderes.
Agent009 hat geschrieben:
Als Bösewichte wissen Berkoff als wahnsinniger, russischer General und Jourdan als verräterischer Widerling absolut zu überzeugen und gehören definitiv zu den Stärken des Films.
In Bezug auf Berkoff stimme ich dir zu, in Bezug auf Jourdan nur bedingt. Er ist ok, aber mir ist seine Figur zu blasiert und seine Darbietung nicht wirklich erinnerungswürdig genug (letzteres macht dann den Unterschied zum ähnlich blasierten Drax von Lonsdale aus). Jourdan ist ok, aber zu den Stärken würde ich ihn nicht zählen. Berkoffs over-the-top-Schurkerei dagegen ist vorzüglich.
Agent009 hat geschrieben:Großartig die Szene mit Moore, Jourdan und den Würfeln.
Die war mir schon immer ein allzu deutlicher Ripoff der Golfball-Szene in GF. Das ist mir dann schon zu aufdringlich, als dass ich es noch als „Hommage“ durchgehen lassen könnte. Etwas mehr Einfallsreichtum, eine etwas subtilere Anspielung hätte ich hier bevorzugt. Auch die vorherige Interaktion zwischen Jourdan und Moore beim Würfelspiel hinkt doch weit hinter der von Fröbe und Connery hinterher. Gut, das ist Klagen auf sehr hohem Niveau, aber wenn man schon bewusst den Vergleich mit einem der Highlights der Serie sucht, muss man sich der Konkurrenz auch stellen. Und da sieht OP nicht so wirklich gut aus.
Agent009 hat geschrieben:
Ebenfalls ein guten Eindruck hinterlassen hat Henchman Gobinda, gespielt von Kabir Bedi der eine beeindruckene, fiese Präsenz im Film hat.
Da bin ich wieder ganz bei dir. Bemerkenswert finde ich bei Bedi, dass er seinen Gobinda ausschliesslich über seine Präsenz definiert und die ist fraglos beindruckend beängstigend.
Agent009 hat geschrieben:
Adams macht hier mehr Eindruck als bei ihrem ersten Bondauftritt, was sicherlich auch daran liegen mag, dass sie hier mehr Chancen bekommt sich zu zeigen.
Sehe ich etwas anders. Sie hat in OP den größeren Auftritt, in TSWLM wie ich finde aber die interessantere und ambivalentere Rolle. Daraus resultierend finde ich hat sie dann auch die interessanteren Szenen, vor allem die erste Begegnung mit Moores Bond. Ist aber ein enges Rennen, da ich ihre Octopussy auch gerne mag. Aber ich finde, ihrer Rolle hätte etwas mehr Selbstständigkeit und Handlungsspielraum gut getan. Sie ist mir über große Teile des Films zu sehr Spielball und hat keinen wirklichen Einfluss auf die Handlung.
Agent009 hat geschrieben:Man darf gespannt sein wie er in kommenden Filmen agiert.
Bei der Formulierung musste ich dann doch schmunzeln, als kompletten Bondneuling hatte ich dich ehrlich gesagt nie wahrgenommen.
Agent009 hat geschrieben:Auch zu loben ist die atemberaubende Stuntarbeit, vor allem beim finalen Kampf auf dem Flugzeug.
Ja, die Stunts sind der Hammer, aber die Inszenierung verschenkt da wie ich finde doch einiges. Die fraglose Gefahr dieser Szene kommt meiner Meinung nach filmisch weit weniger gut rüber als zB bei den beiden Sylvester-Szenen in TSWLM und FYEO. Die ähnlich konzipierte Szene in TLD am Heck der Hercules ist diesbezüglich auch deutlich gelungener, ja es ist fast so etwas wie die ausgereifte Version der OP-Sequenz.
Agent009 hat geschrieben:Man hat hier weniger einen Action-Thriller, sondern eher einen Agentenactioner mit viel Humor, dessen Thrill-Anteil eher gering ist und trotz Spannungsaufbaus im letzten Viertel eher noch mit Humor versehen wurde.
Du erwähnst zwar den Spannungsaufbau im letzten Viertel, ich empfinde diesen aber doch etwas schwerwiegender als du. Über die gesamte Dauer der Bahnfahrt bis zur Entschärfung der Bombe ist Glen wie ich finde der Spannungsbogen schon sehr gut gelungen. Er gibt in dieser Phase des Films (ca. 30 Minuten) auch kaum Gelegenheit zum Verschnaufen und hält sich mit den Kalauern doch auffallend zurück (ok, die dicken Deutschen, aber sogar das nutzt er effektiv, um Bonds Zeitdruck zu thematisieren). Moore ist in dieser Phase Spitzenklasse, vor allem in der Szene, als er die Dame in der Telefonzelle anherrscht. Aber auch das Ende des zweiten Zwillings mit der Rache für seinen Kollegen nehme ich ihm absolut ab (wenngleich die ähnliche Szene in FYEO eben dann doch noch deutlich besser ist, weil der Film zuvor die Beziehung zwischen den „Kollegen“ Bond und Ferrara gezeigt hat, während sie in OP nur eine Vermutung bleibt). Lange Rede, kurzer Sinn: ich finde OP legt schon einen größeren Wert auf Spannung als der gemeine Bondfilm, jedenfalls ist ein so konsequenter Spannungsaufbau über einen recht langen Zeitraum eher selten in einem Bondfilm anzutreffen.
