Re: Zuletzt gesehener Film

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Endlich Urlaub...Zeit für ein paar Filme...

Schwarzer Sonntag (1977) -John Frankenheimer

Frankenheimers Terror-Epos aus der Feder von Thomas "Hannibal Lector" Harris ist inhaltlich nahezu eine Doublette zu Zinnemanns Der Schakal, grenzt sich durch die veränderte Ausgangskonstellation und die in meinen Augen mindestens genauso interessanten Charaktere dennoch sehr deutlich ab. Story: palästinensische Terroristen wollen mit Hilfe eines durchgeknallten Vietnam-Veteranen ein Riesenattentat beim Superbowl durchziehen, der Mossad bekommt Wind davon und versucht dies zu verhindern. Die Hauptrollen sind perfekt besetzt und gespielt mit Robert Shaw als besessenem Mossad-Agenten, Marthe Keller als eiskalte palästinensische Führungsoffizierin und dem alles in Grund und Boden spielenden Bruce Dern als psychisch labilem Vietnamveteranen. Die ersten 2/3 des Films sind in ihrer straffen Inszenierung und ihres atemlosen Tempos absolut perfekt, pures 10er Material, das letzte Drittel baut dann leider etwas ab und vermindert das Hohe Tempo und die Spannung zu Gunsten vieler ausschmückender Panoramashots vom Superbowl. Dennoch ein richtig starker 70er Jahrethriller.
Wertung: 8,5 / 10



Red Scorpion (1988) - Joseph Zito

Einer DER legendären Lundgren-Granaten, quasi der russische Rambo III in Afrika. Lundgrens Performance unterbietet dabei in Punkto Ausdruckskraft sogar den großen Chuck Norris geradezu spielerisch - ein Film, ein versteinerter Gesichtsausdruck. Trägt aber mit zum großen Funfaktor des Films bei, es rumst, knattert und kracht an allen Ecken und Enden und Uns Dolph haut in so viele Visagen wie irgendmöglich. Geradezu rührend die Szenen mit dem afrikanischen Jägersmann, da taut selbst Minimalmime Lundgren kurzzeitig auf. Unterm Strich ein Spass für alle Jünger der Cannon-Filmchen.
Wertung: 6,5 / 10



Roma Violenta (1975) - Franco Martinelli

Poliziottesco-Legende Maurizio Merli tritt mal wieder in kriminelle Hintern, dass es nur so kracht. Roma Violenta ist ein absolut typischer 70er Jahre Italoreisser und punktet entsprechend mit krachender Action, einem supercoolen Helden und jeder Menge politischer Unkorrektheit. Merlis Kommissar Betti tritt quasi im Alleingang gegen die gesamte Unterwelt Roms an, zunächst mit Polizeimarke und nach seiner Suspendierung dann im Dienste einer privaten Vigilantenorganisation (!). Am Ende darf er dann sogar ein klein wenig Läuterung zeigen, was den tatkräftigen Superbullen allerdings nicht daran hindern sollte in zwei kaum weniger knalligen Sequels erneut das kriminelle Übel an der Wurzel auszureissen.
Wertung: 8 / 10



Remo - Unbewaffnet und gefährlich (1985) - Guy Hamilton

Das auf Basis einer langjährig erfolgreichen Buchserie geplante Franchise um den im Auftrag eines supergeheimen US-Geheimdienstes tätigen Agenten Remo Williams ging bereits nach dem Erstling mangels Publikumsinteresse baden - eigentlich zu Unrecht, denn der Film bietet kurzweilige Unterhaltung mit interessanten Hauptfiguren. Ein hemdsärmeliger ehemaliger Cop als Superagent, der seine Kontrahenten auch ohne Waffen schachmatt zu setzen weiss und sein 80jähriger koreanischer Martial Arts-Lehrmeister sind schön farbige Figuren und bilden das Herzstück des Agentenabenteuers, dass sich irgendwo in der Schnittmenge von Indiana Jones, James Bond und Karate Kid wiederfindet. In den 80ern traute man sich zudem auch noch Charaktergesichtern wie Fred Ward die Hauptrolle eines potenziellen Blockbusters anzuvertrauen, heutzutage wäre so was undenkbar. Auch wenn der Film gerad im Finale etwas die Luft ausgeht und eben jene letzte halbe Stunde durchaus etwas spektakulärer hatte ausfallen dürfen ist Remo unterm Strich dennoch kurzweilige Unterhaltung, die vor allem durch die launigen Figuren und einige sehr gute Actionszenen (die Kletterei an der Freiheitsstatue!) zu punkten weiss.
Wertung: 7,5 / 10
"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

4339
Fight of the Dragon ist glaube ich aus den 90ern. Anfang der 90er glaube ich. Schau es dir an. Du kommst aus dem Staunen nicht mehr raus :lol:

Zudem finde ich das Lundgren viele Filme macht, die aber irgendwie spaßig sind, so trashig so auch sein mögen. Im Gegensatz zu Seagal finde ich ihn auch viel sympathischer und trotz einer bestimmten Note von Trash, sind alle seine Filme launig. (Zumindest die, die ich kenne) Fight of the Dragon ist da irgendwie die Ausnahme..

Re: Zuletzt gesehener Film

4340
AnatolGogol hat geschrieben:Frankenheimers Terror-Epos aus der Feder von Thomas "Hannibal Lector" Harris ...
Jetzt kriegst du auch du mal den Klugscheisser-Modus ab! Der Gourmet heisst Dr. Hannibal Lecter! :wink:

Zu Lundgren: einer der Filme die ich kenne ist das C-Movie The Shooter von First-Blood-Regisseur Ted Kotcheff, ein Film, den ich als überraschend elegant und spannend in Erinnerung habe.
We'll always have Marburg

Let the sheep out, kid.

Re: Zuletzt gesehener Film

4341
GoldenProjectile hat geschrieben:
AnatolGogol hat geschrieben:Frankenheimers Terror-Epos aus der Feder von Thomas "Hannibal Lector" Harris ...
Jetzt kriegst du auch du mal den Klugscheisser-Modus ab! Der Gourmet heisst Dr. Hannibal Lecter! :wink:
Hahaha, stimmt! :D Wobei er bei Michael Mann ja "Hannibal Lecktor" hiess, was ja genauso nah bei meiner Variante wie der von Harris ist.
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Re: Zuletzt gesehener Film

4342
GoldenProjectile hat geschrieben:Zu Lundgren: einer der Filme die ich kenne ist das C-Movie The Shooter von First-Blood-Regisseur Ted Kotcheff, ein Film, den ich als überraschend elegant und spannend in Erinnerung habe.
Es gibt die Sparte C-Movies doch gar nicht. :? Aber den habe ich auch im Blickfeld. Das er vom First Blood Regisseur ist, wusste ich gar nicht. Macht das ganze noch interessanter.

Re: Zuletzt gesehener Film

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Naja, C-Movie weil es im Vergleich zu vor allem First Blood ein extrem unbekannter, "kleiner" Film ist, der vermutlich auch über ein sehr begrenztes Budget verfügte (und - zumindest in meiner Edition, einer Lundgren-Collection - über eine unterirdische Bildqualität verfügt). Aber wie gesagt, ich fand ihn damals überraschend gut: kein 08/15-Actionreisser, sondern vielmehr ein eleganter, ruhiger Agententhriller.
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Re: Zuletzt gesehener Film

4345
Wenn ich bleibe

Wenn ich bleibe ist ein Filmdrama aus dem Jahr 2014 mit Chloe Grace Moretz (Kick-Ass, Carrie-Remake) in der Hauptrolle. Sie spielt Mia Hall, ein Cello-verliebtes junges Mädchen das in einer musikalischen Familie aufwächst, dessen Leben sich aber für immer ändern als sie mit ihrer Familie einen Autounfall hat. Als sie erwacht, steht sie im wahrsten Sinne des Wortes neben sich und sieht wie ihr Körper von Ärzten behandelt wird.

Der Film wechselt immer wieder zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her. Dies geschieht aber auf eine sehr angenehme Art und Weise und ohne den Zuschauer irgendwie durcheinander zu bringen. Man erfährt Stück für Stück mehr von Mia und ihrer Geschichte. Über die Bindung zu ihren Eltern, zu ihrem Bruder und zu ihrem Freund, dem Musiker Adam, gespielt von Jamie Blackley. Der Film erzählt mit ruhigem aber nie zu langsamen Tempo Stückchenweise eine schön geschriebene Geschichte die stehts interessant ist und auch durch die Darstellung der Schauspieler sehr packend ist.