Agent009 hat geschrieben:Ja, fällt mir auch auf. Mist. Vielleicht editiere ich das die Tage noch. Ich finde das Szenario auch klasse, nur wirkt es nie so richtig bedrohlich, aufgrund des Humors und der 'Leichtigkeit' vom Rest des Films. Zwar wird es im Finale noch etwas spannender, das vergeht dann aber auch wieder durch die Clownkomik am Ende oder durch die Szenen mit dem Pärchen das Bond mitnimmt. Das 'bremst' die Spannung irgendwie aus.
Sehe ich dann doch anders, da ich finde das gerade die Entschärfungsszene die Spannung sehr gut auf die Spitze treibt. Hier stimmt die Inszenierung und auch Moores Spiel ist souverän und ernsthaft und das trotz des Handicaps der Clownsmaskerade. Diese empfand ich nie als wirklich albern, höchstens zum Schmunzeln im ersten Moment. Aber spätestens im Zirkuszelt finde ich die Situation dann zu gut inszeniert, als dass man da wirklich lachen könnte, wenn alle glauben Bonds Bemühungen auf die Bombe aufmerksam zu machen wären Teil der Clowenereien. Gerade die Szene, in der die Bombe scharf gemacht wird und die anschliessende mehrmalige Erwähnung, wie weit man bei Detonation von der Bombe entfernt sein muss schärfen das Empfinden der Gefahr beim Publikum wie ich finde ungemein. Die atomare Gefahr wird in OP von allen Bondfilmen am besten thematisiert wie ich finde.
Casino Hille hat geschrieben:
Toll auch das Ekeldinner (das Spielberg dann mehr schlecht als recht im Temple of Doom kopiert hat)
Hier finde ich hat Spielberg in Bezug auf die Nutzung der „ekelhaften“ Menügänge aber deutlich bessere Arbeit geleistet. Der Vergleich hinkt aber auch etwas, da außer dem Schafskopf und Kamals genüsslichem Augenmampf es ja keinen wirklichen Bezug zu diesem Sujet gibt, während Spielberg eine ganze Szene komplett darauf ausgerichtet hat (und dies wie ich finde gerade im Hinblick auf den Aufbau der Szene sehr gut gelöst hat: er steigert sich in der Tat mit jedem Gang und man mag als Zuschauer eigentlich gar nicht darüber nachdenken, was man als nächstes aufgetischt bekommt).
Casino Hille hat geschrieben:
Lustig, ich hab mir wohl in den ersten sechs Moore-Filmen vor meiner Zeit hier im Forum nie darüber Gedanken gemacht, ob Moore im Gesicht schon zu alt für Bond sein könnte. Sowas banales wäre mir nie in den Sinn gekommen, weil Moore wie Connery für mich auch mit Bierbauch und Facelifting noch Bond in Person darstellen würde. AVTAK war tatsächlich etwas komisch, aber eher, weil man da versucht hat, die Falten wegzuschminken, statt sie ihm einfach zuzugestehen. Das hätte meiner Ansicht nach viel besser funktioniert und wäre völlig in Ordnung gewesen. Ich nehme einen Fast 60 Jahre alten Roger Moore als Bond jedenfalls immer noch lieber als einen Möchtgern-Coolen 30 Jährigen in der Rolle.
Dies Ansicht teile ich. Ich finde auch, dass man es mit der Schminke in AVTAK bei Moore etwas übertrieben hat. Der Knackpunkt ist für mich der vor allem im Gesicht (aber auch am Körper) erkennbare Gewichtsverlust, wobei ich immer noch darüber spekuliere, in wiefern dies mit gesundheitlichen Problemen zusammenhing, da Moore in AVTAK auch irgendwie schlecht ausschaute (nicht alt, sondern einfach nicht gesund). Ob das nur am Gewichtsverlust lag (wenn er denn bewusst von Moore durch eine Diät herbeigeführt wurde) bin ich mir nicht sicher. In jedem Fall ist er in OP wohl am schwersten von all seinen Auftritten als Bond, was ihm aber auch eine gewisse Robustheit und Kompaktheit verleiht und noch nicht in irgendeiner Form hinderlich ist, als dass man ihm den Feldagenten nicht abnehmen würde.
Casino Hille hat geschrieben:Nein! Brown war zwar schauspielerisch nicht schlechter als Lee, aber ihm fehlt dann doch etwas das Charisma und diese autoritäre Würde, also den Teil, den man als Mensch entweder hat oder nicht. Kann er nichts für, aber ein würdiger Nachfolger für Lee (sofern es den überhaupt geben konnte) ist er nicht. Aber er tat sein bestes, ohne Frage!
Er hat halt auch das Handicap, dass er eigentlich nie über den Lee-Vertreter hinauskam. Seine Rolle empfand ich immer als die gleiche wie die von Lee, nur eben mit einem neuen Darsteller. Ein klarer Schnitt mit einer zumindest in Teilen anders angelegten Rolle hätte ihn sicherlich besser aussehen und auch darstellerisch erinnerungswürdiger wirken lassen.
Casino Hille hat geschrieben:
GoldenProjectile hat geschrieben:
Auf der anderen Seite gibt es unheimlich viel lustigen Klamauk und farbenfrohe Schauwerte, was einfach nur Laune macht.
Richtig, aber warum passt das nicht mit den Thrill-Aspekten der Handlung zusammen. Warum muss ein Film immer entweder ernst und geerdet sein oder selbstironisch und locker-luftig? Ich finde, wenn man es so gelungen verknüpft wie hier und die Sequenzen unter einander klar abtrennt, dann ist das absolut möglich und auch tolle Arbeit.
Ich teile diese Ansicht, auch wenn ich finde dass OP das nicht immer zu 100% perfekt hinbekommt. Ironischerweise finde ich diesen Spagat in FYEO deutlich besser und entspannter gelöst.