Regisseur R.J Cutler schafft es dem Drama viele Liebesfilm-elemente zu verpassen ohne das sie jemals wirklich kitschig wirken und vermag dem dramatischen Anteil des Filmes noch mehr Tiefe zu geben und drückt ab und an auch auf die Tränendrüse ohne es dabei zu übertreiben. Der Soundtrack und die teilweise starke Atmosphäre die besonders in den "Familien"-Szenen hervorsticht sind stark und machen den Film noch besser. Mireille Enos & Joshua Leonard spielen die Eltern mit so einer sympathischen Art, was dem ganzen Drama-Anteil des Unfalls noch stärker macht, die Szenen mit Tochter Mia noch schöner und angenehmer wirken lassen.

Durch starke Darsteller, einer schönen Auseinandersetzung mit den Themen Verlust und Lebensplanung aber auch einem starken Drama/Liebesfilm-Anteil der aber niemals kitschig oder flach wirkt, ist "Wenn ich bleibe" ein guter Film der es zwischendurch verpasst mehr aus den gegebenen Möglichkeiten zu machen und dadurch Punkte liegen lässt. Genre-Kollege "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" macht alles richtig, wo 'Wenn ich bleibe' zu zögerlich und indirekt ist. Dennoch ein schöner, ruhiger Film mit einer tollen Chloe Moretz.

7,5/10

ps. 4000.

Re: Zuletzt gesehener Film

4348
Lifeforce (1985) - Tobe Hooper

Grandiose Space-Horror-Oper oder gnadenlos verunglückter Edeltrash? Tobe Hoopers großangelegter SciFi-Horror-Mix ist irgendwo beides - und letzteres ohne dass es dem Film wirklich schaden würde. Der mit 25 Millionen $ teuerste Film, den das selige Cannon-Studio jemals gestemmt hat ist in vielerlei Hinsicht auch einer der ungewöhnlichsten des US-israelischen Do-it-Yourself-Labels. Die Story spielt interessant mit dem Vampirmythos und gibt ihm einen ausserirdischen Ursprung. Bei einer Expedition zum Haleyschen Kometen stossen die Astronauten auf ein riesiges, scheinbar verlassenes Raumschiff mit einer Vielzahl toter Lebewesen und drei nackten Humanoiden in gläsernen Behältern. Sie nehmen sie mit auf ihr Shuttle und sorgen damit letztlich dafür, dass die "Space Vampires" auf die Erde gelangen - kein guter Einfall. Es kommt wie es kommen muss, die Obervampirin in Form einer betörenden nackten Schönheit bricht aus und fortan verbreitet sich eine Art Zombievirus über London. Der SAS und der Kommandant des Space Shuttles versuchen verzweifelt die Epedemie und das "Space Girl" aufzuhalten.

Zugegeben, die Story klingt abenteuerlich abstrus, ist es im Zusammenhang des Filmes aber noch nicht einmal so sehr. Stattdessen ist das ganze wirklich eine sehr nette Variation des klassischen Vampirmythos. Absolut sehenswert und beachtlich sind die vielen vielen Special Effects, ja der Film ist förmlich ein Feuerwerk an allen Arten von Spezialeffekten, von denen die meisten auch heute noch eine sehr gute Figur machen. Es zeugt schon von sehr viel Vertrauen in seine Produktion einen potenziellen Blockbuster in den Hauptrollen mit Steve "Stuntman Cameron" Railsback und Peter "der irre Pferdeliebhaber aus Equus" Firth zu besetzen. Vermutlich trug auch dies letztlich dazu bei, dass der FIlm am Box Office weit hinter den Erwartungen zurückblieb. Im fertigen Film machen die beiden ihre Sache aber gut, wenngleich vor allem Railsback schon sehr dick aufträgt als von der ausserirdischen Schönheit besessener Shuttle-Kommandant.

Erstaunlich ist, dass obwohl der Film in vielen Dingen klar als Kind seiner Zeit erkennbar ist er in vielen anderen Dingen wieder völlig aus der Zeit fällt, ja eigentlich aus jeder Zeit. Am ehesten fühlt sich der Film noch an wie eine Art mutierter 2001, nur natürlich mit ganz anderen Schwerpunkten. Bei Lifeforce steht jederzeit der Unterhaltungsaspekt im Vordergrund, ist die erste Hälfte vor allem die große Spaceopera und eine wendungsreiche Schnitzeljagd auf der Suche nach dem mysteriösen Spacegirl, so widmet sich die zweite Hälfte dann weitgehend dem Horror-und Endzeitaspekt der Geschichte. Auch wenn der Film mit zunehmender Laufzeit seiner knapp zwei Stunden etwas den anfänglichen Schwung verliert so bleibt er dennoch immer kurzweilig. Und vor allen Dingen hat er zwei unglaublich geniale Aktivposten aufzubieten: den wuchtig-kraftvollen Score von Henry Mancini und den unvergesslich-sinnlichen Auftritt von Mathilda May, die fast alle ihre Szenen spielt wie Gott sie schuf - und wie er sei geschaffen hat!

Auch wenn Lifeforce nicht der ganz große Wurf geworden ist und häufig auch unfreiwillig komisch wirkt, so ist er dennoch ein in Scope und Scale beachtliches Effektepos und fraglos eine der grössten Spaceopern der 80er Jahre. Ein spektakulärer und außergewöhnlicher Film.
Wertung: 7,5 / 10

"Ihr bescheisst ja!?" - "Wir? Äh-Äh!" - "Na Na!"

Re: Zuletzt gesehener Film

4349
Gute Review!

Lifeforce ist tatsächlich eine sehr unterhaltsame Trashgranate. Hatte mir den eigentlich ein wenig anders vorgestellt (ernster) als ich mir damals die DVD geholt habe (Horror Cult Uncut - haben das übrigens sehr gut hinbekommen mit den Cover). Würde ich auch so 6,5 von 10 Punkten geben.

Kennst du mehr Filme von Hooper?

Re: Zuletzt gesehener Film

4350
Ödipussi

"Die Ente bleibt draußen!" - Wer kennt ihn nicht, den wohl schärfsten und brillantesten deutschen Alltagssatiriker? Loriot (bürgerlich: Vicco von Bülow) katapultierte sich durch seine cleveren und herrlich komischen Sketche und Cartoons spätestens Mitte der 60er Jahre zu einem der wichtigsten Bestandteile der Comedyszene Deutschlands. Dabei hatten all seine unterschiedlichen Wege, Komik an den Mann zu bringen, stets ein übergeordnetes Thema: Das deutsche Spießbürgertum. Dieses schien von Bülow perfekt analysiert und verinnerlicht zu haben und wie kein Zweiter gelang es ihm stets, dieses immer wieder in zeitlosen Methoden zu parodieren. Auch sein erster Spielfilm "Ödipussi" aus dem Jahre 1988, bei dem Loriot gleichzeitig das Amt des Drehbuchautors, Hauptdarstellers und Regisseurs übernahm, behandelt dieses Thema, denn obgleich der Titel natürlich Assoziationen mit dem antiken griechischen Drama "König Ödipus" von Sophokles weckt, steht hier kein ödipaler Konflikt (Liebschaft zwischen Mutter und Sohn) im Vordergrund, sondern viel mehr das Leben eines verweichlichten Muttersöhnchens, welches sich durch den Kontakt mit einer Psychologin beginnt, von der Frau Mama ein Stückweit zu emanzipieren.

Ein psychologisch-analytisches Werk oder gar eine moderne Version des Ödipus-Mythos darf man daher hier nicht erwarten. Doch wird das ohnehin kaum einer tun, der weiß, wer Loriot ist und wofür er steht. Und das ist sicher nicht für ernsthafte Auseinandersetzung mit bedeutenden literarischen Themen. Loriot steht für seine hervorragende Beobachtungsgabe, bei der er ganz alltägliche Unterhaltungen und Situationen aufgreift und sie so auseinander nimmt, dass er ein komisches Element in ihnen findet, welches er dann überspitzt ins Groteske abgleiten lässt. Dabei bedient er sich auch in "Ödipussi" der Betrachtung von menschlichen Verhaltensweisen und beschäftigt sich intensiv mit gesellschaftlichen Prozessen, allerdings ohne damit Gesellschaftskritik üben zu wollen. Ihm geht es wirklich nur um Komik und wie er sein Publikum zum Lachen bringen kann. Unschwer zu erkennen hinzu kommt, dass ihm das ideale Gespür für Timing wohl praktisch in die Wiege gelegt wurde. Wie kein Zweiter versteht er es, seine Witze so fein aufeinander abzustimmen, dass kein Lacher verloren geht oder zu früh bzw. zu spät zündet. Ein wenig bedauerlich, dass seine Nebendarsteller da weniger begabt sind. Bis auf die wunderbare Evelyn Hamann vermag keiner, auch nur annährend in seiner Liga spielen zu können. Allerdings wäre allein der Gedanke daran auch reine Utopie.

Loriot selbst erweist sich schließlich als glänzender Schauspieler, der seinem Paul Winkelmann genau die richtige Mischung aus Verunsichertheit und maßloser Selbstüberzeugung und Naivität verleiht, die ihn sofort zum Sympathieträger macht. Dabei kommt von Bülow auch eines seiner weiteren Talente zu Hilfe: sein enormer Wortschatz und ausgeprägter Sprachhumor. Zwischen all der Situationskomik und den visuellen Gags findet Loriot immer wieder Zeit für ausgefallene Wortspiele und Blödeleien im klassischen Beamtendeutsch. Bezeichnungen wie "Ablösung des Mannes bei gleichzeitiger Aktivierung der Frau unter Einbeziehung der Feuchtbiotope in das deutsche Volk als unteilbare Nation" oder Wortschöpfungen wie "Schwanzhund" findet man eben nur bei einem. Und diesen Trumpf spielt "Ödipussi" voll aus. Die erste halbe Stunde des Filmes ist dabei wirklich ein Genuss. Amüsante Einlagen, spritzige humoristische Verweise auf das triste Alltagsleben und eine gesunde Mischung aus Sprach-, Bild- und Situationskomik sorgen für reichlich Abwechslung, auch wenn die Kameraführung von Xaver Schwarzenberger etwas zu sehr nach TV-Unterhaltung aussieht und weniger nach einem Kinofilm. Danach, so muss man es leider sagen, sah sich Loriot aber offenbar mit einem Problem konfrontiert, dass das Medium Film ihm bereitete.

Die durchschnittliche Laufzeit eines Sketches beträgt nun einmal für gewöhnlich nicht mehr als drei bis maximal fünf Minuten. Und diesen Esprit, diese lockere unbeschwerte Energie eines vierminütigen filmischen Witzes auf ein Machwerk von 85 Minuten zu übertragen, scheint auf den ersten Blick nicht so, ist aber offenbar eine gewaltige Herkulesaufgabe. Sobald nämlich sich so langsam mal eine Handlung entwickeln muss und das Publikum auf eine Entwicklung im Geschehen wartet, erweist sich "Ödipussi" als erschreckend inhaltsleer. Der rote Faden, den uns die Regie als Verknüpfung der einzelnen Sketche anbietet, ist bestenfalls gerade mal als ganz nett zu bezeichnen. Schlimmer noch: Eine wirkliche Dramaturgie ergibt sich eigentlich gar nicht. Völlig zusammenhangslos reiht sich Witz an Witz, ohne etwas zum großen Ganzen beizutragen. Das ist nett, aber viel zu wenig für einen Spielfilm, der die Massen über eine Stunde hinweg beschäftigen soll. Zu viele Zuschauer verliert Loriot unterwegs, sodass besonders die letzten Szenen niemandem mehr ein Lächeln abverlangen zu vermögen. Sinnbildlich dafür auch das völlig abrupte Ende: Ohne irgendetwas vom Vorherigen abzuschließen, endet mitten im Plot plötzlich die Geschichte und lässt das Publikum fragend zurück. Obwohl, wohl besser: würde zurücklassen. Wirklich interessieren tut einen das zu dem Zeitpunkt schließlich ohnehin nicht mehr.

Fazit: Unbestritten war Loriot einer der ganz großen. Sein zeitloser Humor ist ein wundervolles Beispiel dafür, wie man ganz ohne auf Kosten anderer zu lachen, feingeistig und brüllend komisch sein kann. Dies würde prinzipiell auch für "Ödipussi" gelten. Und so erscheint die Bewertung vielleicht auch etwas unfair, angesichts der Fülle an hervorragenden Gags, die vorzufinden sind. Doch selbst die besten Lacher gehen in einem Film nicht richtig auf, wenn der Sinn für das große Ganze fehlt und der Zuschauer in einer sperrigen Handlung nicht den richtigen Zugang zu den Aktionen findet. Das ist auf der einen Seite unglaublich schade, da so statt der erhofften Begeisterung sich nur müdes Achselzucken einzustellen vermag, auf der anderen aber eben auch ein Resultat aus dem ungewohnten Medium. Für alle Fans von von Bülow gilt aber selbstverständlich - Prädikat: sehenswert.

6/10
https://filmduelle.de/
https://letterboxd.com/casinohille/

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